Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.11.2014, Az. XII ZR 120/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 993

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Gegenstand

Allgemeine Geschäftsbedingungen in einem "Anlagen-Mietvertrag (Leasingvertrag)": Abgrenzung zwischen einem Mietvertrag über Geschäftsräume und einem Immobilienleasingvertrag; formularmäßige Verpflichtung des Leasingnehmers zur Instandhaltung eines von ihm genutzten Geschäftshauses


Leitsatz

1. Zur Abgrenzung zwischen einem Mietvertrag über Geschäftsräume und einem Immobilienleasingvertrag.

2. In einem Immobilienleasingvertrag wird der Leasingnehmer durch eine in vorformulierten Vertragsbedingungen enthaltene Regelung, mit der ihm die Instandhaltungspflicht für das von ihm genutzte Gebäude übertragen wird, nicht unangemessen benachteiligt.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] - 32. Zivilsenat - vom 4. Juli 2013 abgeändert.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] - 15. Zivilkammer - vom 17. August 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

[X.]er Kläger begehrt die Feststellung, dass die [X.]eklagte als Mieterin von gewerblich genutzten Räumen zur Renovierung der Außenfassade des Gebäudes verpflichtet ist, sobald eine umfangreiche [X.]aumaßnahme auf einem benachbarten Grundstück abgeschlossen ist.

2

[X.]er Kläger ist Eigentümer eines Geschäftshauses, in dem die [X.]eklagte Teilflächen angemietet hat.

3

[X.]is zum 31. März 2006 war die [X.] Mieterin der Gesamtfläche des Anwesens. Vertragsgrundlage war ein mit "Anlagen-Mietvertrag (Leasingvertrag)" überschriebener Vertrag vom 5. Mai 1983, der als Anlage [X.] zu einem am gleichen Tage notariell beurkundeten Vertrag (nachfolgend: Rahmenvertrag) abgeschlossen wurde. § 11 Nr. 4 des [X.] lautet:

"Alle Instandhaltungsarbeiten und erforderlichen Reparaturen übernimmt die Mieterin auf eigene Kosten, auch wenn die Schäden durch höhere Gewalt verursacht wurden."

4

[X.]er als "Kaufvertrag, Leasingvertrag mit [X.]estellung eines Ankaufsrechts, Generalübernehmervertrag" bezeichnete notarielle Rahmenvertrag enthält in Anlage A einen Kaufvertrag, durch den die ehemalige Vermieterin das Grundstück, auf dem das Geschäftshaus errichtet werden sollte, erwarb. Anlage [X.] enthält einen Generalübernehmervertrag, mit dem die [X.] von der ehemaligen Vermieterin mit der schlüsselfertigen Herstellung des [X.]ürogebäudes beauftragt wurde. In Anlage [X.] vereinbarten die Vertragsparteien ein mit einer Vormerkung gesichertes Recht der [X.] zum Ankauf der Immobilie bei [X.]eendigung des Mietverhältnisses zu dem Wert, der sich aus den Gesamtinvestitionen abzüglich der in den Jahresmieten verrechneten Abschreibungen ergibt. [X.]abei ist im Innenverhältnis der [X.] zu ihren beiden Gesellschaftern die Reihenfolge der Ausübungsberechtigten dahingehend geregelt, dass das Ankaufsrecht vorrangig den Gesellschaftern zu gleichen Teilen, danach jedem der beiden Gesellschafter allein und zuletzt der Gesellschaft zustehen sollte.

5

Nachdem das Mietverhältnis mit der [X.] zum 31. März 2006 beendet wurde, schlossen der Kläger und die Rechtsvorgängerin der [X.]eklagten am 1. April 2006 einen Mietvertrag über Teilflächen des Anwesens. [X.]ieser enthält in § 7 folgende Regelung:

"[X.] Instandhaltungsmaßnahmen, insbesondere an Außenwänden, an den Treppenhäusern und am [X.]ach, sind Sache des Vermieters."

6

Am 12. April 2006 trafen der Kläger und die Rechtsvorgängerin der [X.]eklagten eine weitere Vereinbarung mit folgendem Wortlaut:

"Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Parteien wird die Mieterin ab dem [X.] statt der Gesamtfläche des Anwesens..., nur mehr eine Teilfläche anmieten. [X.]ie Mieterin ist nach dem zwischen den Parteien bis zum 31.03.2006 bestehenden Mietvertrag verpflichtet, die Mieträume bei Rückgabe an den Vermieter umfassend zu renovieren. [X.]iese Renovierungsverpflichtung erstreckt sich somit auf die künftig von der Mieterin nicht mehr gemieteten Räume. [X.]ie Kosten hierfür belaufen sich nach einer zwischen den Parteien der Höhe nach unstreitigen Ermittlung auf € 252.974 (s. Anlage).

[X.]ies vorausgeschickt vereinbaren die Parteien Folgendes:

1. [X.]ie Mieterin zahlt an den Vermieter € 250.000 (i.W.: Euro zweihunderttausend) brutto.

2. [X.]ie Zahlung des genannten [X.] erfolgt in zwei Raten zu je € 125.000, fällig am 30.04.2006 sowie am 15.06.2006.

3. [X.]amit sind die Ansprüche des Vermieters auf die Renovierung derjenigen Flächen des [X.]. 20, M.     , die ab dem [X.] nicht mehr Gegenstand des [X.] zwischen den Parteien sind, abgegolten.

4. [X.]ie Erfüllung des Anspruchs des Vermieters entsprechend dem bisherigen Mietverhältnis auf die Renovierung der ab [X.] gemieteten Räume wird von der Mieterin übernommen."

7

In dem Vergleichsbetrag waren die von einem Gutachter ermittelten Kosten für die Renovierung der Außenfassade nicht enthalten.

8

Nachdem Ende des Jahres 2010 Streit darüber entstand, ob die [X.]eklagte aufgrund der in dem Anlagen-Mietvertrag vom 5. Mai 1983 enthaltenen [X.] verpflichtet ist, die Fassade zu renovieren, vereinbarten die Parteien, dass der Kläger die Möglichkeit erhält, bis zum 31. März 2011 eine entsprechende Feststellungsklage zu erheben.

9

[X.]as [X.] hat der vorab am 30. März 2011 per Fax eingegangenen Klage stattgegeben. Auf die [X.]erufung der [X.]eklagten hat das [X.] die landgerichtliche Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.

[X.]as Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

[X.]ie Beklagte sei nicht verpflichtet, die Fassade des Geschäftsgebäudes zu renovieren, da die in dem Anlagen-Mietvertrag vom 5. Mai 1983 unter § 11 Nr. 4 enthaltene Verpflichtung unwirksam und daher von der [X.] nicht übernommen worden sei.

[X.]ie Fassadenrenovierungspflicht sei von der [X.] oder ihrer Rechtsvorgängerin auch nicht durch die Regelung in § 7 des Mietvertrags vom 1. April 2006 oder durch die Vereinbarung vom 12. April 2006 übernommen worden. [X.]urch die letztgenannte Vereinbarung sollte die Renovierungspflicht nicht übernommener Büroräume pauschal durch Zahlung von 250.000 € abgegolten und die aus dem ursprünglichen Mietvertrag folgenden Pflichten lediglich hinsichtlich der nunmehr gemieteten Räume übernommen werden.

Zwar sei das [X.] auf Grund der von ihm festgestellten Tatsachen von einer mündlichen Übernahmevereinbarung bezüglich der Fassadenrenovierung ausgegangen. [X.]ies habe auch das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen. Eine isolierte mündliche Verpflichtung zur Fassadenrenovierung sei aber nicht anzunehmen, da der vom [X.] vernommene Zeuge nur Pflichten der [X.] im bestehenden Umfang zu Lasten der Rechtsvorgängerin der [X.] übernehmen und keine neuen Pflichten habe begründen wollen.

§ 11 Nr. 4 des [X.] vom 5. Mai 1983 sei indes wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 [X.] [X.] (heute § 307 Abs. 2 [X.] BGB) unwirksam, wobei unerheblich sei, ob man den Vertrag als [X.]vertrag oder Triple-net-Mietvertrag bezeichnete.

[X.]a unstreitig sei, dass die damalige Vermieterin den [X.] mehrfach verwendet habe oder habe verwenden wollen und dass jedenfalls das Muster dem [X.] gelegen habe, sei sie auch dann Verwenderin, wenn die ehemalige Mieterin diese Vertragsbedingungen im Hinblick darauf bereits in ihr Angebot aufgenommen und damit formal in den Vertragsabschluss eingeführt habe. Eine Individualvereinbarung liege nicht vor, weil die damalige Vermieterin nicht die Bereitschaft gehabt habe, § 11 Nr. 4 des [X.] zur [X.]isposition zu stellen. [X.]afür spreche, dass sie keinerlei Kostenrisiko für das Objekt und dessen Betrieb habe tragen wollen. Im Übrigen treffe die [X.]arlegungs- und Beweislast für das Aushandeln im konkreten Fall den Verwender von allgemeinen Geschäftsbedingungen, hier also die ehemalige Vermieterin bzw. den Kläger.

§ 11 Nr. 4 des [X.] überbürde dem Mieter alle Instandsetzungsarbeiten und erforderlichen Reparaturarbeiten, auch wenn sie auf höherer Gewalt beruhten. [X.]ies bedeute, dass der Mieter nicht nur die normale Abnutzung zu tragen habe, sondern auch den zufälligen Untergang auf Grund nicht vorhersehbarer Vorkommnisse. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei die für den Nichtverwender feindlichste Auslegung zu Grunde zu legen. Im ungünstigsten Fall müsse der Mieter bei einem schweren Schaden, ohne dass ihn ein Verschulden getroffen habe, sehr umfassende Reparaturen bis hin zur teilweisen Neuerrichtung des Gebäudes ausführen, und dies auch noch kurz vor Mietzeitende.

[X.]iese sehr weit gehende Verpflichtung weiche von dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung im Mietrecht, wonach der Vermieter das [X.] trage, ab und verstoße damit gegen den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden § 9 Abs. 2 [X.] [X.] (heute § 307 Abs. 2 [X.] BGB). [X.]iese Auffassung entspreche jedenfalls für Mietverträge der ständigen Rechtsprechung des [X.] und mehrerer Oberlandesgerichte.

Wenngleich das Mieterrisiko durch die von der Mieterin abzuschließende Gebäudeversicherung gemildert werde, führe die Vereinbarung der Versicherungspflicht nicht dazu, dass die Instandsetzungs- und [X.] als wirksam zu beurteilen sei. [X.]ie sich aus der [X.] ergebenden Verpflichtungen der Mieterin seien nicht auf die von der pflichtgemäß abgeschlossenen Versicherung übernommenen Risiken beschränkt. Ferner trage die Mieterin alle mit der Instandsetzung verbundenen Baurisiken.

Zwar wäre eine Vertragsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zu beanstanden, die dem Mieter alle Instandhaltungsarbeiten und erforderlichen Reparaturen auf eigene Kosten überbürde, die von ihm verschuldet seien oder auf der normalen Abnutzung beruhten. [X.]och sei eine dahingehende geltungserhaltende Reduktion der [X.] ausgeschlossen. Es sei auch nicht möglich, die [X.] einfach durch Streichen der Worte "auch wenn die Schäden durch höhere Gewalt verursacht wurden" zu teilen, da auch der Rest noch bei der für den Nichtverwender feindlichsten Auslegung dahingehend verstanden werden könne, dass auch Instandsetzungen, die durch höhere Gewalt entstanden sind, vom Mieter zu tragen seien.

Es spreche zwar vieles dafür, dass die verwendete [X.] dann wirksam wäre, wenn dem Mieter ein Erwerbsrecht eingeräumt würde, weil er es dann in der Hand habe, von seinen Aufwendungen für die Reparaturen durch Ausübung des Rechts zu profitieren. [X.]as in Anlage [X.] des Rahmenvertrags vereinbarte Ankaufsrecht reiche hierfür jedoch wegen der dort geregelten Reihenfolge der Ausübungsberechtigten nicht aus.

II.

[X.]iese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings zunächst davon ausgegangen, dass sich eine Verpflichtung der [X.] zur Renovierung der Gebäudefassade nicht aus dem Mietvertrag vom 1. April 2006 ergibt. [X.]ort ist in § 7 Satz 1 die Instandhaltungspflicht nur hinsichtlich der erforderlichen Reparaturen an den Mieträumen und Einrichtungen auf die Mieterin übertragen. Zur Vornahme von Instandhaltungsmaßnahmen, insbesondere an den Außenwänden, den Treppenhäusern und am [X.]ach bleibt nach § 7 Satz 2 des Mietvertrags ausdrücklich der Vermieter verpflichtet.

2. [X.]ie Beklagte schuldet jedoch deshalb die Renovierung der Gebäudefassade, weil in § 11 Nr. 4 des [X.] vom 5. Mai 1983 die Instandhaltung des gesamten Gebäudes wirksam auf die damalige Mieterin übertragen worden ist und die Rechtsvorgängerin der [X.] nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen, an die der [X.] gebunden ist (§ 559 Abs. 2 ZPO), aufgrund einer entsprechenden mündlichen Vereinbarung mit dem Kläger diese Verpflichtung übernommen hat. [X.]abei kann dahinstehen, ob es sich bei der Regelung in § 11 Nr. 4 des [X.] um eine vorformulierte Vertragsbedingung handelt, die der Inhaltskontrolle nach dem hier anwendbaren § 307 BGB (vgl. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) unterliegt oder die [X.] zwischen den Vertragsparteien individuell ausgehandelt worden ist. In beiden Fällen begegnet die Vertragsbestimmung keinen rechtlichen Bedenken. [X.]urch Individualvereinbarung kann ein Mieter von Gewerberäumen grundsätzlich weitgehend zu Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten verpflichtet werden, auch wenn dies im Ergebnis zu einer verschuldensunabhängigen Haftung führt ([X.]surteil [X.]Z 151, 53 = NJW 2002, 2383, 2384). [X.]ie Pflicht zur Instandhaltung des gesamten Gebäudes wäre jedoch auch dann wirksam auf die Mieterin übertragen worden, wenn es sich bei § 11 Nr. 4 des [X.] um eine vorformulierte Vertragsbedingung handeln würde.

a) Soweit das Berufungsgericht hierzu die Auffassung vertritt, die [X.] in § 11 Nr. 4 des [X.] sei nach § 9 Abs. 2 [X.] [X.] (richtig: § 307 Abs. 2 [X.] BGB) unwirksam, weil die dort enthaltene Übertragung aller Instandhaltungsarbeiten und Reparaturen auf die Mieterin von den wesentlichen Grundgedanken der mietrechtlichen Risikoverteilung erheblich abweiche, kann dem nicht gefolgt werden. [X.]enn bei der vorgenommenen [X.] Inhaltskontrolle der Vertragsklausel hat das Berufungsgericht die Rechtsnatur des [X.] vom 5. Mai 1983 nicht ausreichend berücksichtigt. [X.]ieser ist auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts sowohl nach seiner inhaltlichen Gestaltung als auch nach dem von den Vertragsparteien verfolgten Zweck nicht als Mietvertrag, sondern als [X.]vertrag zu qualifizieren.

aa) [X.]as [X.] stellt eine besondere Form des Finanzierungsleasings dar (vgl. [X.], 304 = NJW 1989, 1279), um den Erwerb von Grundstücken oder die Errichtung baulicher Anlagen zu finanzieren. Auch für einen [X.]vertrag ist daher kennzeichnend, dass der Leasinggeber dem Leasingnehmer eine Sache oder eine Sachgesamtheit gegen ein in Raten gezahltes Entgelt zum Gebrauch für eine fest vereinbarte - und beim [X.] regelmäßig lange - Vertragslaufzeit überlässt, wobei die Gefahr und Haftung für Instandhaltung, Sachmängel, Untergang und Beschädigung der Sache allein den Leasingnehmer trifft (vgl. [X.]surteil [X.], 19 = [X.], 340, 342; [X.] Urteil vom 11. März 1998 - [X.] - NJW 1998, 1637, 1638 mwN). [X.]er Leasingnehmer deckt mit den während der Vertragslaufzeit entrichteten Leasingraten die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten des Leasinggebers, beim [X.] möglicherweise noch durch ein zusätzlich zu gewährendes Mieterdarlehen, vollständig ab ([X.], 785, 788).

bb) [X.]anach stellt sich der Anlagen-Mietvertrag vom 5. Mai 1983 als ein [X.]vertrag dar, der zusammen mit den weiteren in dem notariellen Rahmenvertrag enthaltenen vertraglichen Regelungen allein dem Interesse der [X.] an der Finanzierung des Grundstückserwerbs und der Errichtung des ausschließlich von dieser Gesellschaft genutzten Geschäftsgebäudes dienen sollte.

(1) [X.]afür spricht schon, dass die ursprünglichen Vertragsparteien den Anlagen-Mietvertrag selbst in dessen Überschrift als Leasingvertrag bezeichnet haben. Auch in der Überschrift des Rahmenvertrags ist von einem "Leasingvertrag mit Bestellung eines Ankaufsrechts" die Rede. Zwar kann aus der von den Vertragsparteien gewählten Bezeichnung eines Vertrags nicht zwingend auf dessen Rechtsnatur geschlossen werden. [X.]iese ist vielmehr nach seinem gesamten Vertragsinhalt zu bestimmen ([X.]/[X.]. Einf. vor § 535 Rn. 15). [X.]ie gewählte Bezeichnung stellt aber jedenfalls ein Indiz dafür dar, welchen Zweck die Parteien mit dem Vertrag verfolgen wollten ([X.] BGB/[X.] [Stand: 1. Mai 2014] § 535 Rn. 48).

Entscheidend ist jedoch, dass sich der Inhalt des [X.] von einem gewöhnlichen Mietvertrag über Geschäftsräume in erheblicher Weise unterscheidet. Bestimmende Kriterien des Mietvertrags sind die Gebrauchsüberlassung einer Sache gegen Zahlung eines regelmäßig nach Zeitabschnitten bemessenen Mietzinses. Beim Leasingvertrag tritt zu diesen auch für ihn wesentlichen Merkmalen regelmäßig hinzu, dass der Leasinggeber zum Zwecke der Befriedigung eines Investitionsbedarfs des Leasingnehmers das zum Gebrauch zu überlassende Leasinggut beschafft und vorfinanziert ([X.]Z 111, 84 = NJW 1990, 1785, 1787 f.).

(2) Eine Gesamtschau der in dem Anlagen-Mietvertrag getroffenen Regelungen zeigt, dass der Anlagen-Mietvertrag rechtlich als Finanzierungsleasingvertrag zu qualifizieren ist.

So haben die Vertragsparteien in der Anlage 1 zu § 2 des [X.] eine Mietzeit von insgesamt 30 Jahren vereinbart, während der das Mietverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann (§ 13 des [X.]). [X.]ie Haftung der Vermieterin für Fehler und Mängel bei der Vertragsdurchführung wird durch § 9 des [X.] auf den Umfang beschränkt, in dem sie von [X.]ritten Ersatz verlangen kann, und im Übrigen ausgeschlossen. [X.]ie von der Vermieterin im Rahmen der Abwicklung des Mietvertrags abzuschließenden Verträge bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Mieterin (§ 7 Abs. 2 des [X.]). Bereits damit haben die Parteien in dem Anlagen-Mietvertrag Regelungen getroffen, die für einen Finanzierungsleasingvertrag typisch sind (vgl. hierzu [X.]/[X.] BGB [2014] Leasing Rn. 12) und einer am Leitbild der mietrechtlichen Bestimmungen orientierten Inhaltskontrolle teilweise nicht standhalten dürften (vgl. Wolf/[X.]/[X.] Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rn. 1751).

Insbesondere zeigen die in dem Anlagen-Mietvertrag enthaltenen Regelungen zu den Zahlungspflichten der Mieterin, dass die für die Grundmietzeit vereinbarte Miete nicht nur das Entgelt für eine zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung darstellt, wie es für einen Mietvertrag typisch wäre, sondern damit zugleich die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten der Vermieterin abgedeckt werden sollten. In § 5 [X.] des [X.] haben die Vertragsparteien die Gesamtinvestitionskosten, also alle von der Vermieterin für den Erwerb des Grundstücks, für die Errichtung des Gebäudes und für die Finanzierung des Mietobjekts getätigten aktivierungsfähigen Aufwendungen, zur Bemessungsgrundlage für die von der Mieterin zu leistenden Zahlungen bestimmt. Auf der Grundlage der Gesamtinvestitionskosten und unter Berücksichtigung der steuerlichen Abschreibungen für das Gebäude sowie eines jährlichen Verwaltungskostenbeitrags in Höhe von 0,25 % der Gesamtinvestitionskosten haben die Vertragsparteien die Jahresmieten festgelegt. Für eine Anpassung der geschuldeten Miete haben die Mietvertragsparteien nicht - wie für einen [X.] üblich - eine Staffelmiete oder eine Wertsicherungsklausel vereinbart. § 4 Nr. 3 b des [X.] ermöglicht der Vermieterin vielmehr, zwölf Monate vor Ablauf der ersten - auf 20 Jahre festgesetzten - Mietperiode die Gesamtjahresmiete unter Berücksichtigung der dann gegebenen Kapitalmarktverhältnisse, der steuerrechtlich zulässigen Abschreibungen und der Verwaltungskosten neu festzusetzen. [X.]amit wird der Vermieterin die Möglichkeit eingeräumt, bei höheren Aufwendungen für die Refinanzierung der Investitionskosten eine Anpassung der Jahresmiete vorzunehmen, um eine Amortisation ihrer Aufwendungen zu erreichen. Schließlich enthält der [X.], zur Abgeltung der Kosten der Zwischenfinanzierung an die Vermieterin eine Vormiete zu bezahlen (§ 4 Nr. 2 des [X.]) und der Vermieterin ein Mieterdarlehen zu gewähren (§ 4 Nr. 4 des [X.]).

[X.]amit erfüllt der Anlagen-Mietvertrag die für einen Finanzierungsleasingvertrag kennzeichnenden Merkmale. Er enthält die für einen Leasingvertrag typischen Regelungen zur Sach- und Preisgefahr sowie zur Gewährleistung. [X.]ie vertraglichen Zahlungspflichten der Mieterin sind darauf ausgerichtet, dass sich die gesamten Aufwendungen der Vermieterin für das Leasinggut durch die während der Grundmietzeit entrichtete Miete und gegebenenfalls durch die [X.] eines Mieterdarlehens vollständig amortisieren.

Unerheblich ist insoweit, dass der Mieterin in dem Anlagen-Mietvertrag kein Ankaufsrecht eingeräumt ist. [X.]enn einerseits ist die Vereinbarung eines Ankaufsrechts des Leasingnehmers oder eines Andienungsrechts des Leasinggebers für einen Leasingvertrag nicht [X.] (vgl. [X.]surteil [X.], 19 = [X.], 340, 342). Andererseits haben die Vertragsparteien in der Anlage [X.] des Rahmenvertrags der ursprünglichen Mieterin ausdrücklich ein auf das Leasingobjekt bezogenes Ankaufsrecht eingeräumt.

Schließlich können bei der Beurteilung der Rechtsnatur des [X.] auch nicht die weiteren in dem notariellen Rahmenvertrag vom 5. Mai 1983 enthaltenen Verträge unberücksichtigt bleiben. [X.]er als Anlage A bezeichnete Kaufvertrag, durch den die ehemalige Vermieterin das Grundstück, auf dem das Geschäftshaus errichtet werden sollte, erwarb und der in Anlage C enthaltene Generalübernehmervertrag, mit dem die [X.] von der ehemaligen Vermieterin mit der schlüsselfertigen Herstellung des Bürogebäudes beauftragt wurde, zeigen, dass der Zweck des gesamten Vertragswerks allein auf die Realisierung einer Investitionsentscheidung der [X.] ausgerichtet war und die ehemalige Vermieterin - wie es für einen Leasinggeber typisch ist - nur zur Finanzierung des Bauvorhabens eingeschaltet worden ist.

b) [X.]ie rechtliche Qualifikation des [X.] als Finanzierungsleasingvertrag führt dazu, dass - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - die Regelung zur Instandhaltungspflicht in § 11 Nr. 4 des Vertrags auch als vorformulierte Vertragsbedingung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhalten würde.

aa) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 2 [X.] BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. [X.]abei sind im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB auf der Grundlage einer generalisierenden Betrachtungsweise Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Vertrags zu berücksichtigen. [X.]ie daraus folgenden unterschiedlichen Interessen führen deshalb auch zu [X.]ifferenzierungen in der Beurteilung der Angemessenheit (vgl. [X.] Beschluss vom 8. Januar 1986 - [X.] 4/85 - NJW 1986, 2102, 2103). Auch wenn auf [X.] in erster Linie Mietrecht anzuwenden ist (vgl. [X.] Urteil vom 8. November 1989 - [X.] - NJW-RR 1990, 182, 183 mwN), muss deshalb bei einer Inhaltskontrolle jeweils das Eigengepräge des Leasingvertrags unter sachgerechter Bewertung der von den Parteien typischerweise verfolgten Interessen berücksichtigt werden. Soll eine [X.] daraufhin geprüft werden, ob sie mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes unvereinbar ist (§ 307 Abs. 2 [X.] BGB), so ist zunächst festzustellen, ob der typische Gehalt des Leasingvertrags in der betreffenden Frage mit demjenigen eines normalen Mietvertrags übereinstimmt. Ist das nicht der Fall, so kommt eine Abweichung von einem wesentlichen Grundgedanken des Mietrechts nicht in Betracht ([X.]Z 112, 65 = NJW 1990, 3016, 3017).

bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] zählt die Abwälzung der Sach- und Preisgefahr auf den Leasingnehmer und dessen damit verbundene Haftung in Fällen des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung der Leasingsache zum typischen Inhalt eines Leasingvertrags ([X.]Z 97, 65, 76 = NJW 1986, 1335, 1337; [X.]Z 116, 278, 287 = NJW 1992, 683, 685; [X.] Urteil vom 25. März 1998 - [X.] - NJW 1998, 2284, 2285). Entsprechende Regelungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen benachteiligen den Leasingnehmer daher nicht unangemessen. [X.]as gilt auch für die weitgehende Freizeichnung des Leasinggebers von der eigenen Gewährleistung (so schon [X.]Z 68, 118 = NJW 1977, 848). [X.]ies liegt darin begründet, dass sich die Stellung des Leasingnehmers wesentlich von der des (langfristigen) Mieters unterscheidet. Während der Mieter das Objekt ausschließlich zur Nutzung über einen bestimmten Zeitraum erhält, erlangt der Leasingnehmer von Anfang an eine mehr dem Eigentümer als dem Mieter vergleichbare Rechtsstellung ([X.]surteil [X.], 19 = [X.], 340, 342). [X.]ies rechtfertigt es, ihn - auch bei einem [X.]vertrag (vgl. [X.], 304 = NJW 1989, 1279, 1280) - in Bezug auf die Sach- und Preisgefahr bei der Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen ähnlich wie einen Käufer zu behandeln (Wolf/[X.]/[X.] Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rn. 1855). Kann der Leasinggeber danach die von ihm nach den allgemeinen mietrechtlichen Bestimmungen zu tragende Sach- und Preisgefahr durch Regelungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den Leasingnehmer abwälzen, erfährt dieser durch eine vorformulierte Vertragsbedingung, durch die ihm die Instandhaltungsverpflichtung für das in seinem Interesse angeschaffte und von ihm genutzte Leasingobjekt übertragen wird, ebenfalls keine unangemessene Benachteiligung. Auch diese Regelung ist leasingtypisch und trägt dem berechtigten Werterhaltungs- und Sicherungsinteresse des Leasinggebers Rechnung ([X.]/[X.] BGB [2014] Leasing Rn. 212).

c) War die ursprüngliche Mieterin des Bürogebäudes danach verpflichtet, die Gebäudefassade zu renovieren, hat die Rechtsvorgängerin der [X.] diese Verpflichtung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch eine entsprechende mündliche Vereinbarung mit dem Kläger - und somit nicht durch allgemeine Geschäftsbedingungen [X.]. § 305 Abs. 1 BGB - wirksam übernommen. [X.]as [X.] hat aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme hierzu festgestellt, dass die Rechtsvorgängerin der [X.] sich mündlich gegenüber dem Kläger verpflichtet hat, die Fassadenrenovierung nach dem Abschluss der Bauarbeiten auf dem benachbarten Grundstück zu übernehmen, und dass die Kosten der Renovierung der Gebäudefassade nicht von der in [X.] der Vereinbarung vom 12. April 2006 geregelten Ausgleichszahlungen erfasst werden sollten. [X.]iese Feststellung hat auch das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 [X.] ZPO seiner Entscheidung zugrunde gelegt. [X.]ie Revision erinnert gegen diese für sie günstige Tatsache nichts. Eine Gegenrüge wegen dieser Tatsachenfeststellungen wird von der [X.] nicht erhoben. [X.]eshalb hat auch der [X.] diese Feststellung, die revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 559 Abs. 2 ZPO).

3. [X.]anach kann die angegriffene Entscheidung keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). [X.]er [X.] kann in der Sache abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil weitere Feststellungen nicht erforderlich sind. [X.]as Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen.

[X.]ose                      Klinkhammer                      Günter

             Botur                                [X.]

Meta

XII ZR 120/13

26.11.2014

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 4. Juli 2013, Az: 32 U 3633/12

§ 307 Abs 1 BGB, § 535 Abs 1 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.11.2014, Az. XII ZR 120/13 (REWIS RS 2014, 993)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 993

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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