Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2016, Az. VIII ZR 152/15

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17443

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:200116UVIIIZR152.15.0

BUN[X.]S[X.]RICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII [X.]/15
Verkündet am:

20. Januar 2016

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 305c Abs. 2
a)
[X.] des § 305c Abs. 2 [X.] kommt nur zur Anwendung, sofern nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind (Bestätigung von [X.], Urteile vom 5. Mai 2010 -
III
ZR
209/09, [X.]Z 185, 310 Rn.
14 mwN; vom 9.
Mai 2012 -
VIII ZR 327/11, [X.], 2270 Rn. 28 mwN; vom 3.
Dezember 2014 -
VIII ZR 224/13, [X.], 80 Rn. 16). Hierbei bleiben [X.] unberücksich-tigt, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend sind und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernsthaft in Betracht kommen (Bestätigung von [X.], Urteile vom 5. Mai 2010 -
III ZR 209/09, [X.]O mwN; vom 9.
Mai
2012 -
VIII ZR 327/11, [X.]O; vom
18. Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, [X.]Z 194, 121 Rn. 16).
b)
Einer unter der Geltung des § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] von einem Vermieter in einem Wohnraummietvertrag gestellten [X.], die bestimmt:
"Spätestens am 30. Juni eines jeden Jahres ist über die vorangegangene

ist keine [X.] dahin beizumessen, dass der Vermieter mit Ablauf dieser Frist gehindert ist, Heizkostennachforderungen geltend zu machen.
[X.], Urteil vom 20. Januar 2016 -
VIII [X.]/15 -
LG [X.]

AG [X.]-Spandau

-
2 -
Der VIII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2016 durch die
Vorsitzende Richterin [X.], den
Richter Dr.
Achilles, die Richterin [X.] sowie die
Richter Dr.
Bünger
und Kosziol
für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] -
Zivilkammer 18
-
vom 29. April 2015
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der Heizkostennach-der aus ei-r-gerichtlichen Anwaltskosten (nebst Zinsen) zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Im
Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

-
3 -
Tatbestand:
Die Beklagten sind
aufgrund eines am 11. November 1980 abgeschlos-senen Mietvertrags Mieter einer Wohnung der Klägerin in [X.]. Nach den mietvertraglichen Vereinbarungen haben die Beklagten zuzüglich zur Miete ei-nen monatlichen Heizkostenvorschuss zu bezahlen. Hinsichtlich der [X.] enthält
der Mietvertrag unter § 5.6 folgende vorformulierte Regelung:
"Spätestens am 30. Juni eines jeden Jahres ist über die vorange-"
Die Heizperiode läuft gemäß § 5.1 des [X.] vom 1.
Oktober ei-nes Jahres bis zum 30. April des Folgejahres.
Am 30. Oktober 2012 übermittelte die Klägerin den Beklagten die [X.] über die Heizkosten 2011/2012 und die
Wasserkosten 2011. Die Ab-, davon entfallen 196,12

.
Die Beklagten haben einen Ausgleich der Forde-rung abgelehnt und unter anderem geltend gemacht, die Abrechnung der Heiz-kosten sei verspätet erfolgt.
Das [X.] Anwaltskosten , jeweils nebst Zinsen,
gerichtete Klage abge-wiesen. Mit der vom Amtsgericht zugelassenen Berufung hat sich die Klägerin gegen die Abweisung der Klage hinsichtlich der Heizkostennachforderung von 196,12

und der -

-
außergerichtlichen Anwaltskosten , jeweils nebst Zinsen,
gewandt. Ihr Rechtsmittel ist vor dem [X.] ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer
vom 1
2
3
4

-
4 -
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegeh-ren in dem zuletzt geltend gemachten Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat
überwiegend Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
-
soweit für das Revisionsverfahren von Interesse -
ausgeführt:
Die Klägerin habe die Abrechnung vom 30. Oktober 2012 außerhalb der im Mietvertrag vereinbarten Abrechnungsfrist versandt. Sie habe daher keinen Anspruch auf Zahlung der Nachforderung für
die am 30. April 2012
zu Ende gegangene Heizperiode. Die in § 5.6 des Mietvertrags vereinbarte Frist sei als Ausschlussfrist zu verstehen.
Die genannte Klausel sei in einem von der Klägerin gestellten Formular-vertrag verwendet worden. Zur Auslegung des [X.] der Klausel könne nicht die in ihrer gegenwärtigen Form erst zum 1. September 2001 in [X.] getretene Norm des § 556 Abs. 3 [X.] herangezogen werden, da der [X.] abgeschlossen worden sei. Die bei [X.] geltende Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] habe lediglich eine jähr-liche Abrechnung über die Nebenkosten vorgeschrieben, jedoch hierfür keine bestimmte Frist und auch keine Rechtsfolgen im Falle einer verspäteten [X.] vorgesehen.
Der strikte und verbindliche Wortlaut der Klausel spreche dafür, dass mit Ablauf des genannten Zeitraums eine Abrechnung ausgeschlossen sein sollte, 5
6
7
8
9

-
5 -
um Streit zwischen den Parteien über
die vorangegangene Abrechnungsperio-de
abschließend rasch zu klären. Dem stehe eine Auslegung entgegen, wonach lediglich der Mieter habe ermächtigt werden sollen, auf eine Abrechnung ab diesem Zeitpunkt zu klagen. Ein Laie werde die Klausel so verstehen, dass nach Ablauf der Frist, bis zu der "spätestens"
abzurechnen sei, der Vermieter aus einer zu spät erfolgten Abrechnung keine Nachforderungen mehr stellen dürfe. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, sei die Annahme, dass mit Ablauf der vereinbarten Frist der Vermieter mit einer Abrechnung ausgeschlos-sen sein solle, jedenfalls eine mögliche Auslegung der Klausel. Hierfür spreche auch der Umstand, dass bereits mehrere Amtsgerichte die Klausel entspre-chend ausgelegt hätten. Bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten gingen [X.] bei der Auslegung einer
Klausel aber gemäß § 305c Abs. 2 [X.] zu Lasten des Verwenders, hier der Klägerin.

Die Klägerin könne auch nicht damit gehört werden, als Ende der [X.]sfrist sei der 30. Juni des dem Ablauf der Heizperiode folgenden [X.] vereinbart worden. Denn einer solchen Auslegung widerspreche der [X.] Wortlaut der Klausel, wonach als Abrechnungstermin der 30.
Juni, der auf die "vorangegangene Heizperiode"
folge, genannt sei. Es sei auch nicht er-kennbar, dass es der Klägerin unmöglich sei, die Heizkosten innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten abzurechnen.
Daraus,
dass die Beklagten Nachforderungen aus früheren Abrechnun-gen trotz verspätet
erfolgter Abrechnungen bezahlt hätten, ergebe sich nichts für die Klägerin Günstiges. Weder liege darin eine konkludente Vertragsände-rung noch lasse sich daraus ableiten, dass die Beklagten die Klausel in dem von der Klägerin verstandenen Sinne aufgefasst hätten. Die bloße Zahlung auf eine entsprechende Aufforderung könne vielfältige Ursachen haben, so etwa 10
11

-
6 -
das Vertrauen auf das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs oder den Willen, Streit zu vermeiden.

II.
Diese Beurteilung hält
rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der geltend gemachten [X.] von gemäß § 535 Abs. 2, § 556 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit §§
3, 5.6 des Mietvertrags sowie ein auf § 280 Abs. 2, §
286 Abs.
1, 2 Nr.
1
[X.] gestützter Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten, berechnet

, jeweils nebst Verzugs-zinsen, nicht verneint werden. Nur soweit die Klägerin -
entsprechend ihrer [X.] vom April 2013 -
außergerichtliche Anwaltskosten aus einem Gegen-

zusätzlich die im [X.] nicht mehr verfolgten
Wasserkosten mit einbezogen hat, ist die Klageab-weisung zu Recht erfolgt. Die
Klägerin hat hierbei übersehen, dass nach der hier noch maßgeblichen, bis zum Ablauf des 31. Juli 2013 geltenden Gebühren-

1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, dass die Klä-gerin die Abrechnung erst nach Ablauf der im Mietvertrag vereinbarten Frist erstellt hat. Nach den von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Fest-stellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der in § 5.6 des [X.] getroffenen Vereinbarung um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung. Soweit das Berufungsgericht die
darin getroffene [X.], wonach "spätestens am 30. Juni eines jeden Jahres über die vorange-gangene Heizperiode abzurechnen"
ist,
dahin ausgelegt hat, dass sie der Klä-12
13

-
7 -
gerin eine Abrechnung bis spätestens zum 30. Juni des Jahres vorschreibt, in dem die abzurechnende Heizperiode geendet hat, also keine erst zum 30. Juni des Folgejahres ablaufende Abrechnungsfrist vorsieht, lässt dies in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der Klausel keine Rechtsfehler erkennen. Auch die Revision nimmt diese Auslegung hin.
2. Die vereinbarte Abrechnungsfrist beträgt damit zwei Monate (1.
Mai bis 30. Juni), ist also
deutlich kürzer als die -
gemäß Art. 229 §
3 Abs.
1 Nr.
4, Abs. 9 EG[X.] für die streitgegenständliche Abrechnung maßgebliche -
gesetz-liche
Abrechnungsfrist des §
556 Abs. 3 Satz 2 [X.], wonach die Abrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des [X.]szeitraums mitzuteilen ist. Jedoch lässt § 556 Abs. 4 [X.] Raum für abweichende Parteiabreden, soweit diese nicht zum Nachteil des Mieters von
der Bestimmung des § 556 Abs. 3 [X.] abweichen.
Eine solche, von § 556 Abs. 4 [X.] nicht ausgeschlossene Abrede ha-ben die Parteien in § 5.6 des Mietvertrags getroffen. Die darin vereinbarte Ab-kürzung der Abrechnungsfrist über die Heizkosten auf zwei Monate ab Ende der Heizperiode stellt eine für den Mieter günstige Regelung dar. Denn sie ge-währleistet in seinem Interesse eine zeitnahe Abrechnung angefallener
Heiz-kosten
und vermeidet dadurch die mit längeren [X.] [X.] Schwierigkeiten bei der Aufklärung der für die Abrechnung maßgeb-lichen Tatsachen
(vgl. Wall, [X.], 4.
Aufl., §
556 [X.] Rn.
2045). Die vorherrschende Meinung im
Schrifttum geht
dementsprechend zu Recht davon aus, dass § 556 Abs. 4 [X.] einer Verkürzung der gesetzlichen Abrechnungsfrist nicht entgegensteht (Wall, [X.]O Rn. 2039; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2011, § 556 Rn. 105; MünchKomm[X.]/
[X.], 6. Aufl., §
556 Rn. 50; [X.] in [X.]/Börstinghaus, Miete, 4. Aufl., §
556 [X.] Rn. 258; vgl. auch
[X.], [X.] 2007, 297).
Soweit vereinzelt 14
15

-
8 -
Bedenken gegen eine Verkürzung der Abrechnungsfrist erhoben werden, weil dann nicht immer ein Gleichlauf der Abrechnungsfristen von Versorgungsunter-nehmen und von Vermietern
gewährleistet sei
([X.]t-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 12. Aufl., §
556 Rn. 451), wird übersehen, dass dies auch bei der gesetzlichen Abrechnungsfrist des §
556 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht sichergestellt ist.
Denn diese
Frist wurde vom Gesetzgeber als Höchstfrist ausgestaltet ("spä-testens").
Sie hindert den Vermieter
folglich nicht daran,
deutlich früher als vor Ablauf eines Jahres ab Ende des Abrechnungszeitraums über die Nebenkosten abzurechnen
und eine erwartete Nachforderung schneller zu realisieren. Diese Überlegung zeigt, dass mit der Vereinbarung einer kurzen
Abrechnungsfrist letztlich allein den Interessen
des Mieters Rechnung getragen werden soll.

3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch der in § 5.6 des Mietvertrags vereinbarten Abrechnungsfrist von zwei Monaten
ab der
zum 30.
April endenden Heizperiode die Wirkung einer Ausschlussfrist
beigemes-sen. Das Berufungsgericht hat bei seiner Deutung die bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsregeln nicht hinrei-chend beachtet.
a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen,
wie sie von verständigen und [X.] Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise be-teiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 3.
Dezember 2014 -
VIII ZR 224/13, [X.], 80 Rn. 16; vom 9. April 2014
-
VIII ZR 404/12, [X.]Z 200, 362 Rn.
57
mwN). Dabei sind die Verständnismög-lichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspart-ners des Verwenders zugrunde zu legen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 18.
Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, [X.]Z 194, 121 Rn. 16; vom 17. April 2013
16
17

-
9 -
-
VIII [X.], NJW 2013, 1805 Rn. 9; vom 9. April 2014 -
VIII ZR 404/12, [X.]O Rn. 24).
Ansatzpunkt für die bei einer [X.] gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in
erster Linie ihr Wortlaut (vgl. Senatsurteile vom 18. Juli 2007 -
VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 Rn. 23 mwN; vom 8. April 2009 -
VIII ZR 233/08, NJW-RR 2009, 1021 Rn. 19; vom 17. April 2013 -
VIII [X.], [X.]O). Legen die [X.] allerdings der Klausel übereinstimmend eine von ihrem objektiven Sinn abweichende Bedeutung bei, ist diese maßgeblich (vgl. [X.], Urteile vom 16.
Juni 2009 -
XI [X.], [X.]Z 181, 278 Rn. 16; vom 29. Mai 2009 -
V [X.], NJW-RR 2010, 63 Rn.
10).
Sofern nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungs-möglichkeiten Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich
vertretbar
sind, kommt die sich zu Lasten des [X.] des § 305c Abs. 2 [X.] zur Anwendung ([X.], Urteile vom 5. Mai 2010 -
III ZR 209/09, [X.]Z 185, 310 Rn.
14
mwN; vom 9.
Mai 2012 -
VIII ZR 327/11, [X.], 2270 Rn.
28 mwN; vom 3. Dezember 2014 -
VIII ZR 224/13, [X.]O).
Hierbei bleiben allerdings [X.] unberücksichtigt,
die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend sind und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht [X.] in Betracht kommen
([X.], Urteile vom 5. Mai 2010 -
III ZR 209/09, [X.]O; vom 9. Mai 2012 -
VIII ZR 327/11, [X.]O; jeweils mwN; vom 18. Juli 2012
-
VIII ZR 337/11, [X.]O).

b) Die Anwendung der vorgenannten Grundsätze führt hier zu der
Ausle-gung dahin, dass § 5.6 des Mietvertrags, wonach "spätestens am 30. Juni jeden 18
19
20

-
10 -
Jahres über die vorangegangene Heizperiode abzurechnen"
ist, keine Aus-schlussfrist für die Heizkostenabrechnung vorsieht.

[X.]) Diese Auslegung, die der Senat selbst vornehmen kann, ergibt sich zwar -
anders als die Revision meint -
nicht bereits daraus,
dass beide Parteien die streitige Regelung übereinstimmend dahin verstanden hätten, dass sie bei nicht fristgerechter Abrechnung über die Heizkosten keine Ausschlussfrist für Nachforderungen des Vermieters enthält.
Denn aus dem von der Revision an-geführten Umstand, dass die Klägerin die Heizkostenabrechnung in der [X.] mehrfach verspätet erstellt und die Beklagten dabei zu keinem Zeit-punkt unter Berufung auf eine vertragliche Ausschlussfrist Nachzahlungen ver-weigert, sondern teilweise sogar Mahnkosten gezahlt haben, lässt sich nicht ableiten, die Parteien hätten übereinstimmend der in § 5.6 des [X.] Frist keine [X.] beigemessen. Für das beschriebene Verhalten der Beklagten kann es -
wie das Berufungsgericht zutreffend ausge-führt hat -
vielfältige Gründe geben. Es ist bereits offen, ob sich die Beklagten überhaupt vor der streitgegenständlichen Abrechnung Gedanken über den Re-gelungsgehalt der in Frage stehenden Bestimmung gemacht haben. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände stellen frühere einwendungslose Zahlungen der Beklagten kein tragfähiges Indiz dafür dar, dass sie in Übereinstimmung mit der Klägerin die Regelung in § 5.6 des Mietvertrags nicht als Ausschlussfrist aufge-fasst haben.
Solche Umstände zeigt die Revision nicht auf.

[X.]) Dass sich die Klausel in § 5.6 des Mietvertrags in der Regelung einer reinen Abrechnungsfrist erschöpft und nicht ergänzend dazu eine Ausschluss-wirkung bei verspäteten Abrechnungen entfaltet,
ergibt sich aber aus einer am objektiven Inhalt und typischen Sinn der genannten Regelung orientierten Aus-legung.
Bei der gebotenen
Zugrundelegung der
Sichtweise
redlicher
und ver-ständiger
Vertragspartner und der weiter gebotenen Einbeziehung der Interes-21
22

-
11 -
sen der normalerweise beteiligten Kreise kommt allein
die Auslegungsmöglich-keit in Betracht, dass § 5.6 des Mietvertrags Nachforderungen bei verspäteter Abrechnung der Heizkosten nicht ausschließt
(so auch für eine ähnliche Klausel [X.], [X.], 120 f.).

(1)
Bereits
der Wortlaut der Klausel spricht dafür, dass dort nur Regelun-gen über eine Abrechnungsfrist
und nicht zugleich über Sanktionen für den Fall einer verspäteten Abrechnung getroffen worden sind
(so auch [X.], [X.] 2000, 1543; [X.] [X.], [X.] 1994, 25; [X.], [X.]O). Es ist allein die Rede davon, dass bis spätestens 30. Juni jeden Jahres abzu-rechnen ist, nicht aber, dass der Vermieter, der diese Frist nicht wahrt, (ver-schuldensunabhängig) mit Nachforderungen ausgeschlossen sein soll
(vgl. [X.], [X.]O). Anders als das Berufungsgericht und die vorgenannten Amtsge-richte meinen, lässt sich solches aus dem "strikten und verbindlichen"
Wortlaut der Klausel ("spätestens") nicht ableiten
(vgl. ferner Senatsurteil vom 10. Juli 2013 -
VIII ZR 295/12, NVwZ-RR 2013, 920 Rn. 12 [zu § 54 Abs. 1 EEG 2009, wonach "spätestens"
bis zum 30. November des folgenden Jahres über [X.] abzurechnen ist]). Vielmehr wird dadurch nur zum Ausdruck ge-bracht, dass die Abrechnungsfrist eine Höchstfrist darstellt. Der Vermieter darf also im Interesse des Mieters mit der Abrechnung nicht länger als zwei Monate zuwarten, er darf aber früher abrechnen, etwa wenn er mit hohen Nachforde-rungen rechnet. Der Mieter hingegen hat die Möglichkeit, vom Vermieter eine Abrechnung ab dem Ablauf der Frist (Abrechnungsreife) zu verlangen; einen Anspruch auf frühere Abrechnung
hat er dagegen nicht.

Dass eine Abrechnung, die "spätestens"
zu einem
bestimmten Zeitpunkt zu erfolgen hat,
nach objektivem Verständnis noch nichts über eine Aus-schlusswirkung im Falle einer verspäteten Abrechnung besagt, zeigt auch ein Blick auf § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.]. Diese Bestimmung
ist
zwar erst im 23
24

-
12 -
September 2001 in [X.] getreten, während die streitgegenständliche Klausel
im Jahr 1980 vereinbart wurde. Sie lässt
aber gleichwohl insoweit gewisse Rück-schlüsse auf den objektiven Inhalt einer [X.] zu, als sie deren Re-gelungsgehalt nachzeichnet. So liegen die Dinge bei § 556 Abs. 3 Satz 2 [X.].
Mit dieser Vorschrift führte der Gesetzgeber für nicht preisgebundene Wohnun-gen erstmals eine gesetzliche Abrechnungsfrist
ein, die "spätestens"
mit dem Ablauf von zwölf Monaten
nach Ende des Abrechnungszeitraums enden sollte (BT-Drucks. 14/4553, [X.]). Zusätzlich wurde
-
für den Fall
einer vom [X.] zu verantwortenden verspäteten Abrechnung -
erstmals eine Ausschlussfrist für [X.] (§ 556 Abs. 3 Satz 3 [X.]) geschaffen
(BT-Drucks.,
[X.]O). Für die Regelung in § 556 Abs. 3 Satz 3 [X.] hätte aber kein Bedürfnis bestanden, wenn bereits der in Satz 2 angeordneten Pflicht zur [X.] "spätestens"
bis zum Ablauf von zwölf Monaten
nach dem Ende des Abrechnungszeitraums bei objektivem Verständnis eine [X.] zu entnehmen gewesen wäre.
Letztlich lässt sich § 556 Abs. 3 Satz 2 [X.] eine gesetzliche Klarstellung dahin entnehmen, dass auch schon vor dem [X.] dieser Vorschrift vereinbarten [X.]n, die den Vermieter zu einer Nebenkostenabrechnung bis "spätestens"
zu dem
in
der Klausel genannten Zeitpunkt verpflichten, allein die Bedeutung zukommt, eine Frist für die [X.] festzulegen.
(2)
Vor allem entspricht -
und hierauf kommt es entscheidend an -
die Auslegung, wonach die Klausel in § 5.6 des Mietvertrags keine Ausschlusswir-kung im Falle einer verspäteten Abrechnung vorsieht, dem Verständnis redli-cher
und
verständiger, die Interessen der normalerweise beteiligten Kreise, also von Mietern einerseits und Vermietern andererseits, berücksichtigender Ver-tragspartner.

25

-
13 -
(a) Hierbei ist zunächst die zum Zeitpunkt des Abschlusses des [X.] im Jahr 1980 maßgebliche Gesetzeslage zu berücksichtigen. Zu diesem Zeitpunkt galt noch nicht § 556 Abs. 3 [X.], sondern die Vorgängerregelung des § 4 Abs.
1 Satz 1 und 2 [X.]. Der Gesetzgeber hatte darin wegen damals im Zusammenhang mit der Erhöhung von Heizölkosten aufgetretener Zweifels-fragen bestimmt, dass nur angemessene, also an der Höhe der zu erwartenden Betriebskosten ausgerichtete Vorauszahlungen zulässig sind und dass über diese jährlich abgerechnet werden muss (BT-Drucks. 7/2011, S. 12; [X.] vom 27. Juli 2011 -
VIII ZR 316/10, NJW 2011, 2878 Rn. 12).
([X.]) Mit der in § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] angeordneten "jährlichen [X.]"
war lediglich der Abrechnungszeitraum (heute § 556 Abs. 3 Satz 1 [X.]) gemeint; eine Abrechnungsfrist sah diese Bestimmung nicht vor (Senatsurteil vom 9. März 2005 -
VIII ZR 57/04, NJW 2005, 1499 unter [X.], 5). [X.] und Schrifttum hielten allerdings in Anlehnung an die für den
preisge-bundenen Wohnraum geltende Vorschrift des § 20 Abs. 3 Satz 4 NMV
("spätes-tens bis zum Ablauf von zwölf Monaten")
ein Jahr als Frist für die Erstellung der Abrechnung für angemessen (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2005 -
VIII ZR 57/04, [X.]O unter II 3 b, 2 c
mwN; BT-Drucks. 14/4553, [X.]O).

([X.]) Ein
grundsätzlicher Ausschluss
von Nachforderungen war mit der Versäumung dieser Abrechnungsfrist jedoch -
anders als die Revisionserwide-rung offenbar meint -
nicht verbunden (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2005
-
VIII ZR 57/04, [X.]O unter
II
5). Dem Mieter wurde lediglich im Wege einer er-gänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 [X.]) für den Fall einer nicht frist-gerechten Abrechnung das Recht zugebilligt, laufende Vorauszahlungen [X.] (§ 273 [X.]) oder eine Rückzahlung der geleisteten und noch nicht abgerechneten Vorauszahlungen zu verlangen (Senatsurteil vom 9. März 2005 -
VIII ZR 57/04, [X.]O unter [X.], d, e). Dem Vermieter sollte
hierdurch 26
27
28

-
14 -
aber nicht das Recht abgeschnitten
werden, die bislang versäumte Abrechnung über die Nebenkosten noch nachzuholen und den Mieter -
auch nach [X.] eines von diesem auf Rückzahlung geleisteter Vorauszahlungen erstritte-nen Urteils -
auf Zahlung der Betriebskosten beziehungsweise des sich aus der Abrechnung ergebenden Saldos in Anspruch zu nehmen (Senatsurteil vom 9.
März 2005 -
VIII ZR 57/04, [X.]O unter II 3 e, g).
Schon vor diesem Hintergrund verbietet sich aus Sicht redlicher und ver-ständiger Vertragspartner eine Deutung einer Klausel, die ausdrücklich nur eine deutliche Verkürzung der von der Rechtsprechung geforderten Abrechnungs-frist regelt, dahin, dass ein Vermieter, der diese Abrechnungsfrist nicht einhält, berechtigter Nachforderungen verlustig gehen soll.
(b) Insbesondere
widerspräche es aber den
bei der gebotenen objektiven Auslegung redlicherweise zu berücksichtigenden
beiderseitigen Interessen, der in § 5.6 des Mietvertrags vereinbarten
Zweimonatsfrist zur Abrechnung über die Heizkosten auch eine [X.] für verspätete Nachforderungen bei-zumessen.

([X.]) Denn bereits die in der Klausel geregelte Abrechnungsfrist ist ge-genüber der von der Rechtsprechung und dem Schrifttum in Anlehnung an § 20 Abs. 3 NMV entwickelten
Jahresfrist zum Nachteil des Vermieters deutlich [X.]. Die
darin vorgesehene Verschärfung der Abrechnungspflicht dient
-
wie bereits ausgeführt -
ausschließlich
dem Interesse des Mieters. Der Vermieter, der in Erwartung hoher Nachzahlungen ein Interesse an einer möglichst frühzei-tigen Abrechnung hätte, wäre auch bei einer Verpflichtung zur Abrechnung "spätestens bis zum Ablauf von zwölf Monaten"
nach dem Ende des [X.]szeitraums nicht daran gehindert, lange vor Ablauf dieser Höchstfrist über 29
30
31

-
15 -
die Heizkosten abzurechnen. Für ihn bestand also bereits kein Bedürfnis, die Abrechnungsfrist überhaupt abzukürzen.
([X.]) Eine Auslegung, die § 5.6 des Mietvertrags zusätzlich zu der für den Vermieter ohnehin schon nachteiligen Abkürzung der Abrechnungsfrist ent-nimmt, dass dem Vermieter, dem es -
aus welchen Gründen auch immer -
nicht gelingt, innerhalb von zwei Monaten nach Ende der Heizperiode über die Heiz-kosten abzurechnen, die Geltendmachung berechtigter
Nachforderungen (ver-schuldensunabhängig) abgeschnitten sein soll, führte
zudem zu einer die Be-lange des Vermieter einseitig und in erheblichem Umfang außer Acht lassenden
Betrachtung, die nicht (mehr) dem Verständnis redlicher und verständiger Ver-tragsparteien entspricht, die die Interessen beider Seiten angemessen in den Blick nehmen.
Für den Vermieter, der sich eine
Abrechnungspflicht binnen zweier [X.] ab Ende der Heizperiode auferlegt, obwohl eine gesetzliche Abrechnungs-frist nicht besteht und von der Rechtsprechung eine Abrechnungsfrist von ei-nem Jahr gewährt wird, besteht kein Anlass, ohne Kompensation dem Mieter auch noch die Vergünstigung zu gewähren, dass dieser von an sich geschulde-ten Nachforderungen frei wird, wenn der Vermieter erst nach Ablauf der [X.] abrechnet.
Auch ein redlich und verständig gesinnter Mieter wird einer Klausel,
wie sie in § 5.6 des Mietvertrags enthalten ist, eine solche [X.] nicht beimessen, schon gar nicht unter Einschluss der Fälle einer nicht vom [X.] zu vertretenden Verspätung
(vgl. auch [X.], [X.] 2000, 341 [für ein Gewerberaummietverhältnis]). Vielmehr werden verständige und redliche Vertragspartner bei einer solchen Sachlage strenge Anforderungen an die [X.] einer Ausschlussfrist stellen. Diese wird grundsätzlich
nur dann an-32
33
34

-
16 -
genommen werden können, wenn -
wie dies nun auch bei §
556 Abs. 3 Satz 3 [X.] gesetzlich geregelt ist -

die verspätete Abrechnung ausdrücklich mit der Sanktion des [X.] bewehrt ist.
[X.]) Da somit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und einiger Amtsgerichte nur eine Auslegung, nämlich die Deutung, dass § 5.6 des [X.] berechtigte Nachforderungen
der Klägerin im Falle einer verspäteten [X.] nicht ausschließt, rechtlich vertretbar ist, ist für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 [X.] kein Raum.
4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus an-deren
Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Geltendmachung der Heizkos-tennachforderung steht die
-
gemäß Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 9 EG[X.] für die streitgegenständliche Abrechnung maßgebliche -
gesetzliche Aus-schlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 [X.] nicht entgegen. Denn den Beklagten ist die
Abrechnung über die im Zeitraum 2011/2012 angefallenen Heizkosten am 30.
Oktober 2012 und damit innerhalb der Abrechnungsfrist des §
556 Abs.
3 Satz 2 [X.] übermittelt worden.

III.
Nach alledem hat das angefochtene Urteil, soweit es sich gegen die [X.] und der hierauf bezogenen außerge-richtlichen Anwaltskosten richtet,
keinen Bestand; es ist insoweit aufzuheben (§
562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da das [X.] -
von seinem Standpunkt aus folgerichtig
-
bislang keine Feststel-lungen zur inhaltlichen Berechtigung der Heizkostennachforderung und der gel-tend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten getroffen hat. Sie ist daher 35
36
37

-
17 -
im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
[X.]
Dr. Achilles
[X.]

Dr. Bünger
Kosziol
Vorinstanzen:
AG [X.]-Spandau, Entscheidung vom 03.12.2013 -
11 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 29.04.2015 -
18 [X.] -

Meta

VIII ZR 152/15

20.01.2016

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2016, Az. VIII ZR 152/15 (REWIS RS 2016, 17443)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17443

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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