Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2012, Az. EnVR 94/10

Kartellsenat | REWIS RS 2012, 4386

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BUND[X.]SG[X.]RICHTSHOF

B[X.]SCHLUSS
[X.] 94/10

vom

23. Juli 2012

in der energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache

-
2
-

Der Kartellsenat des [X.] hat am 23.
Juli 2012 durch den Präsi-denten des [X.] Prof.
Dr.
Tolksdorf und
die Richter Dr.
Raum, Dr.
Strohn, Dr.
Grüneberg und Dr.
Bacher
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerden der Betroffenen und der Bundesnetz-agentur wird der Beschluss des 1.
Kartellsenats des [X.] vom 19.
August 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beschwerde der Betroffenen gegen den Be-schluss der [X.] vom 17.
Dezember 2008 in der Fassung des Beschlusses vom 7. Januar 2009 hinsichtlich der Kürzungen bei der [X.]igenkapitalverzinsung und der kalkulatori-schen Gewerbesteuer zurückgewiesen worden ist und in Bezug auf die [X.]inrechnung des generellen sektoralen [X.] nach §
9 [X.] [X.]rfolg gehabt hat, und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der [X.] in der Fassung des [X.] vom 7. Januar 2009 mit Ausnahme der Ablehnung des Antrags auf Gewährung eines pauschalierten [X.] aufgehoben.
Die [X.] wird verpflichtet, die Betroffene unter Be-achtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Im Übrigen werden die Beschwerde und die Rechtsbeschwerde der Betroffenen zurückgewiesen.
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Die Kosten und Auslagen des Beschwerde-
und des [X.] werden der Betroffenen zu 91% und der [X.] zu 9% auferlegt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird unter Abänderung des Beschlusses des [X.] vom 19. August 2010 auf

Gründe:
I.
Die
Betroffene betreibt ein [X.]lektrizitätsverteilernetz. Mit Bescheid vom 7.
März 2007 erhielt sie eine auf den Daten des Geschäftsjahres 2004 beruhende und später bis zum 31.
Dezember 2008 verlängerte Genehmigung der [X.]ntgelte für den [X.] gemäß § 23a [X.]. Für die Folgezeit wurde der Betroffenen die Teilnahme am vereinfachten Verfahren der Anreizregulierung gemäß § 24 [X.] genehmigt. Sie beantragte ferner die [X.]inbeziehung eines pauschalierten [X.].
Mit Beschluss vom 17. Dezember 2008 in der Fassung des Beschlusses vom 7.
Januar 2009 legte die [X.] die einzelnen [X.] für die Jahre 2009 bis 2013 niedriger als von der Betroffenen begehrt fest. Sie begründete dies im Rahmen der [X.]rmittlung des Ausgangsniveaus nach §
34 Abs. 3 [X.] unter anderem mit Kürzungen bei der [X.]igenkapitalverzinsung und der kalkulatorischen Gewerbesteuer sowie mit der [X.]inrechnung des generellen sektoralen Produktivitäts-faktors nach §
9 [X.].
Den Antrag auf Berücksichtigung des pauschalierten Inves-titionszuschlags lehnte die [X.] ab. Auf die hiergegen gerichtete Be-1
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-

schwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht den Beschluss mit Ausnahme der Ablehnung des Antrags auf Gewährung eines pauschalierten [X.]
aufgehoben und die [X.] verpflichtet, die [X.] unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung neu zu bestimmen. Die [X.] Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen.
Hiergegen richten sich die -
vom Beschwerdegericht zugelassenen
-
Rechts-beschwerden der Betroffenen und der [X.]. Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
II.
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat teilweise [X.]rfolg, die Rechtsbe-schwerde der [X.] ist begründet.
1. Bestimmung des Ausgangsniveaus der [X.] (§
34 Abs.
3 [X.])
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat insoweit [X.]rfolg.
a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass die [X.] für die Bestimmung des Ausgangsniveaus der [X.] für die erste [X.] das [X.]rgebnis der Kostenprüfung der letzten -
bestandskräftigen
-
[X.]nt-geltgenehmigung zugrunde legen durfte. Dies ergebe sich aus § 34 Abs. 3 Satz
2 [X.], wonach sich das Ausgangsniveau aus den im Rahmen der letzten Geneh-migung der Netzentgelte nach §
23a [X.] anerkannten Kosten ergebe. Sinn und Zweck dieser Übergangsregelung sei es, eine einheitliche Datenbasis sicherzustellen und eine erneute Kostenprüfung mit dem damit verbundenen Aufwand nach dem Inkrafttreten der [X.] zu vermeiden. Aufgrund dessen sei für die von der Betroffenen begehrte Anpassung des [X.]rgebnisses der in der letzten 3
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[X.]ntgeltgenehmigung vorgenommenen Kostenprüfung kein Raum. Dies gelte [X.] auch für solche Kostenpositionen, die nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des [X.] an sich korrekturbedürftig seien. [X.] seien weder ein Risikozuschlag bei den [X.] vorzunehmen noch die
kalkulatorische Gewerbesteuer anzupassen.
b) Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Wie der Senat mit Beschluss vom 18. Oktober 2011 ([X.] 13/10, N&R 2012, 94 Rn. 7 f. -
PVU [X.]nergienetze GmbH) entschieden und im [X.]inzelnen begründet hat, ist -
entgegen der Auffassung des [X.]
-
bei der [X.]rmittlung des [X.] zur Bestimmung der [X.] nach §
34 Abs.
3 [X.] die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung und Anwendung der Strom-netzentgeltverordnung
zu berücksichtigen. Die unveränderte Übernahme des [X.] der letzten -
bestandskräftigen
-
[X.]ntgeltgenehmigung ist rechtsfehlerhaft, soweit diese zu jener Rechtsprechung in Widerspruch steht.
aa) Aufgrund dessen hätte die [X.] bei der [X.]rmittlung des Ausgangsniveaus zur Bestimmung der [X.] gemäß §
34 Abs.
3 [X.] in Bezug auf die Verzinsung des die zugelassene [X.]igenkapitalquote übersteigenden Anteils des [X.]igenkapitals (sog. [X.]) bei den dafür maßgeblichen [X.] einen Risikozuschlag (siehe hierzu [X.], Beschluss vom 14. August 2008 -
KVR
42/07, [X.]/[X.] D[X.]-R 2395 Rn.
54 ff. -
Rheinhessische [X.]nergie) berücksichti-gen müssen. Dies wird sie nachzuholen haben.
bb) [X.]benso hätte die [X.] die kalkulatorische Gewerbesteuer anpassen müssen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 28.
Juni 2011 -
[X.]
48/10, Rd[X.]
2011, 308 Rn.
14 -
[X.]nBW Regional AG und vom 18.
Oktober 2011 -
[X.]
13/10, N&R 2012, 94 Rn.
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-
PVU [X.]nergienetze GmbH).
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6
-

2.
Pauschalierter [X.] (§
25 [X.])
Dagegen hat die Rechtsbeschwerde der Betroffenen keinen [X.]rfolg, soweit sie sich gegen die vom Beschwerdegericht aus Rechtsgründen verneinte [X.]inbeziehung des pauschalierten [X.] nach §
25 [X.] wendet.
a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass § 25 [X.] im vereinfach-ten Verfahren nach § 24 [X.] keine Anwendung finde. Dies ergebe sich aus der zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung bereits geltenden Neufassung des §
24 Abs. 3 [X.]. [X.]ine andere Beurteilung sei auch nicht deswegen geboten, weil sich bei der Betroffenen ein schutzwürdiges Vertrauen auf eine zuvor bestehende -
anderweitige
-
Rechtslage gebildet habe. Dies sei nicht der Fall. Die am 12.
April 2008 in [X.] getretene Neufassung des § 24 Abs. 3
[X.] habe keine Änderung der Rechtslage herbeigeführt, sondern lediglich die Nichtanwendung des §
25 [X.] im vereinfachten Verfahren klargestellt. Dies folge unter anderem daraus, dass der pauschalierte [X.] gemäß § 25 Abs. 2 und 3 [X.]
in Ab-hängigkeit von den nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 [X.] bestimmten Kapitalkosten zu [X.] sei, diese Vorschrift jedoch im vereinfachten Verfahren nicht anwendbar sei. Das vereinfachte Verfahren nach § 24 [X.] solle die sogenannten kleinen Netzbe-treiber unter anderem von einem unverhältnismäßigen Regulierungsaufwand [X.] im Zusammenhang mit dem an sich durchzuführenden [X.]ffizienzvergleich entlasten. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn zwar die Regelungen für den bundes-weiten [X.]ffizienzvergleich nach §§ 12 bis 14 [X.] keine Anwendung finden würden, gleichwohl aber bei einer [X.]inbeziehung des pauschalierten [X.] maßgeblich wären.
b) Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das [X.] hat zu Recht die Anwendbarkeit des § 25 [X.] im Rahmen des vereinfachten 11
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Verfahrens nach § 24 [X.] verneint. Wie der Senat mit Beschluss vom
18. Oktober 2011 ([X.] 13/10, N&R 2012, 94 Rn.
18 ff. -
PVU [X.]nergienetze GmbH) entschieden und im [X.]inzelnen begründet hat, hat sich die Nichtanwendung des § 25 [X.] im vereinfachten Verfahren bereits vor der Klarstellung in § 24 Abs. 3 [X.] aus § 24 Abs. 1 [X.] ergeben. Dagegen bringt die Rechtsbeschwerde nichts [X.]r-hebliches vor.
3.
Genereller [X.] (§
9 [X.])
Die Rechtsbeschwerde der [X.] hat [X.]rfolg.
a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, die [X.] habe bei der [X.]rmittlung der [X.] zu Unrecht den generellen sektoralen Produkti-vitätsfaktor nach §
9 [X.] berücksichtigt,
obwohl es hierfür an einer ausdrücklichen gesetzlichen [X.]rmächtigung fehle. Insbesondere sei § 9 [X.] nicht von § 21a Abs.
6 Satz 2 Nr. 5 bzw. § 21a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 [X.] gedeckt.
b) Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im [X.]rgebnis nicht stand. [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] hat die [X.] bei der [X.]rmittlung der [X.] den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor nach §
9 [X.] zu Recht berücksichtigt.
aa) Der Senat hat zwar mit Beschluss vom 28. Juni 2011 ([X.] 48/10, Rd[X.] 2011, 308 Rn.
36
ff. -
[X.]nBW Regional AG) entschieden, dass §
21a Abs.
6 Satz
1 Nr.
2 [X.] i.V.m. §
21a Abs.
6 Satz
2 Nr.
5 [X.] a.F. nicht dazu ermächtigt hat, einen generellen sektoralen Produktivitätsfaktor -
wie in § 9 Abs. 1 [X.] a.F. vor-gegeben
-
unter Berücksichtigung der Abweichung des netzwirtschaftlichen Produkti-vitätsfortschritts vom gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt zu ermitteln. Diese Rechtsprechung ist aber -
wie der Senat mit Beschluss vom 31. Januar 2012 15
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([X.] 16/10, Rd[X.] 2012, 203 Rn. 17
ff. -
Gemeindewerke [X.]) im [X.]inzel-nen begründet hat
-
durch das [X.] Neuregelung [X.] Vorschriften vom 22. Dezember 2011 ([X.] I S. 3034) gegenstandslos geworden, weil der Gesetzgeber darin mit § 21a Abs. 4 Satz 7, Abs.
6 Satz
2 Nr. 5 [X.] n.F. mit Rückwirkung zum 1. Januar 2009 eine ausreichende [X.]rmächtigungs-grundlage für die [X.]inbeziehung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors in die [X.] geschaffen und § 9 [X.] neu erlassen hat. Die von der Rechts-beschwerdeerwiderung insbesondere gegen die Rückwirkung angeführten Argumen-te hat der Senat geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet.
bb) Die konkrete Festlegung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors in § 9 Abs.
2 [X.] und dessen konkrete Berechnung durch die [X.] für die einzelnen Jahre der Regulierungsperiode sind -
wie der Senat ebenfalls mit Beschluss vom 31. Januar 2012 ([X.] 16/10, Rd[X.] 2012, 203 Rn. 26 ff.
-
Gemein-dewerke [X.]) im [X.]inzelnen begründet hat -
ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch insoweit bringt die Rechtsbeschwerdeerwiderung keine Argumente vor, die dem Senat Anlass für eine Änderung seiner Rechtsprechung geben könnten.
III.
Der Senat verweist die Sache nicht an das Beschwerdegericht zurück. Die noch offenen Fragen des angefochtenen Bescheids vom 17. Dezember 2008 in der Fassung des Bescheids vom 7. Januar 2009 können durch die Regulierungsbehörde in dem neu eröffneten Verwaltungsverfahren entschieden werden. Für die Neube-scheidung ist der rechtliche Rahmen durch die [X.]ntscheidung des [X.].
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-
9
-

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
90 Satz
1 [X.].
Der Streitwert des Beschwerde-
und des [X.]s richtet sich gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse der Betroffenen an einer Abänderung der angefochtenen [X.]ntscheidung. Dies bemisst sich grundsätzlich nach der Differenz zwischen den nach der -
im Be-schwerde-
bzw. [X.] vertretenen
-
Auffassung der Betroffe-nen anzusetzenden [X.] und den von der Regulierungsbehörde festge-setzten [X.] (vgl. nur Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2011 -
[X.]
13/10, N&R 2012, 94 Rn.
45 -
PVU [X.]nergienetze GmbH). Soweit die Be-troffene insoweit nur einen Jahresbetrag ansetzen will, fehlt es hierfür an einer Grundlage. Aufgrund dessen betragen der Wert des Beschwerdeverfahrens unter 22
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-

Berücksichtigung des nicht mehr weiterverfolgten Angriffs gegen den Auflagenvorbe-h-

Tolksdorf

Raum

Strohn

Grüneberg

Bacher
Vorinstanz:
[X.], [X.]ntscheidung vom 19.08.2010 -
13 VA 25/09 -

Meta

EnVR 94/10

23.07.2012

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2012, Az. EnVR 94/10 (REWIS RS 2012, 4386)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4386

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