Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2012, Az. EnVR 2/11

Kartellsenat | REWIS RS 2012, 3981

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BUND[X.]SG[X.]RICHTSHOF

B[X.]SCHLUSS
[X.]nVR 2/11

vom

13. August 2012

in der energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache

-
2
-
Der Kartellsenat des [X.] hat am 13.
August 2012 durch den Präsidenten des [X.] Prof.
Dr.
Tolksdorf und [X.]
Raum, [X.], [X.] und Dr. Bacher
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der [X.] und auf die Anschlussrechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss des 1.
Kartellsenats des [X.] vom 25.
No-vember 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der Bundes-netzagentur vom 17.
Dezember 2008 in Bezug auf die [X.] des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors nach §
9 [X.] [X.]rfolg gehabt
hat und hinsichtlich der Kürzungen bei der [X.]igenkapitalverzinsung, bei der kalkulatorischen Gewerbesteuer und bei den [X.] für die Beschaffung von [X.] zurückgewiesen worden ist, und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Bun-desnetzagentur vom 17.
Dezember 2008 aufgehoben, mit [X.] der Ablehnung der Anträge auf Anpassung der [X.] nach §
4 Abs.
4 Satz
1 Nr.
2 [X.] und auf Gewährung eines pauschalierten [X.].
Die [X.] wird verpflichtet, die Betroffene unter Be-achtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Die weitergehenden Rechtsmittel der Betroffenen werden zurück-gewiesen.
-
3
-
Die Kosten und Auslagen des Beschwerde-
und des [X.] werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.248.081

festgesetzt.

Gründe:
I.
Die Betroffene betreibt ein [X.]lektrizitätsverteilernetz. Mit Bescheid vom 3.
April 2007 erhielt sie eine auf den Daten des Geschäftsjahres 2004 beruhen-de und später bis zum 31.
Dezember 2008 verlängerte Genehmigung der [X.]nt-gelte für den Netzzugang gemäß §
23a [X.]. Für die Folgezeit wurde der Be-troffenen die Teilnahme am vereinfachten Verfahren der Anreizregulierung ge-mäß §
24 [X.] genehmigt.
Mit Beschluss vom 17.
Dezember 2008 legte die [X.] die einzelnen [X.] für die Jahre 2009 bis 2013 niedriger als von der Betroffenen begehrt fest. Sie begründete dies im Rahmen der [X.]rmittlung des Ausgangsniveaus
nach §
34 Abs.
3 [X.] unter anderem mit Kürzungen bei der [X.]igenkapitalverzinsung, bei der kalkulatorischen Gewerbesteuer und bei den [X.] für die Beschaffung von [X.] sowie mit der [X.] des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors nach §
9 [X.].
Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht den Beschluss mit Ausnahme der Ablehnung der -
im [X.] nicht weiterverfolgten
-
Anträge auf Anpassung der [X.] 1
2
-
4
-
nach §
4 Abs.
4 Satz
1 Nr.
2 [X.] und auf Gewährung eines pauschalierten [X.] aufgehoben und die [X.] verpflichtet, die [X.] unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung neu zu be-stimmen. Die weitergehende Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwer-degericht zurückgewiesen.
Hiergegen richten sich die -
vom Beschwerdegericht zugelassene
-
Rechtsbeschwerde der [X.] und die [X.] der Betroffenen. Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer münd-lichen Verhandlung verzichtet.
II.
Die Rechtsbeschwerde der [X.] und die Anschluss-rechtsbeschwerde der Betroffenen haben [X.]rfolg.
1.
Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor (§
9 [X.])
a)
Das Beschwerdegericht hat angenommen, die [X.] habe bei der [X.]rmittlung der [X.] zu Unrecht den generellen sek-toralen Produktivitätsfaktor nach §
9 [X.] berücksichtigt, obwohl es hierfür an einer ausdrücklichen gesetzlichen [X.]rmächtigung fehle. Insbesondere sei §
9 [X.] nicht von §
21a Abs.
6 Satz
2 Nr.
5 bzw. §
21a Abs.
6 Satz
1 Nr.
2 [X.] gedeckt.
b)
Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand. [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] hat die Bundesnetza-gentur bei der [X.]rmittlung der [X.] den generellen sektoralen [X.] nach §
9 [X.] zu Recht berücksichtigt.
3
4
5
6
7
8
-
5
-
aa)
Der Senat hat zwar mit Beschluss vom 28.
Juni 2011 ([X.]nVR
48/10, [X.], 308 Rn.
36
ff. -
[X.]nBW Regional AG) entschieden, dass §
21a Abs.
6 Satz
1 Nr.
2 [X.] i.V.m. §
21a Abs.
6 Satz
2 Nr.
5 [X.] a.F. nicht dazu er-mächtigt hat, einen generellen sektoralen Produktivitätsfaktor
-
wie in §
9 Abs.
1 [X.] a.F. vorgegeben
-
unter Berücksichtigung der Abweichung des [X.] vom gesamtwirtschaftlichen Produktivitäts-fortschritt zu ermitteln. Diese Rechtsprechung ist aber -
wie der Senat mit Be-schluss vom 31.
Januar 2012 ([X.]nVR
16/10, [X.], 203 Rn.
18
ff.
-
Ge-meindewerke Schutterwald) im [X.]inzelnen begründet hat -
durch das [X.] zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 22.
Dezember 2011 ([X.]
I S.
3034) gegenstandslos geworden, weil der Ge-setzgeber darin mit §
21a Abs.
4 Satz
7, Abs.
6 Satz
2 Nr.
5 [X.] n.F. mit Rückwirkung zum 1.
Januar 2009 eine ausreichende [X.]rmächtigungsgrundlage für die [X.]inbeziehung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors in die
[X.] geschaffen und §
9 [X.] neu erlassen hat.
bb)
Die konkrete Festlegung des generellen sektoralen [X.] in §
9 Abs.
2 [X.] und dessen konkrete Berechnung durch die Bundes-netzagentur für die einzelnen Jahre der Regulierungsperiode sind -
wie der
Senat ebenfalls mit Beschluss vom 31.
Januar 2012 ([X.]nVR
16/10, [X.], 203 Rn.
26
ff.
-
Gemeindewerke Schutterwald) im [X.]inzelnen begründet hat
-
ebenfalls nicht zu beanstanden.
2.
Bestimmung des Ausgangsniveaus der [X.] (§
34 Abs.
3 [X.])
Die Anschlussrechtsbeschwerde der Betroffenen hat ebenfalls [X.]rfolg.
a)
Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass die Bundesnetzagen-tur für die Bestimmung des Ausgangsniveaus der [X.] für die
9
10
11
12
-
6
-
erste Regulierungsperiode das [X.]rgebnis der Kostenprüfung der letzten -
bestandskräftigen
-
[X.]ntgeltgenehmigung zugrunde legen durfte. Dies ergebe sich aus §
34 Abs.
3 und §
6 Abs.
2 [X.], wonach als Ausgangsniveau das [X.]rgebnis der Kostenprüfung der letzten Genehmigung der Netzentgelte nach §
23a [X.] vor Beginn der Anreizregulierung heranzuziehen sei. Sinn und Zweck dieser Übergangsregelung sei es, eine erneute Kostenprüfung und den damit verbundenen Aufwand nach dem Inkrafttreten der Anreizregulierungsver-ordnung angesichts des engen zeitlichen Rahmens zu vermeiden. Aufgrund dessen sei für die von der Betroffenen begehrte Anpassung des [X.]rgebnisses der in der letzten [X.]ntgeltgenehmigung vorgenommenen Kostenprüfung kein Raum. Dies gelte insbesondere auch für solche Kostenpositionen, die nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des [X.] an sich korrekturbedürftig seien. Dementsprechend seien weder ein Risikozuschlag bei den [X.] vorzunehmen noch die kalkulatorische Gewerbesteuer anzupassen oder die von der Betroffenen geltend gemachten [X.] für die Beschaffung von [X.] zu berücksichtigen.
b)
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Wie der Senat mit Beschluss vom 18.
Oktober 2011 ([X.]nVR
13/10, N&R 2012, 94 Rn.
7
f.
-
PVU [X.]nergienetze GmbH) entschieden und im [X.]inzelnen begründet hat, ist -
entgegen der Auffassung des [X.]
-
bei der [X.]rmittlung des Ausgangsniveaus zur Bestimmung der [X.] nach §
34 Abs.
3 [X.] die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung und Anwendung der Stromnetzentgeltverordnung zu berücksichtigen. Die unverän-derte Übernahme des [X.]rgebnisses der Kostenprüfung der letzten -
bestands-kräftigen
-
[X.]ntgeltgenehmigung ist rechtsfehlerhaft, soweit diese zu jener Rechtsprechung in Widerspruch steht.
13
14
-
7
-
aa)
Aufgrund dessen hätte die [X.] bei der [X.]rmittlung des Ausgangsniveaus zur Bestimmung der [X.] gemäß §
34 Abs.
3 [X.] in Bezug auf die Verzinsung des die zugelassene [X.]igenkapitalquote übersteigenden Anteils des [X.]igenkapitals (sog. [X.]K
II) bei den dafür maßgeb-lichen [X.] einen Risikozuschlag (siehe hierzu [X.], Beschluss vom 14.
August 2008 -
KVR
42/07, [X.]/[X.] D[X.]-R 2395 Rn.
54
ff. -
Rhein-hessische [X.]nergie) berücksichtigen müssen. Dies wird sie nachzuholen haben.
bb)
[X.]benso hätte die [X.] die kalkulatorische Gewerbe-steuer anpassen müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 28.
Juni 2011 -
[X.]nVR
48/10, [X.], 308 Rn.
14
-
[X.]nBW Regional AG).
cc)
Schließlich hätte die [X.] die von der Betroffenen gel-tend gemachten [X.] für die Beschaffung von [X.] im Jahr 2005 auf ihre sachliche Berechtigung prüfen müssen.
Nach der Rechtsprechung des Senats sind bei der Genehmigung der Netzentgelte auf der Grundlage von §
23a [X.] die Kosten für die Beschaf-fung von [X.] im Fall gesicherter [X.]rkenntnisse auch mit Planwerten im Sinne von §
3 Abs.
1 Satz
5 Halbsatz
2 StromN[X.]V in Ansatz zu bringen (vgl. Senatsbeschluss vom 14.
August 2008 -
KVR
36/07, Rd[X.] 2008, 337 Rn.
9 ff.
-
Stadtwerke Trier). Hat die Regulierungsbehörde im Rahmen der [X.] der letzten Genehmigung der Netzentgelte nach §
23a [X.] die Be-rücksichtigung solcher [X.] -
zu Unrecht
-
mit der Begründung [X.], dass §
3 Abs.
1 Satz
5 Halbsatz
2 StromN[X.]V von §
10 StromN[X.]V ver-drängt werde, darf sie das [X.]rgebnis dieser Kostenprüfung nicht unverändert übernehmen, sondern muss bei der [X.]rmittlung des Ausgangsniveaus zur Be-stimmung der [X.] nach §
34 Abs.
3 [X.] die Voraussetzungen des §
3 Abs.
1 Satz
5 Halbsatz
2 StromN[X.]V prüfen (vgl. Senatsbeschluss
15
16
17
18
-
8
-
vom 31.
Januar 2012 -
[X.]nVR
16/10, [X.], 203 Rn.
12
-
Gemeindewerke Schutterwald).
So liegt der Fall hier. In dem Bescheid vom 3.
April 2007 hat die Bundes-netzagentur die Berücksichtigung der von der Betroffenen angemeldeten Plan-kosten für die Beschaffung von [X.] mit dem Hinweis auf die Unan-wendbarkeit des §
3 StromN[X.]V abgelehnt und lediglich einen Mittelwert der [X.] des Jahres 2004 und der Beschaffungskosten des Jahres 2005 ange-setzt (S.
6
f., 26 des Bescheids). In dem angefochtenen Beschluss vom 17.
Dezember 2008 hat die [X.] eine Berücksichtigung der von der Betroffenen erneut angemeldeten Kosten für die Beschaffung von Verlust-energie wegen der Bestandskraft des Bescheids vom 3.
April 2007 verneint und deshalb die Voraussetzungen des §
3 Abs.
1 Satz
5 Halbsatz
2 StromN[X.]V, ins-besondere das Vorliegen gesicherter [X.]rkenntnisse, nicht geprüft. Hierzu hat auch das Beschwerdegericht keine Feststellungen getroffen. Aufgrund dessen ist für die [X.] von dem Vorbringen der Betroffenen [X.], die von ihr geltend gemachten [X.] entsprächen sicheren [X.]r-kenntnissen im Sinne des §
3 Abs.
1 Satz
5 Halbsatz
2 StromN[X.]V (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 7.
April 2009 -
[X.]nVR 6/08, Rd[X.] 2010, 25 Rn.
8 -
Verteil-netzbetreiber [X.]). Soweit die [X.] das Vorlie-gen gesicherter [X.]rkenntnisse in ihrer Beschwerdeerwiderung in Abrede stellt, kann sie damit im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden, sondern muss dies im weiteren Verfahren prüfen.
III.
Der Senat verweist die Sache nicht an das Beschwerdegericht zurück. Die noch offenen Fragen des angefochtenen Bescheids vom 17.
Dezember 2008 können durch die Regulierungsbehörde in dem neu eröffneten Verwal-19
20
-
9
-
tungsverfahren entschieden werden. Für die Neubescheidung ist der rechtliche Rahmen durch die [X.]ntscheidung des Senats vorgegeben.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
90 Satz
1 [X.].
Tolksdorf
Raum
Strohn

Grüneberg
Bacher
Vorinstanzen:
[X.], [X.]ntscheidung vom 25.11.2010 -
13 VA 10/09 -

21

Meta

EnVR 2/11

13.08.2012

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2012, Az. EnVR 2/11 (REWIS RS 2012, 3981)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3981

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