Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2003, Az. XII ZR 100/00

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2285

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[X.] DES VOLKESVERSÄUMNISURTEIL[X.]/00Verkündet am:16. Juli 2003Küpferle,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinZPO § 288 Abs. 1Der Vortrag einer Partei, der Vertrag sei mit dem Gegner zustande gekommen, kannGegenstand eines Geständnisses im Sinne des § 288 ZPO sein.[X.], Urteil vom 16. Juli 2003 - [X.]/00 - [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 16. Juli 2003 durch die Vorsitzende [X.]in [X.], die [X.] [X.], [X.], [X.] und die [X.]in [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats [X.] [X.] vom 23. Februar 2000aufgehoben.Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Von Rechts [X.]:Die Klägerin verlangt vom [X.]n Räumung eines Geschäftsgrund-stücks und Zahlung rückständigen Nutzungsentgelts zuzüglich [X.] Zinsen.Mit [X.], den der [X.] ohne Vertretungszusatzunterschrieb, schloß der [X.] in [X.]einenNutzungsvertrag über Gewerberäume und -flächen gegen ein monatliches Nut-zungsentgelt von 3.143,05 DM zuzüglich einer monatlichen [X.] -schale für Be- und Entwässerung und Lieferung von Wärme und Energie. [X.] der Vertragsurkunde ist als Vertragspartner ("Nutzer") die Firma "T. W. ", vertreten durch den [X.]n, genannt.Nach Umwandlung des VEB in die [X.] veräußerte diese das Mietobjekt mit Vertrag vom 28. September 1990 andie Klägerin, die als neue Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist.Vom 1. Januar 1991 bis Ende 1996 zahlte der [X.] an die Klägerindas von ihr verlangte Bruttoentgelt, das sich nach den - von der Revision nichtangegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts auf [X.] belief, sowie eine Nachzahlung laut [X.] in Höhe von 1.409,66 DM.Für das Jahr 1997 zahlte der [X.] einmalig 13.227,15 DM und [X.] Zahlungen ab 1. Juni 1997 völlig ein.Mit ihrer dem [X.]n am 25. März 1998 zugestellten Klage erklärtedie Klägerin die fristlose Kündigung des Vertrages wegen Zahlungsverzugesund verlangte Räumung sowie Zahlung rückständigen Nutzungsentgelts für [X.] 1997 bis einschließlich Oktober 1998 sowie von Nebenkosten [X.] für 1995 und 1996 in Höhe von [X.] nebst Zinsen.Das [X.] gab dem [X.] in vollem Umfang unddem Zahlungsbegehren teilweise statt. Die hiergegen gerichtete Berufung [X.], mit der er seinen Abweisungsantrag weiterverfolgte, hatte Erfolg; dieAnschlußberufung der Klägerin, mit der diese zuletzt unter Einschluß desweiteren Zeitraums bis einschließlich September 1999 Zahlung weiterer82.272,77 DM nebst Zinsen verlangte, wies das Berufungsgericht [X.] -Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre im zwei-ten Rechtszug zuletzt gestellten Anträge mit der Maßgabe weiterverfolgt, daßder Rechtsstreit hinsichtlich des Räumungsverlangens in der Hauptsache erle-digt sei, weil der [X.] inzwischen geräumt habe.Entscheidungsgründe:Aufgrund der Säumnis der [X.] ist durch [X.] erkennen, obwohl die Entscheidung inhaltlich nicht auf der Säumnisfolgeberuht (vgl. [X.]Z 37, 79, 82).Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.1. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und dieAnschlußberufung zurückgewiesen, weil es den [X.]n für nicht passiv legi-timiert hält. Insoweit ist es dem erstmals im Laufe des Berufungsverfahrensvorgetragenen Einwand des [X.]n gefolgt, den Nutzungsvertrag nicht alsInhaber einer unter der Bezeichnung "[X.]" auftretenden Ein-zelfirma und damit im eigenen Namen geschlossen zu haben, sondern als Ver-treter der am 24. April 1990 unter der Firma "[X.]Jeans [X.] [X.]" im Handelsregister eingetragenen Einzelfirma seinerEhefrau.Das hält den Angriffen der Revision nicht stand.2. Es kann dahinstehen, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zu-trifft, wegen des eingangs des Nutzungsvertrages enthaltenen Zusatzes, Nutzer- 5 -sei die durch den [X.]n vertretene Firma "[X.]", seien [X.] der Vertragsparteien entsprechend den für [X.] Geschäfte geltenden Regeln dahin auszulegen, daß nicht der [X.], sondern der (wahre) Inhaber des im Vertrag bezeichneten Unterneh-mens Vertragspartner habe werden sollen.Es bedarf daher auch keiner Entscheidung, ob diese Auslegung in un-mittelbarer Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches vorzu-nehmen war, wie der Entscheidung des Berufungsgerichts zu entnehmen ist,oder ob sich etwas anderes daraus ergeben könnte, daß der am 15. Mai 1990und damit vor dem Beitritt geschlossene Vertrag hinsichtlich der Frage, [X.] geworden ist, nach dem Recht der [X.] zu beurteilen wäre (vgl. [X.]/[X.]. Art. 232 § 2 EGBGB Rdn. 3), mithin nach dem [X.] aber, da die gewerbliche Nutzung durch ein in der [X.] ansäs-siges Unternehmen vereinbart war (vgl. Kommentar zum [X.], 2. Aufl. 1983§ 1.1 und 1.2), nach § 6 des [X.]([X.]) in seiner ursprünglichen Fassung vom 5. Februar 1976 (GBl. I Nr. 5S. 61), die bis zum Inkrafttreten des § 3 des Gesetzes über die Änderung [X.] von Gesetzen der [X.] vom 28. Juni 1990 (GBl. I Nr. 38 S. 483)galt.Zu Recht macht die Revision nämlich geltend, der [X.] habe im [X.] Rechtszug gemäß § 288 ZPO gestanden, den [X.] zu haben und Vertragspartei des Nutzungsvertrages geworden zusein, und er bleibe an dieses Geständnis gebunden, da er die Voraussetzungendes § 290 ZPO nicht dargelegt habe.3. Die - hier nicht erfolgte - Protokollierung des Geständnisses (§ 160Abs. 3 Nr. 3 ZPO) ist nur vor dem beauftragten oder ersuchten [X.], nicht- 6 -aber vor dem [X.] (vgl. [X.]/[X.]. § 288 Rdn. 5).Gegenstand eines Geständnisses können zunächst Tatsachen sein, zudenen auch innere Tatsachen wie eine Willensrichtung gehören. [X.] im ersten Rechtszug zwar keine der Parteien vorgetragen, der [X.] ha-be den Vertrag im eigenen Namen geschlossen. Gegenstand eines Geständ-nisses können darüber hinaus aber auch juristisch eingekleidete [X.]; hierzu ist auch der Vortrag zu rechnen, wer Vertragspartei geworden sei(vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 1993 - [X.] - NJW-RR 1994,1405; dieser Entscheidung ist zu entnehmen, daß auch der Vortrag, ein Kauf-vertrag sei "mit [X.] selbst" - und nicht mit der Handelsagentur, für die ertätig war - zustande gekommen, geständnisfähig [X.] kommt, daß nach herrschender Meinung, der sich der Senat an-schließt, grundsätzlich auch präjudizielle Rechtsverhältnisse Gegenstand einesGeständnisses sein können (vgl. [X.] NJW 1966, 1299, 1300 unter II 3 m.N.;Musielak/[X.] ZPO 3. Aufl. § 288 Rdn. 4; und insbesondere [X.] ZPO 21. Aufl. § 288 Rdn. 8, der die Auffassung vertritt, auch aner-kenntnisähnliche Erklärungen sollten für das Gericht bindend sein, wenn siesich auf solche Rechtsfolgen beziehen, die auch Gegenstand einer selbständi-gen Feststellungsklage sein und dann der Parteidisposition durch [X.] könnten). Um solch einen Fall handelt es sich hier: Streitgegen-stand sind die Ansprüche der Klägerin auf Räumung und Zahlung, für die [X.] eines Nutzungsvertrages zwischen den Parteien, das Gegenstandeiner gesonderten Feststellungsklage hätte sein können, präjudiziell ist.4. Ein derartiges Geständnis des [X.]n liegt hier vor. Der [X.] schon in der Klageschrift vorgetragen, der [X.] sei Mieter des [X.] bezeichneten Mietobjekts (vgl. auch [X.]: er habe die "von ihm an-gemietete" Gewerberäumlichkeit zu räumen). Das hat der [X.] mehrfachzugestanden, indem er vorgetragen hat, er sei voll und ganz "seinen" [X.] aus dem Vertrag nachgekommen, und "zwischen [X.]" sei "im Jahre 1990 zunächst eine monatliche Grundmiete von3.143,05 DM vereinbart" worden, wobei unter "Parteien" ersichtlich die Prozeß-parteien zu verstehen sind. In diesem Sinne war auch sein Vortrag zu verste-hen, er, der [X.], schulde (ausschließlich) den [X.], unddie Klägerin könne den Vertrag schließlich nicht einseitig ohne Vereinbarung"mit dem [X.]n" ändern. Gleiches gilt für seine Einwendungen zur Höheder Klageforderung, mit denen er für die Jahre 1991 bis 1997 im einzelnen [X.] hat, was "der [X.] der Klägerin schuldet", und zwar "nach dem [X.] zwischen der Straßenbau und Immobilien [X.] dem [X.]n".Über diesen Vortrag haben die Parteien vor dem [X.] am 23. No-vember 1998 mündlich verhandelt (vgl. zur stillschweigenden Bezugnahme aufvorbereitende Schriftsätze in der mündlichen Verhandlung auch [X.], [X.] 14. April 1999 - [X.] - NJW-RR 1999, 1113).5. Die Voraussetzungen für einen Widerruf dieses Geständnisses nach§ 290 ZPO hat der [X.] nicht dargelegt. Er trägt im [X.] (erstmals) vor, Inhaberin der Einzelfirma, mit der die Klägerin [X.] geschlossen habe, sei damals seine Frau gewesen, und führt [X.] Umstand fiel erst jetzt auf, da der [X.] im Zuge des [X.] erstmalig den Nutzungsvertrag einsah. Dabei fiel ihm auf, [X.] die Firma seiner Frau in [X.]war. Seine Frau hatte bis dahin [X.] -gemeinsamen Angelegenheiten geregelt, sich jedoch aufgrund ihrer Schwan-gerschaft aus dem Geschäft zurückgezogen. Mieter ist also nicht der [X.],sondern die Zeugin [X.]. ... Die [X.] sind nunmehr offen-sichtlich".Damit legt der [X.] keinen Irrtum dar, sondern trägt nur eine geän-derte, für seine Prozeßsituation günstigere Rechtsansicht vor. Er hatte [X.], sich durch den Vertrag selbst verpflichtet zu haben, und beruft [X.] lediglich darauf, aus dem Wortlaut des Vertrages ergebe sich [X.], weil Inhaber der im Vertrag genannten Einzelfirma nicht er selbst,sondern seine Ehefrau gewesen sei.Der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien bei Vertragsschluß istaber auch dann maßgeblich, wenn er im Vertragstext keinen oder nur einenunvollkommenen Ausdruck gefunden hat (vgl. [X.], Urteil vom 29. November1995 - VIII ZR 281/94 - ZIP 1996, 476 m. Anm. [X.] EWiR 1996, 557), undzwar auch dann, wenn § 6 [X.] einschlägig ist, da dieser seinem wesentlichenInhalt nach mit §§ 133, 157 BGB übereinstimmt. Somit kommt es nicht ent-scheidend darauf an, was im Vertrag steht, sondern was die Parteien damalsübereinstimmend gewollt haben - und daß der [X.] sich bei seinem frühe-ren Geständnis, sich selbst verpflichtet zu haben, über den damaligen [X.] der Parteien geirrt habe, trägt er nicht vor.6. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil dasBerufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zur Höheder rückständigen Nutzungsentgelte und Nebenkosten und damit auch nicht zuden Voraussetzungen der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges ge-troffen hat, von denen die Entscheidung über die bislang einseitige Erledi-gungserklärung hinsichtlich des [X.]s abhängen wird. [X.] -Feststellungen wird das Berufungsgericht nach Zurückverweisung der Sachenachzuholen haben.HahneGerber[X.][X.]Vézina

Meta

XII ZR 100/00

16.07.2003

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2003, Az. XII ZR 100/00 (REWIS RS 2003, 2285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2285

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