Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2005, Az. XII ZR 238/02

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3088

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/02 Verkündet am: 15. Juni 2005 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.]-[X.] § 11; [X.] § 6 a) Zur Mitverpflichtung eines Ehegatten durch den anderen in Angelegenheiten des gemeinsamen Lebens gemäß § 11 [X.] (hier: Abschluß eines [X.] über ein Grundstück zu Erholungszwecken in der damaligen [X.]). b) Die einseitige Erhöhungserklärung gemäß § 6 [X.] hat rechtsgestaltende Wirkung dahin, daß sich die Höhe der Zahlungsver-pflichtung ohne Zustimmung des Nutzers ändert. c) Stehen auf Seiten des Nutzers mehrere Personen, so muß die [X.] allen Nutzern zugehen. Dabei ist auf der Nutzerseite Stellvertretung zugelassen. Die Erklärung muß aber an alle Nutzer gerichtet sein. [X.], Urteil vom 15. Juni 2005 - [X.]/02 - [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 3. September 2002 wird auf Kosten der Klä-gerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin nimmt den [X.]n auf [X.] für ein Grundstück im Beitrittsgebiet in Anspruch. Die Klägerin wurde durch Erbfolge Eigentümerin eines Grundstücks im Beitrittsgebiet mit einer Gesamtfläche von 11.183 m². Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte noch zu Zeiten der [X.] über zwei nicht miteinander verbun-dene Teilflächen des Grundstücks (von insgesamt 1.238 m² (nicht: 1.938 m²)) einen Pachtvertrag/Vertrag über die Nutzung von Bodenflächen zur Erholung vom 1. Juli 1982/12. Dezember 1982 geschlossen, den (lediglich) der [X.] unterzeichnete. Als Pächter/Nutzer wurden der [X.] sowie seine Ehefrau [X.]und die gemeinsame Tochter [X.]aufgeführt. Die [X.] wurden zum Zwecke der Erholung und Freizeitgestaltung über-lassen, der Ertrag des Grundstücks sollte den Nutzern zustehen. Das Nut-- 3 - zungsentgelt betrug jährlich [X.]/[X.]. Die Ehe des [X.]n mit Frau [X.]wurde 1995 geschieden. Im November 1998 erhöhte die Klägerin das Nutzungsentgelt auf 2,20 [X.]/m² jährlich. Gestützt auf ein von ihr eingehol-tes Sachverständigengutachten zum ortsüblichen Entgelt verlangte die Klägerin mit Schreiben vom 20. August 1999, das an den [X.]n gerichtet war, ab November 1999 eine weitere Erhöhung des Nutzungsentgelts auf 2,60 [X.]/m², was einem Betrag vom 3.218,80 [X.] jährlich entspricht. Der [X.] hat einen Betrag von 1.744,80 [X.] jährlich anerkannt, im übrigen dem Erhöhungsverlan-gen der Klägerin aber widersprochen. Von der geschiedenen Ehefrau und der Tochter des [X.]n hatte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine Erhöhung des [X.] verlangt. Mit ihrer Klage hat die Klägerin für den Zeit-raum November 1999 bis einschließlich August 2000 rückständiges [X.] in Höhe von insgesamt 2.207,10 [X.] verlangt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Be-rufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt sie ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe: Die Revision ist unbegründet. 1. Das Berufungsgericht hat im Tenor die Revision uneingeschränkt [X.] und in der Begründung ausgeführt, die Revision werde im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Anwendung des § 11 [X.] und der Frage, ob unter dem Gesichtspunkt von treuem Glauben von dem Grundsatz der [X.] bei mehreren Mietern abgewichen werden könne, - 4 - zugelassen. Eine - unzulässige - Beschränkung der Revision (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 1991 - [X.] ZR 56/90 - FamRZ 1991, 931 ff.) ist darin nicht zu sehen. 2. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die [X.] der Klägerin nicht jedem Nutzer zugegangen sei. Denn Vertragspartne-rin des Nutzungsvertrages nach §§ 312 ff. ZGB sei gemäß §§ 11 [X.], 100 Abs. 3 ZGB analog neben dem [X.]n jedenfalls seine damalige Ehefrau geworden. Ein Ausscheiden der Ehefrau des [X.]n aus diesem Vertrags-verhältnis sei nicht ersichtlich. Dem [X.]n sei es wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses auch nicht nach [X.] und Glauben gemäß § 242 [X.] verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der [X.] zu berufen. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. 3. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß neben dem [X.], der allein den Vertrag unterschrieben hat, jedenfalls auch seine dama-lige Ehefrau Vertragspartnerin des Nutzungsvertrages nach §§ 312 ff. ZGB ge-worden ist. Es kann im übrigen dahinstehen, ob darüber hinaus noch die [X.] minderjährige Tochter des [X.]n nach §§ 43, 45 [X.] in Verbindung mit §§ 53 ff. ZGB Vertragspartnerin des Nutzungsvertrages wurde. Die Frage, wer auf Nutzerseite Vertragspartner geworden ist, beurteilt sich - unabhängig von der späteren Einordnung des Vertrages zufolge der [X.] - ausschließlich nach dem Zivilgesetzbuch der [X.] - ZGB - vom 19. Juni 1975 ([X.]. [X.] I Nr. 27 S. 465) in Verbindung mit dem Familiengesetzbuch der [X.] - [X.] - vom 20. Dezember 1965 ([X.]. [X.] I 1966, 1 in der Fassung des Einführungsgesetzes zum [X.] 5 - gesetzbuch der [X.] vom 19. Juni 1975, [X.]. [X.] I, 517). Nach § 11 [X.] war jeder Ehegatte berechtigt, den anderen in [X.] des gemeinsamen Lebens zu vertreten; aus Rechtsgeschäften, die in diesem Rahmen abgeschlossen wurden, konnte jeder Ehegatte in Anspruch genommen werden. Streng genommen handelte es sich bei dieser Bestimmung nicht nur um eine Vertretungsregelung, Vertreter und Vertretene wurden viel-mehr gleichermaßen berechtigt und verpflichtet. Das Eintreten der rechtlichen Wirkungen des § 11 [X.] hing ausschließlich von der Zweckbestimmung des Rechtsgeschäfts ab, also davon, ob eine Angelegenheit des gemeinsamen Le-bens damit erledigt wurde oder nicht. Lag eine Angelegenheit des [X.] vor, traten die Rechtsfolgen des § 11 [X.] selbst dann ein, wenn der das Rechtsgeschäft besorgende Ehepartner nicht zu erkennen gab, daß er den anderen vertreten wollte oder der vertretene Ehegatte vom rechtsgeschäft-lichen Handeln seines Partners keine Kenntnis hatte oder es nicht billigte. Die Ehegatten konnten zwar die im Gesetz vorgesehene Wirkung im Einzelfall aus-schließen, dies mußte aber durch ausdrückliche Erklärung erfolgen oder für Dritte aus den Umständen des Vertragsschlusses offenbar werden (vgl. etwa Kommentar zum Familiengesetzbuch der [X.] - Autorenkollektiv - 5. Aufl. 1982 § 11; Lehrbuch Familienrecht - Autorenkollek-tiv - 3. Aufl. 1976/1981 [X.] ff.; Das Familienrecht der [X.] - [X.] - 4. Aufl. 1972 § 11). Zu den Angelegenheiten des gemeinsamen Lebens zählte dabei auch der Abschluß - nicht aber die Kündigung - von Miet- und Nut-zungsverträgen (Kommentar aaO Ziff. 1.2 und § 15 Ziff. 2.1), auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichts (OG Urteil vom 28. Juni 1983 - 3 [X.] 21/83 - NJ 1983, 421, 422). Die Rechtsprechung ging sogar darüber hinaus davon aus, daß analog § 100 Abs. 3 Satz 1 ZGB mit der Eheschließung jeder Ehegatte Partner eines Nutzungsvertrages wurde, den ein Ehegatte vor Ehe-- 6 - schließung über eine Bodenfläche zur kleingärtnerischen Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung abgeschlossen hatte (OG Urteil vom 22. November 1983 - 3 [X.] 39/83 - NJ 1984, 162, 163). § 11 [X.] schloß nicht aus, daß beide [X.] im Vertrag als Vertragspartner bezeichnet wurden, ebensowenig, daß eine rechtsgeschäftliche Vertretung nach §§ 53 ff. ZGB im Verhältnis der [X.] untereinander stattfand. Bei Anwendung dieser Grundsätze kann nicht zweifelhaft sein, daß [X.] die Ehefrau des [X.]n ebenfalls Vertragspartnerin des [X.] wurde, wobei im Ergebnis dahinstehen kann, ob eine rechtsgeschäft-liche Vertretung nach §§ 53 ff. ZGB durch den [X.]n erfolgte, oder § 11 [X.] zur Anwendung kam. 4. Der Auffassung der Revision, nach der Scheidung sei die Ehefrau des [X.]n aus dem Pachtvertrag ausgeschieden, kann nicht gefolgt werden. Dazu hätte es nämlich des Einverständnisses der Klägerin bedurft. Ob eine Ei-nigung der Eheleute, daß der [X.] nach der Scheidung den Vertrag allein fortführen solle, gemäß § 34 [X.] zu einem Ausscheiden seiner geschiedenen Ehefrau aus dem Pachtvertrag hätte führen können, kann dahingestellt bleiben. Die Ehe der Parteien wurde 1995 geschieden. § 34 [X.] war nach den [X.] in Art. 234 EG[X.] zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anwend-bar. 5. Zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, daß der ge-schiedenen Ehefrau des [X.]n keine Erhöhungserklärung der Klägerin zu-gegangen ist, obwohl bei [X.] nach §§ 312 ff. ZGB, die über § 6 Abs. 1 Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG; Art. 1 des Schuldrechts-änderungsgesetzes vom 29. September 1994, B[X.]. I S. 2537, in [X.] getreten am 1. Januar 1995) nunmehr den Regelungen des [X.] über Miete und Pacht - 7 - unterfallen, eine Erhöhungserklärung allen Vertragspartnern auf Nutzerseite zugehen muß. Bei einem Nutzungsvertrag nach §§ 312 ff. ZGB können die Beteiligten eine [X.] entweder durch [X.] der Vertrags-parteien (§ 311 Abs. 1 [X.] [§ 305 [X.] a.F.]; dabei Stellvertretung bei mehre-ren Personen auf Nutzerseite nach § 164 Abs. 3 [X.] zulässig) oder durch eine einseitige Erklärung über die Entgelterhöhung nach der Verordnung über eine angemessene Gestaltung von Nutzungsentgelten ([X.] - [X.] vom 22. Juli 1993 (B[X.]. I 1339), geändert durch die Verordnung zur Änderung der [X.] vom 24. Juli 1997 (B[X.]. I 1920)) herbeiführen. Nach § 6 [X.] kann das Nutzungsentgelt durch eine einseitige Erhöhungserklärung des Überlassers erhöht werden. Der Zugang der [X.] hat dabei materielle Wirkung, die Erhöhungserklärung wirkt sich rechtsgestaltend auf den Nutzungsvertrag aus. Durch ihren Zugang ändert sich die Höhe der Zahlungsverpflichtung des Nutzers nach § 6 Abs. 2 [X.] ab dem Beginn des dritten auf die Erklärung folgenden Monats. Anders als etwa beim [X.] ist eine Zustimmung des Nutzers nicht erforderlich (vgl. [X.], [X.], § 6 [X.] Rdn. 1 und 2; [X.], SchuldRAnpG, § 6 [X.] Rdn. 1 und 2). Stehen auf Seiten des Nutzers meh-rere Personen, so muß die Erhöhungserklärung allen Nutzern zugehen. Dabei ist auch auf der Nutzerseite Stellvertretung nach § 164 Abs. 3 [X.] zulässig, die Erklärung muß aber an alle Nutzer gerichtet sein ([X.] aaO Rdn. 9, 13; [X.] aaO Rdn. 5; [X.] 1993, 325, 329 f.). Eine Änderungsvereinbarung nach § 305 [X.] a.F. kam auf Grund der Erhöhungserklärung der Klägerin vom 20. August 1999 schon deswegen nicht zustande, da auch der [X.] (über den anerkannten Betrag hinaus) der [X.] nicht zugestimmt hat. Eine Erhöhungserklärung gemäß § 6 [X.] ist - 8 - der geschiedenen Ehefrau des [X.]n persönlich nicht zugegangen. Im [X.] kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß das Schreiben der Klä-gerin vom 20. August 1999 über den [X.]n als [X.] (§ 164 Abs. 3 [X.]) zugleich seiner geschiedenen Ehefrau zugegangen ist. Zwar [X.] § 6 [X.] bei mehreren Nutzern nicht, daß zwingend gleichlautende, aber separate Erklärungen in getrennten Schriftstücken gegenüber den [X.] Nutzern abgegeben werden. Die Erklärungen können durchaus in einem Schriftstück enthalten sein. Jedoch müssen Erklärungen gegenüber allen Nut-zern vorliegen. Daran fehlt es vorliegend jedenfalls gegenüber der Ehefrau, die in der Erklärung der Klägerin vom 20. August 1999 überhaupt nicht angespro-chen oder auch nur erwähnt wird. Die Klägerin behauptet selbst nicht, daß sie die Erklärung auch gegenüber der Ehefrau habe abgeben wollen, sie ging nach ihrem eigenen Vorbringen vielmehr davon aus, daß der [X.] ihr (einziger) Vertragspartner war. 6. Die Revision macht insoweit geltend, der [X.] habe sich in der Vergangenheit selbst als einziger Vertragspartner der Klägerin gesehen, so daß es ihm nach [X.] und Glauben gemäß § 242 [X.] verwehrt sei, sich auf die Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens zu berufen. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Voraussetzungen für eine wirksame Erhöhungserklärung nach § 6 [X.] ergeben sich ausschließlich aus der [X.]. Ein Vertrauenstatbestand dahingehend, daß die Wirkungen einer einseitigen [X.] nach § 6 [X.] auch dann eintreten, wenn die Vor-aussetzungen des § 6 [X.] gar nicht gegeben sind, kommt von vorneherein nicht in Betracht. Im übrigen war aus dem [X.] für die Klä-gerin ohne weiteres ersichtlich, daß auf Nutzerseite mehrere Parteien [X.] waren. Die Klägerin konnte danach zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, - 9 - daß der [X.] ihr alleiniger Vertragspartner sei. Auf die vom Berufungsge-richt aufgeworfene Zulassungsfrage kommt es damit im Ergebnis nicht an. Entgegen der Auffassung der Revision kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, der [X.] habe sich im vorliegenden Verfahren erst dann auf die Unwirksamkeit der Erhöhungserklärung berufen, als durch das vom [X.] erhobene Gutachten feststand, daß das ortsübliche Nutzungsentgelt noch über dem von der Klägerin verlangten Betrag liegt. Hahne [X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

XII ZR 238/02

15.06.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2005, Az. XII ZR 238/02 (REWIS RS 2005, 3088)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3088

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