Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.07.2013, Az. 2 AZR 994/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 4189

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Gegenstand

Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung - Auflösungsantrag des Arbeitgebers - falsche Reisekostenabrechnung - Strafanzeige gegen Kollegen


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. September 2012 - 9 [X.] 1014/12 - im [X.] und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des [X.] vom 6. Oktober 2011 - 4 [X.] 3895/07 - hinsichtlich der Kündigung vom 17. März 2005 betreffend die Abrechnung vom 15. Dezember 2002 und des [X.] zurückgewiesen und auf die Berufung des [X.] gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14. April 2005 nicht aufgelöst worden ist.

2. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die [X.]che zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer ordentlicher Kündigungen sowie einen [X.]uflösungsantrag der Beklagten.

2

[X.]ie Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen, dessen Rechtsvorgängerin, die [X.], am 1. [X.]pril 2011 auf sie verschmolzen wurde. [X.]er Kläger war bei dieser seit 1989 beschäftigt, zuletzt als [X.]lugkapitän.

3

[X.]ie [X.] hatte ihre Mitarbeiter bestimmten Stationen zugeordnet. Begann der Einsatz an einem anderen [X.]lughafen, wurden [X.]lüge zur [X.]nreise dorthin zur Verfügung gestellt (sog. Proceeding). [X.]ie Mitarbeiter mussten das [X.]ngebot nicht nutzen, sondern konnten auch mit anderen Verkehrsmitteln anreisen. In diesem [X.]all erstattete die [X.] die Kosten der Eigenanreise bis zur Höhe des ersparten Tickets.

4

[X.]er Kläger erlebte zwischen dem [X.] und dem September 2003 mehrere Vorfälle im [X.]lugbetrieb. In der [X.] von [X.]pril bis November 2002 und seit [X.]nfang September 2003 war er wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung arbeitsunfähig erkrankt. Ende September 2003 wandte er sich an die [X.], weil er meinte, eines ihrer [X.]lugzeuge sei am 17. September 2003 in zu geringer Höhe über den [X.] und das Olympiastadion geflogen.

5

[X.]ie [X.] kündigte das [X.]rbeitsverhältnis mit dem Kläger im Oktober und November 2003 sowie im [X.]ezember 2004 insgesamt viermal fristlos, am 24. Juni 2004 zweimal fristgerecht - [X.]. deshalb, weil Reisekostenabrechnungen für den 6. und 7. März 2003 fehlerhaft gewesen seien. Im Jan[X.]r 2005 kündigte sie abermals fristlos und fristgerecht. Es wurde rechtskräftig festgestellt, dass diese Kündigungen das [X.]rbeitsverhältnis nicht beendet haben.

6

[X.]m 25. [X.]ebr[X.]r 2005 hörte die [X.] die bei ihr gebildete Personalvertretung zu der [X.]bsicht an, das [X.]rbeitsverhältnis mit dem Kläger erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht zu kündigen. Mit Schreiben vom 2. März 2005 kündigte sie das [X.]rbeitsverhältnis fristlos, mit Schreiben vom 17. März 2005 ordentlich zum 31. März 2006 - wiederum gestützt auf [X.]ehler in den Reisekostenabrechnungen für den 6. und 7. März 2003. [X.]ür den 6. März 2003 hatte der [X.]ienstplan für den Kläger ein Proceeding von [X.] nach [X.] mit dortiger Übernachtung vorgesehen, damit dieser am nächsten Morgen von [X.] aus nach [X.] flöge. Nach der Rückkehr sollte der Kläger am Nachmittag wieder zurück nach [X.] reisen. [X.]er Kläger übernachtete vom 6. auf den 7. März 2003 in einem Hotel in [X.]. In den [X.]brechnungen für den 6. und 7. März 2003, die die [X.] vorgelegt hat, war angegeben, der zur Verfügung gestellte [X.]lug sei nicht genutzt worden. [X.]n beiden Tagen seien [X.]ahrten von [X.] nach [X.] und zurück mit dem PKW erfolgt. [X.]araufhin rechnete die [X.] zu Gunsten des [X.] pro Tag 140,28 [X.] Reisekosten ab.

7

[X.]m 10. März 2005 hörte die [X.] die Personalvertretung zu ihrer [X.]bsicht an, das [X.]rbeitsverhältnis mit dem Kläger [X.] fristlos, hilfsweise ordentlich zu kündigen. [X.]ie Personalvertretung nahm am 15. März 2005 Stellung. [X.]ie [X.] kündigte mit Schreiben vom 17. März 2005 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2006. Grund war eine Reisekostenabrechnung des [X.] vom 15. [X.]ezember 2002 für den 13. [X.]ezember 2002. [X.]n diesem Tag hatte der Kläger von [X.] nach M reisen sollen, um dort einen mehrtätigen Umlauf zu beginnen. [X.]ür die Reise hätte er ein [X.] im Wert von 135,14 [X.] nutzen können. In der nicht unterschriebenen [X.]brechnung war für den 13. [X.]ezember 2002 vermerkt, dass für die [X.]n- und [X.]breise zum [X.]lughafen nicht das Ticket, sondern der eigene PKW genutzt worden sei. [X.]araufhin wurden zugunsten des [X.] 120,00 [X.] abgerechnet. [X.]ie [X.] hat dem Kläger vorgeworfen, er sei in Wirklichkeit nicht mit dem PKW angereist, sondern sei zu einem noch günstigeren Preis geflogen.

8

Mit Schreiben vom 11. [X.]pril 2005 hörte die [X.] die Personalvertretung zu einer beabsichtigten weiteren fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung an. [X.]iese äußerte anderntags Bedenken. Mit Schreiben vom 14. [X.]pril 2005 kündigte die [X.] das [X.]rbeitsverhältnis erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30. Juni 2006. Zur Begründung hat sie sich auf eine vom Kläger am 12. [X.]ezember 2004 erstattete Strafanzeige gegen ihren damaligen Leiter Personal und Recht bezogen. [X.]er Kläger hatte diesen [X.]. der falschen Verdächtigung, des Prozess- und „[X.]“, der Urkundenfälschung, der [X.]nstiftung eines Mitarbeiters zur [X.]alschaussage, der vorsätzlichen Körperverletzung, der [X.]örderung schwerer Straftaten mit [X.]lugzeugen und der Vereitelung ihrer Strafverfolgung sowie der vorsätzlichen Lufttransportgefährdung beschuldigt. Mit Schreiben vom 24. [X.]ezember 2004 vertiefte der Kläger seinen Vorwurf der vorsätzlichen Luftverkehrsgefährdung, der [X.]älschung einer Reisekostenabrechnung und der [X.]nstiftung zur [X.]alschaussage. [X.]er Leiter Personal und Recht habe ihn wissentlich falsch des Betrugs beschuldigt und rechtsmissbräuchlich die Gerichte beschäftigt. Es handele sich um Taten mit hoher krimineller Energie.

9

[X.]as gegen den Leiter Personal und Recht eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde nach § 170 [X.]bs. 2 StPO eingestellt. Ein [X.] blieb erfolglos.

Gegen die Kündigungen vom 2. März, 17. März und 14. [X.]pril 2005 hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben. [X.]as [X.]rbeitsgericht hat durch rechtskräftiges Teilurteil vom 17. Oktober 2007 festgestellt, dass das [X.]rbeitsverhältnis der Parteien durch die jeweiligen fristlosen Kündigungen nicht aufgelöst worden ist.

[X.]er Kläger hat gemeint, auch die beiden ordentlichen Kündigungen vom 17. März 2005 und 14. [X.]pril 2005 seien rechtsunwirksam. [X.]ie von der [X.] vorgelegte [X.]brechnung für den 13. [X.]ezember 2002 rechtfertige keine Kündigung. Sie sei nicht von ihm, sondern von seiner [X.]reundin ausgefüllt worden. Er habe sie nicht unterschrieben. [X.]ie [X.]brechnung weise mittlerweile diverse Handschriften auf und sei mit [X.] bearbeitet worden. Zudem sei die Personalvertretung nicht ordnungsgemäß angehört worden. [X.]ie weitere Kündigung vom 17. März 2005 könne nicht auf den Vorwurf der [X.]oppelabrechnung für den 6. und 7. März 2003 gestützt werden. [X.]ieser sei bereits Grund für die Kündigung vom 24. Juni 2004 gewesen. [X.]ass er eine  Kündigung nicht rechtfertigen könne, stehe rechtskräftig fest. Ebenso wenig könne seine Strafanzeige gegen den damaligen Leiter Personal und Recht die Kündigung vom 14. [X.]pril 2005 rechtfertigen. Er habe weder wissentlich noch leichtfertig falsche [X.]ngaben gemacht. [X.]ie [X.]nzeige habe allein der Wahrung seiner Interessen in der [X.]useinandersetzung mit der [X.] gedient. Zudem habe er damals unter einer posttraumatischen Belastungsstörung gelitten.

[X.]er Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende [X.]rbeitsverhältnis nicht durch die ordentlichen Kündigungen vom 17. März 2005 und 14. [X.]pril 2005 aufgelöst worden ist;

        

2.    

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, sein [X.]ngebot, ihn mit Wirkung vom 1. Juli 2006 unter [X.]nerkennung der bisherigen Betriebszugehörigkeit wieder einzustellen, anzunehmen.

[X.]ie Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise

        

das [X.]rbeitsverhältnis gegen Zahlung einer [X.]bfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, zum [X.]blauf des 30. Juni 2006 aufzulösen.

Sie hat behauptet, die Reisekostenabrechnung vom 15. [X.]ezember 2002 sei fehlerhaft und vom Kläger mit Täuschungs- und Schädigungsabsicht eingereicht worden. Sie hat die [X.]uffassung vertreten, mit dem Vorwurf fehlerhafter Reisekostenabrechnungen für den 6. und 7. März 2003 sei sie nicht präkludiert. Grund der Kündigung vom 24. Juni 2004 sei der Vorwurf gewesen, der Kläger habe einen einheitlichen [X.]lugauftrag in zwei [X.]brechnungen aufgespalten und ein einfaches „Proceeding“ doppelt abgerechnet. Sie habe sich seinerzeit nicht darauf berufen, dass der Kläger zwei der von ihm angegebenen [X.]ahrten gar nicht durchgeführt habe. [X.]as sei erst durch das Bekanntwerden der Übernachtung in [X.] bemerkt worden. [X.]ie Strafanzeige habe der Kläger mit dem Ziel der Schädigung des damaligen Leiters Personal und Recht erstattet. [X.]ie in ihr enthaltenen [X.]ngaben seien wissentlich falsch und ehrenrührig gewesen. [X.]as [X.]rbeitsverhältnis sei zumindest aufzulösen. [X.]as Verhalten des [X.] lasse eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr erwarten. [X.]uf die Strafanzeige hin seien Ermittlungsverfahren gegen weitere Mitarbeiter eingeleitet worden. Obwohl auch diese eingestellt worden seien, habe der Kläger mit Schreiben von Jan[X.]r 2007 und März 2009 erneut verleumderische Behauptungen aufgestellt. Hinzu kämen Verleumdungen des [X.] im Kammertermin am 19. [X.]ebr[X.]r 2008.

[X.]as [X.]rbeitsgericht hat der Klage teilweise, das [X.] hat ihr insgesamt stattgegeben und den [X.]uflösungsantrag abgewiesen. Einen [X.]ntrag der Beklagten, den Tenor des Berufungsurteils um die ausdrückliche [X.]bweisung ihres [X.]uflösungsantrags zu ergänzen, hat das [X.] durch rechtskräftiges Urteil vom 17. [X.]ezember 2012 zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen, hilfsweise, das [X.]rbeitsverhältnis der Parteien aufzulösen.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision hat teilweise Erfolg. [X.]it der gegebenen Begründung durfte das [X.] der Klage nicht in vollem Umfang stattgeben.

A. [X.]ie Revision ist zulässig. Sie richtet sich gegen das Berufungsurteil insgesamt. [X.]as [X.] hat die Revision gegen sein Urteil uneingeschränkt zugelassen. [X.]em steht die Rechtskraft des Urteils vom 17. [X.]ezember 2012 nicht entgegen. [X.]ieses stand selbständig neben der hier angegriffenen eigentlichen Sachentscheidung (vgl. dazu [X.]usielak/[X.]usielak ZPO 10. Aufl. § 321 Rn. 14).

B. [X.]ie Revision ist teilweise begründet. [X.]as [X.] hat die Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 wegen der Reisekostenabrechnung vom 15. [X.]ezember 2002 rechtsfehlerhaft für unwirksam erachtet ([X.]). Ob die Kündigung wirksam ist, steht noch nicht fest. [X.]ie Sache ist insoweit an das [X.] zurückzuverweisen. [X.]ie Revision ist unbegründet, soweit das [X.] die wegen der Abrechnungen für den 6. und 7. [X.]ärz 2003 erklärte weitere Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 als rechtsunwirksam angesehen hat (I[X.]). [X.]er Aufhebung und Zurückverweisung unterliegt ferner seine Entscheidung über die Kündigung vom 14. April 2005 und den [X.] der [X.]. [X.]eren Richtigkeit hängt von der Wirksamkeit der Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 wegen der Abrechnung vom 15. [X.]ezember 2002 ab. [X.]agegen lässt die materiell-rechtliche Würdigung des [X.]s in Bezug auf die Kündigung vom 14. April 2005 keinen Rechtsfehler erkennen (II[X.]). Sollte das [X.] auch über den [X.] erneut zu entscheiden haben, wird es berücksichtigen müssen, dass der Antrag mit der bisherigen Begründung nicht abgewiesen werden kann (IV.). Über den Wiedereinstellungsantrag hat das [X.] nur dann zu entscheiden, wenn es die Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 wegen der Reisekostenabrechnung vom 15. [X.]ezember 2002 erneut für unwirksam, die Kündigung vom 14. April 2005 hingegen nunmehr für wirksam halten sollte (V.).

[X.] [X.]ie ordentliche Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 betreffend die Reisekostenabrechnung vom 15. [X.]ezember 2002 kann mit der vom [X.] gegebenen Begründung nicht als sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam angesehen werden. Ob sie wirksam ist, steht noch nicht fest.

1. [X.]as [X.] findet gem. § 1 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] Anwendung. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist eine Kündigung ua. dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. [X.]ann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. [X.]as wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere [X.]ittel und Reaktionen - wie etwa eine Abmahnung - von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken ([X.] 27. September 2012 - 2 [X.] 811/11 - Rn. 16; 9. Juni 2011 - 2 [X.] 284/10 - Rn. 34).

a) Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach [X.]aßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven [X.]aßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. [X.] 25. Oktober 2012 - 2 [X.] 495/11 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 [X.] 186/11 - Rn. 22).

b) Ein Arbeitnehmer, der bei [X.] bewusst falsche Angaben macht oder deren Unrichtigkeit zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, verletzt in erheblicher Weise seine vertraglichen Pflichten. [X.] können selbst dann geeignet sein, eine - ggf. außerordentliche - Kündigung zu rechtfertigen, wenn es sich um einen einmaligen Vorfall und einen geringen Erstattungsbetrag handelt ([X.] 6. September 2007 - 2 [X.] 264/06 - Rn. 23). Bewusstes und damit vorsätzliches Handeln ist zwar von der Erklärung versehentlich falscher Angaben zu unterscheiden. Es liegt aber bereits dann vor, wenn die Unrichtigkeit und der auf ihr beruhende rechtswidrige Erfolg für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen wird (vgl. [X.] 28. April 2011 - 8 [X.] 769/09 - Rn. 50; 20. [X.]ärz 1979 - 1 [X.] 450/76 - zu III 2 der Gründe; [X.] 20. [X.]ärz 2003 - III [X.]/01 - zu 2 c bb (2) der Gründe).

2. [X.]as [X.] hat angenommen, es habe vor Ausspruch der Kündigung einer Abmahnung des [X.] bedurft, weil nicht festgestellt werden könne, dass der Kläger vorsätzlich falsch abgerechnet habe. [X.]ies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zwar ist zutreffend, dass die Schwere einer Pflichtverletzung insbesondere vom Grad ihrer [X.] abhängt, eine vorsätzlich falsche Abrechnung damit erheblich schwerer wiegt als versehentlich falsche Angaben. [X.]as [X.] hat aber auf der Basis der bisherigen Feststellungen rechtsfehlerhaft ein vorsätzliches Handeln des [X.] verneint.

a) [X.]ie Bewertung eines Fehlverhaltens als vorsätzlich oder fahrlässig liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet und ist Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung iSv. § 286 ZPO. [X.]as Revisionsgericht kann die Feststellung innerer Tatsachen nur daraufhin prüfen, ob das [X.] von den richtigen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und keine [X.]enkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat ([X.] 9. Juni 2011 - 2 [X.] 381/10 - Rn. 16; 16. [X.]ezember 2010 - 2 [X.] 485/08 - Rn. 21).

b) [X.]as [X.] hat bei seiner Würdigung nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt.

aa) Es hat angenommen, ein [X.] könne nicht festgestellt werden, weil der Kläger das [X.] nicht unterschrieben habe. Hinzu komme, dass die zuständigen [X.]itarbeiter der Arbeitgeberin es falsch behandelt hätten.

bb) [X.]amit hat das [X.] zu Unrecht aus dem Fehlen einer Unterschrift auf das Fehlen eines [X.]es geschlossen. Auch wenn das [X.] nicht unterschrieben war, kann der Kläger, wenn er das Formular - wie die [X.] behauptet hat - zur Abrechnung eingereicht hat, für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben, dass es falsche Angaben enthielte, dadurch eine Täuschung über die ihm entstandenen Kosten hervorrufen und eine ihm nicht zustehende Kostenerstattung erfolgen würde. Gerade wenn der Kläger das Formular - wie er selbst geltend gemacht hat - weder selbst ausgefüllt noch kontrolliert hatte, musste er damit rechnen, dass es unzutreffende Angaben enthielte. Wenn er es dennoch mit dem Ziel eingereicht hat, auf seiner Basis eine Kostenerstattung zu erlangen, kann er eine Täuschung und Schädigung der [X.] zumindest billigend in Kauf genommen haben. [X.]aran ändert das Fehlen einer Unterschrift für sich genommen nichts. [X.]er Kläger kann es für möglich gehalten und gebilligt haben, dass sein Antrag auch ohne Unterschrift bearbeitet würde. [X.]ies gilt jedenfalls dann, wenn unerklärlich bleibt, warum er ihn sonst hätte einreichen sollen. [X.]ass es dafür einen anderen Grund als den Wunsch nach Kostenerstattung gab, ist bislang nicht festgestellt.

cc) Ein möglicher Täuschungs- und Schädigungsvorsatz des [X.] entfiele nicht dadurch, dass die Erstattung von Reisekosten auf ein nicht unterzeichnetes [X.] hin möglicherweise nicht den bestehenden Vorgaben entsprach und auf dem Formular Überschreibungen und Korrekturen vorgenommen wurden. Es ist nach den bisherigen Feststellungen weder ausgeschlossen, dass der Kläger eine Erstattung ohne Unterschrift billigend in Kauf nahm, noch ist auszuschließen, dass schon er selbst das Formular mit falschen Angaben eingereicht hat.

3. Ob die Kündigung wirksam ist, steht noch nicht fest. Hierfür bedarf es weiterer Sachaufklärung. [X.]ie Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

a) [X.]er Kläger hat behauptet, er habe das fragliche Bündel Abrechnungen dem Sachbearbeiter mit dem ausdrücklichen Hinweis übergeben, diese weder selbst gefertigt noch kontrolliert und deshalb auch nicht unterschrieben zu haben. [X.] das zu, könnte dies einen [X.] ausschließen. [X.]er Kläger hätte dann möglicherweise angenommen, den zuständigen Sachbearbeiter hinreichend in Kenntnis darüber gesetzt zu haben, dass die Angaben in den Abrechnungen nicht (schon) als Basis für eine Kostenerstattung dienen sollten.

b) [X.]as [X.] hat bisher offen gelassen, ob die Reisekostenabrechnung vom 15. [X.]ezember 2002 bereits mit falschen Angaben eingereicht oder erst später verändert wurde. Zudem ist bislang nicht festgestellt, ob der Kläger am 13. [X.]ezember 2002 tatsächlich nicht mit dem PKW, sondern mit dem Flugzeug nach [X.] angereist ist.

c) [X.]ie Kündigung ist - anders als der Kläger gemeint hat - nicht bereits deshalb unwirksam, weil die Beklagte ihr mögliches Kündigungsrecht verwirkt hätte. [X.]ie Beklagte hat vorgetragen, dass sie die Kündigung alsbald, nachdem sie die Erkenntnisse über die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung gewonnen habe, erklärt habe. [X.]amit liegen weder [X.]- noch Umstandsmoment als Voraussetzung einer Verwirkung vor. Andere Umstände hat der Kläger nicht dargelegt.

d) [X.]ie Kündigung ist nach den bisherigen Feststellungen nicht deshalb unwirksam, weil die Personalvertretung nicht ordnungsgemäß angehört worden wäre. [X.]ie vom Kläger geltend gemachten Fehler bei der Anhörung zur außerordentlichen Kündigung hätten nicht auch die Fehlerhaftigkeit der Anhörung zur ordentlichen Kündigung zur Folge.

aa) Es ist schon zweifelhaft, ob die Anhörung zur außerordentlichen Kündigung überhaupt fehlerhaft war. Als Angabe zur Wahrung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB hätte sie allenfalls den [X.]punkt enthalten müssen, zu dem die [X.] von den Vorwürfen Kenntnis erlangt hatte (vgl. APS/[X.] 4. Aufl. § 102 [X.] Rn. 129). Ihrer Obliegenheit, diesen [X.]punkt vorzutragen, ist die [X.] nachgekommen. Sie hat der Personalvertretung mitgeteilt, am 7. [X.]ärz 2005 vom Kündigungssachverhalt Kenntnis erlangt zu haben.

bb) Selbst eine in diesem Punkt fehlerhafte Anhörung zur außerordentlichen Kündigung führte zudem nicht zur Fehlerhaftigkeit der Anhörung zur ordentlichen Kündigung. Für diese kommt es auf den möglichen Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht an. Sie kommt aus Sicht des Arbeitgebers vielmehr gerade für den Fall in Betracht, dass die außerordentliche Kündigung wegen Fristablaufs unwirksam ist.

I[X.] [X.]ie weitere ordentliche Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 - gestützt auf Fehler der Abrechnungen für den 6. und 7. [X.]ärz 2003 - hat das [X.] zu Recht als unwirksame „Wiederholungskündigung“ angesehen. [X.]ie dagegen gerichtete Revision ist unbegründet. [X.]ie Entscheidung über diese Kündigung hängt nicht von derjenigen über die Kündigung vom selben Tag wegen der Abrechnung für den 13. [X.]ezember 2002 ab. Beide Kündigungen wurden zum selben Termin ausgesprochen.

1. Eine Kündigung kann nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in dem über diese geführten Prozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie eine solche Kündigung nicht tragen. [X.]it einer Wiederholung der früheren Kündigung ist der Arbeitgeber in diesem Fall ausgeschlossen. [X.]iese Präklusionswirkung entfaltet die Entscheidung über die frühere Kündigung allerdings nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber [X.] kündigen ([X.] 20. [X.]ezember 2012 - 2 [X.] 867/11 - Rn. 26; 6. September 2012 - 2 [X.] 372/11 - Rn. 13).

2. [X.]ie Annahme des [X.]s, die zweite Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 stütze sich auf denselben Sachverhalt wie die Kündigung vom 24. Juni 2004, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. [X.]er Einwand der [X.], die [X.] habe sich in dem damaligen Verfahren nicht darauf berufen, dass der Kläger die behaupteten Fahrten tatsächlich gar nicht durchgeführt habe, trifft nicht zu. Auch die Übernachtung des [X.] in [X.] war bereits Gegenstand des früheren Rechtsstreits.

a) [X.]ie [X.] hatte die Kündigung vom 24. Juni 2004 ua. mit einer fehlerhaften Reisekostenabrechnung für den 6. und 7. [X.]ärz 2003 begründet. Sie hatte geltend gemacht, der Kläger habe für ein einziges „Proceeding“ nur einmalig An- und Abfahrt abrechnen dürfen. Für den 6. [X.]ärz 2003 habe er daher nur die Anfahrt, für den 7. [X.]ärz 2003 nur die Abfahrt in Rechnung stellen dürfen. Sie hatte mit [X.] vom 26. April 2010 - dort auf Seite 29 - zudem darauf hingewiesen, dass der Kläger vom 6. auf den 7. [X.]ärz 2003 in [X.] übernachtet habe. [X.]amit sei ausgeschlossen, dass er an beiden Tagen jeweils hin- und zurückgefahren sei.

b) Im Urteil des [X.]s über die Kündigung vom 24. Juni 2004 ist dementsprechend festgestellt, dass der Kläger am 6. [X.]ärz 2003 an- und am 7. [X.]ärz 2003 abgereist sei. Er habe an beiden Tagen jeweils nur eine einfache Fahrt nach [X.] bzw. zurück nach F unternommen.

II[X.] [X.]agegen unterliegt die Entscheidung des [X.]s über die ordentliche Kündigung vom 14. April 2005 ebenfalls der Aufhebung. Sie hängt, da zu einem späteren [X.] erklärt, von der Wirksamkeit der Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 wegen der Reisekostenabrechnung vom 15. [X.]ezember 2002 ab. [X.]ie Sache ist auch insoweit an das [X.] zurückzuverweisen. Es wird über diese Kündigung nur dann erneut zu entscheiden haben, wenn es die Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 wegen der Reisekostenabrechnung vom 15. [X.]ezember 2002 weiterhin für unwirksam erachtet. Kommt es dazu, so lässt die bisherige Würdigung des [X.]s betreffend die Kündigung vom 14. April 2005 materiell-rechtlich keinen Fehler erkennen.

1. [X.]as [X.] hat zugunsten der [X.] unterstellt, dass der Kläger mit Erstattung der Strafanzeige gegen den damaligen Leiter Personal und Recht leichtfertig falsche Angaben gemacht und dadurch eine schwere Pflichtverletzung begangen habe. Es hat angenommen, der [X.] sei eine Weiterbeschäftigung des [X.] unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen dennoch zumutbar.

2. [X.]abei muss das [X.] die Interessenabwägung - entgegen der Auffassung der [X.] - nicht vor dem Hintergrund der Anforderungen an die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vorgenommen haben. Auch wenn es ausführt, das dem Kläger vorgeworfene Fehlverhalten sei „an sich“ als Grund für eine außerordentliche Kündigung geeignet, nimmt es damit lediglich auf die ständige Rechtsprechung Bezug, nach welcher leichtfertig falsche Anschuldigungen gegen Vorgesetzte oder Kollegen einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB darstellen können. Erst Recht kommt ein solches Fehlverhalten als Grund für eine ordentliche Kündigung in Betracht. Hiervon ist ersichtlich auch das [X.] ausgegangen. Es stellt seinen Erwägungen sogar ausdrücklich voran, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch die ordentliche Kündigung vom 14. April 2005 nicht zum 30. Juni 2006 aufgelöst worden sei.

3. [X.]as Berufungsgericht hat bei der Würdigung, ob Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] die Kündigung bedingen oder dem Arbeitgeber trotz Pflichtverletzung des Arbeitnehmers eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zumutbar ist (vgl. zum Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung bei einer auf Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers gestützten Kündigung [X.] 27. September 2012 - 2 [X.] 811/11 - Rn. 28; 28. Oktober 2010 - 2 [X.] 293/09 - Rn. 22), einen gewissen Beurteilungsspielraum ([X.] 31. [X.]ai 2007 - 2 [X.] 200/06 - Rn. 12; 12. Januar 2006 - 2 [X.] 21/05 - Rn. 35). Seine Würdigung wird in der Revisionsinstanz (nur) daraufhin überprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen [X.]enkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (vgl. [X.] 31. [X.]ai 2007 - 2 [X.] 200/06 - aaO; 12. Januar 2006 - 2 [X.] 21/05 - aaO; für die außerordentliche Kündigung [X.] 19. April 2012 - 2 [X.] 258/11  - Rn. 16 ; 9. Juni 2011 - 2 [X.] 323/10 - Rn. 29 ).

4. Einen solchen Rechtsfehler hat die Revision nicht aufgezeigt.

a) [X.]as [X.] hat die Schwere der dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzung nicht unberücksichtigt gelassen. Es hat zugunsten der [X.] unterstellt, der Kläger habe durch Erstattung der Strafanzeige gegen den damaligen Leiter Personal und Recht und damit verbundene falsche Anschuldigungen eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen. Es hat mit Blick auf besondere Umstände in der subjektiven Wahrnehmung des [X.] und in der Vorgeschichte der Auseinandersetzungen gleichwohl gemeint, eine Weiterbeschäftigung des [X.] sei der [X.] auch über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zuzumuten.

b) Soweit das [X.] zur Erläuterung der Belastungen des [X.] von einer „Flut“ bzw. „Häufung“ von Kündigungen spricht, nimmt es ersichtlich auf die nicht geringe Anzahl von Kündigungen Bezug, die die [X.] ausgesprochen hatte.

c) [X.]as [X.] war nicht aus Rechtsgründen daran gehindert, zugunsten des [X.] zu berücksichtigen, dieser sei vom Wahrheitsgehalt seiner Behauptungen überzeugt gewesen.

aa) [X.]ies steht nicht im Widerspruch zu dem zugunsten der [X.] unterstellten Sachverhalt, der Kläger habe leichtfertig nicht hinnehmbare Anschuldigungen gegen den Leiter Personal und Recht erhoben. Auch leichtfertig falsche Anschuldigungen können subjektiv als berechtigt empfunden werden. „[X.] falsch“ ist nicht gleichbedeutend mit „bewusst falsch“. [X.] handelt, wer die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens zwar nicht für möglich gehalten und in Kauf genommen hat, sich aber in zumutbarer Weise um bessere Erkenntnis hätte bemühen können. Auch leichtfertig falsche Anschuldigungen wiegen schwer. [X.]er Grad der [X.] kann jedoch durch die subjektive Überzeugung von deren Berechtigung ein geringerer sein.

bb) Entgegen der Auffassung der [X.] sprechen die zeitlichen Abläufe nicht notwendig gegen die Annahme des [X.]s, der Kläger sei subjektiv tatsächlich von der Berechtigung seiner Anschuldigungen überzeugt gewesen. [X.]er Kläger kann seine Überzeugung, der damalige Leiter Personal und Recht sei für sämtliche der angezeigten Vorgänge verantwortlich, durchaus erst im Verlauf der Auseinandersetzungen um sein Arbeitsverhältnis gewonnen haben.

d) [X.]ie [X.] mag nicht im Rechtssinne verpflichtet gewesen sein, nach Erhalt des Schreibens des [X.] vom Juli 2004 das Gespräch mit ihm zu suchen. [X.]as hat jedoch auch das [X.] nicht angenommen. Es hat zwar ausgeführt, die [X.] habe „[den Versuch] hierzu unternehmen müssen“. [X.]er Zusammenhang gibt aber zu erkennen, dass es dies lediglich im Sinne einer Obliegenheit „zur Vermeidung weiterer Eskalationen“ verstanden hat. Soweit es dabei eine Beantwortung des Schreibens durch den Leiter Personal und Recht selber für nicht angemessen gehalten hat, hält sich dies im Rahmen tatrichterlicher Würdigung. [X.]as [X.] hat auch nicht etwa angenommen, ein Gespräch hätte die Erstattung einer Strafanzeige durch den Kläger sicher verhindern können. Es hat lediglich erwogen, die [X.] habe nicht einmal den Versuch einer [X.]eeskalation unternommen.

e) Eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit des [X.] hat das [X.] seiner Abwägung nicht zugrunde gelegt. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob es dies ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte tun dürfen.

f) [X.]as [X.] hat eine „bis zum Ausspruch des Kündigungsreigens“ beanstandungsfreie [X.]auer des Arbeitsverhältnisses in seine Abwägung einbezogen. [X.]ies entspricht der [X.] bis Oktober 2003. [X.]abei muss es nicht übersehen haben, dass es ein Kritikgespräch mit dem Kläger und eine Ermahnung möglicherweise schon im [X.]ärz 2003 gegeben hat. Es kann dies vielmehr angesichts einer Betriebszugehörigkeit von bis dahin 14 Jahren - ohne Rechtsfehler - als unbedeutend angesehen haben.

g) [X.]ie langandauernde Arbeitsunfähigkeit des [X.] im Jahr 2002 hat das [X.] bei der Bemessung der [X.] seiner beanstandungsfreien Betriebszugehörigkeit zu Recht für unbeachtlich gehalten. [X.]ies gilt für die Arbeitsunfähigkeit ab [X.] 2003 gleichermaßen; im Übrigen hat das [X.] die Betriebszugehörigkeit ohnehin nur bis zu diesem [X.]punkt berücksichtigt.

IV. [X.]as [X.] wird, sollten sich sowohl die Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 wegen der Reisekostenabrechnung vom 15. [X.]ezember 2002 als auch die Kündigung vom 14. April 2005 als unwirksam erweisen, erneut über den [X.] der [X.] zu entscheiden haben, den diese im Zusammenhang mit der Kündigung vom 14. April 2005 gestellt hat. [X.]abei wird es beachten müssen, dass der Antrag mit der bisherigen Begründung nicht abgewiesen werden kann.

1. Als [X.] für den Arbeitgeber iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, eine Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen [X.]itarbeitern betreffen. [X.]ie Gründe, die der Erwartung einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit entgegenstehen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit gefährdet ist ([X.] 24. November 2011 - 2 [X.] 429/10 - Rn. 41 f., [X.]E 140, 47; 8. Oktober 2009 - 2 [X.] 682/08 - Rn. 14 f.).

2. [X.]ass solche Gründe vorlagen, hat das [X.] auf der Basis der bisherigen Feststellungen rechtsfehlerhaft verneint.

a) Soweit es angenommen hat, aufgrund der Verschmelzung der bisherigen Arbeitgeberin auf die Beklagte und des Ausscheidens einiger vom Kläger beschuldigter [X.]itarbeiter könne sich diese nicht mehr auf die von ihr vorgebrachten [X.] berufen, hat es wesentliche Umstände nicht berücksichtigt. Es kommt im Hinblick auf die Zukunftsbezogenheit möglicher [X.] nicht allein darauf an, ob die bei der [X.] nach wie vor beschäftigten [X.]itarbeiter, die Ziel von Anschuldigungen des [X.] waren, aus dessen Sicht nur eine untergeordnete Rolle spielten. [X.]as Verhältnis zwischen dem Kläger und diesen [X.]itarbeitern bestimmt sich nicht ausschließlich aus seiner Sicht, sondern danach, ob angesichts der Belastungen, die die Kollegen durch sein Verhalten erfahren haben, eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit objektiv noch zu erwarten ist. Hierzu hat das [X.] bislang keine Feststellungen getroffen.

b) [X.]er vom [X.] festgestellte Umstand, die frühere Arbeitgeberin habe zu den Spannungen, die zu den möglichen [X.]n geführt hätten, beigetragen, schließt es nicht aus, dass die Beklagte sich auf diese Gründe, soweit sie durch Verhalten des [X.] verursacht wurden, beruft. [X.]as [X.] hat nicht festgestellt, dass die Anteile der [X.] und ihrer Rechtsvorgängerin an den Ursachen der Spannungen überwogen hätten oder die [X.] von diesen geradezu provoziert worden wären (vgl. dazu [X.] 2. Juni 2005 - 2 [X.] 234/04 - zu II 2 c der Gründe). [X.]ie vom [X.] angenommene „Intensität“ der Auseinandersetzungen rechtfertigt für sich genommen eine solche Annahme nicht.

V. Über den Wiedereinstellungsantrag wird das [X.] nur dann zu entscheiden haben, wenn es die Kündigung vom 17. [X.]ärz 2005 wegen der Reisekostenabrechnung vom 15. [X.]ezember 2002 erneut für unwirksam, die Kündigung vom 14. April 2005 dagegen nach neuer Verhandlung für wirksam halten sollte. [X.]er Kläger hat den Antrag hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem gegen die Kündigung vom 14. April 2005 gerichteten Feststellungsantrag gestellt. [X.]ies ergibt sich aus der Antragsbegründung, die allein auf das Ausscheiden des früheren Leiters Personal und Recht abstellt.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Th. Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

Meta

2 AZR 994/12

11.07.2013

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 6. Oktober 2011, Az: 4 Ca 3895/07, Urteil

§ 1 Abs 2 S 1 Alt 2 KSchG, § 9 Abs 1 S 2 KSchG, § 241 Abs 2 BGB, § 314 Abs 2 BGB, § 323 Abs 2 BGB, § 286 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.07.2013, Az. 2 AZR 994/12 (REWIS RS 2013, 4189)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4189


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 AZR 994/12

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 994/12, 11.07.2013.


Az. 4 Ca 3895/07

Arbeitsgericht Düsseldorf, 4 Ca 3895/07, 06.10.2007.


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