Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2012, Az. IV ZR 208/11

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2829

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 208/11
vom

26. September 2012

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzen-de Richterin [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richte-rin Dr. Brockmöller

am
26. September 2012

beschlossen:

Die Beklagte wird, nachdem sie ihre Revision gegen das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 29.
September 2011 zurückgenommen hat, dieses Rechts-mittels für verlustig erklärt.

Das als [X.] zu behandelnde Rechtsmittel des [X.] gegen das vorbezeichnete Urteil hat aufgrund der Rücknahme der Revision durch die Beklagte seine Wirkung verloren (§
554 Abs.
4 ZPO).

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Der [X.] wird auf 3.411,80

(Revision der Beklagten 2.500

[X.] 911,80

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Gründe:

[X.] Der Kläger, ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, nimmt die Beklagte nach dem Unterlassungsklagengesetz darauf in Anspruch, es zu unterlassen, beim Abschluss von [X.] die von ihr verwandte sogenannte [X.] ge-mäß §
17 (5) c) cc) ihrer [X.] in neue Versicherungsverträge einzube-ziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf sie zu be-rufen.

Die Klausel lautet auszugsweise:

"Der Versicherungsnehmer hat

eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte

Daneben begehrt der Kläger Erstattung der ihm im Rahmen der vorgerichtlichen Abmahnung entstandenen Anwaltskosten nach einem Streitwert von 25.000

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Ihre Be-rufung hatte nur hinsichtlich der zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsver-folgungskosten Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung zugelassen, "die streitgegenständliche Frage betrifft eine Vielzahl von Versicherungsverträgen und ist deshalb von grundsätzlicher Bedeutung".

Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Kostenerstattungsbe-gehren weiter. Die Beklagte hat ihre danach eingelegte Revision inzwi-schen zurückgenommen.
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I[X.] Die Revision des [X.] ist unzulässig.

Eine Fortführung als (unselbständige) [X.] ist nach Rücknahme der Revision durch die Beklagte nicht mehr möglich; die [X.] hat dadurch ihre Wirkung verloren.

1. Das Berufungsgericht hat die Revision nur zugunsten der [X.], nicht jedoch zugunsten des [X.] zugelassen.
Das ergibt sich zwar nicht aus der die Zulassung nicht einschränkenden [X.], aber durch Auslegung der Urteilsgründe.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann sich eine Beschränkung der Revision auch aus den [X.] ergeben ([X.], Beschlüsse vom 8.
Mai 2012
[X.], [X.], 1211 Rn.
6 und vom 17.
April 2012
[X.], [X.], 728
Rn.
4; Urteil vom 27.
September 2011
[X.], [X.], 2223 Rn.
18; jeweils m.w.[X.]). Unter Auslegung des Tenors im Lichte der Urteilsgründe kann eine Beschränkung der Revisionszulassung
auf ein-zelne Prozessparteien in Betracht kommen, sofern die Zulassung zur Klärung einer als grundsätzlich angesehenen Rechtsfrage erfolgt ist, die das Berufungsgericht zum Nachteil nur einer Prozesspartei entschieden hat und von der die andere nicht betroffen ist ([X.], Urteil vom 15.
November 2001
I ZR 264/99, [X.], 964; [X.]/[X.], ZPO 29.
Aufl. §
543 Rn.
20). Die Zulassung wirkt dann nicht zugunsten der gegnerischen Partei, die das Urteil aus einem völlig anderen Grunde an-greift ([X.], Beschlüsse vom 8.
Mai 2012 aaO und vom 11.
Juli 1952
[X.], [X.]Z 7, 62, 63
f.; Urteile vom 5.
November 2003
VIII ZR 6
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320/02, NJW-RR 2004, 426 und vom 24.
Mai 1995
[X.], [X.]Z 130, 50, 59;
jeweils m.w.[X.]). Eine solche Beschränkung bei unbe-schränkter Zulassung im [X.] ist aber nur anzuerkennen, wenn sie sich klar und eindeutig den Entscheidungsgründen entnehmen lässt ([X.], Urteile vom 10.
Mai 2012
[X.], [X.], 1351 Rn.
11; vom 29.
Januar 2003
[X.], [X.]Z 153, 358, 361
f.
und vom 3.
Dezember 1987
VII ZR 374/86, [X.]Z 102, 293, 295).

b) Das ist hier der Fall.

Das Berufungsgericht hat die Revision ausdrücklich mit Blick auf die von der streitgegenständlichen Frage betroffene Vielzahl von Versi-cherungsverträgen zugelassen. Dieser Bezug besteht aber nur zu der vom Unterlassungsbegehren des [X.] erfassten [X.], wie sie in den gängigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen von Rechtsschutzversicherungen enthalten ist (vgl. nur [X.] 94 §
17 (5) c) cc) und [X.] 75 §
15 (1) d) cc)
abgedruckt in [X.]/[X.]/Arm-brüster, [X.] 27.
Aufl.;
[X.] 2000 §
17 (5) c) cc)
abgedruckt in [X.]/Bauer, [X.] 8.
Aufl.
und [X.]
2008/II §
17 (5) c) cc)
abgedruckt in [X.]/[X.]/Armbrüster, [X.] 28.
Aufl.). Die Frage einer [X.] von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten weist einen sol-chen Bezug entgegen der Auffassung der Revision des [X.] nicht auf. Sie wird nicht in Versicherungsverträgen behandelt, sondern richtet sich gemäß §§
5 [X.], 12 Abs.
1 Satz
2 UWG danach, ob die Aufwendun-gen erforderlich
sind. Damit ist die Erstattungsfrage kein Spezifikum von Versicherungsverträgen, sie stellt sich vielmehr generell im Rahmen von Abmahnungen bei Unterlassungsbegehren
jedweder Art. Zulassungsfä-hige Fragen zu Versicherungsverträgen einschließlich der einbezogenen Versicherungsbedingungen im Allgemeinen und der streitgegenständli-10
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chen [X.] im Besonderen werden davon nicht an-gesprochen.

Das Berufungsgericht hat damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es nur der Beklagten Gelegenheit hat geben wollen, seine Ent-scheidung
zu der von ihm angenommenen
Intransparenz der Klausel
überprüfen zu lassen. Die vom Kläger angegriffenen Feststellungen zur fehlenden Notwendigkeit, bei der Abmahnung einen Rechtsanwalt einzu-schalten, hat das Berufungsgericht dagegen nicht
zur Überprüfung ge-stellt. Die Entscheidungsgründe belegen, dass es insoweit nicht von um-strittenen
und klärungsbedürftigen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Ein Wille, die Revision über den zugesprochenen Teil der Klage hinaus auch für die [X.]eite zuzulassen, ist ihnen
nicht zu entnehmen. Dafür gibt es auch sonst keinen erkennbaren Anhalt.

2.
Die Revision des [X.] kann auch nicht als [X.] fortgeführt werden.

Die

nach Umdeutung der unzulässigen Revision

entstandene statthafte [X.] hat durch die Revisionsrücknahme der
[X.] ihre Wirkung verloren, §
554 Abs.
4 ZPO. Darüber ist allein noch (deklaratorisch) und nicht mehr über die Hauptrevision zu befinden. Über ein eingelegtes Rechtsmittel ist einheitlich zu entscheiden, auch wenn das [X.] unzulässig war und erst zu einem späteren Zeit-punkt als
Anschlussrechtsmittel fortgeführt wird (zum Ganzen [X.], Ur-teil vom 8.
Mai 2012 aaO Rn.
9 m.w.[X.]).

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen, §§
97 Abs.
1, 516 Abs.
3 Satz
1, 565 ZPO.
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Nach ständiger Rechtsprechung des [X.], der sich der [X.] schon frühzeitig angeschlossen hat, sind Rechtsmit-telklägern grundsätzlich auch die Kosten eines zulässig erhobenen [X.] aufzuerlegen, wenn dieses
infolge Rücknahme des Rechtsmittels seine Wirkung
verliert ([X.], 343, 345; 95, 121
f.; [X.], Beschlüsse vom 17.
Dezember 1951
[X.], [X.]Z 4, 229, 235; vom 26.
Januar 2005
[X.], NJW-RR 2005, 727
f. und vom 23.
Februar 2005
II ZR 147/03, NJW-RR 2005, 651). Der [X.] hat es durch eine in seinem Belieben stehende Rücknahme in der Hand, eine gerichtliche Sachentscheidung auch über das Anschluss-rechtsmittel, das kein eigenständiges Rechtsmittel, sondern lediglich ein Angriff innerhalb des vom Gegner geführten Rechtsmittelverfahrens ist, zu verhindern. Das rechtfertigt es, ihn auch insoweit als Unterlegenen anzusehen, der nach den gesetzlichen Regeln die Kosten zu tragen hat.

Auch im Falle der Umdeutung einer unzulässigen Revision in eine (unselbständige) [X.] kann nichts anderes gelten ([X.], Beschluss vom 8.
Mai 2012
[X.], [X.], 1211 Rn.
12; zur Berufung: [X.], Beschluss vom 7.
Februar 2007
[X.]/06, [X.], 631
f. m.[X.] zum [X.] bei wechselseitigen Berufungen).

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Die vorgenannte Begründung zur grundsätzlichen Kostenverteilung bei zurückgenommenem
[X.] und verbliebenem
unselbständi-gen Anschlussrechtsmittel trägt auch in dieser Fallvariante und zwar un-abhängig davon, wann das Rechtsmittel, das nach dem Prozessverlauf als unzulässiges Anschlussrechtsmittel zu qualifizieren ist, eingelegt wurde. Die
gesetzliche Kostenverteilung knüpft grundsätzlich daran an, 16
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wer im Rechtsstreit unterlegen ist (arg.e.
§§
91, 92,
97, 516 ZPO),
und nicht an etwaige Billigkeits-
oder Vertrauensschutzerwägungen. Der Un-terlegene hat die Kosten zu tragen. Bei Erfolg eines unselbständigen [X.] ist dies der Rechtsmittelführer

gleich, ob das An-schlussrechtsmittel zuvor
als selbständig
eingelegtes Rechtsmittel unzu-lässig war. Verhindert dieser durch seine Rücknahme eine gerichtliche Entscheidung über die Erfolgsaussicht des Anschlussrechtsmittels, be-gibt er sich auch insoweit freiwillig in die Position des Unterlegenen. Auf diese von ihm allein abhängige Gestaltung des [X.] hat der verbliebene Anschlussrechtsmittelführer keine Einflussmöglichkeiten. Gemessen an den Grundsätzen der gesetzlichen Kostenverteilung nach dem Unterliegen und Obsiegen fehlt daher auch in diesen Fällen jede rechtliche Grundlage,
ihn als teilweise unterlegenen Kostentragungs-pflichtigen zu behandeln.

4. Der [X.] wird auf 3.411,80

entfallen auf die Revision der Beklagten 2.500

s-revision des [X.] 911,80

45 Abs.
2 i.V.m. Abs.
1 Satz 1
und 3 GKG zusammenzurechnen ([X.], Beschluss vom 8.
Mai 2012 aaO Rn.
13 m.[X.]).

a) Das für die Wertfestsetzung der Revision der Beklagten maß-gebliche Interesse der Prozesspartei bemisst sich in [X.] gemäß §§
1, 4 [X.] in [X.] ausschließ-lich nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der [X.]. Insbesondere kommt der wirtschaftlichen Bedeutung eines Klauselwerks bzw. der betroffenen Klauseln ebenso wenig ein maßgebliches Gewicht zu wie dem
Zugang zum [X.] oder etwaigen Gebühreninteressen beteiligter [X.] und 19
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des Justizfiskus. Dadurch ist sichergestellt, dass [X.] bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse einge-räumten Befugnis zur Befreiung des Rechtsverkehrs von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen
vor Kostenrisiken möglichst
ge-schützt sind
([X.], Beschlüsse vom 28.
September 2006
[X.], NJW-RR 2007, 497; vom 17.
September 2003
[X.], [X.], 131; vom 18.
Juli 2000
[X.], NJW-RR 2001, 352; jeweils m.w.[X.] und ständig; [X.], Beschluss vom 1.
Juli 2011
7 W 25/11).

Bei der Bewertung dieses allein maßgeblichen Allgemeininteresses hat sich in der Praxis
von der Rechtsprechung und Literatur einhellig gebilligt

ein [X.] von 2.500

als angemessen herausgebildet, wovon unter Berücksichtigung einer gewissen [X.] eines klagenden [X.] je nach den Besonderheiten des Einzelfalles nach oben oder nach unten abgewichen werden kann (vgl. vorstehend [X.] aaO und Urteil vom 8.
Februar 2011
XI ZR 232/10, juris; aus der oberge-richtlichen Rechtsprechung vgl. [X.] aaO; [X.], Urteil vom 30.
September 2010
2 U 1388/09, juris
Rn.
58, 71; [X.], 703 = juris; [X.], Urteil vom 30.
Juni 2005
6 U 19/05, juris Rn.
22; [X.]/[X.], ZPO 29.
Aufl. §
3 Rn.
16 Stichwort "Allgemeine Geschäftsbedingungen"; jeweils m.w.[X.]). Umstände,
die im Streitfall eine solche Abweichung rechtfertigen könnten, sind weder aus-reichend dargetan noch sonst ersichtlich. Mit Blick auf die Bewertungs-praxis gerade auch zur gerichtlichen Überprüfung einer einzelnen [X.]-Klausel (vgl. [X.]
aaO) und der vom Kläger angestrengten zahlreichen gleichartigen Unterlassungsklagen zu der [X.] [X.] und des dadurch kumulierten [X.]
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kos ([X.] aaO) fehlt es im Gegenteil an Anhaltspunkten, die die Angemessenheit des [X.]s in Zweifel ziehen könnten. Auch in den vom Kläger vorgelegten Beschlüssen des [X.] (vom 16.
November 2011
12 W 54/11) und des [X.] in [X.] (vom 18.
Ap-ril 2012
2 U 6/11) werden solche streitwertrelevanten Gesichtspunkte nicht aufgezeigt.

b) Die vom Kläger geltend gemachten vorgerichtlichen [X.] sind nicht streitwertneutrale Nebenkosten gemäß §
4 Abs.
1 ZPO, §
43 Abs.
1 GKG, sondern für die [X.] Hauptforde-rung und bestimmen deren Streitwert (vgl. [X.], Beschluss vom 8.
Mai 2012 aaO Rn.
15).

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr.
Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.04.2011 -
18 [X.]/10 -
OLG [X.], Entscheidung vom 29.09.2011 -
8 [X.] -
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Meta

IV ZR 208/11

26.09.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2012, Az. IV ZR 208/11 (REWIS RS 2012, 2829)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2829

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 208/11

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