Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2012, Az. XI ZR 261/10

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6709

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 261/10

vom

8.
Mai 2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 4 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1, § 543 Abs. 1 Nr. 1, § 554 Abs. 4, § 565;
[X.] § 43 Abs. 1
a)
Zur auf die beklagte
Bank beschränkten Zulassung der Revision durch das Beru-fungsgericht.
b)
Eine unzulässige Revision ist regelmäßig in eine [X.] umzudeuten, diese wird aber bei Revisionsrücknahme wirkungslos.
c)
Dem Revisionskläger sind grundsätzlich auch die Kosten einer [X.] aufzuerlegen, wenn diese nach §
554 Abs.
4 ZPO ihre Wirkung durch Rücknahme der Revision verliert. Das gilt auch im Falle der Umdeutung einer unzulässigen Revision in eine [X.].
d)
[X.] Gewinn, der als gleich bleibender Hundertsatz einer bestimmten Summe (Zinsen) geltend gemacht wird, ist eine Nebenforderung der ebenfalls [X.] Hauptforderung und erhöht den Streitwert nicht.
[X.], Beschluss vom 8. Mai 2012 -
XI ZR 261/10 -
[X.] am Main

LG Frankfurt am Main

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.]
Ellenberger, [X.],
Dr.
Matthias
und Pamp

am 8.
Mai 2012

beschlossen:
Das als [X.] zu behandelnde Rechtsmittel
der Klä-gerin gegen das am 30.
Juni 2010 verkündete Urteil des 19.
Zivilsenats des [X.] hat auf-grund der Rücknahme der Revision durch die Beklagte seine Wir-kung verloren (§
554 Abs.
4 ZPO).
Die Kosten des Revisionsverfahrens
trägt die Beklagte.
Der [X.] wird auf 38.439,43

der Beklagten 29.044

9.395,43

Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes auf Rückabwicklung der Beteiligung an der F.

Medienfonds

GmbH & Co. KG in Anspruch.
1
-
3
-
Die Klägerin verlangt unter anderem, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Aufklärungs-
und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen Übertragung der erwor-benen Anteile Rückzahlung der gezahlten Einlage zuzüglich
entgangenen Ge-winns in Höhe von 8% p.a. seit Zeichnung der Beteiligung sowie die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Klage hatte, soweit hier noch von Interesse, in den Vorinstanzen bis auf Teile des entgangenen Gewinns und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Re-vision mit der Begründung zugelassen, die Rechtsprechung des Bundesge-richtshofs zur Offenbarungspflicht über verdeckte Rückvergütungen werde von den
Instanzgerichten unterschiedlich interpretiert.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge hinsichtlich des entgangenen Gewinns und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten weiter. Die Beklagte hat ihre am selben Tag eingelegte Revision inzwischen zurückge-nommen.

II.
Die Revision der Klägerin ist unzulässig. Eine Fortführung als (unselb-ständige) [X.] kommt nach Rücknahme der Revision durch die Beklagte nicht mehr in Betracht.
1. Das Berufungsgericht hat die Revision nur zugunsten der Beklagten, nicht jedoch zugunsten der Klägerin zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils, jedoch durch Auslegung der Urteilsgründe.
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] kann sich eine Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Urteilsgründen erge-ben ([X.], Urteil vom 27.
September 2011 -
II
ZR 221/09, WM
2011, 2223 2
3
4
5
6
-
4
-
Rn.
18 mwN). Aufgrund der gebotenen Auslegung der Urteilsgründe kommt deshalb eine Beschränkung der Zulassung der Revision
auf einzelne Prozess-parteien in Betracht, sofern Grund der Revisionszulassung eine bestimmte Rechtsfrage war, die das Berufungsgericht zum Nachteil nur einer Prozesspar-tei entschieden hat. Die Zulassung wirkt in diesem Fall nicht zugunsten der gegnerischen Partei, die das Urteil aus einem völlig anderen Grund angreift ([X.], Beschlüsse vom 7.
Juni 2011 -
VI
ZR 225/10, juris Rn.
5 und vom 11.
Juli 1952 -
III
ZA 51/52, [X.]Z
7, 62, 63
f.; Urteile vom 8.
Februar 2011 -
II
ZR 206/08, WM
2011, 749 Rn.
10,
vom 3.
März 2005 -
IX
ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715, 716 und vom 5.
November 2003 -
VIII
ZR 320/02, WM
2004, 853).
So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil "die Rechtsprechung des [X.] zur Offenbarungspflicht der
beratenden Bank über verdeckte Rückvergütungen und Provisionen von den konnte zwar nicht auf diese unselbständige Rechtsfrage zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen beschränkt werden (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Januar 2012 -
XII
ZR 40/10, juris Rn.
16 mwN). Das Berufungsgericht hat damit aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es nur der Beklagten die Gelegenheit zur Überprüfung seiner Entscheidung geben wollte, ob die angenommenen Scha-densersatzansprüche (dem Grunde nach) bestehen. Die von der Klägerin an-gegriffenen Feststellungen zur Höhe des entgangenen Gewinns und der ersatz-fähigen Rechtsanwaltskosten hat das Berufungsgericht dagegen nicht zur Überprüfung gestellt. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich vielmehr, dass es insoweit von unumstrittenen und nicht klärungsbedürftigen Rechtsgrundsät-zen ausgegangen ist. Aufgrund einer Gesamtschau der Urteilsgründe ergibt sich somit der eindeutige Wille des Berufungsgerichts, die Revision nur hin-sichtlich des zugesprochenen Teils der Klage zuzulassen.
7
-
5
-
2. Die Revision der Klägerin kann auch nicht mehr als [X.] fortgeführt werden.
Eine unzulässige Revision ist zwar in eine [X.] umzudeu-ten ([X.], Urteil
vom 5.
Mai 2011 -
III
ZR 91/10, NJW-RR
2011, 1106 Rn.
24;
vgl. auch [X.], Urteil vom 20.
Januar 2011 -
IX
ZR 58/10, WM
2011, 371 Rn.
7
und zur Berufung auch [X.], Urteil vom 6.
Mai 1987 -
IVb
ZR 51/86, [X.]Z
100, 383, 387
f.). Aufgrund der Revisionsrücknahme
durch die Beklagte ist die [X.] allerdings wirkungslos geworden (§
554 Abs.
4 ZPO). Nur dies ist im Tenor (deklaratorisch) festzustellen. Über ein eingelegtes Rechtsmittel ist einheitlich zu entscheiden ([X.], Beschlüsse vom 7.
Februar 2007 -
XII
ZB 175/06, NJW-RR
2007, 786 Rn.
13 und vom 2.
Juli 1996 -
IX
ZB 53/96, NJW
1996, 2659
f.). Ist die Revision in eine [X.] umzudeu-ten, kann und muss somit nur über die [X.], nicht aber (auch) über die Revision entschieden werden. Das gilt auch dann, wenn das zunächst eingelegte [X.] unzulässig war und erst zu einem späteren Zeit-punkt als Anschlussrechtsmittel fortgeführt wird (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
Juli 1996 -
IX
ZB 53/96, NJW
1996, 2659, 2660 mwN).
3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen (§
97 Abs.
1, §
516 Abs.
3 Satz
1, §
565 ZPO).
Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] sind dem Revi-sionskläger grundsätzlich auch die Kosten einer zulässig erhobenen Anschluss-revision
aufzuerlegen, wenn diese nach §
554 Abs.
4 ZPO ihre Wirkung durch Rücknahme der Revision verliert. Die [X.] ist kein eigenes Rechtsmittel, sondern nur ein Angriff innerhalb des vom Revisionskläger einge-legten Rechtsmittels. Wird die [X.] durch die im Belieben des [X.] stehende Rücknahme der Revision ohne gerichtliche Sachent-8
9
10
11
-
6
-
scheidung hinfällig, können die diesbezüglichen Kosten dem [X.] deswegen weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwen-dung von §
97 Abs.
1, § 516 Abs.
3 Satz
1, §
565 ZPO auferlegt werden ([X.], Beschlüsse vom 26.
Januar 2005 -
XII
ZB 163/04, NJW-RR
2005, 727, 728,
vom 23.
Februar 2005 -
II
ZR 147/03, NJW-RR
2005, 651 und vom 17.
Dezember 1951 -
GSZ 2/51, [X.]Z
4, 229, 235
ff.).
Das gilt nach der Rechtsprechung des [X.] auch im Falle der Umdeutung einer unzulässigen Berufung in eine unselbständige An-schlussberufung ([X.], Beschluss vom 7.
Februar 2007 -
XII
ZB 175/06, NJW-RR
2007, 786 Rn.
13
f. mit umfangreichen Nachweisen zum Meinungsstreit in Rn.
10 f.). Gleiches muss im Fall der Umdeutung einer unzulässigen Revision in eine zulässige [X.] gelten. Ist ein Rechtsmittel als [X.] Anschlussrechtsmittel zu qualifizieren, kommt es nicht mehr darauf an, wann es eingelegt wurde. Die durch ein unselbständiges Anschlussrechtsmittel ausgelösten höheren Kosten müsste der Rechtsmittelführer jedenfalls bei Erfolg des [X.] tragen, ohne dass es darauf ankommt, ob das ur-sprünglich selbständig eingelegte Rechtsmittel unzulässig war. Weil es somit auch im Falle einer gerichtlichen Entscheidung allein auf die Erfolgsaussicht der unselbständigen [X.] ankäme, erscheint es sachgerecht, dem Revisionskläger nach Rücknahme seines Rechtsmittels auch die Kosten der [X.] aufzuerlegen. Denn er nimmt dem Gericht durch die in sei-nem Belieben stehende Rücknahme jede Möglichkeit, über die Erfolgsaussicht der [X.] zu entscheiden, zumal sie nicht frei von der gegneri-schen Revision weiterverfolgt werden kann (§
554 Abs.
4 ZPO). Durch die Rücknahme der Revision unterliegt somit nur der Revisionskläger, während dies zur Erfolgsaussicht der
unselbständigen [X.] nichts aussagt (vgl. [X.], Beschluss vom 7.
Februar
2007 -
XII
ZB 175/06, NJW-RR
2007, 786 Rn.
14 zur Berufung).
12
-
7
-
4. Der [X.] beträgt 38.439,43

e-klagten entfallen 29.044

9.395,43

45 Abs.
2 i.V.m.
Abs.
1 Sätze
1 und 3 [X.] zusammenzurechnen ([X.], Beschlüsse vom 5.
Oktober 1978 -
GSZ 1/78, [X.]Z 72, 339, 340 ff.
und vom 23.
Februar 2005 -
II
ZR 147/03, NJW-RR 2005, 651).
Soweit die Beklagte sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von ent-gangenem
Gewinn und vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten wendet, handelt es sich um Nebenforderungen im Sinne von §
4 Abs.
1 ZPO, §
43 Abs.
1 [X.],
die den Streitwert nicht erhöhen. Dass die Klägerin die Zinsen unter dem recht-lichen Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns verlangt, ändert nichts daran, dass es sich um eine Nebenforderung der Hauptforderung auf Rückzahlung des investierten Kapitals handelt. Auch ein Schaden, der wie Zinsen als gleich blei-bender Hundertsatz einer bestimmten Summe geltend gemacht wird, ist eine Nebenforderung im Sinne von §
4 Abs.
1 Halbs.
2 ZPO ([X.], Urteil vom 25.
Januar 1957 -
VI
ZR 275/55,
VersR
1957, 244, 245; RGZ
158, 350, 351; [X.], Beschluss vom 3.
September 2010 -
19
W 46/10, juris Rn.
6; [X.], [X.], 13.
Aufl., §
4 ZPO Rn.
42; auch [X.], ZPO,
22.
Aufl.,
§
4 Rn.
19 für Verzugsschaden; vgl. auch Senatsbeschluss vom 15.
Februar 2000 -
XI
ZR 273/99, [X.], 1015 zur Nutzungsentschädigung und Senatsbeschluss vom 17.
März 2009 -
XI
ZR 142/08, juris Rn.
3 zu [X.]). Dem kann nicht entgegengehalten werden, bei entgangenen [X.] handele es sich um eine selbständige Schadensposition, die von der Schadensersatzforderung bezüglich des Anlagekapitals unabhängig sei (vgl. dazu [X.], [X.], 250
Rn.
34; [X.], NJW-RR
2011, 714, 715; [X.], [X.], 445; [X.], Beschluss vom 20.
Juni 2011
-
17
U 173/10, juris Rn.
6; [X.], BKR
2010, 391, 392;
Saenger/[X.], ZPO, 4.
Aufl., §
4 Rn.
10; Musielak/[X.], ZPO, 9.
Aufl., 13
14
-
8
-
§
4 Rn.
12 und 14; [X.], [X.], 42.
Aufl., §
43
[X.]
Rn.
3;
Zöller/[X.], ZPO, 29.
Aufl.,
§
4 Rn.
8; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
4 Rn.
32; unergiebig [X.], Beschluss vom 29.
April 1971

III
ZR 142/70 [=
[X.]. §
4 ZPO Nr.
30] und [X.], Beschluss vom 29.
April 2010 -
III
ZR 145/09, juris Rn. 1, 3). Macht ein Kläger ab dem Zeitpunkt des Eintritts des [X.] seinen Verzugsschaden in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes geltend, so handelt es sich unzweifelhaft um eine nicht streitwerterhöhende Nebenforde-rung. Wenn der Kläger statt der gesetzlichen Verzugszinsen oder zusätzlich zu diesen entgangene Anlagezinsen geltend macht, ändert das nichts daran, dass es sich um eine von der Hauptforderung abhängige Nebenforderung handelt ([X.], Urteil vom 25.
Januar 1957 -
VI
ZR 275/55, VersR
1957, 244, 245). Das gilt entsprechend, wenn entgangene Zinsen für den Zeitraum vor Eintritt des Verzuges begehrt werden, weil nur Schäden, die in anderer Form als der eines Zinsschadens geltend gemacht werden, von §
4 Abs.
1 ZPO nicht erfasst wer-den ([X.], 350, 351).
Die Klägerin wendet sich demgegenüber mit
ihrer [X.] ausschließlich dagegen, dass ihr entgangener (Zins-)Gewinn und die vorge-richtlichen Rechtsanwaltskosten nicht in der vollen begehrten Höhe zugespro-chen worden sind. Diese Forderungen sind bezüglich ihres Rechtsmittels daher

15
-
9
-

Hauptforderungen (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Dezember 2007 -
VI
ZB 73/06, [X.], 999 Rn.
7
f. und
Urteil vom 25.
Juni 1981 -
III
ZR 96/80, [X.], 1091, 1092), so dass sich der Streitwert der [X.] nach ihnen [X.].

[X.]
Ellenberger
[X.]

Matthias
Pamp
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.01.2010 -
2-24 O 190/08 -

[X.]/Main, Entscheidung vom 30.06.2010 -
19 [X.] -

Meta

XI ZR 261/10

08.05.2012

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2012, Az. XI ZR 261/10 (REWIS RS 2012, 6709)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6709

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XI ZR 261/10

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