Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2007, Az. III ZR 68/06

III. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4462

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 29. März 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 280, 278 Geht beim Gläubiger eines vertraglichen Zahlungsanspruchs ein vom Schuld-ner erfüllungshalber übersandter [X.] ein, so ergeben sich für den [X.], in Bezug auf die die am Geschäftssitz des Gläubigers mit dem Posteingang befassten Mitarbeiter desselben Erfüllungsgehilfen sein können. [X.], Urteil vom 29. März 2007 - [X.]/06 - OLG Frankfurt am Main

LG Wiesbaden - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2007 durch [X.] und [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 20. Januar 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des [X.]n erkannt worden ist. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 19. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge. Von Rechts wegen Tatbestand Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der G.

GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Dieser gegen-über hatte sich der [X.] in einem schriftlichen Vergleich vom 20. Oktober 1999 verpflichtet, zum Ausgleich einer Forderung auf ein Maklerhonorar einen bestimmten - auch beglichenen - Geldbetrag zu bezahlen und ferner, "die entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beitreibung" in Höhe von 1 - 3 - 43.082,40 DM zu erstatten. Der [X.] übersandte der Insolvenzschuldnerin mit der Post einen am 21. Oktober 1999 über diesen Betrag ausgestellten Ver-rechnungsscheck, in dem in der Rubrik Zahlungsempfänger ("–oder Überbrin-ger") handschriftlich "Anwalt" eingetragen war. Der [X.] gelangte, nachdem er bei der Insolvenzschuldnerin eingegangen war, in die Hände des [X.], eines Mitarbeiters - nach der Behauptung des [X.]n: des [X.] - der [X.] der Insolvenzschuldnerin ([X.]

AG [im Folgenden: Muttergesellschaft]), die unter der gleichen Geschäftsadresse wie die Insol-venzschuldnerin tätig war. [X.] reichte den [X.] zur Gutschrift auf seinem Pri-vatkonto ein, die auch erfolgte. Der Kläger hat geltend gemacht, die (restliche) Forderung gegen den [X.]n aus dem Vergleich vom 20. Oktober 1999 sei nach wie vor offen. Das [X.] hat die auf Zahlung von 22.027,68 • nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr - bis auf einen Teil der gel-tend gemachten Zinsen - stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des [X.]n. 2 Entscheidungsgründe Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.] und zur Wiederherstellung des (insgesamt) klageabweisenden Urteils der ersten Instanz. 3 - 4 - [X.] Das Berufungsgericht nimmt an, die damals noch der Insolvenzschuldne-rin zustehende Forderung sei weder durch Erfüllung erloschen, noch stehe der Forderung die dauerhafte Einrede der [X.] entgegen. Die von dem [X.]n erstmals in seiner Berufungserwiderung aufgestellte Behauptung, er und die Insolvenzschuldnerin hätten vereinbart, dass die in Rede stehenden Kosten per [X.] zu Händen des [X.] gezahlt werden sollten, könne im zweiten Rechtszug keine Berücksichtigung mehr finden. Zwar hätte auch noch bei [X.] des [X.]s ein [X.] zustande kommen können. Da [X.] aber nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des [X.]n nur Verhand-lungsvollmacht für die Insolvenzschuldnerin, nicht Abschlussvollmacht, gehabt habe, scheide eine derartige nachträgliche Vereinbarung hier aus. 4 I[X.] Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch besteht nicht mehr. 5 1. Ausgangspunkt ist, dass nach den bisherigen Feststellungen des Beru-fungsgerichts der (restliche) Zahlungsanspruch der Insolvenzschuldnerin gegen den [X.]n aus dem Vergleich vom 20. Oktober 1999 nicht durch Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist. Eine Forderung, zu deren Bezah-lung erfüllungshalber ein [X.] hingegeben wurde, erlischt erst mit dessen Einlösung zugunsten des [X.]berechtigten. Abgesehen von der Frage, ob hier schon eine Begebung des [X.]s durch den [X.]n an die [X.] - 5 - schuldnerin erfolgt war (dazu unten 3. b), fehlt es an einer Einlösung des [X.]s zugunsten der Insolvenzschuldnerin. Die Einlösung zugunsten des Privatkontos des [X.] bewirkte, wenn man von der Behauptung des [X.]n, es sei vereinbart gewesen, dass die nach der Vergleichsvereinbarung noch of-fenen Kosten per [X.] zu Händen des [X.] gezahlt werden sollten, absieht, die Erfüllung nicht. 2. a) Nach der Rechtsprechung des [X.], auf die sich das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend bezieht ([X.], Urteile vom 16. April 1996 - [X.] - NJW 1996, 1961 und vom 12. Juli 2000 - [X.] - NJW 2000, 3344, 3345), gibt eine [X.] dem [X.]aussteller das Recht, die Bezahlung der Kausalforderung bis zur Rückgabe des unversehrten, insbesondere unbezahlten, erfüllungshalber hingegebenen [X.]s zu ver-weigern; hieraus ergibt sich ein ständiges Leistungsverweigerungsrecht des [X.]ausstellers für den Fall, dass die Verlustgefahr des [X.]s entspre-chend der getroffenen [X.] auf den [X.]nehmer überge-gangen ist und dieser den [X.] nicht unbezahlt zurückgeben kann, weil er von der bezogenen Bank inzwischen eingelöst worden ist. 7 b) Dieser Grundsatz, der für die verschuldensunabhängige Einrede der [X.] gilt (vgl. [X.] in [X.]. [X.] § 60 Rn. 224 m.w.N.), lässt indessen unberührt, dass dann, wenn der Empfänger des [X.]s das Abhandenkommen desselben zu vertreten hat, dem [X.] desselben auch unabhängig von einer [X.] ein Scha-densersatzanspruch aus schuldhafter Verletzung einer Sorgfaltspflicht zustehen kann, den er - wie dies hier auch der [X.] schon in erster Instanz getan hat - der Kausalforderung entgegenhalten kann (vgl. [X.], Urteil vom 16. April 1996 aaO; [X.] aaO Rn. 225; Häuser, in [X.] - 6 - Rn. [X.]; [X.] 1981, 1383, 1387; vgl. auch - allgemein für [X.] - Krüger, in [X.] 4. Aufl. § 270 Rn. 15). Das kann im Ergebnis zu einem rechtsvernichtenden Einwand des Schuldners gegenüber dem Zah-lungsanspruch des Gläubiger führen, weil Letzterer den Ersteren so zu stellen hat, als sei der zum Schadensersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten (§ 249 BGB). 3. Es kommt im Streitfall im Ergebnis nicht darauf an, ob zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem [X.]n im Zusammenhang mit dem [X.] eine [X.] getroffen wurde. Demzufolge braucht auf die Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht hätte den betreffenden, unter Zeugenbeweis gestellten, Vortrag des [X.]n im Beru-fungsverfahren (der Sache nach: gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) zulassen müssen, nicht eingegangen zu werden. 9 Denn unabhängig davon ergibt sich aus der Übersendung des [X.]s durch den [X.]n sowie dem Eingang und der weiteren Behandlung dessel-ben bei der Insolvenzschuldnerin, dass der Kläger (die Insolvenzschuldnerin) sich so behandeln lassen muss, als sei die streitige Kostenerstattungsforderung beglichen worden. 10 a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts dürfte durch diesen Vorgang ein [X.] zwischen der [X.] und dem [X.]n zustande gekommen sein. 11 - 7 - aa) In der Übersendung des [X.]s kann zwanglos ein schlüssig er-klärtes Angebot des [X.]n an die Insolvenzschuldnerin als seine Gläubige-rin auf Abschluss eines solchen Vertrages gesehen werden. Dieses Angebot kann die Insolvenzschuldnerin durch widerspruchslose Entgegennahme des [X.]s angenommen haben (vgl. [X.] aaO Rn. 225; OLG München NJW-RR 1993, 117; [X.] WM 1997, 2027, 2028), ohne dass die [X.] dem [X.]n gegenüber erklärt zu werden brauchte (vgl. § 151 BGB). Das konnte auch dadurch geschehen sein, dass [X.], falls es sich bei ihm um ei-nen zur Öffnung und zur weiteren Disposition über die Posteingänge (auch) der Insolvenzschuldnerin ermächtigten - wenn auch möglicherweise nur zu der [X.] mit dem gleichen Geschäftssitz in ei-nem Angestelltenverhältnis stehenden - Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin handelte, in Wahrnehmung seiner Zuständigkeit in der Geschäftsstelle der [X.] über den hier in Rede stehenden Posteingang verfügte. 12 bb) Wie bereits das [X.] in seinem Urteil festgestellt hat, ohne dass der Kläger dem in seiner Berufungsbegründung entgegengetreten wäre, war [X.] seitens der Insolvenzschuldnerin die Möglichkeit eingeräumt, die an sie gerichtete Post in Empfang zu nehmen und zu öffnen. Nach der Behauptung des [X.]n war er sogar zur Entgegennahme des [X.]s (und darüber hinaus zur [X.]) befugt. Im Hinblick darauf, dass der Kläger - des-sen Sache es gewesen wäre, nähere Einzelheiten über die Büroorganisation der Insolvenzschuldnerin, einschließlich möglicher Einflussnahmen der an der-selben Geschäftsadresse agierenden Muttergesellschaft, und insbesondere über die Funktionen und Kompetenzen des Zeugen [X.] vorzutragen (vgl. [X.], Urteil vom 1. Dezember 2005 - [X.]/04 - ZIP 2006, 192, 194) - sich auf blo-ßes Bestreiten mit Nichtwissen beschränkt hat, spricht alles dafür, eine der [X.] zuzurechnende "Entgegennahme" des [X.]s im Sinne 13 - 8 - der konkludenten Annahme des Angebots des [X.]n auf Abschluss eines [X.]es anzunehmen. Auch dies bedarf keiner abschließenden Beurteilung. 14 b) Entscheidend ist, dass die Insolvenzschuldnerin den in Rede stehen-den Vorgang, der infolge der Einlösung des [X.]s auf dem Privatkonto des [X.] zu einem Schaden des [X.]n in Höhe der Klageforderung führte, als Pflichtverletzung (positive Vertragsverletzung) aus dem Grundgeschäft des [X.] mit der Insolvenzschuldnerin zu vertreten hat (§§ 276, 278, 249 BGB). Die Zahlung mit [X.] war so verkehrsüblich, dass der Gläubiger einen erhal-tenen [X.] unverzüglich zurückgeben musste, wenn er ihn nicht annehmen wollte (vgl. [X.] 44, 178, 182; [X.], Urteil vom 27. Januar 1977 - [X.] - [X.], 1019, 1020; [X.], [X.]. Rn. 762). Aus der [X.] der [X.]zahlung ergab sich für den Empfänger auch die Pflicht, einen auf diese Weise zugegangenen [X.] in Obhut zu nehmen. [X.] der sich darauf ergebenden Pflichten der Insolvenzschuldnerin gegen-über dem [X.]n war - je nach der internen Organisation der Insolvenz-schuldnerin - [X.] ihr Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB). Die Last näheren Vortrags hierzu lag, wie gesagt, beim Kläger, der allein die Vorgänge im Geschäft der Insolvenzschuldnerin in Erfahrung bringen konnte. Gehörte - wie nach allem zugrunde gelegt werden muss - die Behandlung des Posteingangs einschließ-lich der Disposition über eingegangene [X.]s zum allgemeinen Umkreis des Aufgabenbereichs des [X.], so wäre der Zusammenhang des vorliegenden [X.] mit der Vertragserfüllung selbst dann nicht unterbrochen, wenn eine 15 - 9 - vorsätzliche unerlaubte Handlung vorläge (vgl. [X.]/[X.] Aufl. § 278 Rn. 20 m.w.N.). [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.07.2005 - 2 O 53/05 - [X.], Entscheidung vom 20.01.2006 - 19 U 179/05 -

Meta

III ZR 68/06

29.03.2007

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2007, Az. III ZR 68/06 (REWIS RS 2007, 4462)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4462

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