Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2004, Az. VI ZB 37/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1692

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]/04
vom 14. September 2004 in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

Z[X.]O § 91 Abs. 2 Satz 1 Beauftragt eine vor einem auswärtigen Gericht klagende [X.] einen in der Nähe ihres Wohnsitzes ansässigen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Vertretung, sind die Kosten des von diesem eingeschalteten Unterbevollmächtigten am Gerichtsort [X.] dann erstattungsfähig, wenn sie die (fiktiven) Reisekosten des [X.] am Wohnsitz der [X.] nicht erheblich übersteigen.
[X.], Beschluß vom 14. September 2004 - [X.] 37/04 - LG Zwickau

AG Zwickau

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 14. September 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß der 8. Zivilkammer des [X.] vom 26. April 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben als das Beschwerdegericht über mehr als 30,01 • Kopierkosten zuzüglich Umsatzsteuer zum Nachteil der Klägerin entschieden hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 645,52 •

Gründe: [X.] Die Klägerin nahm den Beklagten vor dem [X.] auf Schadens-ersatz für Entgeltfortzahlung in Anspruch, weil ihr Mitarbeiter [X.] des Beklagten verletzt worden war. Die Klägerin ist geschäftsansässig in [X.]; ihr [X.]rozeßbevollmächtigter hat seinen Kanzleisitz etwa 75 km entfernt in [X.].. Die - 3 - Termine vor dem [X.] nahm Rechtsanwalt [X.] aus einer Kanzlei in [X.] in [X.] für die Klägerin und deren [X.]rozeßbevollmächtigten wahr. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin legte - vertreten durch ih-ren [X.]rozeßbevollmächtigten - Berufung ein. Vor dem Berufungsgericht trat [X.] Rechtsanwalt [X.] für die Klägerin auf. Die [X.]en schlossen einen Ver-gleich. Der Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung eines Teilbetrages von 713,45 • an die Klägerin. Von den Kosten des Rechtsstreits übernahmen die Klägerin 1/4, der Beklagte 3/4. Die Klägerin beantragte Kostenausgleichung und brachte hierzu u.a. für den ersten Rechtszug je eine 10/10 [X.]rozeß-, Verhandlungs- und Beweisgebühr sowie eine 10/10 Verkehrsanwaltsgebühr in Ansatz. Für die zweite Instanz begehrte sie die Berücksichtigung je einer 13/10 [X.]rozeß-, [X.] und [X.] sowie einer —Dokumentenpauscha-lefi von 30,01 • für 79 Ablichtungen. Zusätzlich verlangte sie Erstattung der Ko-sten des Unterbevollmächtigten für den ersten Rechtszug in Höhe einer 5/10 [X.]rozeßgebühr, einer 10/10 Verhandlungsgebühr und einer 10/10 Beweisgebühr sowie für den zweiten Rechtszug in Höhe einer 6,5/10 [X.]rozeßgebühr und je einer 13/10 Verhandlungs- und [X.]. Das [X.] hat mit [X.] vom 13. Februar 2003 die erstattungsfähigen Kosten auf die Kosten eines Verkehrsanwalts und eines [X.]rozeßbevollmächtigten am Gerichtsort bemessen. Das [X.] [X.] hat die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen und die Rechtsbe-schwerde zugelassen. Wenn der [X.]rozeßbevollmächtigte der [X.] seinen Kanzleisitz in 75 km Entfernung vom Geschäftssitz der [X.] habe, stehe das einem Falle gleich, in dem sich die [X.] eines Rechtsanwalts an einem dritten Ort bediene. Dann aber seien die Reisekosten des Anwalts von diesem Drittort zum Gericht nicht zu ersetzen. Sie könnten daher nicht als Maßstab für die Er-stattungsfähigkeit der Kosten des Unterbevollmächtigten herangezogen wer-den. Vielmehr habe der Rechtsstreit schon wegen des örtlichen Bezugs zum - 4 - Gerichtsort durch einen Anwalt am Gerichtsort bearbeitet werden müssen. Das Amtsgericht habe daher die Kosten des Unterbevollmächtigten zu Recht abge-setzt. Gegen den am 5. Mai 2004 zugestellten Beschluß hat die Klägerin am 27. Mai 2004 Rechtsbeschwerde eingelegt und sie mit Schriftsatz vom selben Tag begründet. I[X.] Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 Z[X.]O) und zulässig (§ 575 Abs. 1 bis 3 Z[X.]O). Sie führt zur Aufhebung des angefoch-tenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 1. [X.] geht allerdings in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.] davon aus, daß die Kosten eines Un-terbevollmächtigten, der für den auswärtigen [X.]rozeßbevollmächtigten die Ver-tretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, erstattungsfähig sind, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstat-tungsfähigen Reisekosten des [X.]rozeßbevollmächtigten nicht wesentlich über-steigen (vgl. [X.], Beschluß vom 16. Oktober 2002 - [X.]II ZB 30/02 - NJW 2003, 898 f.; st.Rspr., zuletzt [X.], Beschluß vom 13. Juli 2004 - [X.]/03 [X.] zur Veröffentlichung vorgesehen). Es hält jedoch die Reisekosten des [X.]rozeßbe-vollmächtigten im vorliegenden Fall für nicht erstattungsfähig und will statt [X.] die fiktiven Kosten eines am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts zuzüg-lich der Kosten für einen (fiktiven) Verkehrsanwalt ansetzen. Das wird von den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses nicht getragen. 2. Die unterlegene [X.] hat die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder - 5 - -verteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 Z[X.]O). Dementsprechend sind Reisekosten zur Terminswahrnehmung eines [X.]rozeßbevollmächtigten, der [X.] wie hier [X.] weder bei dem [X.]rozeßgericht zugelassen noch am Gerichtsort [X.] ist, (nur) insoweit zu erstatten, als dessen Zuziehung zur [X.] Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Z[X.]O). Ob diese Notwendigkeit gegeben war, bemißt sich da-nach, was eine vernünftige und kostenorientierte [X.] als sachdienlich anse-hen durfte. In diesem Rahmen ist eine nicht am Gerichtsort ansässige [X.] kostenrechtlich nicht darauf angewiesen, einen Rechtsanwalt am Ort des [X.]ro-zeßgerichts mit ihrer [X.]rozeßvertretung zu beauftragen. Vielmehr kann sie grundsätzlich die Kosten ihres [X.]rozeßbevollmächtigten auch dann erstattet ver-langen, wenn dieser bei dem [X.]rozeßgericht nicht zugelassen und am Gerichts-ort nicht ansässig ist. Dabei ist dem Bedarf an persönlichem Kontakt zwischen [X.] und Anwalt sowie dem Vertrauensverhältnis zwischen der [X.] und dem von ihr ausgewählten Anwalt Rechnung zu tragen (vgl. [X.], Beschluß vom 16. Oktober 2002 [X.] [X.]II ZB 30/02 [X.] NJW 2003, 898, 899). Eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Beauftragung eines in der Nähe des Geschäftsor-tes der [X.] ansässigen Rechtsanwalts eine Maßnahme zweckentsprechen-der Rechtsverfolgung ist, kommt in Betracht, wenn schon im Zeitpunkt der Be-auftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantenge-spräch für die [X.]rozeßführung nicht erforderlich sein wird (vgl. [X.], Beschluß vom 13. Juli 2004 [X.] [X.]/03). Eine weitere Ausnahme, bei der die unmittel-bare Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei dem [X.]rozeßgericht zumutbar sein kann, ist bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung denkbar, wenn die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfä-hig zu sein und gegenüber der Klage keine Einwendungen zu erheben. [X.] für das Vorliegen eines derartigen Ausnahmefalls sind nicht vor-handen. Allein daß die Sache tatsächliche Schwierigkeiten nicht aufweist und in - 6 - wirtschaftlicher Hinsicht von geringer Bedeutung ist, reicht hierfür nicht aus (vgl. [X.], Beschluß vom 9. Oktober 2003 [X.] [X.]I ZB 45/02 [X.] [X.]Report 2004, 70, 71). Daß die Klägerin über eine Rechtsabteilung oder wenigstens über [X.] mit der für die Bearbeitung von Rechtsfällen erforderlichen Sachkunde ver-fügte, ist nicht ersichtlich. Wie der [X.] bereits ausgesprochen hat, sind hiernach Reisekosten eines beim [X.]rozeßgericht nicht zugelassenen und weder am Ge-richtsort noch am Geschäfts- oder Wohnort der [X.] ansässigen [X.]rozeßbe-vollmächtigten zur Terminswahrung jedenfalls insoweit zu erstatten, als sie sich im Rahmen der erstattungsfähigen Reisekosten halten, die angefallen wären, wenn die [X.] einen [X.]rozeßbevollmächtigten entweder am Gerichtsort oder an ihrem Geschäfts- oder Wohnort beauftragt hätte (vgl. [X.], Beschluß vom 11. März 2004 - [X.][X.] - NJW-RR 2004, 858). Gleiches gilt für die Gebühren im Berufungsverfahren (vgl. [X.], [X.] vom 6. Mai 2004 - [X.] [X.] AGS 2004, 310 f.). a) Nach diesen Grundsätzen durfte das Beschwerdegericht nicht allein darauf abstellen, daß der "Hausanwalt" der Klägerin nicht am Geschäftssitz der Klägerin, sondern 75 km hiervon entfernt seinen Kanzleisitz hatte. Vielmehr [X.] zu prüfen gewesen, ob dadurch höhere Reisekosten entstanden wären als sie bei Beauftragung eines am Geschäftssitz der Klägerin tätigen Anwalts ent-standen wären. b) Sodann hätte das Beschwerdegericht die einem am Geschäftssitz der Klägerin tätigen Anwalt entstehenden (fiktiven) Reisekosten als Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Unterbevollmächtigten [X.] in [X.] berücksich-tigen müssen. Wenn die Kosten des Unterbevollmächtigten die (fiktiven) Reise-kosten in erheblichem Umfang überstiegen, war seine Zuziehung nicht [X.] 7 - dig (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Z[X.]O). Eine Erstattung kam dann nur in Höhe der Reisekosten des Hauptbevollmächtigten in Betracht. Eine weitere Ver-gleichsberechnung unter Einbeziehung der Kosten eines (fiktiven) Verkehrsan-walts gemäß § 52 [X.] sowie der Kosten eines (fiktiven) [X.]rozeßbevollmäch-tigten am Gerichtsort war nicht erforderlich. § 91 Abs. 2 Satz 2 Z[X.]O ist auf ei-nen solchen Fall weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden (vgl. [X.], Beschluß vom 16. Oktober 2002 [X.] [X.]II ZB 30/02 [X.] aaO). Die Einschaltung eines Verkehrsanwalts (vgl. zur Beiordnung bei [X.]rozeßkostenhilfe [X.], Beschluß vom 23. Juni 2004 [X.] XII ZB 61/04 [X.] zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt) ist in der Regel nicht erforderlich. c) Soweit der [X.] in seinem Beschluß vom 11. März 2004 (aaO) offengelassen hat, ob ausnahmsweise durch die Beauftragung eines an einem dritten Ort ansässigen [X.]rozeßbevollmächtigten entstehende Kosten zu erstatten sein können (vgl. [X.], Beschluß vom 18. Dezember 2003 - [X.] - [X.], 1150), ist diese Frage auch vorliegend nicht ab-schließend zu entscheiden. Besondere Umstände für einen solchen Ausnahme-fall trägt die Rechtsbeschwerde nicht vor. Die Klägerin hat Mehrkosten durch die Beauftragung eines Anwalts in [X.]. statt in [X.] nicht geltend gemacht. Daß der [X.]rozeßbevollmächtigte der Klägerin bereits vorgerichtlich tätig gewesen sein soll und deshalb eine Geschäftsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) angefallen sein mag, kann [X.] entgegen dem Vortrag der Rechtsbe-schwerde [X.] nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu Lasten der beklagten [X.] berücksichtigt werden. Die Geschäftsgebühr ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 118 Abs. 2 Satz 1 [X.] auf die Gebühren des § 31 Abs. 1 [X.] anzurechnen. - 8 - Nach allem kann die Klägerin für die Gebühren ihres Unterbevollmächtig-ten Kostenausgleichung verlangen, wenn diese die (fiktiven) Reisekosten eines "[X.]" in [X.] nicht wesentlich überstiegen. II[X.] [X.] hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus [X.] - keine Feststellungen zur Höhe der entstandenen Reisekosten ein-schließlich der Abwesenheitsgelder getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 Z[X.]O i.V.m. § 559 Z[X.]O). Der angefochtene Beschluß ist deshalb aufzuheben, soweit er über die Erstattung der Anwaltsgebühren zum Nachteil der Klägerin entschieden hat; ausgenommen hiervon bleibt die Abweisung hinsichtlich der Kosten für Ablichtungen (vgl. [X.], Beschluß vom 5. Dezember 2002 - [X.]/02 - [X.], 665 f.), die die Rechtsbeschwerde nicht angreift. Im - 9 - Umfang der Aufhebung ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Be-schwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststel-lungen nachholen kann. Müller [X.] [X.]

[X.] [X.]

Meta

VI ZB 37/04

14.09.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2004, Az. VI ZB 37/04 (REWIS RS 2004, 1692)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1692

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.