Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.01.2014, Az. 27 W (pat) 5/13

27. Senat | REWIS RS 2014, 8367

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Liebe Filme Festival" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung Nr. 30 2011 029 753

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 28. Januar 2014 durch [X.] [X.], [X.] [X.] und [X.] k.A. Schmid

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für [X.] vom 6. Januar 2012 und vom 26. Oktober 2012 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

Liebe Filme Festival

3

ist am 27. Mai 2011 für die Dienstleistungen

4

35: Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken

5

40: Filmbearbeitung

6

41: Filmvorführung in Kinos

7

zur Eintragung in das beim [X.] geführte Markenregister angemeldet worden.

8

Nach Beanstandung der Anmeldung durch [X.] vom 8. September 2011 hat die Markenstelle für [X.] die Anmeldung durch Beschluss vom 6. Januar 2012 zurückgewiesen.

9

Die Markenstelle hat zur Begründung des Beschlusses ausgeführt, die angemeldete Marke entbehre jeglicher Unterscheidungskraft, da das aus drei gängigen Begriffen gebildete Zeichen im Sinn eines Festivals, das sich mit Filmen zum Thema Liebe befasst, verstanden werde und damit den Inhalt insbesondere der Dienstleistung "Filmvorführung in Kinos" benenne.

Die dagegen gerichtete Erinnerung des Anmelders, die nicht begründet worden ist, wurde durch Beschluss der Markenstelle für [X.] vom 26. Oktober 2012 zurückgewiesen.

Der Anmelder hat gegen den Erinnerungsbeschluss mit Schriftsatz vom 26. Dezember 2012 Beschwerde erhoben. Auf die mit Mitteilung des Gerichts vom 20. November 2013 gesetzte Monatsfrist zur Einreichung der angekündigten Beschwerdebegründung hat der Anmelder sich nicht geäußert.

II.

1. Nachdem der Anmelder davon abgesehen hat, eine mündliche Verhandlung zu beantragen, und auch der Senat eine solche nicht für erforderlich erachtet, kann über die zulässige Beschwerde im schriftlichen Verfahren entschieden werden (§ 69 [X.]).

2. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Der angemeldeten Marke kann in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen  nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] i.V.m. § 37 Abs. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen  innewohnende (konkrete) Eignung, als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen zu dienen (st. Rspr. [X.] GRUR Int. 2005, 2012 – BioID; [X.], 850 – [X.]). Die Marke muss die Dienstleistungen mit anderen Worten nach ihrer betrieblichen Herkunft, nicht nach ihrer Beschaffenheit unterscheidbar machen.

Wortverbindungen oder -abfolgen fehlt die Unterscheidungskraft, wenn aufgrund der Bekanntheit der einzelnen Wortelemente, ihrer sprachüblichen Zusammenfügung und der einfachen Erfassbarkeit des [X.] sich für die Verbraucher in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen unmittelbar und ohne Unklarheit eine beschreibende Sachaussage ergibt (EUGH GRUR 2004, 680 – [X.]). Abzustellen ist auf die Anschauung der angesprochenen Verbraucher. Dabei ist die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen zugrunde zu legen (vgl. [X.], [X.], 411 Rn. 8 – STREETBALL).

Dabei pflegt das Publikum ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufzunehmen, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.] GRUR 2003, 58 Rn. 24 – [X.]; [X.] GRUR 2012, 270 Rn. 12 – Link economy). Ein der Annahme der Unterscheidungskraft entgegenstehender Aussagegehalt der Marke muss deshalb so deutlich und unmissverständlich hervortreten, dass er für die beteiligten [X.] unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar ist. Die bloße theoretische Möglichkeit, dass die eine oder andere Sachaussage durch die [X.] vermittelt werden könnte, reicht zur Verneinung der Unterscheidungskraft nicht aus. Insoweit ist selbst bei der Verbindung an sich nicht unterscheidungskräftiger beschreibender Einzelelemente die Unterscheidungskraft nur zu verneinen, wenn auch der damit entstehenden Gesamtaussage die Eignung zur betrieblichen Her-kunftskennzeichnung fehlt (vgl. [X.] GRUR 2004, 943 Rn. 28 bis 35 – SAT.2).

Die Anforderungen an die Eigenart eines Zeichens dürfen nicht überspannt wer-den. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage fehlt nicht von [X.] die Eignung zur [X.] ([X.] [X.], 949 Rn. 12 – My World).

Die Wortfolge "Liebe Filme Festival" erschöpft sich danach insbesondere für die Dienstleistung "Vorführung von Filmen" nicht in einer auf der Hand liegenden Beschreibung des Inhalts dieser Dienstleistungen im Sinn eines Festivals, das Filme zum Thema Liebe anbietet.

Die drei in Rede stehenden Begriffskomponenten sind sprachlich nicht in einer Weise verbunden, die unmittelbar und ohne analysierende Wertung den von der Markenstelle zugrunde gelegten [X.] trägt. Das angemeldete Zeichen [X.] sich weder klar besetzter Ausdrücke wie "Liebesfilm" oder "Filmfestival", durch die etwaige Zusammenhänge zwischen den [X.] verdeutlicht werden könnten, noch werden die einzelnen Wortglieder in anderer Weise sprachlich eindeutig zueinander in Beziehung gesetzt. Dadurch wirkt das dreigliedrige Zeichen zunächst als Abfolge selbständiger Wörter, in der die Bedeutungen "Liebe", "Filme" und "Festival" gleichgeordnet sind und als solche kein unmittelbar beschreibendes Begriffsverständnis zulassen, weil sich vorrangig der Begriff "Liebe" dieser Einordnung entzieht.

Aufgrund des einfachen sachlichen Zusammenhangs kann "Filme" zwar durchaus als mit dem vorangestellten Begriff "Liebe" zu einer Sinneinheit verbunden wahr-genommen werden. Ebenso kann "Filme" aber vorrangig auf den nachgestellten Ausdruck "Festival" bezogen sein und "Liebe" in diesem Zusammenhang den Begriff "(Filme-)Festival" bestimmen, was über die Angabe des Themas von Filmen hinausgehen kann. Sprachlich steht keine dieser beiden Varianten im Vordergrund.

Das Publikum mag zwar in der Lage sein, nach Ermittlung und Abwägung verschiedener Auslegungen zu dem von der Markenstelle angenommenen Begriffsverständnis zu gelangen. Allerdings kommt jedenfalls der Art der Zeichenbildung, die zur Ermittlung dieses Inhalts eine mehrere Gedankenschritte umfassende Zeichenanalyse erfordert und selbst dann zu keiner klaren sprachlichen Zuordnung führt, hinreichende Eigenart zu, die von einem ausschließlich sachbezogenen Verständnis wegführt.

Auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] greift nicht ein. Das Zeichen in der Gesamtheit kann aufgrund der unüblichen Zeichenbildung, die in einem dreigliedrigen Zeichen auch nicht ohne Weiteres übersehen und aufgelöst werden kann, nicht zur Beschreibung von Eigenschaften der Dienstleistungen dienen.

Meta

27 W (pat) 5/13

28.01.2014

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.01.2014, Az. 27 W (pat) 5/13 (REWIS RS 2014, 8367)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8367

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