Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.05.2011, Az. 26 W (pat) 529/10

26. Senat | REWIS RS 2011, 7061

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Back Dir Deine Welt (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 067 640.2

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 4. Mai 2011 unter Mitwirkung...

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 des [X.] vom 21. April 2010 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 21. April 2010 hat die Markenstelle für Klasse 21 des [X.] der u. a. für die Waren und Dienstleistungen

2

"[X.]: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen;

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[X.]: Dienstleistungen auf dem Gebiet der Erziehung, des Unterrichts und der Unterhaltung, insbesondere Vorbereitung, Planung und Gestaltung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Dienstleistungen im Zusammenhang mit Filmunterhaltung und Fernsehunterhaltung; Vorführung und Vermietung von Filmen, Video- und [X.]onaufnahmen; Entwickeln und Gestalten von digitalen [X.]on- und Bildträgern"

4

in roter Schrift mit rosafarbigem Schattenwurf auf weißem Grund angemeldeten Wort-/Bildmarke 30 2009 067 640.2 / 21

Abbildung

5

die Eintragung mit der Begründung versagt, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehle. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen stelle "[X.]" in seiner Gesamtheit eine an den Verbraucher gerichtete Einladung dar, Produkte zum [X.]hema "Backen" zu konsumieren. Weil der Begriff "Welt" in der Werbung vielfach im Sinne eines großen Produktangebotes verwendet werde, nehme der Verbraucher "[X.]" als ein solches umfassendes Angebot auf dem Gebiet des Backens wahr.

6

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Er hat das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in der Beschwerdeinstanz auf den oben bezeichneten Umfang beschränkt. Der Anmelder vertritt die Auffassung, dass die Wortfolge an die Kreativität des Einzelnen appelliere und dazu auffordere, sich den eigenen, von den Vorstellungen anderer abweichenden Wünschen entsprechend etwas Eigenes zu backen. Die farbig gestaltete dreidimensionale Darstellung der Schrift verleihe dem Zeichen Originalität und Prägnanz. Das angemeldete Zeichen sei daher unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig.

7

Der Anmelder beantragt,

8

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 des [X.] vom 21. April 2010 aufzuheben.

9

Ergänzend wird auf die Akte des [X.] Az. 30 2009 067 640.2 Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 [X.] zulässige Beschwerde erweist sich nach Beschränkung des [X.] als begründet. Einer Eintragung der angemeldeten Wort-/Bildmarke "[X.]" steht für die nunmehr allein noch von der Zurückweisung umfassten und beanspruchten Waren und Dienstleistungen: "[X.]: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; [X.]: Dienstleistungen auf dem Gebiet der Erziehung, des Unterrichts und der Unterhaltung, insbesondere Vorbereitung, Planung und Gestaltung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Dienstleistungen im Zusammenhang mit Filmunterhaltung und Fernsehunterhaltung; Vorführung und Vermietung von Filmen, Video- und [X.]onaufnahmen; Entwickeln und Gestalten von digitalen [X.]on- und Bildträgern" weder das von der Markenstelle angenommene Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen, noch besteht insoweit ein Freihaltebedürfnis, § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] GRUR 2006, 233, 235, RdNr. 45 - Standbeutel; [X.] GRUR 2003, 604, 608, RdNr. 62 - [X.]). Die Eintragung einer Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f., RdNr. 51 - [X.]; [X.], 395, 397, RdNr. 18 - [X.], [X.]). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 610, RdNr. 59 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 943, 944, RdNr. 26 - SA[X.].2, [X.] GRUR 2003, 604, 608, RdNr. 60 - [X.]). Da die Frage der Unterscheidungskraft stets konkret für die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen ist, vermag eine Marke für bestimmte Waren und Dienstleistungen unterscheidungskräftig zu sein, während ihr für andere die Unterscheidungskraft fehlt (vgl. [X.] GRUR 2004, 674, 677, RdNr. 73 - 78 - Postkantoor; GRUR 2007, 425, 426, RdNr. 32 - M[X.]&C/[X.]). Um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu überwinden, reicht nach ständiger Rechtsprechung des [X.] jede noch so geringe Unterscheidungskraft aus (vgl. z. B. [X.], 850, RdNr. 28 - [X.]).

Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. So steht auch ihrer Eintragung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen, sofern ein enger beschreibender Bezug hinsichtlich der jeweils konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorliegt (vgl. [X.] GRUR-RR 2011, 124 - 127, RdNr. 51 - Best Buy). Die Eignung eines solchen Zeichens, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen, kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die jeweilige Marke nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordert oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslöst ([X.] GRUR 2010, 228, [X.]. 44, 57 - [X.] DURCH [X.]ECHNIK; vgl. auch [X.], [X.] - 310/08, Urt. v. 21.01.2011, RdNr. 34 - executive edition). Im Vergleich zu anderen Wortmarken müssen Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 9. Aufl., § 8 RdNr. 143 [X.]). Selbst dann, wenn die jeweilige Marke zugleich oder sogar in erster Linie als Werbeslogan verstanden wird, kann deren Schutzfähigkeit in Betracht kommen, wenn sie zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (vgl. [X.] GRUR 2010, 228, [X.]. 45 - [X.] DURCH [X.]ECHNIK).

Für die oben genannten, nunmehr allein noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann der angemeldeten Wort-/Bildmarke "[X.]" das hiernach erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Für die durch graphische Gestaltungselemente hervorgehobene Wortfolge ist nicht auszuschließen, dass ein erheblicher [X.]eil der angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke als Herkunftshinweis auffassen wird, wenn er der Wortfolge im Zusammenhang mit "Bekleidungsstücken" und "Kopfbedeckungen" begegnet (vgl. hierzu [X.], 1100 - [X.]OOOR!).

Für die thematisch unbeschränkt angemeldeten Dienstleistungen der [X.] "Dienstleistungen auf dem Gebiet der Erziehung, des Unterrichts und der Unterhaltung, insbesondere Vorbereitung, Planung und Gestaltung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Dienstleistungen im Zusammenhang mit Filmunterhaltung und Fernsehunterhaltung; Vorführung und Vermietung von Filmen, Video- und [X.]onaufnahmen; Entwickeln und Gestalten von digitalen [X.]on- und Bildträgern" fehlt dem angemeldeten Zeichen ebenfalls nicht jede Unterscheidungskraft. Die Frage, ob "[X.]" als möglicher [X.]itel eines Films, einer Fernseh- oder Rundfunksendung schutzfähig wäre, kann insoweit dahinstehen. Denn eine Dienstleistung, die die Vorbereitung, Planung und Gestaltung ganzer Rundfunk- und Fernsehprogramme betrifft, weist keinen unmittelbaren sachlichen beschreibende Bezug zu bestimmten Sendungen oder Filmen auf. Zudem ist es im Film- und Fernsehgeschäft nicht branchenüblich, die Dienstleistungen "Vorführung und Vermietung von Filmen, Video- und [X.]onaufnahmen" sowie das "Entwickeln und Gestalten von digitalen [X.]on- und Bildträgern" in Abhängigkeit vom [X.]itel eines zu vermietenden Films oder zu gestaltenden [X.]on- oder Bildträgers zu benennen (vgl. hierzu [X.], 949 – 952 – [X.], Rz. 21). Dass der Verkehr die angemeldete Bezeichnung insoweit nicht lediglich als Werbeanpreisung, sondern als schlagwortartige Aussage versteht, die seine Aufmerksamkeit wecken, auf die so gekennzeichneten Dienstleistungen lenken und sie von anderen Dienstleistungen unterscheiden soll, ist auch angesichts der graphischen Gestaltung nicht auszuschließen. Daher liegt eine über das reine Wortverständnis hinausgehende Aussage vor, die es verbietet, dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen (vgl. [X.], [X.], 1093 [1095] = WRP 1999, 1169 - FOR YOU).

Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist ebenfalls nicht gegeben, denn "[X.]" eignet sich objektiv weder zur Beschreibung der nunmehr noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen, noch vermag die Wortfolge die Art, Bestimmung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale dieser Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen. Ein Freihaltebedürfnis besteht insoweit nicht.

Da weitere Eintragungshindernisse nicht ersichtlich sind, war der Beschwerde des Anmelders nach Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses aus diesen Gründen stattzugeben.

Meta

26 W (pat) 529/10

04.05.2011

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.05.2011, Az. 26 W (pat) 529/10 (REWIS RS 2011, 7061)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7061

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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