30. Senat | REWIS RS 2016, 1878
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Markenbeschwerdeverfahren – "KOKSER" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 049 286 .2
hat der 30. Senat (Marken- und [X.]) des [X.] in der Sitzung vom 24. November 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
KOKSER
ist am 4. September 2013 u. a. für die Waren und Dienstleistungen
„Klasse 9:
Video- und/oder Tonaufnahmen; Musikveröffentlichungen; Schallplatten, Musikkassetten, Compact Discs, [X.], digitale Kompaktkassetten, [X.], Hörbücher und andere Tonträger sowie Videokassetten, DVDs, Bildplatten, [X.], [X.], [X.] und andere Bildtonträger, des weiteren CD-ROMs, CD-ROMs-XA, [X.], [X.] und andere multimediale Datenträger; Musikdateien, Musik (herunterladbar); Filme;
Klasse 41:
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienste von Unterhaltungskünstlern; Dienste von Musikkünstlern; Unterhaltung durch einen Studiomusiker; musikalische Unterhaltung; Fernsehunterhaltung; Dienstleistungen auf den Gebieten Tonaufzeichnung und Videounterhaltung; Konzert-, Musik- und Videoveranstaltungen; Fernseh- und Rundfunkunterhaltung; Unterhaltung in Form von Bühnen- und Kabarettaufführungen; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Darbietung, Produktion und Veranstaltung von Shows, [X.], Konzerten, [X.] sowie Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Betrieb von Ton-, Film-, Video- und Fernsehstudios; Ton-, Film-, Video- und Fernsehaufzeichnungen; Musikveröffentlichungen; Komponieren von Musik; Produktion von Tonaufzeichnungen, Filmen, [X.], Fernsehsendungen und Shows, Durchführung von Spielen im [X.]; Organisation und Veranstaltung von Veranstaltungen und Unterhaltungsshows, Konzerten, Tourneen, Theateraufführungen, Tanz- und Showdarbietungen; Betrieb und Dienstleistungen eines Ton- und Fernsehstudios, Zusammenstellung von Fernsehprogrammen und Rundfunkprogrammen; Auskünfte über Freizeitaktivitäten“
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 27. Mai 2014 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 des [X.] die Anmeldung teilweise, nämlich für die obengenannten Waren und Dienstleistungen, zurückgewiesen, da es der angemeldeten Marke insoweit an Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).
KOKSER in Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen zu.
KOKSER werde jemand bezeichnet, der Kokain konsumiere, was dem allgemeinen Verkehr auch bekannt sei. Drogenkonsum und damit auch das „[X.]“ könnten Thema oder Gegenstand des Kunstschaffens und damit vor allem auch von Musikstücken ist, wie z. B. die bekannten Titel [X.]: „[X.]“; [X.]: "[X.]“ sowie „[X.]" oder [X.]: „The Pusher“ belegten.
KOKSER“ in Bezug auf die Waren der Klasse 9 lediglich eine inhaltlich-thematische Sachangabe entnehmen, dass [X.] hier gegenständlich ist. In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 41 könne die (tragische) Figur eines Rauschgiftsüchtigen im Zentrum stehen, etwa in einem Spiel oder in einem Lied, als negatives Beispiel für [X.], als Kranker, der der Hilfe bedürfe in einer Show, einem Konzert oder in einer Spendengala. Ferner könne eine Figur dargestellt werden, der der Sport bei der Überwindung der Sucht geholfen habe. Die Dienstleistungen der Klasse 41 seien daher gleichfalls von einer Eintragung auszuschließen.
Nicht erforderlich sei dabei, dass der Werkinhalt durch die Bezeichnung thematisch genau angegeben werde. So seien Werktitel oftmals vage und unbestimmt gehalten. Werde die Bezeichnung aber als Hinweis auf den - wie auch immer gearteten - Inhalt des Werks verstanden und erlange sie damit eine werktitelähnliche Funktion, diene sie nach Auffassung des Verkehrs jedenfalls nicht als Unterscheidungsmittel der Waren und Dienstleistungen.
KOKSER auch einen Kokereiarbeiter bezeichnen könne, sei dies lexikalisch nicht belegbar. In rechtlicher Hinsicht sei zudem zu beachten, dass das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bereits dann vorliege, wenn dem Zeichen zumindest eine Aussage mit beschreibendem Charakter entnommen werden könne.
Unerheblich sei insoweit auch, dass die angemeldete Bezeichnung als Künstlername des Anmelders verwendet werden solle. Soweit Bezeichnungen bzw. Namen von [X.] wie z. B. „Scorpions“, „[X.]“ oder „[X.]“ als Marke eingetragen seien, fehle es an einer Vergleichbarkeit mit der angemeldeten Bezeichnung, da diese keinen so klar umrissenen Sachaussagehalt aufwiesen.
KOKSER nicht nur jemanden, der Kokain konsumiere, sondern auch eine Person, die in einer Kokerei Koks herstelle, bezeichnen könne.
Darüber hinaus könne allein die nahezu unbegrenzte Themenvielfalt von [X.] nicht zur Verneinung der Schutzfähigkeit aller Ausdrücke führen, die auch nur irgendwie als Angabe eines Themenbereichs in Betracht kommen könnten. Daneben sei darauf hinzuweisen, dass der Anmelder seinen Künstlernamen zu schützen suche, so dass es sich vorliegend nicht um einen Werktitel wie z. B. bei dem vom Amt genannten Musiktitel „[X.]“ von [X.] handele, sondern um die Herkunftsbezeichnung des Werks bzw. den Namen des Interpreten (bei dem vorgenannten Beispiel „[X.]“).
KOKSER insoweit anders zu beurteilen sei als z. B. die als Marke eingetragene Bezeichnung „[X.]", bei der es sich um den Name einer Musikgruppe handele.
Der Anmelder und Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 27. Mai 2014 aufzuheben, soweit darin die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
Hilfsweise beantragt er,
die angemeldete Marke unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 27. Mai 2014 für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen mit folgendem Zusatz einzutragen:
„(vorgenannte Dienstleistungen, soweit sie im Zusammenhang mit Musik, Kunst, Kultur, Gesellschaft stehen)“.
Jedenfalls sei die Marke mit dem hilfsweise beantragten Ausnahmevermerk einzutragen, da durch den positiv formulierten Ausnahmevermerk Schutz lediglich für die Themenbereiche „Musik, Kunst, Kultur, Gesellschaft" beansprucht werde. Für den [X.] von Kokain oder damit verwandte Themen werde hingegen kein Schutz beansprucht.
II.
KOKSER in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 41 an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 und 5 [X.]).
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. [X.] [X.] 2012, 610 (Nr. 42) - [X.]; [X.], 608, 611 (Nr. 66) - [X.]; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) - [X.]; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.] 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) - [X.]; [X.] 2008, 608, 611 (Nr. 66) - [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.] [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 8) - Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen [X.]/Hukla).
Hiervon ausgehend besitzen Marken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271, Nr. 11 - Link economy; [X.] 2009, 952, 953, Nr. 10 - [X.]; [X.] 2006, 850, 854, Nr. 19 - [X.]; [X.] 2005, 417, 418 - [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] 2006, 850, 854, Nr. 19 - [X.]; [X.] 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.] 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2010, 1100, Nr. 23 - [X.]!; [X.] 2006, 850, 855, Nr. 28 f. - [X.]).
KOKSER jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist ausschließlich vom Sinngehalt der als Marke angemeldeten Wortfolge im Blick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auszugehen. Auf sonstige Verwendungsabsichten (oder auch bereits erfolgte Benutzungshandlungen) des Anmelders wie z. B. die von ihm angesprochene Benutzung als Künstlername kann daher nicht abgestellt werden; dies ist für die Beurteilung der markenrechtlichen Schutzfähigkeit ebenso ohne Belang wie die Frage, ob dem Anmelder Namensrechte an der Bezeichnung zukommen.
KOKSER naheliegend als Bezeichnung einer Person, die Kokain (= „Koks“) konsumiert, verstehen wird. In dieser Bedeutung ist der Begriff KOKSER nicht nur lexikalisch nachweisbar (vgl [X.], Deutsches Universalwörterbuch, 8. Aufl., S. 1023); vielmehr hat die jargonhafte Bezeichnung von Kokain als „Koks“ bzw. der [X.]enten als „Kokser“ über das ursprüngliche Umfeld hinaus mittlerweile Eingang in den allgemeinen [X.] Sprachgebrauch gefunden.
In Bezug auf die zurückgewiesenen (medialen) Waren und Dienstleistungen
„Klasse 9:
Video- und/oder Tonaufnahmen; Musikveröffentlichungen; Schallplatten, Musikkassetten, Compact Discs, [X.], digitale Kompaktkassetten, [X.], Hörbücher und andere Tonträger sowie Videokassetten, DVDs, Bildplatten, [X.], [X.], [X.] und andere Bildtonträger, des weiteren CD-ROMs, CD-ROMs-XA, [X.], [X.] und andere multimediale Datenträger; Musikdateien, Musik (herunterladbar); Filme;
Klasse 41:
Unterhaltung; …kulturelle Aktivitäten; Dienste von Unterhaltungskünstlern; Dienste von Musikkünstlern; Unterhaltung durch einen Studiomusiker; musikalische Unterhaltung; Fernsehunterhaltung; Dienstleistungen auf den Gebieten Tonaufzeichnung und Videounterhaltung; Konzert-, Musik- und Videoveranstaltungen; Fernseh- und Rundfunkunterhaltung; Unterhaltung in Form von Bühnen- und Kabarettaufführungen; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Darbietung, Produktion und Veranstaltung von Shows, [X.], Konzerten, [X.] sowie Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Betrieb von Ton-, Film-, Video- und Fernsehstudios; Ton-, Film-, Video- und Fernsehaufzeichnungen; Musikveröffentlichungen; Komponieren von Musik; Produktion von Tonaufzeichnungen, Filmen, [X.], Fernsehsendungen und Shows, Durchführung von Spielen im [X.]; Organisation und Veranstaltung von Veranstaltungen und Unterhaltungsshows, Konzerten, Tourneen, Theateraufführungen, Tanz- und Showdarbietungen; Betrieb und Dienstleistungen eines Ton- und Fernsehstudios, Zusammenstellung von Fernsehprogrammen und Rundfunkprogrammen“
KOKSER danach zwar offensichtlich weder unmittelbar deren Merkmale und Eigenschaften noch enthält die Bezeichnung insoweit einen hinreichend konkreten Sachhinweis auf bestimmte Eigenschaften der so bezeichneten Waren und Dienstleistungen unter Gesichtspunkten wie Bestimmungs- und Verwendungszweck.
Allerdings handelt es sich insoweit um Waren und Dienstleistungen , die neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen können. Unbeschadet eines etwaigen Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 [X.] ist bei solchen Waren und Dienstleistungen aus dem Medienbereich die markenrechtliche Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung geeignet ist, diesen gedanklichen Inhalt der Waren und Dienstleistungen zu beschreiben (vgl. [X.] 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; [X.] 2001, 1042, 1043 - [X.] UND [X.]; [X.] 2001, 1043, 1045 - [X.]; [X.] 2002, 1070, 1072 Bar jeder Vernunft). Dies gilt aber nur für Bezeichnungen, die nach Art eines Sachtitels gebildet sind. Denn nur wenn die Bezeichnung ernsthaft als beschreibende Angabe des Themas, geistigen Inhalts oder Werks, das in der Ware oder Dienstleistung verkörpert sein kann, in Betracht kommt, wird der Verkehr die Wortfolge in Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen insoweit nur als Inhaltsangabe, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen (vgl. BPatG [X.] 1998, 145, 146 - Klassentreffen; BPatG [X.] 2006, 593 - Der kleine Eisbär).
Davon ist in Bezug auf die vorgenannten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 41 auszugehen, da diese inhaltlich Probleme und/oder Fragen des Drogenkonsums und damit auch die Person eines „[X.]“ sowohl in informativer als auch künstlerischer Form (Literatur und/oder Musik) aufgreifen können, so dass die angemeldete Bezeichnung entgegen der Auffassung des Anmelders sich insoweit als beschreibende Angabe des Themas, geistigen Inhalts oder Werks, das in der Ware oder Dienstleistung verkörpert sein kann, darstellt.
KOKSER sich in Zusammenhang mit diesen Waren und Dienstleistungen lediglich in einem sachbezogenen, titelartigen Hinweis darauf erschöpft, dass diese sich in irgendeiner Form inhaltlich/thematisch mit Drogenkonsum bzw. speziell der Person eines Kokainkonsumenten befassen. Dies gilt auch für die beanspruchten [X.], da auch „ernste“ Themen wie der Drogenkonsum durchaus in unterhaltender Form (z. B. im Rahmen von Satire) thematisiert werden können. Ein rein [X.] Verständnis nach Art eines Sachtitels kommt auch in Bezug auf die beanspruchten „Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung“ in Betracht, da unter diesen weiten Oberbegriff auch [X.] zur Freizeitgestaltung fallen.
KOKSER eine titelartige Inhaltsangabe zu sehen, da diese Dienstleistungen in erster Linie nicht der Herstellung und/oder Wiedergabe eines Werks dienen, sondern unmittelbar gegenüber und für Menschen erbracht werden. Jedoch können sich diese Dienstleistungen ebenfalls inhaltlich/thematisch mit einem KOKSER und der Problematik des Drogenkonsums beschäftigen. Sie können sich vor allem speziell an solche Personen z. B. im Rahmen von Suchtprävention oder Rehabilitation wenden, so dass der Verkehr darin einen Hinweis auf die Zielgruppe der Dienstleistungen erkennen wird.
KOKSER nicht nur jemanden, der Kokain konsumiere, sondern auch eine Person, die in einer Kokerei Koks herstelle, bezeichnen könne, lässt sich daraus keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit bzw. Interpretationsbedürftigkeit herleiten. Insoweit ist in rechtlicher Hinsicht bereits zu beachten, dass es für eine Schutzversagung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] grundsätzlich ausreicht, dass ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen (hier: „Person, die Kokain konsumiert“) ein Merkmal der beanspruchten Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. [X.] [X.] 2003, 58, 59, Rn. 21 - [X.]; [X.] 2003, 450, 453, Rn. 32 - [X.], [X.] 2004, 99, 109, Rn. 97 - Postkantoor; [X.] 2004, 111, 115, Rn. 38 - [X.]). Ungeachtet dessen fehlt es in Bezug auf die vom Anmelder genannte weitere Bedeutung i. S. einer „Person, die in einer Kokerei Koks herstellt“ nicht nur an einer lexikalischen Nachweisbarkeit; vielmehr lässt sich auch eine Verwendung des Begriffs in diesem Sinne nicht belegen. Ein Verständnis der angemeldeten Bezeichnung in diesem Sinne ist daher fernliegend.
Was die nach Meinung des Anmelders vergleichbaren „Voreintragungen“ wie z. B. „Scorpions“, „[X.]“, „[X.]“ oder „[X.]“, bei denen es sich ebenfalls um sog. Künstlernamen von [X.] handelt, betrifft, ist ungeachtet des Umstands, dass jedenfalls Bezeichnungen wie „[X.]“ oder „[X.]“ keinen hinreichend deutlichen inhaltlich/thematischen Aussagegehalt aufweisen - worauf die Markenstelle bereits zutreffend hingewiesen hat -, anzumerken, dass etwaige Entscheidungen über ähnliche Anmeldungen zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen sind; sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Februar 2009 - [X.] und 43/08, [X.] 2009, 667 Rn. 17 und 19 - Bild digital und [X.]; ferner [X.] 2014, 376 Nr. 19 [X.]). Für die Eintragung der angemeldeten Marke kommt es allein darauf an, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines gesetzlich geregelten Schutzhindernisses gegeben sind. Ob identische, ähnliche oder vergleichbare Zeichen eingetragen worden sind, bleibt dagegen unmaßgeblich. Deshalb ist ein näheres Eingehen auf Voreintragungen in keinem Fall angezeigt (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 8 Rdnr. 52 m. w. Nachw.)
KOKSER eine titelartige Sachangabe darstellen kann. Eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung vermag der [X.] aber auch nicht in Bezug auf die Dienstleistungen „Erziehung; Ausbildung; sportliche Aktivitäten; Auskünfte über Freizeitaktivitäten“ zu begründen, da auch diese Dienstleistungen, für die KOKSER eine beschreibende Zielgruppenangabe darstellt, inhaltlich/thematisch „im Zusammenhang mit Musik, Kunst, Kultur“ oder auch der „ Gesellschaft“ stehen können.
3. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.
4. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Meta
24.11.2016
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.11.2016, Az. 30 W (pat) 532/14 (REWIS RS 2016, 1878)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 1878
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
30 W (pat) 511/17 (Bundespatentgericht)
26 W (pat) 537/14 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "hr music" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
30 W (pat) 32/13 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "Bergwacht" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
30 W (pat) 547/16 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren - "MOTORWORLD BULLETIN (Wort-Bild-Marke)" - Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
30 W (pat) 505/16 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "Dorf vom Santa Claus" – keine Unterscheidungskraft