Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2008, Az. III ZR 117/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1644

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 117/07 Verkündet am: 2. Oktober 2008 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Oktober 2008 durch [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 16. März 2007 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zu Lasten der Klägerin er-kannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Klägerin, die in [X.]von Anfang Oktober 1992 bis zur Geschäfts-aufgabe Ende Dezember 1993 ein Sanitätshaus betrieb, begehrt von den [X.] Krankenkassen und Landesverbänden von Krankenkassen Schadens-ersatz wegen Verweigerung ihrer Zulassung als Leistungserbringerin für Hilfs-mittel gemäß § 126 Abs. 1 SGB V. Sie hatte die Ladeneinrichtung sowie zwei Vollzeit- und eine Halbtagsbeschäftigte eines in der Nähe betriebenen Sanitäts-hauses übernommen, das seine Tätigkeit kurz zuvor eingestellt hatte. 1 - 3 - Der Zulassungsantrag der Klägerin vom 22. September 1992 blieb [X.] unbeschieden. Die Klägerin hatte zwar die Geltung des von den [X.] für Orthopädietechnik [X.] mit den Landesverbänden der Krankenkassen in [X.] geschlossenen Vertrages über eine Be-nennungs- und Preisliste für Bandage- und orthopädische Hilfsmittel anerkannt. Die [X.] waren indes der Auffassung, dass dies nach § 126 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht genüge, weil die Klägerin kein vollwertiges [X.] sei und keinen Meisterbetrieb unterhalte. Sie hielten vielmehr für erforderlich, dass sich die Klägerin zu einer Abrechnung auf der Grundlage erheblich niedrigerer [X.] bereit fände, die jeweils um 48 % über den Einkaufspreisen des Hilfsmittels lagen. Auf Antrag der Klägerin verpflichtete das Sozialgericht die [X.] im Wege einstweiligen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 23. März 1993, die Klägerin zur Lieferung von Hilfsmitteln gemäß der Gruppe 2 der gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände vom 2. Mai 1991 bis zu einer erstinstanzli-chen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zuzulassen. Auf die Beschwerde der [X.] änderte das [X.] diese Entscheidung durch [X.] vom 30. August 1983 dahin ab, die Klägerin sei mit der Maßgabe [X.], dass Hilfsmittel mit den Einkaufspreisen und einem Aufschlag von 48 % zu vergüten seien. Im [X.] hieran lehnten die [X.] die Zulassung durch Bescheide vom 30. August, 3. September, 6. September und 14. September 1993 ab. In den Verfahren zur Hauptsache gegen die [X.] zu 1, 3 und 4, in denen die Klägerin gegen die genannten Bescheide in der Gestalt inzwischen ergangener Widerspruchsbescheide Ver-pflichtungsklage erhob, beantragte diese zuletzt mit Rücksicht auf ihre Ge-schäftsaufgabe die Feststellung, dass die Versagung der von ihr beantragten Zulassung rechtswidrig gewesen sei. Das Sozialgericht gab den Klagen durch Urteile vom 14. Juni 1994 statt. Auf die Berufung der [X.] zu 1 und 3 wies 2 - 4 - das [X.] die gegen diese gerichtete Klage mit Urteil vom 20. Juli 1995 ab. Auf die zugelassene Revision der Klägerin stellte das Bundessozialge-richt mit Urteil vom 10. Juli 1996 die erstinstanzlichen Entscheidungen gegen die [X.] zu 1 und 3 wieder her. Zuvor hatte sich die Beklagte zu 2 mit der Klägerin am 11. November 1995 darauf verständigt, das Ergebnis dieses Revi-sionsverfahrens für und gegen sich gelten lassen zu wollen. Die Klägerin macht geltend, die Aufgabe ihres Geschäftsbetriebs habe darauf beruht, dass die [X.] ihr die Zulassung verweigert hätten. Bei amtspflichtgemäßer Erteilung der Zulassung hätte ihr Geschäft Ende des [X.] 1993 einen - im Fall eines Verkaufs erlösbaren - Unternehmenswert in Höhe der Gründungsaufwendungen von 250.000 DM zuzüglich der später ge-leisteten Privateinlage von 46.700 DM (= zusammen 151.700,30 •) gehabt. Zu-sätzlich zu diesem Substanzwert hätte sich bei ungestörtem Verlauf ein "Good-will" des Geschäftsbetriebs von 150.000 DM (= [X.] •) erzielen lassen. Ferner hat sie den Ersatz von Mietkosten in Höhe von 93.615,19 DM (= 47.864,68 •) verlangt, die ihr im Hinblick auf das bis zum 30. September 2002 abgeschlossene Mietverhältnis entstanden seien. Das [X.] hat der Klägerin 26.942,01 • nebst Zinsen zugesprochen, die sich aus 40.194 DM (= 20.550,87 •) für zu gering vergütete Hilfsmittel und 12.500 DM (= 6.391,14 •) als Ersatz für das Ausbleiben von Kunden zusammensetzen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der [X.] den Verurteilungsbetrag auf 20.550,87 • nebst Zin-sen beschränkt. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Kläge-rin ihre Anträge weiter. 3 - 5 - Entscheidungsgründe Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht. 4 1. Allerdings geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass die Be-diensteten der [X.], die als Beamte im haftungsrechtlichen Sinn durch Verwaltungsakt über die Zulassung nach § 126 Abs. 1 SGB V zu befinden [X.] (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2001 - [X.]/00 - [X.], 96 f), ihre Amtspflichten verletzt haben, indem sie die begehrte Zulassung als Leistungserbringerin für Hilfsmittel versagt haben. Das steht im Verhältnis zur [X.] zu 4 aufgrund des Urteils des [X.] vom 14. Juni 1994 und im Verhältnis zu den [X.] zu 1 und 3 aufgrund des Urteils des [X.] vom 10. Juli 1996 im Rahmen der [X.] nach § 141 Abs. 1 SGG mit Bindung für den Amtshaftungsprozess fest (vgl. Senatsurteil [X.]Z 175, 221, 225 Rn. 10 zu § 121 VwGO). Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf den [X.] zu 2, der mit der Klägerin in unverjährter Zeit übereingekommen ist, dass das Ergebnis des durch das Urteil des [X.] abgeschlossenen Revisionsverfahrens auch für und gegen ihn gelten solle. 5 2. Zutreffend und mit eingehender Begründung hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass den Bediensteten der [X.] - ungeachtet der Entscheidung des [X.]s im Hauptsacheverfahren - ein [X.] vorzuwerfen ist, weil sie sich bei ihrer Gesetzesauslegung über den klaren und eindeutigen Wortlaut des § 126 Abs. 1 SGB V hinweggesetzt haben und hätten erkennen müssen, dass sie die Zulassung nicht von dem Abschluss 6 - 6 - einer individuellen Vereinbarung über die von den [X.] zu zahlenden Preise abhängig machen durften. 3. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Schadensersatzanspruch von 20.550,87 • zugebilligt, weil ihr die Möglichkeit vorenthalten worden sei, die in der fraglichen Zeit abgegebenen Hilfsmittel auf der Grundlage der [X.] und Preisliste abzurechnen. Einen weitergehenden Schadensersatzan-spruch hat das Berufungsgericht jedoch für nicht begründet gehalten, weil sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen lasse, dass das Sani-tätshaus bei Erteilung der beantragten Zulassung wirtschaftlich erfolgreich hätte betrieben werden können und allein die Verweigerung der Zulassung aus-schlaggebend für den Entschluss der Klägerin gewesen sei, ihren Geschäftsbe-trieb einzustellen. Diese Beurteilung hält den Verfahrensrügen der Klägerin nicht stand. 7 a) Die Klägerin rügt zum einen, dass das Berufungsgericht über die [X.] keinen Berichterstattervermerk erstellt hat. 8 Nach § 161 Abs. 1 Nr. 1 ZPO brauchen Feststellungen (unter anderem) nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO, zu denen auch die Aussagen der [X.] gehören, nicht in das Protokoll aufgenommen zu werden, wenn das Pro-zessgericht die Vernehmung durchführt und das Endurteil der Berufung oder der Revision nicht unterliegt; sonst müssen sie protokolliert werden. Von der [X.] ist das Gericht auch dann nicht entbunden, wenn - wie hier - das Endurteil der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegt (vgl. [X.], [X.] vom 24. Juni 2003 - [X.] - NJW 2003, 3057, 3058). In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass anstelle der Aufnahme in ein 9 - 7 - Protokoll auch die Wiedergabe in einem Berichterstattervermerk genügt (vgl. [X.], Urteil vom 24. Oktober 1990 - [X.] - NJW 1991, 1547, 1548 f), womit sich die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2007 einverstanden erklärt haben. Ein Berichterstattervermerk ist indes wegen einer dauerhaften Erkrankung des Berichterstatters im [X.] an die abschlie-ßende Beratung nach der Schlussverhandlung vom 19. Januar 2007 nicht mehr erstellt worden. Das Berufungsgericht hat die Aussagen des Sachverständigen auch nicht in seinem Urteil festgehalten (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 29. No-vember 1998 - VI ZR 231/87 - [X.], 189; vom 21. April 1993 - [X.] Œ NJW-RR 1993, 1034), so dass in Bezug auf seine Angaben eine revi-sionsrechtliche Überprüfung nicht möglich ist (vgl. [X.], Urteil vom 27. Sep-tember 1994 - VI ZR 284/93 - NJW 1995, 779, 780). Der Revisionserwiderung kann nicht darin gefolgt werden, dass der Mangel des Berichterstattervermerks deshalb ohne Bedeutung sei, weil sich das Berufungsgericht in seiner Würdigung ausschließlich auf das schriftlich er-stattete Sachverständigengutachten gestützt habe. Die mündliche Anhörung des Sachverständigen war Teil der Beweisaufnahme, auch wenn der Sachver-ständige keinen Anlass gehabt haben sollte, die Angaben in seinem schriftlich erstatteten Gutachten zu modifizieren oder zu ändern; dementsprechend [X.] auch das Berufungsgericht das schriftlich erstattete Gutachten unter dem Eindruck der durchgeführten Anhörung. 10 Der Mangel des Berichterstattervermerks ist auch nicht deshalb bedeu-tungslos, weil sich das Berufungsgericht mit einzelnen Gesichtspunkten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 29. Januar 2007 beschäftigt hat. Diese Ausführungen lassen nur erkennen, dass die Klägerin dem Sachver-ständigen Vorhalte in seiner Anhörung gemacht hat, die das Berufungsgericht 11 - 8 - zum Teil nicht zugelassen und im Übrigen für nicht erheblich gehalten hat. Mangels einer Protokollierung oder Niederlegung in einem Berichterstatterver-merk oder einer - von der übrigen Würdigung getrennten - Wiedergabe im Urteil ist dem Senat insoweit eine revisionsgerichtliche Überprüfung nicht möglich.
b) Darüber hinaus rügt die Klägerin zu Recht, dass das Berufungsgericht einzelne Fragen an den Sachverständigen nicht zugelassen hat. 12 Im Ansatz hat die Klägerin allerdings ihre aus § 411 Abs. 4 Satz 1 ZPO folgende Pflicht verletzt, dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten sowie die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. [X.] hat das Berufungsgericht davon abgesehen, den Parteien für ihre Fra-gen eine Frist nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO zu setzen. Unter diesen [X.] gab es keine Rechtsgrundlage, das Fragerecht der Klägerin in der mündli-chen Verhandlung zu beschränken. Für die entsprechend anwendbare Vor-schrift des § 296 Abs. 1, 4 ZPO fehlten jedenfalls die Voraussetzungen. Das Berufungsgericht war auch nicht berechtigt, gewissermaßen im Vorfeld "zur Gewährleistung der Waffengleichheit und eines fairen Verfahrens" Vorhalte der Klägerin von der Zulassung auszunehmen, deren Tatsachengrundlage noch nicht Akteninhalt geworden war und von den [X.] in ihrer Aussagekraft nicht nachvollzogen oder zutreffend eingeschätzt werden konnte. Konnte der Sachverständige solche Fragen nicht beantworten, mag eine Prüfung möglich gewesen sein, ob es sich um neues Vorbringen handelte, das nach den allge-meinen Vorschriften des Berufungsverfahrens nicht zugelassen werden konnte. Das lässt sich aber den allgemeinen Wendungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Vielmehr ging es - wenn man den Schriftsatz der Klägerin vom 29. Januar 2007 heranzieht - bei der Befragung des Sachverständigen im [X.] - 9 - sentlichen um die Plausibilität seiner Begutachtung und den aus der Sicht der Klägerin nachvollziehbaren Vorhalt, sie habe mit ihren anderen Geschäftsbe-trieben in den neuen Bundesländern Erfahrungen gemacht, mit denen die [X.] durch den Sachverständigen nicht zu vereinbaren sei. Auch die im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29. Januar 2007 als gestellt genannten Fragen waren durchaus eine Beantwortung durch den Sachverständigen wert. Dies gilt etwa für den Vorhalt, dass es im [X.] - bei einer weitaus geringe-ren Leistungserstattung in der [X.] Krankenversicherung als 1993 - seit Jahren vier Sanitätshäuser in [X.]

gebe, die existieren könnten, während dies 1993 nur zwei gewesen seien. Die Stadt [X.] habe ein Einzugsgebiet von etwa 85.000 Menschen. Nach einer Statistik des Bundesinnungsverbands genüge für die Existenz eines Sanitätshauses eine Versorgung von 20.000 [X.]. Diese Fragen werden vom Berufungsgericht nicht behandelt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sie dem Sachverständigen zur Beantwortung vorge-legt worden wären und was er zu ihnen bemerkt hat. Insoweit kann das [X.] die Klägerin auch nicht darauf verweisen, sie habe nach Erläute-rung der Zurückweisung ihrer Fragen versäumt, nach § 139 Abs. 5 ZPO eine Schriftsatzfrist für ergänzendes Vorbringen zu beantragen. Denn es geht nicht um die in dieser Bestimmung behandelte Gestaltung, dass sich eine Partei zu einem gerichtlichen Hinweis nicht sofort erklären kann, sondern um die dem Gericht obliegende Gewährleistung der Verfahrensrechte der Klägerin im Zu-sammenhang mit der Anhörung des Sachverständigen. - 10 - c) Das Berufungsgericht wird daher die Anhörung des Sachverständigen zu wiederholen haben. Insoweit hat die Klägerin im weiteren Verfahren Gele-genheit, auf ihre im Revisionsverfahren erhobenen sonstigen Einwände gegen die Beweiswürdigung zurückzukommen. 14 [X.] [X.] [X.][X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.05.2002 - 4 O 212/97 - [X.], Entscheidung vom [X.]

Meta

III ZR 117/07

02.10.2008

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2008, Az. III ZR 117/07 (REWIS RS 2008, 1644)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1644

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.