Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2003, Az. II ZR 241/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2464

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[X.] DES VOLKESURTEILII [X.] am:7. Juli 2003BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:nein BGB §§ 252, 823 Abs. 2 Bf; GmbHG § 64 Abs. 1a)Auf dem Wege der Insolvenzverschleppungshaftung können die [X.] einer GmbH deren die Insolvenzantragspflicht pflichtwidrig schuldhaftverletzenden Geschäftsführer auf Ausgleich des Schadens in Anspruchnehmen, der ihnen dadurch entsteht, daß sie in Rechtsbeziehungen zu [X.] getreten sind. Ob dasselbe auch für gesetzlicheSchuldverhältnisse gilt, bleibt offen.b)Es besteht keine die Vermutung des § 252 Satz 2 BGB auslösende Wahr-scheinlichkeit, daß Arbeitnehmer einer insolvent gewordenen [X.] Beschäftigung bei einem anderen Unternehmen mit der Folge aufneh-men, daß die Sozialkasse, bei der sie zuvor versichert waren, durch die ver-spätete Stellung des [X.] einen Beitragsausfallschaden erlei-det.[X.], Urteil vom 7. Juli 2003 - [X.]/02 -OLG [X.] LG [X.]- 2 -Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 7. Juli 2003 durch [X.] h.c. Röhricht [X.] Recht erkannt:Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] desOberlandesgerichts [X.] vom 27. Juni 2002 wird auf ihreKosten zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Der Beklagte war seit 2. Januar 1994 Geschäftsführer der [X.]GmbH. Auf seinen Antrag vom 14. Oktober 1997 ist am [X.] das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet [X.]. Die klagende gesetzliche Krankenkasse hat von dem Beklagten Schaden-ersatz in Höhe von insgesamt 147.525,62 DM verlangt, weil er für die [X.] und August bis Oktober 1997 die Gesamtsozialversicherungsbeiträge fürdie Arbeitnehmer der [X.] nicht abgeführt hat und weil dadurch außer-dem Säumniszuschläge, Kosten und Gebühren entstanden sind. Die [X.]anteile zur Sozialversicherung für den Monat Juni 1997 sind in der [X.] nicht enthalten; sie hat die Klägerin in einem eigenen Verfahren gel-tend gemacht. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Betrag in Höhe von- 3 -7.450,17 Sozialversicherung für den Monat August 1997. Hinsichtlich der weiterenSozialversicherungsbeiträge, die Gegenstand des Klagebegehrens sind (Ar-beitgeberanteile für Juni und August, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile [X.] und Oktober 1997), und hinsichtlich der Säumniszuschläge, Gebüh-ren und Kosten hatte die Klage in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg.Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprücheweiter, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Sie stützt ihr Begehren indritter Instanz nur noch darauf, daß ihr selbst durch die verspätete Stellung [X.] ein Beitragsausfallschaden entstanden sei, weil die bei ihrversicherten Arbeitnehmer im Juni 1997 sofort andere Arbeit gefunden [X.] weil dann Sozialversicherungsbeiträge in der von der [X.] an sie gezahlt worden wären; hilfsweise beruft sie sich auf den gesetzli-chen Übergang der den Arbeitnehmern zustehenden Ansprüche nach§§ 115 ff., 119 [X.]:Die Revision hat keinen Erfolg. Zugunsten der Klägerin ist, wie sie [X.] geltend macht, für das Revisionsverfahren zu unterstellen, daß der [X.] schuldhaft verspätet Konkursantrag gestellt hat und daß er deswegenden Gläubigern der von ihm geführten GmbH nach § 823 Abs. 2 BGB i.[X.].§ 64 Abs. 1 GmbHG wegen Insolvenzverschleppung auf Ersatz des ihnen [X.] Pflichtverletzung entstandenen Schadens haftet (vgl. [X.]Z 126, 181 ff.).Da die dem Geschäftsführer auferlegte Pflicht, rechtzeitig [X.] zu stellen, neue Gläubiger der [X.] soll, mit [X.] 4 -insolventen Gesellschaft noch in geschäftlichen Kontakt zu treten, können nachder genannten Rechtsprechung des [X.]ats ([X.]Z aaO, [X.]) die [X.] der Gesellschaft den schuldhaft pflichtwidrig handelnden Geschäftsführerauf Ausgleich des Schadens in Anspruch nehmen, der ihnen dadurch entsteht,daß sie in Rechtsbeziehungen zu einer überschuldeten oder zahlungsunfähigenGesellschaft getreten sind. Ob dieser auf Ersatz des negativen Interesses ge-richtete Anspruch über den [X.] hinaus auch auf gesetzli-che Schuldverhältnisse zu erstrecken ist, wie die Klägerin meint, ist eine [X.] nicht einheitlich beantwortete Frage (bejahend etwa [X.]/Nerlich, § 64 Rdn. 75 f.; Reiff/[X.], ZIP 1998, 1893, 1896 ff.; a.[X.],GmbHR 2000, 7, 9; Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 64 Rdn. 45;Baumbach/[X.]/[X.], GmbHG 17. Aufl. § 64 Rdn. 84; [X.], EWiR 1993, 584; kritisch auch - bei je anderem Ansatz -Roth/[X.], GmbHG 4. Aufl. § 64 Rdn. 34 m.N.; [X.]/K.Schmidt,[X.]. § 64 Rdn. 40; unklar [X.]/[X.], GmbHG 15. Aufl. § 64Rdn. 41).Der [X.]at hat hierzu bisher nicht abschließend Stellung nehmen müssen(vgl. [X.].Urt. v. 8. März 1999 - [X.], [X.], 967 = [X.], 1117);die Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man mit derKlägerin annehmen wollte, daß die Insolvenzverschleppungshaftung nachihrem Sinn und Zweck auch auf gesetzlich begründete Beziehungen [X.] zu der [X.] zu erstrecken ist, kann die Klä-gerin mit ihrer Klage, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat,keinen Erfolg haben, weil sie nicht in der gebotenen Weise dargelegt hat, [X.] ein ersatzfähiger Schaden entstanden [X.] -Die Klägerin verkennt selbst nicht, daß sie wegen der Beitragsausfälle,die durch die Insolvenz der [X.] entstanden sind, den [X.] dem Gesichtspunkt der Insolvenzverschleppung belangen kann; denn einsolcher Anspruch richtete sich auf Ersatz des positiven Interesses, das [X.] des § 823 Abs. 2 BGB i.[X.]. § 64 Abs. 1 GmbHG nicht geschützt wird([X.].Urt. v. 8. März 1999 aaO). Nach Meinung der Klägerin soll der ihr in [X.] Rahmen ersatzfähige Schaden darin bestehen, daß bei rechtzeitiger Stel-lung des [X.] die betreffenden Arbeitnehmer zeitgleich eine [X.] sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen hätten, so daß sie [X.] in entsprechender Höhe erhalten hätte.Auch unter Berücksichtigung des grundsätzlich zu ihren Gunsten [X.] § 252 BGB hat die Klägerin jedoch nicht in der gebotenen Weisevorgetragen, daß ihr - Entsprechendes gilt für die Arbeitnehmer der [X.]GmbH, deren angebliche Ansprüche sie als nach §§ 115, 119 [X.] als aufsich übergegangen erachtet - ein solcher Schaden entstanden ist. Das Vorbrin-gen, im [X.] seien vor allem kleine Baufirmen stets an der befristeten [X.] von Arbeitskräften interessiert, so daß bei fristgerechter [X.]stellung die Arbeitnehmer der [X.] sogleich einen entsprechendenArbeitsplatz gefunden hätten, enthält nicht die notwendige Darlegung der An-knüpfungstatsachen, welche die Vermutung des § 252 Satz 2 BGB auslösen(vgl. zur Darlegungslast [X.]Z 54, 45, 55; [X.] z. BGB/Oetker, 4. Aufl. 2003,§ 252 Rdn. 37 m.w.N.). Denn die Klägerin unterstellt zu Unrecht, daß die Ar-beitnehmer einer in Konkurs geratenen Gesellschaft unmittelbar nach [X.] sofort ihr Arbeitsverhältnis kündigen, statt die weitereEntwicklung - z.B. die Gründung einer Auffanggesellschaft oder die Überleitungder Beschäftigungsverhältnisse durch den Insolvenzverwalter auf ein anderesUnternehmen - abzuwarten und in der Zwischenzeit die Rechte [X.] 6 -die sich aus den für diesen Fall zu ihrem Schutz erlassenen gesetzlichen [X.] ergeben.Ferner berücksichtigt sie nicht das naheliegende Interesse dieses [X.], eine gleichwertige, also auf Dauer angelegte Anstellung zu finden,was zur Folge hat, daß nicht die erste sich bietende Gelegenheit zur Arbeits-aufnahme wahrgenommen und deswegen eine nur auf wenige Monate [X.] Stellung nicht angetreten wird. Wie sich aus dem weiteren Vorbringen derKlägerin ergibt, ist ein Teil der ehemaligen Arbeitnehmer der [X.] über-haupt nicht mehr in ein neues Beschäftigungsverhältnis eingetreten, sondern inden Ruhestand gewechselt. Daß einige der früheren Mitarbeiter des [X.]GmbH nach der Einstellung der aktiven Geschäftstätigkeit der [X.] bei einer anderen von dem Beklagten geführten Gesellschaft, der [X.], für die Durchführung der von ihr aquirierten Aufträge angestellt wordensind, begründet ebenfalls nicht die nach § 252 Satz 2 BGB erforderliche Wahr-scheinlichkeit, daß sich auch schon im Juni 1997 entsprechende Beschäfti-gungsmöglichkeiten ergeben hätten. Denn die [X.] war ursprünglich [X.] reine Regiegesellschaft konzipiert worden, die sich bei der [X.] ihr erteilten Bauaufträge anderer Unternehmen, etwa der [X.] be-diente. Erst nach dem Zusammenbruch der [X.] und deren dadurch eingetre-tenen Unfähigkeit, ihren Arbeitnehmern noch Löhne auszuzahlen, erwies [X.] die [X.], wollte sie ihre begonnenen Verträge erfüllen, die Notwendigkeit,selbst als Bauunternehmen mit eigenen Arbeitskräften tätig zu werden. [X.] in gleicher Weise auch schon im Juni 1997, also zeitgleich mit dem Entste-hen der [X.] der Fall gewesen ist, kann schon wegen des im Juni 1997anders gearteten [X.] als im November 1997 nicht ohne weiteresangenommen werden; davon abgesehen hatte die [X.] kurz nach ihrerErrichtung andere Handlungsmöglichkeiten, zumal saisonbedingt die Zahl der- 7 -Anbieter von Bauleistungen in der wärmeren Jahreszeit deutlich größer ist alsgegen Ende des Jahres.Schließlich reicht der Vortrag der Klägerin auch deswegen nicht aus, [X.] nach § 252 Satz 2 BGB zu begründen, weil nicht sicher gestellt ist,daß die Arbeitnehmer, die nach der Stellung des [X.] eine neueArbeit aufnehmen, auch bei der Klägerin versichert sind. Nach § 28 i SGB IVi.[X.]. §§ 173, 175 [X.] ist für den Einzug der [X.], deren Zahlung Gegenstand der Klage ist, diejenige unter den in § 173Abs. 2 [X.] aufgeführten Krankenkassen zuständig, bei welcher der [X.] in Ausübung seiner Wahlfreiheit versichert ist.Soweit sich die Klägerin hilfsweise darauf beruft, nach Anbringung [X.] arbeitslos gewordene Arbeitnehmer der [X.] hättenjedenfalls Arbeitslosengeld bezogen und seien deswegen sozialversicherungs-pflichtig gewesen, handelt es sich nicht nur um in dritter Instanz unzulässigenneuen Sachvortrag; die Klägerin hat auch in diesem Zusammenhang nicht [X.] -getan, daß sie die zuständige und deswegen zur Geltendmachung des Scha-dens berufene Einzugsstelle ist.RöhrichtGoetteKurzwelly[X.]Graf

Meta

II ZR 241/02

07.07.2003

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2003, Az. II ZR 241/02 (REWIS RS 2003, 2464)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2464

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