Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2017, Az. XII ZB 592/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10194

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[X.]:[X.]:BGH:2017:310517BXII[X.]592.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 592/16
vom
31. Mai 2017
in der Betreuungssache

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Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 31. Mai 2017
durch den
Vorsitzenden Richter Dose,
[X.], Dr.
Günter
und
Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des [X.] (Oder) vom 16. November 2016 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Wert: 29

Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 1 begehrt eine Vergütung als Betreuer u.a. in Höhe von

Er ist seit mehreren Jahren als Berufsbetreuer des mittellosen Betroffe-nen bestellt und verfügt über einen Berufsabschluss als staatlich anerkannter Rettungsassistent. Ferner schloss er im Juni 2016 erfolgreich einen von der [X.] und der [X.] Fernkurse veranstalteten "Hochschulzertifikatskurs Rechtliche Betreuung"
ab.
Die Qualifizierungsmaß-nahme ist auf die Dauer von neun
Monaten angelegt und umfasst ein Arbeits-pensum ("workload") von 1.080 Stunden (36 [X.]-Punkte).
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Der Beteiligte zu 1 hat beantragt, seine Vergütung für die Tätigkeit im Zeitraum vom 16. April 2016 bis zum 15. Juli 2016 auf 229,70

(für 6
Stunden)
zu Lasten der Staatskasse festzusetzen, ausgehend von einem Stundensatz
ü-tung auf 201

und dabei einen durchgehenden Stundensatz von 33,gelegt. Das [X.] hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit der zugelassenen Rechtsbe-schwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Bei der Festsetzung der Betreuervergütung habe das Amtsgericht ge-mäß §§
1836 Abs. 1 Satz 2 und 3, 1908 i Abs. 1 BGB iVm §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 1 Satz
2 Nr. 1 [X.] zu Recht lediglich einen Stundensatz von 33,50 Euro zu-grunde gelegt.
Der Beteiligte zu 1 erfülle nicht die Voraussetzungen für einen erhöhten bzw. der [X.] absolvierte "Hochschulzertifikatskurs Rechtliche Be-treuung"
nicht ausreichend. Der Fernlehrgang sei in seiner Wertigkeit nicht mit einem Hochschulstudium vergleichbar. Denn bei Betrachtung der maßgeblichen Kriterien des Zeitaufwandes und der Zulassungsvoraussetzungen zeige sich, dass der Lehrgang mit einer Stundenzahl von nur 1.080 und ohne erkennbare Zulassungsbeschränkungen keinem Hochschulstudium gleichkommen könne. Dabei bleibe nicht unberücksichtigt, dass der Fernlehrgang offenbar ausschließ-lich für das Betreuungsverfahren relevantes Wissen vermitteln soll, so dass in-4
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soweit wohl ein breiteres Spektrum betreuungsrelevanter Kenntnisse vermittelt werde als in einem Hochschulstudium, das dennoch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] erfülle. Entscheidend sei, dass § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] nicht ausschließlich an den Umfang vermittelter Kenntnisse, son-dern
auch an das Erreichen einer nicht selbstverständlichen beruflichen Qualifi-kation anknüpfe. Ein grundsätzlich auf viele Jahre angelegtes Hochschulstudi-um erfolgreich zu absolvieren, stelle schon an sich ein besonderes Leistungs-merkmal dar. Ansonsten hätte es der vergütungsrechtlichen Unterscheidung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 [X.] zwischen einer abgeschlossenen Lehre und der abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule nicht bedurft. Im Übrigen gehe auch der [X.] ausdrücklich davon aus, dass Fortbildungen und/oder Ausbildungen mit einem festzustellenden Zeitaufwand von um die 1.000 Stunden gerade nicht mit einer Hochschulausbildung ver-gleichbar sein könnten, weil dies nicht im Ansatz den üblichen Regelstudienzei-ten entspreche. Allein die Tatsache, dass der vorliegende Lehrgang regulär so-gar in nur neun Monaten absolviert werden könne, zeige bereits hinreichend auf, dass er einem Hochschulstudium nicht vergleichbar gegenüberstehen kön-ne.
2. Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] beträgt der Stundensatz eines Be-für die Führung der Betreuung nutzbar sind, und diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare ab-geschlossene Ausbildung erworben sind.
Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung nach ständiger Rechtsprechung des 8
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Senats, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht. Als Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffs und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden. Für die Annahme der Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit einer Hochschul-
oder Fachhoch-schulausbildung kann auch sprechen, wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten ist. Bei der [X.] der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (Se-natsbeschluss vom 12.
April 2017 -
XII [X.]
86/16 -
juris Rn.
9;
s. auch
Senats-beschlüsse vom 4. April 2012 -
XII [X.] 447/11 -
NJW-RR 2012, 774 Rn. 16 und vom 18. Januar 2012 -
XII [X.] 409/10 -
FamRZ 2012, 629 Rn. 11 f.).
Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die
Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe be-rücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschluss vom 12. April 2017
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XII [X.] 86/16 -
juris Rn.
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mwN).
b) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des [X.]s stand. Es ist nichts dagegen zu erinnern, dass das [X.] den von dem Beteiligten zu 1 erfolgreich abgeschlossenen "Hochschulzertifi-katskurs Rechtliche Betreuung"
nicht als eine mit einem Hochschulstudium 11
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i.[X.]. §
4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] vergleichbare Ausbildung angesehen und

Das [X.] hat die Vergleichbarkeit der hier gegenständlichen Fort-bildung mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium bereits an dem ver-gleichsweise geringen zeitlichen Umfang und an den fehlenden Zulassungsbe-schränkungen scheitern lassen. Dass die hierzu getroffenen Feststellungen des [X.]s unzutreffend sind, ist nicht ersichtlich und von der Rechtsbe-schwerde auch nicht dargelegt. Da vorliegend bereits aufgrund dieser beiden Kriterien eine Vergleichbarkeit ausgeschlossen ist, bedurfte es im Übrigen [X.] weiteren Feststellungen. Die Entscheidung des [X.]s beruht daher entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht auf einer unvollständi-gen und rechtsfehlerhaften tatrichterlichen Würdigung. Das [X.] hat die maßgeblichen Kriterien rechtsfehlerfrei auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats gewürdigt. [X.] Ermessensfehler zeigt die Rechtsbe-schwerde insoweit nicht auf.
aa) Unstreitig umfasst die vom Beteiligten zu 1
absolvierte Ausbildung zum Betreuer ein Arbeitspensum ("workload") von 1.080 Stunden (36 [X.]) bei einer Ausbildungsdauer von neun Monaten und bleibt damit erheblich hinter dem eines [X.] zurück, das sich in der Regel auf [X.] 180 [X.] bei sechs Studiensemestern erstreckt (vgl. Senatsbeschluss vom 12.
April 2017
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XII [X.] 86/16 -
juris Rn.
15).
Zwar hat der Senat für die Ausbildung zum "Zertifizierten Betreuer
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Curator de jure"
mit 90 [X.] (2.700 Stunden) bei einer Ausbildungsdauer von vier Semestern die tatrichterliche Würdigung noch gebilligt, wonach die zeitliche Abweichung nicht so gewichtig ist, weil die Ausbildung andere Kriterien erfülle, 13
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die für die Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium kennzeichnend seien (Senatsbeschluss vom 12. April 2017 -
XII [X.] 86/16 -
juris Rn.
15). Dabei hat er diese Entscheidung zu seiner bisherigen Rechtsprechung aber auch dahin [X.], dass letzterer jeweils Sachverhalte zugrunde lagen, in denen der mit den Ausbildungen verbundene Zeitaufwand erheblich von dem eines (Fach-)
Hochschulstudiums abgewichen ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. April 2012
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XII [X.] 447/11 -
NJW-RR 2012, 774 Rn. 18: 626 Unterrichtseinheiten von je 45 Minuten [Sparkassenbetriebswirt]; und vom 18. Januar 2012 -
XII [X.] 409/10 -
FamRZ 2012, 629 Rn. 17: 900 Unterrichtseinheiten [staatlich anerkannte Sozi-alwirtin]; s. auch Senatsbeschluss vom 30. Oktober 2013 -
XII [X.] 23/13 -

FamRZ 2014, 117 Rn. 15: 1.000 Unterrichtsstunden [Betriebswirt (VWA)]). [X.] fehlten den Ausbildungen -
anders als bei der Ausbildung zum "Zertifizier-ten Betreuer -
Curator de
jure"
-
auch andere für die Vergleichbarkeit mit einer Hochschulausbildung kennzeichnende Merkmale (Senatsbeschluss vom 12.
April 2017 -
XII [X.] 86/16 -
juris Rn.
15).
Hinzu kommt, dass es vorliegend -
worauf das [X.] ebenfalls zu Recht abhebt -
nach den getroffenen Feststellungen an besonderen Zulas-sungsvoraussetzungen für die Aufnahme der Ausbildung fehlt. Während in dem vom Senat abweichend
entschiedenen Fall (Senatsbeschluss vom 12. April 2017 -
XII [X.] 86/16 -
juris Rn.
14) der Zugang nach der
Prüfungsordnung eine abgeschlossene Berufsausbildung oder die Hoch-
bzw. Fachhochschulreife so-wie mindestens zwei Jahre Berufserfahrung als Betreuer und zusätzlich eine positive Zulassungsentscheidung durch eine vom Fakultätsrat bestellte [X.] voraussetzte, fehlt es hier an entsprechenden [X.]. Aus dem vom [X.] in Bezug genommenen Internetauf-tritt der [X.] folgt vielmehr, dass weder das Abitur erforderlich ist noch eine Aufnahmeprüfung stattfindet. Die Prüfungsordnung selbst enthält keine bestimmten Anforderungen für den Zugang zur Ausbildung, also auch 16
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nicht den Abschluss einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Dass es beson-dere Zugangsanforderungen gäbe, legt auch die Rechtsbeschwerde nicht dar.

Die tatrichterliche Würdigung des [X.]s, dass bei einem [X.] von 1.080 Stunden für die gesamte Ausbildung bzw. die Dauer des Fernlehrgangs von nur neun Monaten und fehlenden Zulassungsbeschränkun-gen eine Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium nicht gegeben ist, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zu beanstanden. [X.] liegt insoweit eine erhebliche Abweichung zum (Fach-)Hochschulstudium vor, die auch durch andere Kriterien, die für die Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium kennzeichnend sein könnten, nicht mehr kompensiert wer-den kann.
bb) Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, dass der Fernlehrgang aus-weislich der zur Akte gereichten Unterlagen staatlich geprüft bzw. von der [X.] zugelassen ist, und dass die Ausbil-dung ersichtlich im Schwerpunkt besondere Kenntnisse vermittelt, die für die Führung der Betreuung i.[X.]. §
4 Abs. 1 Satz 2 [X.] nutzbar sind. Zutreffend weist das [X.] daraufhin, dass §
4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] nicht aus-schließlich an den Umfang vermittelter Kenntnisse, sondern auch an das Errei-chen einer bestimmten beruflichen Qualifikation anknüpft. Eine lediglich 1.080 Stunden umfassende und über einen Zeitraum von neun Monaten laufende

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Ausbildung
kann danach nicht mit einem Hochschulstudium vergleichbar sein, auch wenn sie im Übrigen Elemente eines solchen aufweist.
Dose
Schilling
Günter

[X.]
Krüger
Vorinstanzen:
[X.]
(Oder), Entscheidung vom 09.09.2016 -
62 XVII 162/13 -

LG [X.] (Oder), Entscheidung vom 16.11.2016 -
19 [X.]/16 -

Meta

XII ZB 592/16

31.05.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2017, Az. XII ZB 592/16 (REWIS RS 2017, 10194)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10194

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