Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2017, Az. XII ZB 591/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10168

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[X.]:[X.]:BGH:2017:310517B[X.]591.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 591/16

vom

31.
Mai 2017
in der Betreuungssache

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 31.
Mai 2017
durch den
Vorsitzenden [X.],
[X.], Dr.
Günter
und
Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9.
Zivilkammer des [X.] (Oder) vom 22.
November 2016 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Wert: 74

Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 1 begehrt eine Vergütung als Betreuer u.a. in Höhe von 44

pro Stunde.
Er ist seit mehreren Jahren als Berufsbetreuer der
mittellosen Betroffenen be-stellt und verfügt über einen Berufsabschluss als staatlich anerkannter
Rettungsas-sistent. Ferner schloss er im Juni 2016 erfolgreich einen von der [X.] und der [X.] Fernkurse veranstalteten "Hochschulzertifikats-kurs Rechtliche Betreuung" ab.
Die Qualifizierungsmaßnahme ist auf die Dauer von neun Monaten angelegt und umfasst ein Arbeitspensum ("workload") von 1.080 Stunden (36 [X.]-Punkte).
1
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3
-

Der Beteiligte zu 1 hat beantragt, seine Vergütung für die Tätigkeit im Zeit-raum vom 2.
Mai
2016 bis zum 1.
August
2016 auf 425,45

zu Lasten der Staats-kasse 5.
Juni 2016 von 44

antragsgemäß festgesetzt. Das [X.] hat auf die Beschwerde der Staatskasse den zu [X.] auf 351,75

33,50

wendet sich der Beteiligte zu 1 mit der zugelas-senen Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Bei der Festsetzung der Betreuervergütung habe das Amtsgericht gemäß §§
1836 Abs.
1 Satz
2 und 3, 1908
i Abs.
1 BGB iVm §§
1 Abs.
2, 4 Abs.
1 Satz

2 Nr.
1 [X.] lediglich einen Stundensatz von 33,50

zugrunde legen dürfen.
Der Beteiligte zu 1 erfülle nicht die Voraussetzungen für einen erhöhten Stun-densatz von 44

[X.] absolvierte "Hochschulzertifikatskurs Rechtliche Betreuung"
nicht ausreichend. Der Fernlehrgang sei in seiner Wertigkeit nicht mit einem [X.] vergleichbar. Denn bei Betrachtung der maßgeblichen Kriterien des Zeitauf-wandes und der Zulassungsvoraussetzungen zeige sich, dass der Lehrgang mit [X.] Stundenzahl von nur 1.080 und ohne erkennbare Zulassungsbeschränkungen keinem Hochschulstudium gleichkommen könne. Dabei bleibe nicht unberücksichtigt, 3
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7
-
4
-

dass der Fernlehrgang offenbar ausschließlich für das Betreuungsverfahren relevan-tes Wissen vermitteln soll, so dass insoweit wohl ein breiteres Spektrum betreuungs-relevanter Kenntnisse vermittelt werde als in einem Hochschulstudium, das dennoch die Voraussetzungen des §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] erfülle. Entscheidend sei, dass §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] nicht ausschließlich an den Umfang vermittelter Kenntnisse, sondern auch an das Erreichen einer nicht selbstverständlichen berufli-chen Qualifikation anknüpfe. Ein grundsätzlich auf viele Jahre angelegtes [X.] erfolgreich zu absolvieren, stelle schon an sich ein besonderes
Leis-tungsmerkmal dar. Ansonsten hätte es der vergütungsrechtlichen Unterscheidung gemäß §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 und 2 [X.] zwischen einer abgeschlossenen Lehre und der abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule nicht bedurft. Im Übrigen gehe auch der [X.] ausdrücklich davon aus, dass Fortbildungen und/oder Ausbildungen mit einem festzustellenden Zeitaufwand von um die 1.000 Stunden gerade nicht mit einer Hochschulausbildung vergleichbar sein könnten, weil dies nicht im Ansatz den üblichen [X.] entspreche. Allein die [X.], dass der vorliegende Lehrgang regulär sogar in nur neun Monaten absolviert werden könne, zeige bereits hinreichend auf, dass er einem Hochschulstudium nicht vergleichbar gegenüberstehen könne.
2. Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Nach §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] beträgt der Stundensatz eines Berufs-betreuers 44

verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, und diese Kenntnisse durch eine abgeschlos-sene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Aus-bildung erworben sind.

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9
-
5
-

Einer
Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wer-tigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung nach ständiger Rechtsprechung des Senats, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums ent-spricht. Als Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffs und die Zulassungsvorausset-zungen herangezogen werden. Für die Annahme der Vergleichbarkeit einer Ausbil-dung mit einer Hochschul-
oder Fachhochschulausbildung kann auch sprechen, wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbe-halten ist. Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (Senatsbeschluss vom 12.
April 2017

XII
ZB 86/16

juris Rn.
9; s. auch
Senatsbeschlüsse vom 4.
April 2012

XII
ZB 447/11

NJW-RR 2012, 774 Rn.
16 und vom 18.
Januar 2012

XII
ZB 409/10

FamRZ 2012, 629 Rn.
11
f.).
Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die
Voraussetzungen erfüllt, die gemäß §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des [X.]. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt [X.] überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Se-natsbeschluss vom 12.
April 2017

XII
ZB 86/16

juris Rn.
10
mwN).
b) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des Landge-richts stand. Es ist nichts dagegen zu erinnern, dass das [X.] den von dem 10
11
12
-
6
-

Beteiligten zu 1 erfolgreich abgeschlossenen "Hochschulzertifikatskurs Rechtliche Betreuung" nicht als eine mit einem Hochschulstudium i.S.v. §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] vergleichbare Ausbildung angesehen und ihm deshalb eine Vergütung in [X.] von 44

Das [X.] hat die Vergleichbarkeit der hier
gegenständlichen Fortbil-dung mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium bereits an dem vergleichsweise geringen zeitlichen Umfang und an den fehlenden Zulassungsbeschränkungen scheitern lassen. Dass die hierzu getroffenen Feststellungen des [X.]s unzu-treffend sind, ist nicht ersichtlich und von der Rechtsbeschwerde auch nicht darge-legt. Da vorliegend bereits aufgrund dieser beiden Kriterien eine Vergleichbarkeit ausgeschlossen ist, bedurfte es im Übrigen keiner weiteren Feststellungen. Die Ent-scheidung des [X.]s beruht daher entgegen der Auffassung der Rechtsbe-schwerde nicht auf einer unvollständigen und rechtsfehlerhaften tatrichterlichen Wür-digung. Das [X.] hat die maßgeblichen Kriterien rechtsfehlerfrei auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats gewürdigt. [X.] zeigt die Rechtsbeschwerde insoweit nicht auf.
aa) Unstreitig umfasst die vom Beteiligten zu 1
absolvierte Ausbildung zum Betreuer ein Arbeitspensum ("workload") von 1.080 Stunden (36 [X.]) bei
einer Ausbildungsdauer von neun Monaten und bleibt damit erheblich hinter dem eines [X.] zurück, das sich in der Regel auf mindestens 180 [X.] bei sechs Studiensemestern erstreckt (vgl. Senatsbeschluss vom 12.
April 2017

XII
ZB 86/16

juris Rn.
15).
Zwar hat der Senat für die Ausbildung zum "Zertifizierten Betreuer -
Curator de jure"
mit 90 [X.] (2.700 Stunden) bei einer Ausbildungsdauer von vier Semestern die tatrichterliche Würdigung noch gebilligt, wonach die zeitliche Abweichung nicht so 13
14
15
-
7
-

gewichtig ist, weil die Ausbildung andere Kriterien erfülle, die für die Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium kennzeichnend seien (Senatsbeschluss vom 12.
April 2017

XII
ZB 86/16

juris Rn. 15). Dabei hat er diese Entscheidung zu seiner bishe-rigen Rechtsprechung aber auch dahin abgegrenzt, dass letzterer jeweils [X.] zugrunde lagen, in denen der mit den Ausbildungen verbundene Zeitaufwand erheblich von dem eines (Fach-)Hochschulstudiums abgewichen ist (vgl. [X.] vom 4.
April 2012

XII
ZB 447/11

NJW-RR 2012, 774 Rn.
18: 626 Unter-richtseinheiten von je 45 Minuten [Sparkassenbetriebswirt]; und vom 18.
Januar 2012

XII
ZB 409/10

FamRZ 2012, 629 Rn. 17: 900 Unterrichtseinheiten [staatlich [X.]]; s. auch Senatsbeschluss vom 30.
Oktober 2013

XII
ZB 23/13

FamRZ 2014, 117 Rn. 15: 1.000 Unterrichtsstunden [Betriebswirt (VWA)]). Zudem fehlten den Ausbildungen

anders als bei der Ausbildung zum "Zertifizierten Betreuer -
Curator de jure"

auch andere für die Vergleichbarkeit mit einer Hochschulausbil-dung kennzeichnende Merkmale (Senatsbeschluss vom 12.
April 2017

XII
ZB 86/16

juris Rn.
15).
Hinzu kommt, dass es vorliegend

worauf das [X.] ebenfalls zu Recht abhebt

nach den getroffenen Feststellungen an besonderen Zulassungsvorausset-zungen für die Aufnahme der Ausbildung fehlt. Während in dem vom Senat abwei-chend entschiedenen Fall (Senatsbeschluss vom 12.
April 2017

XII
ZB 86/16

juris Rn.
14) der Zugang nach der Prüfungsordnung eine abgeschlossene Berufsausbil-dung oder die Hoch-
bzw. Fachhochschulreife sowie mindestens zwei Jahre Berufs-erfahrung als Betreuer und zusätzlich eine positive Zulassungsentscheidung durch eine vom Fakultätsrat bestellte [X.] voraussetzte, fehlt es hier an entsprechenden Zugangsvoraussetzungen. Aus dem vom [X.] in Bezug ge-nommenen Internetauftritt der [X.] folgt vielmehr, dass weder das Abitur erforderlich ist noch eine Aufnahmeprüfung stattfindet. Die Prüfungsordnung selbst 16
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8
-

enthält keine bestimmten Anforderungen für den Zugang zur Ausbildung, also auch nicht den Abschluss einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Dass es besondere Zugangsanforderungen gäbe, legt auch die Rechtsbeschwerde nicht dar.
Die tatrichterliche Würdigung des [X.]s, dass bei einem Arbeitsumfang von 1.080 Stunden für die gesamte Ausbildung bzw. die Dauer des Fernlehrgangs von nur neun Monaten und fehlenden Zulassungsbeschränkungen eine Vergleich-barkeit mit einem Hochschulstudium nicht gegeben ist, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zu beanstanden. Vielmehr liegt insoweit eine erhebliche Abweichung zum (Fach-)Hochschulstudium vor, die auch durch andere Kriterien, die für die Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium kennzeichnend sein könnten, nicht mehr kompensiert werden kann.
bb) Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, dass der Fernlehrgang ausweislich der zur Akte gereichten Unterlagen staatlich geprüft bzw. von der [X.] zugelassen ist, und dass die Ausbildung ersichtlich im Schwerpunkt besondere Kenntnisse vermittelt, die für die Führung der Betreuung i.S.v. §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] nutzbar sind. Zutreffend weist das [X.] darauf-hin, dass §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] nicht ausschließlich an den Umfang vermit-telter Kenntnisse, sondern auch an das Erreichen einer bestimmten beruflichen Qua-lifikation anknüpft. Eine lediglich 1.080 Stunden umfassende und über einen Zeit-raum von neun Monaten laufende Ausbildung kann danach nicht mit einem Hoch-

17
18
-
9
-

schulstudium vergleichbar sein, auch wenn sie im Übrigen Elemente eines solchen aufweist.

Dose

Schilling

Günter

[X.]

Krüger

Vorinstanzen:
[X.] (Oder), Entscheidung vom 23.08.2016 -
7 [X.] -

LG [X.] (Oder), Entscheidung vom 22.11.2016 -
19 [X.] -

Meta

XII ZB 591/16

31.05.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2017, Az. XII ZB 591/16 (REWIS RS 2017, 10168)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10168

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