Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.06.2016, Az. V ZR 192/15

5. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 9826

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Gegenstand

Streitwertfestsetzung: Klage auf Herausgabe eines Hausgrundstücks


Tenor

Auf die Gegenvorstellung des [X.] wird der Beschluss des Senats vom 14. April 2016 dahingehend geändert, dass der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens 6.000 € beträgt.

Gründe

1

1. Der Kläger hat von dem [X.] in den Vorinstanzen mit Erfolg Herausgabe eines Grundstücks verlangt, das er in einer Zwangsversteigerung erworben und das zuvor im Eigentum des [X.] gestanden hatte. Dieser beabsichtigte, das Grundstück nach Besserung seiner finanziellen Situation zurückzuerwerben. Nach einer Absprache zwischen den Parteien sollte der [X.] die Erwerbskosten im Zwangsversteigerungsverfahren und alle bis zu dem - innerhalb eines Jahres abzuwickelnden - Rückerwerb anfallenden Kosten und Lasten des Grundstücks tragen. Gegen die nach dem Scheitern des [X.] von dem Kläger erhobene [X.] hat sich der [X.] damit verteidigt, zum Besitz berechtigt zu sein. Die zwischen ihm und dem Kläger zustande gekommene Vereinbarung sei rechtlich als Mietverhältnis zu qualifizieren; ein Kündigungsgrund liege nicht vor.

2

Den Streitwert für beide Instanzen hat das Berufungsgericht auf 180.000 € festgesetzt und insoweit den Verkehrswert des Grundstücks zugrunde gelegt. Auf denselben Wert hat der Senat den Gegenstandswert des Verfahrens der von dem [X.] erfolglos eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde festgesetzt. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Gegenvorstellung und beantragt, den Gegenstandswert auf 6.000 € festzusetzen. Der [X.] (persönlich) erstrebt eine Herabsetzung auf 1.200 €.

3

2. Die Gegenvorstellung des [X.] gibt Veranlassung, den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]) auf einen Betrag von 6.000 € zu ändern. Der gemäß § 47 Abs. 3 [X.] für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert bestimmt sich nicht nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 48 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 6 ZPO), sondern nach dem Wert der Nutzung eines Jahres (§ 41 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

4

a) § 41 Abs. 2 Satz 2 [X.] findet entgegen dem zu engen Wortlaut der Vorschrift auch dann Anwendung, wenn die Räumungs- oder [X.] - wie hier - ausschließlich auf das Eigentum gestützt wird (Senat, Beschluss vom 26. Juni 1967 - [X.], [X.], 177, 179 zu dem inhaltsgleichen § 12 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF; [X.], [X.] 1992, 625 zu dem inhaltsgleichen § 16 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF; [X.]/Dörndorfer, [X.], 3. Aufl., § 41 Rn. 13).

5

b) Voraussetzung ist dann aber, dass der [X.] ein Miet-, Pacht- oder - insoweit abweichend von der Vorschrift des § 8 ZPO - ähnliches Nutzungsverhältnis einwendet (Senat, aaO). Letzteres ist hier der Fall.

6

aa) § 41 Abs. 2 [X.] ist weit auszulegen. Die Regelung ist auf Fälle zugeschnitten, in denen sich zwei Parteien gegenüberstehen, die in unterschiedlichem Grade an dem Nutzungsgegenstand berechtigt sind und um ein bloßes Nutzungsrecht streiten (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Juni 1967 - [X.], [X.], 177, 180; Beschluss vom 19. Mai 1967 - [X.], NJW 1967, 1863 - jeweils zu § 12 [X.] aF). Daher wird beispielsweise in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur die aufgrund eines [X.] eingeräumte Nutzung als ähnliches Nutzungsverhältnis im Sinne des § 41 Abs. 2 [X.] angesehen (vgl. [X.], [X.] 1997, 273; MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 8 Rn. 6 und 28; Musielak ZPO/[X.], 13. Aufl., § 8 Rn. 6). Entsprechendes gilt, wenn sich ein [X.]r gegen eine auf das Eigentum des [X.] gestützte [X.] mit einem bloß schuldrechtlichen [X.] aus Gesellschaftsrecht verteidigt (Senat, Beschluss vom 26. Juni 1967 - [X.], [X.], 177, 189). Geht der Streit der Parteien jedoch zentral darum, ob dem [X.] gegen den Kläger ein [X.] und in diesem Zusammenhang ein Nutzungsrecht zusteht, scheidet die Anwendung des § 41 Abs. 2 [X.] aus (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Mai 1967 - [X.], NJW 1967, 1863, 1864 zu § 12 [X.] aF).

7

bb) Hier streiten die Parteien nicht um das Eigentum des [X.] an dem Grundstück. Der [X.] wendet gegen den Herausgabeanspruch des [X.] auch nicht ein, dass er (bereits jetzt) einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks habe. Er stützt sich vielmehr auf ein bis zu dem von ihm weiterhin als möglich angesehenen Rückerwerb des Grundstücks bestehendes Nutzungsrecht, das er - rechtlich unzutreffend, weil die von ihm getragenen Kosten kein Entgelt für die zeitweilige Gebrauchsüberlassung darstellten - als Mietverhältnis qualifiziert und das der Kläger nicht wirksam gekündigt habe. Damit ist aber wie bei einem unentgeltlichen oder auf Gesellschaftsrecht gestützten Nutzungsrecht die Anwendung des § 41 Abs. 2 Satz 2 [X.] gerechtfertigt.

8

c) Das angemessene monatliche Nutzungsentgelt schätzt der Senat auf 500 €. Insoweit orientiert er sich an dem Urteil des Amtsgerichts, das im Hinblick auf die vorgelegten Lichtbilder ebenfalls von einem Nutzungsentgelt von 500 € ausgegangen ist. Der gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 [X.] maßgebliche zwölffache Wert ergibt 6.000 €.

9

3. Zu der von dem [X.] erstrebten weitergehenden Herabsetzung des [X.] auf 1.200 € besteht keine Veranlassung.

[X.]Schmidt-Räntsch                          Czub

                        Kazele                                        [X.]

Meta

V ZR 192/15

16.06.2016

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Waldshut-Tiengen, 27. Juli 2015, Az: 2 S 7/15

§ 41 GKG, § 985 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.06.2016, Az. V ZR 192/15 (REWIS RS 2016, 9826)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9826

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Wird zitiert von

III ZR 525/16

III ZR 525/16

V ZR 192/15

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