Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2006, Az. IX ZB 138/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 82

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[X.][X.] 138/06 vom 21. Dezember 2006 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 75 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Gegen die Ablehnung seines Antrags auf Einberufung einer Gläubigerversammlung steht einem Gläubiger die sofortige Beschwerde zu, auch wenn die Ablehnung darauf gestützt worden ist, nach der Schätzung des Gerichts sei das Quorum verfehlt. [X.], [X.]uss vom 21. Dezember 2006 - [X.] 138/06 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.] am 21. Dezember 2006 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wird der [X.]uss der 26. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 13. Juli 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen. Gründe: [X.] In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners bean-tragte der weitere Beteiligte zu 1, ein Gläubiger, die Einberufung einer [X.]. 1 Das Insolvenzgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil die Absonde-rungsrechte und Forderungen des Antragstellers nicht das von § 75 Abs. 1 Nr. 4 [X.] geforderte Quorum von zwei Fünfteln der Summe erreichten, die 2 - 3 - sich aus dem Wert aller Absonderungsrechte und den Forderungsbeträgen aller nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger ergebe. Diese Summe betrage 812.178,00 •. Demgegenüber beliefen sich die Absonderungsrechte und [X.] des weiteren Beteiligten zu 1 nur auf 236.616,00 •. Die hiergegen ge-richtete sofortige Beschwerde hat das [X.] durch [X.]uss vom 13. Juli 2006 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der weitere Beteiligte zu 1 mit seiner Rechtsbeschwerde. I[X.] Das Rechtsmittel ist statthaft (§§ 6, 7, 75 Abs. 3 [X.]), denn der weitere Beteiligte zu 1 hat die ablehnende Entscheidung des Insolvenzgerichts in zuläs-siger Weise mit der Beschwerde angefochten. Auch die Zulässigkeitsvoraus-setzungen für die Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 ZPO) sind gegeben. 3 1. Zum Konkursverfahren wurde ganz überwiegend die Meinung vertre-ten, dass die Nichteinberufung der Gläubigerversammlung wegen Verfehlens des [X.] nicht anfechtbar sei ([X.] ZIP 1988, 382, 383; [X.]/ [X.], KO 8. Aufl. § 93 Rn. 6; [X.]/[X.], KO 11. Aufl. § 93 Rn. 2a; [X.]/[X.], [X.] 17. Aufl. § 93 KO Anm. 2). Zu der Frage, ob ein Rechtsmittel gegen den einen Antrag nach § 75 Abs. 1 [X.] ablehnen-den [X.]uss darauf gestützt werden kann, dass die Schätzung des Gerichts, wonach das Quorum nicht erreicht sei, unzutreffend sei, werden nunmehr un-terschiedliche Auffassungen vertreten (verneinend MünchKomm-[X.]/Ehricke, § 75 Rn. 15; [X.], [X.] 12. Aufl. § 75 Rn. 7; bejahend [X.] in [X.]/Prütting, [X.] § 75 Rn. 11; Kind in FK-[X.], 4. Aufl. § 75 Rn. 14; [X.] in HmbKomm-[X.], § 75 Rn. 14). 4 - 4 - 2. Die verneinende Auffassung erscheint zutreffend. 5 a) Der Senat hat bereits entschieden, dass nicht nachrangige Insolvenz-gläubiger grundsätzlich auch dann berechtigt sind, einen Antrag auf Einberu-fung einer Gläubigerversammlung zu stellen, wenn ihre angemeldeten [X.] noch nicht geprüft oder vom Insolvenzverwalter oder einem Gläubiger bestritten worden sind ([X.], [X.]. v. 14. Oktober 2004 - [X.] 114/04, Z[X.] 2004, 1312, 1313). Er hat in dieser Entscheidung unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 12/2443, [X.] zu § 86 des [X.]) darauf hingewiesen, mit der Vorschrift des § 75 [X.] sei bezweckt, den Einfluss der Gläubiger auf den Ablauf des Verfahrens zu stärken ([X.], [X.]. v. 14. Oktober 2004, aaO). Er hat ferner ausgeführt, es könne nicht Sinn des § 75 [X.] sein, die Prüfung, ob der Antragsteller [X.] ist, bereits ohne mündliche Erörterung in der [X.] in allen Fällen vorwegzunehmen; denn die Entscheidung über die Gläubi-gereigenschaft müsse in erster Linie dem Insolvenzverwalter und den Gläubi-gern überlassen bleiben (aaO). 6 b) Im vorliegenden Fall geht es nicht um die - von niemandem angezwei-felte - Insolvenzgläubigereigenschaft des Antragstellers, sondern um die Frage, ob seine Absonderungsrechte und Forderungen die Grenze von zwei Fünfteln gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 4 [X.] erreichen. Hierüber haben - anders als bei der Frage nach der Insolvenzgläubigerschaft - nicht in erster Linie der Insolvenz-verwalter und die Gläubiger zu entscheiden; vielmehr ist ausschließlich das [X.] dazu berufen. Das Gesetz spricht in diesem Zusammenhang von einer "Schätzung". Trotz dieser Unterschiede ist auch im vorliegenden Fall der Zweck des Gesetzes maßgebend, durch ein weitgehendes Initiativrecht den 7 - 5 - Einfluss der Gläubiger auf den Gang des Verfahrens und die Art und Weise der Gläubigerbefriedigung zu stärken. Die Argumente, die für das Initiativrecht nach § 75 Abs. 1 [X.] streiten, haben - falls die Einberufung der [X.] abgelehnt worden ist - auch für Bestehen und Umfang des [X.] nach § 75 Abs. 3 [X.] Bedeutung. c) Nach § 75 Abs. 3 [X.] steht dem Antragsteller, dessen Antrag auf Einberufung einer Gläubigerversammlung abgelehnt wird, dagegen die sofortige Beschwerde zu. Eine Einschränkung des Beschwerderechts auf solche Fälle, in denen die Ablehnung nicht auf die Verfehlung des [X.] gestützt worden ist, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. In den Materialien findet sich hierzu nichts. 8 Dies lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber die Ablehnung wegen Verfehlung des [X.] ebenfalls als anfechtbar angesehen hat. Wenn ein Gläubigerantrag scheitert, wird es meist darum gehen, ob die Absonderungs-rechte und Forderungen den gesetzlich vorgeschriebenen Anteil erreichen. Könnte ein Gläubiger die darauf bezogene Schätzung nicht angreifen, so wäre die durch § 75 Abs. 3 [X.] eigens ausgesprochene Eröffnung der Beschwerde-instanz in erheblichem Umfang durchbrochen. Zugleich wäre die Gläubigerau-tonomie, die der Gesetzgeber der [X.] hat stärken wollen, entwer-tet. 9 Allerdings hat die Schätzung des Insolvenzgerichts über das Quorum funktional eine ähnliche Bedeutung wie eine Entscheidung über das Stimm-recht. Diese ist nach wie vor keiner Anfechtung unterworfen. Die Insolvenzord-nung hat damit die Rechtslage unter der Geltung der Konkursordnung (§ 93 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 3, § 96 Abs. 2 KO) und der Vergleichsordnung (§ 71, 10 - 6 - § 121 Abs. 1 [X.]) aufrechterhalten ([X.], aaO § 77 Rn. 22; [X.] in HK-[X.], 4. Aufl. § 77 Rn. 13; Kind in FK-[X.], § 78 Rn. 22). Indes macht es [X.] einen Unterschied, ob das Recht der Gläubiger auf Zusammenkunft [X.] oder ob nach Erörterung und Diskussion in einer solchen Zusammenkunft das Stimmrecht unanfechtbar abgelehnt wird ([X.], aaO § 75 Rn. 11). II[X.] In der Sache führt die Rechtsbeschwerde zur Aufhebung und [X.]. 11 Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung zwar ausgeführt, die Absonderungsrechte und Forderungen des Antragstellers er-reichten nicht die Grenze von zwei Fünfteln gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 4 [X.]. Es hat insoweit jedoch keine abschließenden Feststellungen getroffen. Damit ist die Beschwerdeentscheidung nicht mit Gründen versehen (§ 576 Abs. 3 in [X.] mit § 547 Nr. 6 ZPO). 12 1. Die Forderungen der [X.]. S. ([X.] ) haben mit einem Betrag von ca. 550.000,00 • in den Gesamtbestand der [X.] ge-funden. Der Antragsteller hat geltend gemacht, es stünden nur noch Forderun-gen der [X.] von ca. 64.000,00 • offen, weil diese den im Wege eines frei-händigen Grundstücksverkaufs erzielten Erlös vorrangig auf die Forderungen gegen den Schuldner hätte verrechnen müssen. Das Beschwerdegericht hat gemeint, die Forderungen seien mit einem "erheblichen Schätzbetrag" zu be-rücksichtigen, jedoch keinen Schätzbetrag genannt. 13 - 7 - 2. Zu den bestrittenen, gleichwohl zu berücksichtigenden (vgl. [X.], [X.]. v. 14. Oktober 2004, aaO) Forderungen, die von dem Insolvenzverwal-ter [X.]in Höhe von ca. 20 Mio. • angemeldet worden waren, hat das Berufungsgericht ebenfalls keinen konkreten Schätzbetrag genannt, sondern lediglich ausgeführt, dass diese Anmeldung zur Verfehlung des [X.] füh-ren "dürfte". 14 Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. Detlev Fischer Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 02.05.2006 - 67b IN 251/03 - LG [X.], Entscheidung vom 13.07.2006 - 326 [X.]/06 -

Meta

IX ZB 138/06

21.12.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2006, Az. IX ZB 138/06 (REWIS RS 2006, 82)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 82

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Insolvenzverfahren: Beschwerdebefugnis nach insolvenzgerichtliche Ablehnung der Einberufung einer Gläubigerversammlung


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