Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 13.01.2021, Az. 2 BvR 604/19

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2021, 9587

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde in einer Klageerzwingungssache - Unzulässigkeit wegen Subsidiarität bei unterbliebener Einlegung der Anhörungsrüge gem § 33a StPO


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen (vgl. dazu [X.] 90, 22 <24 ff.>). Sie ist bereits unzulässig. Die Beschwerdeführerin hat unter anderem eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Beschluss des [X.] vom 11. Februar 2019 gerügt, weil das [X.] sich nicht hinreichend mit ihren Ausführungen aus dem [X.] vom 12. Dezember 2018 und ihrem Schreiben vom 5. Februar 2019 auseinandergesetzt habe. Jedoch hat die Beschwerdeführerin es vor der Erhebung der Verfassungsbeschwerde versäumt, gegen diesen Beschluss eine Anhörungsrüge nach § 33a Satz 1 StPO beim [X.] einzulegen.

2

1. Vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde muss gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] der in der maßgeblichen Prozessordnung vorgesehene Rechtsweg erschöpft werden. Das erfordert, dass alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen sind, um die Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung durch die Fachgerichte zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. [X.] 73, 322 <325>; 81, 22 <27>; 95, 163 <171>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 30. Mai 2008 - 1 BvR 27/08 -, Rn. 18; stRspr). Es ist daher geboten und der Beschwerdeführerin auch zumutbar, vor der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde die Statthaftigkeit einfachrechtlicher Rechtsbehelfe sorgfältig zu prüfen und von ihnen Gebrauch zu machen, wenn sie nicht offensichtlich unzulässig sind (vgl. [X.] 68, 376 <381>; stRspr).

3

§ 304 Abs. 4 Satz 2 StPO stellt keine Ausschlussregelung für die Anhörungsrüge des § 33a StPO dar, sondern regelt lediglich, dass Beschlüsse des [X.] nicht weiter anfechtbar sind.

4

Zur Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] bedarf es der Einlegung der Anhörungsrüge nur dann nicht, wenn diese offensichtlich aussichtslos ist (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 18. Februar 2010 - 1 BvR 2477/08 -, Rn. 20; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 2. Mai 2017 - 2 BvR 572/17 -, Rn. 3; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 30. Mai 2018 - 2 BvR 981/18 -, Rn. 4). Dies ist aber gerade dann nicht der Fall, wenn eine neue und eigenständige Gehörsverletzung durch die angegriffene Entscheidung des letztentscheidenden Gerichts geltend gemacht wird (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 26. August 2008 - 2 BvR 1516/08 -, Rn. 2; Beschluss der [X.] des [X.] vom 30. Mai 2008 - 1 BvR 27/08 -, Rn. 18).

5

2. Nach diesen Grundsätzen ist die vorliegende Verfassungsbeschwerde unzulässig. Hier wäre gegen den Beschluss des [X.] vom 11. Februar 2019 die Anhörungsrüge gemäß § 33a Satz 1 StPO der statthafte fachgerichtliche Rechtsbehelf gewesen, mit dem die geltend gemachte Gehörsverletzung - im Falle ihres Bestehens - im fachgerichtlichen Rechtszug hätte beseitigt werden können. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass sich das [X.] insbesondere nicht mit ihrer Stellungnahme vom 5. Februar 2019 auseinandergesetzt, sondern in seinem Beschluss vom 11. Februar 2019 lediglich auf die zeitlich vorgehende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft des [X.] vom 22. Januar 2019 Bezug genommen habe. Damit rügt sie, dass das [X.] selbst nicht das verfassungsrechtlich gebotene Gehör gewährt habe, indem es in der Beschwerdeinstanz wesentlichen Parteivortrag - insbesondere soweit er nach der Stellungnahme der Generalstaatanwaltschaft des [X.] in ihrem Schriftsatz vom 5. Februar 2019 angeführt worden ist - nicht zur Kenntnis genommen beziehungsweise sich nicht damit auseinandergesetzt und den Vortrag nicht gewürdigt habe. Es ist in der Tat nicht auszuschließen, dass das [X.] bei Erhebung einer Anhörungsrüge weitere Ausführungen zu dem Vorbringen aus der Stellungnahme vom 5. Februar 2019 gemacht oder möglicherweise dem Antrag auf Klageerzwingung stattgegeben hätte.

6

[X.] nach § 33a Satz 1 StPO hat zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde nicht nur in Bezug auf die behauptete Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, sondern insgesamt unzulässig ist.

7

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 604/19

13.01.2021

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 11. Februar 2019, Az: 2 Ws 243/18, Beschluss

Art 103 Abs 1 GG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 33a StPO, § 172 StPO, § 304 Abs 4 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 13.01.2021, Az. 2 BvR 604/19 (REWIS RS 2021, 9587)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9587

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