Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.11.2013, Az. 3 StR 325/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 1010

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Gefährliche Körperverletzung: Rücktritt vom unbeendeten Versuch


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Mai 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung verurteilt worden ist,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Diebstahls sowie wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, die die [X.] der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ausdrücklich vom Rechtsmittelangriff ausgenommen hat, hat in dem sich aus der [X.] ergebenden Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 [X.].

2

Der Schuldspruch wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

3

1. Nach den Feststellungen des [X.]s schlug der Angeklagte die Scheibe eines geparkten Fahrzeugs ein und entwendete eine Collegemappe aus Leder sowie eine weitere Ledermappe im Gesamtwert von 150 €, die er entweder gewinnbringend verkaufen oder anders nutzen wollte. Er packte die Beute in seinen Rucksack und fuhr mit einem Fahrrad davon. Dem Eigentümer des Fahrzeugs, der unverzüglich über den Diebstahl und den Fluchtweg des [X.] von einer Nachbarin in Kenntnis gesetzt worden war, gelang es, den Angeklagten zu stellen und festzuhalten. Er forderte ihn auf, das Eintreffen der herbeigerufenen Polizei abzuwarten. Der Angeklagte, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits der [X.] entledigt hatte, stritt den Diebstahl ab und versuchte sich loszureißen. Als er das Martinshorn des herannahenden [X.] hörte, zog er aus seiner Hosentasche ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von 10 Zentimetern und führte in Hüfthöhe zwei Stichbewegungen gegen den Fahrzeugeigentümer, der getroffen worden wäre, wenn er nicht ausgewichen wäre. Nun wurde der Angeklagte aggressiver und stach mindestens zwei weitere Male - diesmal in Höhe von Gesicht und Oberkörper - in Richtung des Zeugen, der wiederum ausweichen konnte. Jedenfalls bei diesen letzten beiden Stichbewegungen nahm der Angeklagte in Kauf, den Zeugen zu verletzen. Dieser ließ aus Furcht vor weiteren Stichen den Angeklagten los, der daraufhin zu Fuß floh.

4

2. Das [X.] hat nicht erörtert, ob der Angeklagte vom Versuch der gefährlichen Körperverletzung zurückgetreten ist. Dies ist rechtsfehlerhaft, denn die Urteilsgründe drängten zu einer Prüfung der Rücktrittsfrage.

5

Nach den getroffenen Feststellungen kommt ein Rücktritt des Angeklagten vom unbeendeten Versuch der gefährlichen Körperverletzung in Betracht (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB). Der Angeklagte hatte den Zeugen mit allen vier Stichen verfehlt und damit ersichtlich noch nicht alles getan, um den von ihm jedenfalls bei den beiden letzten Stichbewegungen billigend in Kauf genommenen Körperverletzungserfolg herbeizuführen. Den Urteilsgründen lassen sich keine Umstände entnehmen, die ihn daran gehindert haben konnten, weitere Stiche gegen den Zeugen zu führen; ein Fehlschlag des [X.] ist daher nicht belegt. Ebenso wenig lässt sich den Feststellungen entnehmen, dass der Angeklagte nur unfreiwillig von weiteren Körperverletzungshandlungen abließ. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er sich aufgrund äußerer Zwänge oder psychischer Hemmungen nicht mehr in der Lage gesehen hätte, weitere Stiche zu setzen. Dazu verhält sich das Urteil nicht. Insbesondere bleibt offen, ob der Angeklagte eventuell aufgrund der sich nähernden Polizeisirenen von weiteren Einwirkungen auf den Zeugen absah, weil er allein durch eine sofortige Flucht seiner Festnahme entgehen zu können glaubte. Dass der Angeklagte sein mit den Messerstichen verfolgtes außertatbestandliches Ziel, sich aus dem Griff des Zeugen zu lösen, nach dem vierten Stich erreicht hatte, schließt letztlich ebenso einen Rücktritt vom unbeendeten Versuch nicht aus ([X.], Beschluss vom 19. Mai 1993 - [X.], [X.]St 39, 221; Beschluss vom 20. September 2012 - 3 [X.], [X.], 105).

6

Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung lässt auch die - von diesem Rechtsfehler nicht betroffene - Verurteilung wegen der [X.] dazu begangenen Nötigung entfallen KK-Gericke, [X.], 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). Der Wegfall der für diese Tat verhängten [X.] entzieht dem [X.] die Grundlage.

[X.]                        Hubert                          Schäfer

               Gericke                        [X.]

Meta

3 StR 325/13

20.11.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Krefeld, 6. Mai 2013, Az: 22 KLs 4/13

§ 24 Abs 1 S 1 StGB, § 224 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.11.2013, Az. 3 StR 325/13 (REWIS RS 2013, 1010)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1010

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 325/13 (Bundesgerichtshof)


3 StR 367/12 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung: Strafbefreiender Rücktritt vom unbeendeten Versuch bei außertatbestandlicher Zielerreichung


2 StR 353/17 (Bundesgerichtshof)

Versuchte gefährliche Körperverletzung: Strafbefreiender Rücktritt bei Erreichen eines außertatbestandlichen Ziels; Voraussetzungen der Annahme eines fehlgeschlagenen …


4 StR 574/14 (Bundesgerichtshof)

Gefährliche Körperverletzung: Freiwilligkeit des Rücktritts vom Versuch


5 StR 3/23 (Bundesgerichtshof)

Rücktritt vom Versuch einer gefährlichen Körperverletzung durch einen Ladendieb


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.