Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.10.2013, Az. 1 StR 75/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 2295

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Gegenstand

Strafverfahren: Zulässigkeit der Revision des Angeklagten wegen Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Tenor

Die Revision der Angeklagten [X.].    [X.]gegen das Urteil des [X.] vom 22. August 2012 wird als unzulässig verworfen.

Die Revision des Angeklagten M.   [X.]gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen.

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil betreffend [X.].   [X.]wird mit der [X.]ßgabe verworfen, dass die Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln und in zwei weiteren Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der versuchten unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Verabredung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist.

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil betreffend M.   [X.]wird verworfen.

Die Angeklagten haben jeweils die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte [X.].    [X.]wegen „unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen in Tatmehrheit mit versuchter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Beihilfe zum versuchten unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und der Verabredung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten [X.][X.]hat es wegen Beihilfe zum unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es die Angeklagten (aus tatsächlichen Gründen) freigesprochen.

2

Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Die Angeklagte [X.].    [X.]beantragt die Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und die Zurückverweisung an eine andere [X.] des [X.]s. Sie beanstandet, dass zu Unrecht von ihrer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden sei. Das Urteil könne daher „in dieser Hinsicht“ keinen Bestand haben.

3

Der Angeklagte [X.][X.]beanstandet die Strafzumessung.

4

Die Staatsanwaltschaft beantragt mit ihren mittels der Sachrüge geführten Revisionen die Aufhebung des Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen im Hinblick auf beide Angeklagte. Sie beanstandet die Beweiswürdigung, nämlich dass die Angeklagten nicht wie angeklagt wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden seien. Es sei rechtsfehlerhaft, dass die Angeklagten entsprechend ihrer Einlassung und entgegen den sie weitergehend belastenden Angaben des gesondert Verfolgten [X.]    nur wegen einer untergeordneten Tatbeteiligung an dessen [X.] und die Angeklagte [X.].    [X.]auch nur in sieben, der Angeklagte [X.][X.]nur in zwei statt der angeklagten elf Fälle verurteilt worden seien. Außerdem rügt die Staatsanwaltschaft, dass selbst auf der Basis der vom [X.] getroffenen Feststellungen der Schuldspruch gegen die Angeklagte [X.].    [X.]den Unrechtsgehalt nur unzureichend erfasse.

5

Die Revisionen der Angeklagten und die gegen [X.][X.]gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft waren zu verwerfen. Die zu Lasten der Angeklagten [X.].    [X.]eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft führt lediglich zu der aus dem Tenor ersichtlichen Schuldspruchänderung.

A.

6

I. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:

7

1. bis 7. Im Tatzeitraum zwischen Februar und dem 20. November 2011 hatte die Angeklagte [X.].    [X.]in sieben Fällen vor, für den gesondert Verfolgten [X.]    Methamphetamin von der [X.] nach [X.] zu transportieren. Dabei wusste sie, dass es sich um hochwertiges Methamphetamin handelte, welches [X.]    gewinnbringend verkaufen wollte. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Taten:

8

1. Ende Februar 2011 händigte [X.]    der Angeklagten [X.].    [X.]an einer Tankstelle in der [X.] 170 Gramm Methamphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 60 Prozent aus. Die in Einzelportionstüten verpackten Drogen brachte sie mit ihrem Fahrzeug nach [X.]. Dort übergab sie das Methamphetamin in S.      an [X.]   . Dieser nahm die Menge an sich, bestimmte jedoch, dass die Angeklagte davon fünf Gramm Methamphetamin als Lohn erhalten solle. Diese Menge und die von der Angeklagten zum Vorzugspreis von 90 € erworbenen weiteren drei Gramm gab er an die Angeklagte. Diese wollte die Drogen selbst konsumieren.

9

2. Nachdem die Angeklagte längere [X.] einen Gipsverband getragen hatte, unternahm sie die nächste Kurierfahrt für [X.]    zu einem [X.]punkt Mitte bis Ende [X.]i 2011. Sie erhielt in [X.] abermals 170 Gramm Methamphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 60 Prozent von [X.]   . Das in einem [X.] verpackte Rauschgift transportierte sie in ihrem Fahrzeug zu ihrem Haus in [X.]. Dort übergab sie es [X.]   . Dieser gab ihr fünf Gramm aus der Menge als Kurierlohn. Zudem überließ er ihr weitere zehn Gramm, die die Angeklagte zum Vorzugspreis von 70 € erwarb. Die Angeklagte hatte diese Drogen zum Eigenkonsum vorgesehen.

3. Am 10. August 2011 fuhr die Angeklagte mit ihrem Bekannten Sc.    mit dessen Fahrzeug nach [X.]in [X.]. Wie verabredet übernahm sie dort auf einem Supermarktparkplatz 80 Gramm Crystal mit einem Wirkstoffgehalt von 60 Prozent Methamphetaminbase von [X.]   . Die Drogen waren in einer Windel verpackt. Die Angeklagte entnahm die in zwei [X.] befindlichen Substanzen und verbarg sie in ihrem B[X.] Als Beifahrerin des Sc.     kehrte sie sodann zu dessen Wohnsitz in [X.] zurück. Da ihr [X.]    bei der Übergabe in [X.] gereizt erschienen war, hatte sie von unterwegs ihren Ehemann, den Angeklagten [X.][X.], gebeten, sie bei Sc.     abzuholen und sodann mit ihr gemeinsam zum Wohnsitz des [X.]    in B.      zu fahren. [X.] holte dieser sie ab und fuhr mit ihr zu [X.]   . Dort übergab die Angeklagte die Drogen. Im Beisein des Angeklagten [X.][X.]überließ [X.]    der Angeklagten [X.].    [X.]acht Gramm als Kurierlohn und weitere von ihr zum Vorzugspreis von 50 € erworbene zwölf Gramm aus der Gesamtmenge. Diese Menge wollte die Angeklagte [X.].    [X.]selbst konsumieren. In Kenntnis der von seiner Frau mitgeführten Drogen und deren Qualität und mit dem Willen, sie zu unterstützen, fuhr der Angeklagte [X.][X.]seine Frau nach [X.].

4. Am 6. September 2011 fuhr die Angeklagte [X.].    [X.]erneut als Beifahrerin im Fahrzeug des Sc.    nach [X.]in [X.]. Dort übergab ihr [X.]    eine in zwei schwarze [X.] verstaute Menge, die [X.]    zuvor von seiner Rauschgiftquelle erworben hatte und von der beide annahmen, es sei Methamphetamin mit dem üblichen Wirkstoffgehalt. Die Angeklagte verbarg die [X.] im Futter einer präparierten Strandtasche. Sie fuhr mit Sc.     zu dessen Wohnsitz und von dort mit ihrem Fahrzeug zu sich nach [X.]. Dort holte [X.]    die [X.] ab. Dabei stellten sie fest, dass es sich bei den Substanzen in den [X.] nicht um Betäubungsmittel handelte.

5. Etwa eine Woche später ließ sich die Angeklagte [X.].    [X.]abermals von Sc.    an eine Tankstelle in der [X.] fahren. Wie verabredet übernahm sie dort 108 Gramm Methamphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 60 Prozent von [X.]   . Diese Menge verbarg sie in der präparierten Strandtasche und verbrachte sie so in ihr Haus in [X.]. Dorthin kam [X.]   , dem sie die Drogen übergab. Aus der erhaltenen Menge gab [X.]    ihr acht Gramm Methamphetamin als Lohn für ihre Kurierdienste. Diese Menge übernahm die Angeklagte zum Eigenkonsum. Weiterhin erwarb sie preisgünstig eine kleinere Menge, die ebenfalls zum Eigenkonsum bestimmt war.

6. In dem [X.]raum vor dem 15. Oktober 2011 verabredete die Angeklagte [X.].    [X.]mit [X.]   , eine weitere Transportfahrt für Methamphetamin nach der bisher praktizierten Methode von der [X.] nach [X.] zu unternehmen. Dabei sollte mindestens eine so große Menge wie bei der Fahrt zu 5. transportiert werden, die auch in der Wirkstoffkonzentration dieser Menge entsprach. Dementsprechend fuhr die Angeklagte am 15. November 2011 mit ihrem Fahrzeug nach [X.]. [X.]    konnte ihr jedoch kein Rauschgift übergeben, weil sein Lieferant nichts hatte.

7. Am 20. November 2011 fand die nächste Einfuhrfahrt statt. Gegen 13 Uhr dieses Tages rief [X.]    bei den Angeklagten an. Er bat den das Telefonat entgegennehmenden Angeklagten [X.][X.], seiner Frau auszurichten, „es“ werde „voluminös mehr“, was der Angeklagte [X.][X.]der Angeklagten [X.].    [X.]ausrichtete. Die Angeklagte [X.].    [X.]fuhr allein mit ihrem Fahrzeug in die [X.]. Wie verabredet übernahm sie dort auf dem Parkplatz eines Supermarktes von [X.]    979,8 Gramm Methamphetamin mit einem Wirkstoffgehalt zwischen 73 und 77,1 Prozent. Die übergebene Substanz enthielt 733 Gramm Methamphetaminbase. Sie verbarg diese Menge in einer eigens für diese Fahrt angeschafften und präparierten Kopfstütze. Diese hatte der Angeklagte [X.][X.]zuvor auf Bitten der Angeklagten [X.].    [X.]und in Kenntnis des Zwecks als Versteck für durch seine Frau aus [X.] nach [X.] zu transportierendes Methamphetamin von innen mit Gips ausgekleidet. Auch nahm er billigend in Kauf, dass Methamphetamin in der tatsächlichen Menge und mit dieser Wirkstoffkonzentration nach [X.] verbracht und dort gehandelt werden sollte. Er handelte, um die Angeklagte [X.].    [X.]und [X.]    bei der Einfuhr des zu Handelszwecken bestimmten Methamphetamin zu unterstützen. Zudem hatte der Angeklagte [X.][X.] die bereits aufgebrochene Angeklagte [X.].    [X.]per Telefon daran erinnert, dass sie die Kopfstütze vergessen hatte, weswegen sie umgekehrt war und diese geholt hatte. Bei der Einfuhrfahrt wurde die Angeklagte [X.].    [X.]in [X.] kontrolliert und das Methamphetamin in der Kopfstütze fest- und sichergestellt.

8. Am 20. November 2011 bewahrte die Angeklagte [X.].    [X.] 23 Gramm Haschisch und 24 Gramm [X.]rihuana in ihrem Haus in [X.]auf. Zudem lagerte sie 72 Gramm Haschisch und 48 Gramm [X.]rihuana in ihrer Wohnung in [X.]. Die Cannabisprodukte hatten zusammen ein Trockengewicht von 159 Gramm und eine Gesamtwirkstoffmenge von 8,5 Gramm Tetrahydrocannabinol. In Kenntnis dieser Umstände hatte die Angeklagte sie zum Eigenkonsum bestimmt.

II. Das [X.] hat die Taten der Angeklagten [X.].   [X.]zu [X.] 1. bis 3., 5. und 7. jeweils als unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewürdigt. Die Tat zu [X.] 4. hat es als versuchte unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und die Tat zu [X.] 6. als Verabredung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet. Die Tat zu [X.] 8. hat es als unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge geahndet. Es hat gegen die Angeklagte [X.].    [X.]unter Verneinung möglicher minder schwerer Fälle nach § 30 Abs. 2 BtMG bzw. § 29a Abs. 2 BtMG, jedoch unter Verschiebung des Strafrahmens des § 30 Abs. 1 BtMG im Fall [X.] 4. nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB und im Fall [X.] 6. nach § 30 Abs. 1 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB auf [X.] zwischen einem Jahr und sechs Jahren erkannt.

Die Tat des Angeklagten [X.][X.]im Fall [X.] 3. hat es als Beihilfe zum unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet. Ausgehend vom Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG, den es gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert hat, hat es auf eine Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten erkannt. Seine Tat zu [X.] 7. hat es als Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewürdigt. Es hat die Annahme eines minder schweren Falles nach § 30 Abs. 2 BtMG verneint und den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG zugrunde gelegt, diesen aber gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert und auf eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren erkannt.

[X.] Dem psychiatrischen Sachverständigen folgend, hat das [X.] ausgeschlossen, dass sich die Neigung der Angeklagten zum [X.] berauschender Mittel als handlungsleitend darstelle.

B.

I. Revision der Angeklagten [X.].    [X.]

Das Rechtsmittel ist unzulässig. Entgegen dem umfassenden Aufhebungsantrag ergibt sich aus der Revisionsbegründung, dass allein die [X.] der [X.]ßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angefochten ist. Dementsprechend wird auch nur die Aufhebung des Urteils in diesem Punkt begehrt („kann das Urteil - in dieser Hinsicht - keinen Bestand haben“).

Eine allein auf die [X.] der [X.]ßregel des § 64 StGB gestützte Revision ist jedoch mangels Beschwer unzulässig ([X.], Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, [X.]St 37, 5, 7; Beschluss vom 13. Juni 1991 - 4 StR 105/91, [X.]St 38, 4, 7; Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, [X.]St 38, 362, 363; Beschluss vom 14. September 2000 - 4 StR 314/00, [X.]R StPO § 349 Abs. 1 Unzulässigkeit 2; Beschluss vom 10. Januar 2008 - 4 [X.] Rn. 2, [X.], 142; Beschluss vom 7. Januar 2009 - 3 [X.] Rn. 6; Beschluss vom 14. Januar 2010 - 1 StR 587/09 Rn. 29; Beschluss vom 2. Dezember 2010 - 4 [X.] mwN, [X.], 255; Beschluss vom 5. April 2011 - 3 [X.]/11).

II. Die Revision des Angeklagten [X.][X.]

Die Revision beanstandet ungeachtet des umfassenden Aufhebungsantrags allein die fehlerhafte Strafzumessung. Die [X.] der [X.]ßregel des § 64 StGB wird von ihm nicht gerügt. Da innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs nur der Strafausspruch angefochten wird, ist das Rechtsmittel wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Die Revision bleibt aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift dargestellten Gründen ohne Erfolg.

[X.] Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil betreffend die Angeklagte [X.].    [X.]

Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung wendet, auf deren Grundlage das [X.] zum Freispruch und im Übrigen zur Annahme nur untergeordneter Tatbeiträge zum Handeltreiben bzw. nur zur Besitzstrafbarkeit im Fall [X.] 8. gelangt ist, bleibt sie ohne Erfolg (1.). Sie führt jedoch zur Ergänzung des Schuldspruchs (2.).

1. Eingedenk des nur eingeschränkten revisionsgerichtlichen [X.] erweist sich die Beweiswürdigung des [X.]s als nicht rechtsfehlerhaft. Insbesondere hat das [X.] an seine Überzeugungsbildung keine überspannten Anforderungen gestellt.

Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Die revisionsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter hierbei Rechtsfehler unterlaufen sind. Ein sachlich-rechtlicher Fehler liegt vor, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar, lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. [X.], Urteil vom 6. November 1998 – 2 [X.], [X.]R StPO § 261 Beweiswürdigung 16 mwN). In der Beweiswürdigung selbst muss sich der Tatrichter mit den festgestellten Indizien auseinandersetzen, die geeignet sind, das Beweisergebnis zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen ([X.], Urteil vom 14. August 1996 – 3 [X.], [X.]R StPO § 261 Beweiswürdigung 11; vom 16. Januar 2013 - 2 StR 106/12). Dabei dürfen die Indizien nicht nur isoliert betrachtet werden, sie müssen vielmehr in eine umfassende Gesamtwürdigung aller bedeutsamen Umstände eingebracht werden ([X.], Urteil vom 23. Juli 2008 - 2 StR 150/08, [X.], 2792, 2793; vom 13. Dezember 2012 - 4 StR 33/12 mwN). Der Tatrichter darf insoweit keine überspannten Anforderungen an die für die Beurteilung erforderliche Gewissheit stellen ([X.], Urteile vom 26. Juni 2003 - 1 [X.], [X.], 35, 36; vom 10. August 2011 - 1 [X.], [X.], 110 f.; vom 18. Januar 2011 - 1 StR 600/10, [X.], 302, 303; vom 13. Dezember 2012 - 4 [X.]/12).

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht. Das [X.] hat in einer umfassenden Beweiswürdigung die wesentlichen für die Entscheidungsfindung bedeutsamen Gesichtspunkte erörtert und diese auch im Rahmen einer Gesamtschau abgewogen. Es hat ausgehend von den dargestellten Anklagevorwürfen des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in elf Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nachvollziehbar dargelegt, weshalb es sich von einer derartigen Einbindung der Angeklagten in die Drogengeschäfte des    [X.]    nicht überzeugen konnte.

Von ausschlaggebender Bedeutung war hierfür die Würdigung der umfassend dargelegten Angaben des gesondert verfolgten Zeugen [X.]   , der die Angeklagten im Sinne der Anklage belastet hat. Das [X.] hat Widersprüche in dessen Aussage selbst und zu Angaben von weiteren, vom [X.] für glaubhaft erachteten Zeugen schlüssig dargelegt. Dabei hat es in seine Überlegungen miteinbezogen, dass die Angeklagte [X.].    [X.]anderweitige Drogengeschäfte abgewickelt hat. Dennoch begegnet es auf dieser Grundlage revisionsrechtlich keinen Bedenken, dass es sich von der Glaubhaftigkeit der belastenden Angaben des [X.]    nicht zu überzeugen vermochte und die Angeklagte [X.].    [X.]auf der Grundlage ihrer Einlassung verurteilt hat.

Die Revision zeigt auch keine lückenhafte oder widersprüchliche Beweiswürdigung durch das [X.] auf. Ein Wechsel des [X.] der Angeklagten, mit dem sich das [X.] hätte auseinandersetzen müssen (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 6. November 2003 - 4 [X.], [X.], 88), ist nach den Urteilsgründen nicht belegt. Soweit die Revision der Ansicht ist, das [X.] hätte sich mit einer Geldübergabe von der Angeklagten [X.].    [X.]an [X.]    vor der Beschaffungsfahrt auseinandersetzen müssen, geht dies schon deswegen fehl, weil eine solche Übergabe gerade nicht festgestellt ist. Die [X.] stellt lediglich dar, dass der Zeuge Sc.    bekundet habe, die Angeklagte habe vor der Fahrt Geld abgehoben - nach polizeilichen Ermittlungen habe es sich um 1.000 € gehandelt -, welches sie an [X.]    habe übergeben wollen. Vor dem Hintergrund, dass nach den Feststellungen die Angeklagte nach der Fahrt für 600 € Methamphetamin von [X.]    kaufte und [X.]    angegeben hat, er habe von der Angeklagten 12.000 € erhalten, bedurfte dies keiner vertieften Auseinandersetzung. Die Annahme von vier weiteren Beschaffungsfahrten durch die Angeklagte [X.].    [X.], wegen derer sie allein durch [X.]    belastet wurde, hat das [X.] mit nachvollziehbaren Erwägungen ausgeschlossen. Daher musste es sich mit der Frage, ob die Angeklagte durch den von ihr getragenen Gipsverband dazu überhaupt objektiv in der Lage war, nicht mehr auseinandersetzen.

Soweit die Revision sich gegen die Verurteilung nur wegen unerlaubten Besitzes der [X.] und nicht wegen unerlaubten Handeltreibens mit derselben im Fall [X.] 8. wendet, zeigt sie ebenfalls keinen revisionsrechtlich beachtlichen [X.]ngel der Beweiswürdigung auf. Insbesondere besorgt der Senat nicht, dass das [X.] das dargestellte Telefonat betreffend ein Haschischgeschäft über 10 € aus dem Blick verloren haben könnte.

2. Jedoch war der Schuldspruch entsprechend der Urteilsformel abzuändern.

Dass die Angeklagte [X.].    [X.]aus der eingeführten und sodann an [X.]    übergebenen Menge etwas zum Eigenkonsum erwarb, sei es als Auszahlung des Kurierlohns oder durch Ankauf, kommt im bisherigen Schuldspruch nicht zum Ausdruck. Dies ist aber erforderlich, da es nicht notwendig von der Einfuhrhandlung umfasst ist. Da diese Mengen in den Fällen [X.] 1. und [X.] 5. die nicht geringe Menge nicht überschritten, hat sich die Angeklagte [X.].    [X.]tateinheitlich - da es sich um im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes aufeinander folgende Teilakte handelte (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Januar 1981 - 2 [X.], [X.]St 30, 28) - zu den bereits ausgeurteilten Delikten auch des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG schuldig gemacht. Bei geringen Mengen tritt der Besitz als Auffangtatbestand hinter dem Erwerb zurück ([X.], Beschluss vom 6. Juli 1987 - 3 [X.], [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 2; vom 18. März 2004 - 3 StR 468/03, [X.], 252). In den Fällen [X.] 2. und [X.] 3. ist die nicht geringe Menge überschritten, so dass sich die Angeklagte [X.].    [X.] insoweit ebenfalls tateinheitlich mit den bereits ausgeurteilten Delikten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht hat. Da die Einfuhr und der mit ihr notwendigerweise verbundene Besitz durch die Übergabe an [X.]    bereits abgeschlossen war, bevor die Angeklagte [X.].    [X.]die zum Eigenkonsum bestimmte Menge wieder in Besitz nahm, tritt der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ausnahmsweise nicht gegenüber der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zurück. Jedoch tritt in diesen Fällen der unerlaubte Erwerb gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG hinter dem Verbrechenstatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zurück (vgl. [X.], Urteil vom 3. April 2008 - 3 StR 60/08, [X.], 471; Beschluss vom 24. September 2009 - 3 StR 280/09, [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 10).

Zudem war der Schuldspruch im Fall [X.] 4. zu berichtigen, da die Beschaffung des vermeintlichen Methamphetamins durch den gesondert Verfolgten [X.]    sich als eigennützige, auf Umsatz gerichtete Tätigkeit (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2005 - [X.], [X.]St 50, 252; vom 15. Februar 2011 - 3 [X.], NJW 2011, 1461), mithin als vollendetes Handeltreiben darstellt. Für die Annahme vollendeten Handeltreibens reicht es schon aus, dass der Täter bei einem beabsichtigten Ankauf von zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln in ernsthafte Verhandlungen mit dem potentiellen Verkäufer eintritt ([X.], Beschluss vom 26. Oktober 2005 - [X.], [X.]St 50, 252). Dass er dabei entgegen seiner Vorstellung kein Betäubungsmittel erhalten hat, ist unschädlich. Denn es kommt nicht darauf an, dass der Umsatz durch die Tathandlung tatsächlich gefördert wird oder dazu überhaupt geeignet war ([X.], Urteil vom 20. Januar 1982 - 2 StR 593/81, [X.]St 30, 359, 361). Dementsprechend hat die Angeklagte [X.].    [X.]Beihilfe zur Haupttat des vollendeten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge geleistet.

Der Senat kann den Schuldspruch umstellen, da auszuschließen ist, dass die Angeklagte [X.].    [X.]sich anders - insbesondere erfolgreicher - als geschehen hätte verteidigen können. Angesichts des Umstands, dass das [X.] die Erwerbsvorgänge der Angeklagten [X.].    [X.]im [X.] an die Übergabe der Betäubungsmittel an [X.]    darstellt und erörtert, ist ebenfalls auszuschließen, dass es bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung auf eine andere (geringere oder höhere) Strafe erkannt hätte.

3. Die Verneinung der Voraussetzungen des § 64 StGB ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.

IV. Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil betreffend den Angeklagten [X.][X.]

Aus den oben unter [X.] 1. dargelegten Gründen erweist sich die Beweiswürdigung als rechtsfehlerfrei. Dies gilt auch, soweit das [X.] im Fall [X.] 3. keine Beteiligung des Angeklagten [X.][X.]an dem Handeltreiben durch [X.]   , sondern nur an dem Besitz der Angeklagten [X.].    [X.]angenommen hat.

Die Strafzumessung weist ebenfalls keinen Rechtsfehler auf. Insbesondere ist nicht zu besorgen, dass das [X.] das behauptete Nichtwissen dieses Angeklagten um die Größenordnung der einzuführenden Menge im Fall [X.] 7. aus dem Blick verloren haben könnte. Dies kann auch aus der Formulierung, „sein Geständnis“ sei zu seinen Gunsten zu werten, nicht entnommen werden.

Auch bezüglich dieses Angeklagten ist die [X.] der [X.]ßregel des § 64 StGB rechtsfehlerfrei.

Raum                         Rothfuß                        Graf

               Cirener                          Radtke

Meta

1 StR 75/13

02.10.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 22. August 2012, Az: 7 KLs 354 Js 19499/11

§ 337 StPO, § 64 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.10.2013, Az. 1 StR 75/13 (REWIS RS 2013, 2295)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2295

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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