Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.09.2004, Az. X ZR 255/01

X. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1770

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/01 Verkündet am: 7. September 2004 Weschenfelder Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
[X.]Z: ja [X.]R: ja Nachschlagewerk: ja

Bodenseitige [X.]

[X.] 1981 § 14; EPÜ Art. 69

Ein Ausführungsbeispiel erlaubt regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs.
Bei der Auslegung eines Patentanspruchs kann nicht ohne weiteres davon aus-gegangen werden, in ihm enthaltenen Angaben sei eine über [X.] hinausgehende Bedeutung beizumessen.

ZPO 2001 § 559 Abs. 2

Im Patentverletzungsprozeß kommt im Hinblick auf die Auslegung eines Patent-anspruchs durch den Tatrichter eine Bindung des [X.] nur inso-weit in Betracht, als der Tatrichter sich mit konkreten tatsächlichen Umständen befaßt hat, die für die Auslegung von Bedeutung sein können.
[X.], [X.]. v. 07.09.2004 - [X.]/01 - OLG Düsseldorf

LG Düsseldorf

- 2 - [X.] hat am 7. September 2004 durch [X.] [X.], [X.] Scharen, [X.], [X.]in [X.] und [X.]

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das am 6. Dezember 2001 [X.] [X.]eil des 2. Zivilsenats des [X.] aufgehoben.

Die Sache wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des unter anderem mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 0 637 395 ([X.]s), das auf einer am 8. Februar 1995 veröffentlichten Anmeldung vom 28. Januar 1994 beruht. Das am 21. Mai 1997 veröffentlichte [X.] hat in einem rechtskräftig abgeschlossenen [X.] eine [X.] 3 - rung erfahren. Patentanspruch 1 des in [X.] Verfahrenssprache erteilten [X.]s lautet danach:
"Ein- und Ausgabevorrichtung für runde, ein Identifikations- und/ oder Kommunikationselement aufweisende Parkkarten (2) zur ge-bührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke (39), mit einem Vorratsbehälter (1), der bodenseitig eine Vereinzelungseinrich-tung (3) für die Parkkarten (2) aufweist, einem anschließenden Fallschacht (4) mit mindestens einem zentralen Leitschacht (11) und davon abzweigenden, eine jeweilige Neigung aufweisenden Seitenschächten (12, 13) für eine rollende Aus- und Eingabe von Parkkarten (2) unter Schwerkraft und einer [X.] (24) im [X.] (11) für ein Lesen der auszugebenden und/oder zurückgegebenen Parkkarten (2), die mit einer Steuerung zur Be-tätigung der Parkschranke (39) verbunden ist."
Die unter der Geschäftsführung unter anderem des Beklagten zu 2 ste-hende Beklagte zu 1 stellt her und vertreibt unter der Bezeichnung "[X.]

" Parksysteme für wiederverwendbare Parkkarten aus Kunststoff in Form runder Münzen sowie Einfahrtkontrollgeräte mit der Bezeichnung "E. ". Die hierbei verwendeten Ein- und Ausgabevor- richtungen weisen u.a. einen Vorratsbehälter für die Münzen auf. In diesem läuft ein Förderband um, dessen Glieder jeweils eine den Münzen entspre-chende Ausnehmung hat. Am Boden des Vorratsbehälters gelangt jede Münze in eine Ausnehmung und wird zu einer im Vorratsbehälter weiter oben liegen-den Ausgabe befördert. Über einen sich anschließenden Schacht fällt die [X.] in eine Ausnehmung eines andreaskreuzartigen [X.]. Durch Drehbewegung desselben wird sie schließlich entweder an einen weiteren - 4 - Schacht übergeben, der zu der für den Kunden zugänglichen Ausgabestelle führt, oder an einen anderen Kanal, der in einem Auffangbehälter endet.
Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Vorrichtung verwirkliche Patentanspruch 1 des [X.]s mit wortsinngemäßen [X.]eln. Die [X.] stellen das in Abrede, weil die angegriffene Ausführungsform sich hinsicht-lich der bodenseitigen Vereinzelungsvorrichtung im Vorratsbehälter, des Fall-schachts und der [X.] von der patentgemäßen Lehre unterscheide.
Das [X.] hat die Beklagten antragsgemäß zu Unterlassung und Rechnungslegung verurteilt sowie festgestellt, daß die Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung bzw. Schadensersatz verpflichtet sind. Auf die hiergegen von den Beklagten eingelegte Berufung hat das Oberlandesge-richt die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der [X.] und dem Antrag,
unter Aufhebung des angefochtenen [X.]eils die Beklagten nach Maßgabe ihrer im [X.] konkretisierten Anträge zu verurteilen.

Die Beklagten treten diesem Begehren entgegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg; sie führt zur Zurückver-weisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. - 5 - 1. Das [X.] betrifft Vorrichtungen, die bestimmte Karten zur Betä-tigung einer Parkschranke entgegennehmen und ausgeben können. Es handelt sich um runde, vorzugsweise scheibenförmige Karten, die wiederverwendbar sind und eine als Identifikations- und/oder Kommunikationselement bezeichnete Ausstattung haben. Diese dient entweder der individuellen Kennung der Karte oder der Abspeicherung von Daten, wie etwa Datum und Einfahrtzeit, die für eine Parkgebührenrechnung erforderlich sind. Damit die Karten wiederholt ein- und ausgegeben werden können, müssen sie - wie es in [X.]. 1 Z. 30 ff. der [X.] des [X.]s angeben ist - in der Vorrichtung gelagert, einer Lese-Schreibstation zugeführt und in [X.] befördert werden, die dem [X.] zugänglich sind. Deshalb - so die weitere Darstellung in [X.]. 1 Z. 35 ff. der Beschreibung des [X.]s - müssen die Parkkarten mehrere Transportwege zurücklegen, wofür im allgemeinen Transportbänder oder Transportrollen vorgesehen sind, was konstruktiv aufwendig und störanfällig ist. Hieraus ergibt sich als Problem, das es erfindungsgemäß zu lösen gilt, eine Ein- und Ausgabevorrichtung für runde, ein Identifikations- und/oder Kommuni-kationselement aufweisende Parkkarten zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke zu schaffen, die sicher und zuverlässig arbeitet und dabei einfach aufgebaut ist ([X.]. 1 Z. 44-49 der Beschreibung des [X.]s).
2. Das Berufungsgericht hat den Lösungsvorschlag nach [X.] in der geltenden Fassung des [X.]s wie folgt gegliedert:
1. Ein- und Ausgabevorrichtung für runde, ein Identifikations- und/oder Kommunikationselement aufweisende Parkkarten zur
gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke mit
1.1 einem Vorratsbehälter,
- 6 - 1.2 einem Fallschacht

1.3 und einer [X.];

2. der Vorratsbehälter weist bodenseitig eine Vereinzelungseinrich-tung für die Parkkarten auf;
3. der sich an den Vorratsbehälter anschließende Fallschacht um-faßt
3.1 mindestens einen zentralen Leitschacht und

3.2 davon abzweigende, eine jeweilige Neigung aufweisende Sei-tenschächte für eine rollende Aus- und Eingabe von Parkkarten unter Schwerkraft;
4. die [X.] ist

4.1 im zentralen Leitschacht für ein Lesen der auszugebenden und zurückgegebenen Parkkarten angeordnet
4.2 und mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke ver-bunden.
Gegen diese Gliederung bestehen ebensowenig Bedenken wie gegen die auf den Erläuterungen in [X.]. 1 Z. 51-58 der Beschreibung des [X.]s basierenden Feststellungen des Berufungsgerichts, daß durch die in [X.] des [X.]s vorgeschlagene Lösung die formbedingten Vorteile runder, scheibenförmiger Parkkarten, insbesondere ihr Rollvermögen, für den - 7 - Ein- und Ausgabevorgang benutzt würden, weitgehend ohne angetriebene Be-förderungssysteme gearbeitet werden könne und dabei die für eine Ausgabe und Rücknahme der Parkkarten erforderlichen Transportwege miteinander kombiniert und dadurch auch minimiert seien. Hiergegen sind [X.] auch nicht erhoben.
3. Das Berufungsgericht hat nach § 9 Satz 2 [X.] verbotene Verlet-zungshandlungen der Beklagten verneint, weil die angegriffene Ausführungs-form jedenfalls das Merkmal 2 des Patentanspruchs 1 des [X.]s nicht verwirkliche. Ausgehend von dem allgemeinen [X.]rachgebrauch für den Begriff "Vereinzelungsvorrichtung" müsse erfindungsgemäß insoweit ein Vorrichtungs-teil vorhanden sein, das die Parkkarten nicht nur von einem Vorrat abtrenne, sondern auch dafür sorge, daß sie abgetrennt blieben und auf diese Weise ver-einzelt dem gemäß Merkmal 3 an den Vorratsbehälter anschließenden Fall-schacht zugeführt würden. Die Vereinzelung der im Vorratsbehälter befindlichen Parkkarten selbst müsse im Bereich von dessen Boden beginnen. Da die Kar-ten der Schwerkraft unterworfen seien, lasse sich nämlich nur so auch die letzte eines Vorrats zur Ausgabe an die [X.] nutzen. Die bodenseitige Verein-zelung sei eine Selbstverständlichkeit, auf die einem Fachmann gegenüber nicht hingewiesen werden müsse. Deshalb besage die Kennzeichnung "boden-seitig" mehr als das. Der Fachmann erfahre hierdurch, daß die Einrichtung, [X.] die Parkkarten vereinzelne und anschließend einzeln dem Fallschacht zu-führe, sich als solche ausschließlich im Bereich des Bodens des [X.] befinden müsse. Denn das gewährleiste auch, daß die Parkkarten, die sich nach den Ausführungen in [X.]. 2 Z. 1-4 der Beschreibung des [X.]s vor allem unter dem Einfluß ihres Eigengewichts, also nach unten, bewegen sollten, nicht entgegen der Schwerkraft nach oben transportiert werden müßten, wozu ein - nach [X.]. 1 Z. 54-56 der Beschreibung des [X.]s möglichst zu vermeidendes - angetriebenes Beförderungssystem erforderlich sei. - 8 -
Das Berufungsgericht hat also Patentanspruch 1 des [X.]s (Merkmal 2) eine Aussage auch darüber entnommen, wo die Parkkarten ver-einzelt aus dem Vorratsbehälter in den Fallschacht gelangen müssen, nämlich im Bereich des Bodens des Vorratsbehälters.
4. Diese Auslegung bekämpft die Revision zu Recht. Sie bedeutet eine Einschränkung des Gegenstands des Patentanspruchs 1 des [X.]s un-ter dessen Wortlaut, die sich aus diesem Anspruch nicht entnehmen läßt.
a) Maßgebliche Grundlage dafür, was durch ein [X.] Patent un-ter Schutz gestellt ist, ist gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ der Inhalt der Pa-tentansprüche (vgl. z.B. auch [X.]Z 98, 12 - Formstein). Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat ([X.]Z 106, 84, 94 - Schwermetalloxidationskata-lysator). Das Protokoll zur Auslegung von Art. 69 EPÜ drückt dies durch seinen Hinweis aus, daß die Patentansprüche nicht lediglich als Richtlinie dienen dürf-ten. Das verleiht dem in dem betreffenden Patentanspruch gewählten Wortlaut entscheidende Bedeutung. Was - bei sinnvollem Verständnis - mit ihm nicht so deutlich einbezogen ist, daß es vom Fachmann als zur Erfindung gehörend er-kannt wird, kann den Gegenstand dieses Patentanspruchs nicht kennzeichnen. Auch die zur Erfassung des Sinngehalts eines Patentanspruchs vorgesehene Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen des betreffenden Patents darf weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einen-gung des durch den Wortlaut des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen. - 9 - b) Der Wortlaut von Patentanspruch 1 des [X.]s läßt jedoch nicht erkennen, daß mit ihm festgelegt sein soll, aus welchem Bereich des [X.] die Parkkarten als vereinzelte Stücke in den anschließenden Fall-schacht gelangen sollen. Die Frage, wo die Übermittlung der vereinzelten Park-karten erfolgt, betrifft die Anordnung von Vorratsbehälter und Fallschacht zu-einander. Insoweit heißt es im Patentanspruch aber nur, daß letzterer sich an ersteren anschließt. Auch eine Beziehung dieses Anschlusses zur [X.] ist im Patentanspruch 1 des [X.]s nicht hergestellt. Die Vereinzelungsvorrichtung ist vielmehr nur als Teil (Einrichtung) beschrieben, das der Vorratsbehälter bodenseitig aufweist. Die - wovon an sich auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - nächstliegende Deutung dieser Kennzeich-nung ist deshalb, daß nach Merkmal 2 die vorrichtungsmäßige Gestaltung in-nerhalb des Vorratsbehälters lediglich derart sein muß, daß eine Vereinzelung der im Vorratsbehälter lagernden Parkkarten im Bereich des [X.] stattfindet.
c) Eine weitergehende, den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des [X.]s nach Maßgabe der Auslegung durch das Berufungsgericht einen-gende Bedeutung des Merkmals 2 ergibt sich auch nicht bei Heranziehung der Beschreibung des [X.]s. Hinsichtlich der Übermittlung der Parkkarten vom Vorratsbehälter zum Fallschacht heißt es in [X.]. 2 Z. 1-2 der Beschreibung des [X.]s lediglich, die Parkkarten gelangten jeweils einzeln von einem Stapel Parkkarten abgetrennt in einen Fallschacht. Das beschreibt nur, daß die Parkkarten jeweils als vereinzelte in den Fallschacht gelangen müssen, nicht aber, von welchem Bereich des Vorratsbehälters aus dies zu geschehen hat.
Auch aus den die Vereinzelungsvorrichtung selbst betreffenden Angaben der Beschreibung des [X.]s ergibt sich nichts anderes. Mit der Verein-zelungsvorrichtung befaßt sich die Beschreibung erstmals in [X.]. 3 Z. 8 ff.. Dort - 10 - erfährt der Leser zwar, die Vereinzelungsvorrichtung durch einen schachtförmi-gen Verengungsteil am bodenseitigen Ende des Vorratsbehälters zu bilden, in dem sich die Parkkarten übereinander aufstapeln können, und einen Abstreifer vorzusehen, der die jeweils zuunterst liegende Parkkarte und vorzugsweise [X.] allein diese in den Fallschacht überführt. Die Wortwahl in [X.]. 3 Z. 8 der Beschreibung des [X.]s, die [X.] könne in dieser Weise gestaltet sein, weist diese Textstelle aber als Beschreibung eines Aus-führungsbeispiels aus. Ein Ausführungsbeispiel erlaubt regelmäßig jedoch [X.] einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (vgl. [X.].[X.]. v. 09.05.1985 - [X.], [X.], 967, 968 - Zuckerzentrifuge, m.w.N.). Dieser zum früheren [X.] Patentrecht entwickelte Grundsatz ist auch und gerade unter der Geltung des Art. 69 EPÜ zu beachten. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung findet [X.] auch durch den Umstand keine Rechtfertigung, daß Beschreibung und Zeichnungen des [X.]s auch ansonsten nur Beispiele behandeln, bei denen die Übermittlung der Karten von der Vereinzelungsvorrichtung zum Fall-schacht örtlich am Boden des Vorratsbehälters erfolgt.
Eine entsprechender Wortsinn des Gegenstands des Anspruchs 1 des [X.]s folgt schließlich auch nicht daraus, daß nach der Beschreibung des [X.]s die Erfindung erlaubt, weitgehend ohne angetriebene Beför-derungssysteme zu arbeiten. Abgesehen davon, daß auch hier nicht die Rede davon ist, daß patentgemäß jegliche Beförderungsmittel zu vermeiden sind bzw. vermieden werden, ist der diesbezügliche Hinweis in [X.]. 1 Z. 54 f. im [X.] auf die in [X.]. 1 Z. 30-43 wiedergegebene Gestaltung im Stand der [X.] erfolgt. Da in [X.]. 1 Z. 32-34 nur das Lagern, Zuführen zu einer Lese-Schreibstation und das Befördern in [X.] genannt sind und [X.] zunächst einmal nur die beiden letzten Vorgänge als solche zu erkennen sind, welche die in [X.]. 1 Z. 36 f. genannten Transportwege erfordern, betrifft die - 11 - Beanstandung nachteiliger Transportbänder oder -rollen im Stand der Technik, wenn nicht sogar überhaupt, so doch vorrangig den dem Vorratsbehälter nach-geschalteten Transport der Karten, wie er bisher im allgemeinen erfolgte. Bei zwangloser Befassung mit der die Erfindung als solche (und nicht schon [X.] Ausführungsbeispiele) betreffenden Beschreibung des [X.]s führt mithin auch dies zu der Deutung, daß das [X.] erlauben soll, [X.] der dann auch in [X.]. 2 Z. 2 - [X.]. 3 Z. 7 allein näher beschriebenen [X.], welche die Parkkarte nach Verlassen des Vorratsbehälters durchlau-fen muß, ohne angetriebene Beförderungssysteme auszukommen, eine etwai-ge Förderung am Boden des Vorratsbehälters vereinzelter Karten innerhalb des Vorratsbehälters mittels eines angetriebenen Beförderungssystems aber nicht ausgeschlossen sein soll.
d) Unter diesen Umständen wird die Auslegung des Berufungsgerichts auch nicht durch das Argument des Berufungsgerichts gestützt, die bodenseiti-ge Vereinzelung im Vorratsbehälter sei bei derartigen Einrichtungen eine Selbstverständlichkeit, die als solche keiner Erwähnung in einem Patentan-spruch bedürfe. Der Erfinder hat es in der Hand, wie er seine Erfindung mittels eines Patentanspruchs umschreibt. Dies schließt ein, zur zutreffenden Kenn-zeichnung der Neuerung im Patentanspruch auch Selbstverständliches zu be-nennen. Deshalb kann bei der Auslegung eines Patentanspruchs nicht einfach davon ausgegangen werden, daß darin enthaltene Kennzeichnungen eine über Selbstverständlichkeiten hinausgehende Bedeutung beizumessen sei. Nach dem zuvor Ausgeführten enthalten Patentanspruch 1 des [X.]s und die ihn als solchen erläuternden Teile der Beschreibung des [X.]s auch nichts, wonach im konkreten Fall die Annahme einer solchen Bedeutung gebo-ten wäre. Im Hinblick auf Merkmal 2 besagt Patentanspruch 1 des [X.]s - sinnvoll verstanden - vielmehr nicht mehr, als daß in dem Vorratsbehälter - 12 - durch eine bodenseitig wirkende Einrichtung dafür gesorgt werden muß, daß die Karten am Boden vereinzelt werden.
5. An dieser Auslegung ist der [X.]at nicht auf Grund prozeßordnungs-gemäß getroffener tatrichterlicher Feststellungen gehindert. Nach ständiger Rechtsprechung ist es eine Rechtsfrage, wie ein Patent auszulegen ist und ob ein Patentanspruch im Instanzenzug richtig erkannt und in seinem Inhalt ver-standen worden ist (z.B. [X.].[X.] v. 26.09.1996 - [X.], [X.] 1997, 116 - Prospekthalter; v. 27.10.1998 - [X.], [X.]. 1999, 365 - Sammelförderer; [X.]Z 142, 7, 15 - Räumschild). Lediglich im Bereich der Tatsachenfeststellung liegende Grundlagen tatrichterlicher Auslegung eines Patentanspruchs sind im Revisionsverfahren hinzunehmen, falls in Bezug auf das Verfahren kein zuläs-siger und begründeter Revisionsangriff erhoben wurde ([X.]Z 142, 7, 15 - Räumschild, m.w.N.). Daß solche Grundlagen die tatrichterliche Auslegung eines Patentanspruchs mitbestimmt haben, kann jedoch nur angenommen wer-den, wenn und soweit der Tatrichter entscheidungserheblichen Sachverhalt er-mittelt und festgestellt hat (vgl. auch hierzu [X.].[X.]. v. 18.05.1999 - [X.], [X.] 1999, 977, 979 - Räumschild, insoweit nicht [X.]. in [X.]Z 142, 7 ff.). Das ist noch nicht der Fall, wenn der Tatrichter - wie auch hier das Berufungsgericht - im Rahmen seiner Ausführungen mit Rücksicht darauf, daß bei der Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschließlich der dort verwendeten Begriffe auf das Verständnis des Fachmanns auf dem [X.] abzustellen ist (st. Rspr. z.B. [X.]Z 150, 149, 153 - [X.], m.w.N.), gelegentlich hiervon spricht.
Der hiermit angesprochene Fachmann ist nicht mit einer tatsächlich exi-stierenden Person gleichzusetzen, weil Patentschriften sich an alle Fachleute richten (vgl. [X.].[X.]. v. 24.03.1998 - [X.], [X.] 1998, 1003, 1004 - Leuchtstoff). Eine dem Gebot der Rechtssicherheit genügende einheitliche - 13 - inhaltliche Erfassung einer patentierten Erfindung wäre auf der Grundlage indi-vidueller Kenntnisse und Fähigkeiten auch gar nicht möglich. [X.], Erkennen und Vorstellen wird deshalb bemüht, um mit dem auf dem betreffenden Gebiet der Technik üblichen - allgemeinen - Fachwissen sowie den durchschnittlichen Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten der dort täti-gen Fachwelt und dem hierdurch geprägten sinnvollen Verständnis vom Inhalt einer Lehre zum technischen Handeln eine verläßliche Entscheidungsgrundlage zu haben. Das führt freilich dazu, daß die maßgebliche Sicht selbst unmittelba-rer Feststellung entzogen ist. Auf sie kann nur mittels wertender Würdigung der tatsächlichen Umstände geschlossen werden, die ihrerseits - unmittelbar oder auch nur mittelbar - geeignet sind, etwas über die hiernach entscheidenden Verhältnisse auszusagen. Das bedeutet zugleich, daß im [X.] eine Bindung des [X.] nur insoweit in Betracht kommt, als das angefochtene [X.]eil erkennen läßt, daß der Tatrichter sich mit konkreten tatsächlichen Umständen befaßt hat, die für die Auslegung des betreffenden Patentanspruchs von Bedeutung sein können. Hierbei handelt es sich vor allem um Umstände, die eine Erfassung der maßgeblichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen innerhalb der Fachwelt ermöglichen, aber auch um andere Umstände, die sonstwie Rückschlüsse auf die fachliche Sicht des durch [X.] und Zeichnungen erläuterten Patentanspruchs erlauben.
Hieran fehlt es im Streitfall. Die Hinweise des Berufungsgerichts auf das Verständnis des Fachmanns sind bloße Annahmen. Hierauf beruht gerade auch die Folgerung, die den tragenden Gesichtspunkt des Berufungsgerichts bildet und aus dem Umstand hergeleitet ist, daß bei der vom [X.]at vorgenommenen Auslegung mit der durch Merkmal 2 gekennzeichneten Anweisung lediglich eine Selbstverständlichkeit zum Ausdruck gebracht wird. Mangels gegenteiliger tat-richterlicher Feststellungen ist deshalb der revisionsrechtlichen Überprüfung zu - 14 - Grunde zu legen, daß im vorliegenden Fall keine Umstände existieren, die der vom [X.]at vorgenommenen Auslegung entgegenstehen.
5. Diese Auslegung erlaubt nicht, das Vorhandensein des Merkmals 2 bei der angegriffenen Ausführungsform zu verneinen. Denn auch bei ihr gibt es eine Vorrichtung in dem Vorratsbehälter, die dort lagernde Parkkarten am Bo-den des Behälters vereinzelt. Das angefochtene [X.]eil kann deshalb keinen [X.] haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die notwendigen, bisher aber unterbliebenen Feststellungen zur ebenfalls strei-tigen Verwirklichung der Merkmale 3 und 4 bei der angegriffenen Ausführungs-form getroffen werden können.

[X.] Scharen [X.]

[X.] [X.]

Meta

X ZR 255/01

07.09.2004

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.09.2004, Az. X ZR 255/01 (REWIS RS 2004, 1770)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1770

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