Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.01.2014, Az. 8 B 26/13

8. Senat | REWIS RS 2014, 8305

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Gegenstand

Zuwendung für Rückbau ehemals militärisch genutzter Fläche; Vergaberechtsverstoß


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 27. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 646 582,09 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Klägerin begehrt von der [X.] eine Zuwendung für den Rückbau ehemals militärisch genutzter Flächen. Am 26. Juli 2004 wurde die Ankündigung der öffentlichen Ausschreibung und [X.] bekannt gemacht und darauf hingewiesen, dass 96 durch das Arbeitsamt zugewiesene Arbeitnehmer aufgeteilt auf sechs Lose für den Zeitraum vom 16. August bis zum 15. November 2004 zusätzlich einzustellen seien. Am 30. Juli 2004 versandte die Klägerin die Ausschreibungsunterlagen. Am 4. August 2004 führte sie einen gemeinsamen Ortstermin mit allen [X.]ietern durch und übersandte diesen Lage- und Übersichtspläne. Am folgenden Tag versandte sie weitere Unterlagen. Unter dem 6. August 2004 stellte sie bei der [X.] den verfahrensgegenständlichen Zuwendungsantrag betreffend [X.] sowie drei weitere Anträge zu den Losen 1, 3 und 4. Am [X.], dem 10. August 2004, bewilligte die [X.] die dort beantragte Förderung. Die [X.]eklagte genehmigte mit [X.]escheid vom selben Datum den vorzeitigen Maßnahmebeginn. Dabei wies sie auf mögliche Auflagen eines etwaigen Zuwendungsbescheides - insbesondere auf die bereits Ende Juni vorab übermittelten Allgemeinen Nebenbestimmungen zur Einbeziehung der VO[X.]/A - sowie auf das Fehlen eines Rechtsanspruchs auf Zuwendungen hin. Am 12. August 2004 traf die Klägerin ihre Vergabeentscheidung. Nach Prüfung der Vergabe lehnte die [X.]eklagte mit [X.]escheid vom 9. März 2005 den Zuwendungsantrag ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat der daraufhin erhobenen [X.]escheidungsklage stattgegeben. Auf die [X.]erufung der [X.] hat das Oberverwaltungsgericht dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen, da die Ablehnung des Antrags wegen schwerer, die Wirtschaftlichkeit gefährdender Vergaberechtsverstöße rechtmäßig gewesen sei. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen.

2

Die dagegen eingelegte [X.]eschwerde, die sich auf die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.] beruft und den Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 [X.] geltend macht, hat keinen Erfolg.

3

1. Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung zukommt ([X.]eschluss vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 [X.] Nr. 26 S. 14). Daran fehlt es hier.

4

a) Die von der [X.]eschwerdeführerin gestellte Frage,

unter welchen Voraussetzungen ein erhebliches Interesse eines [X.] im Sinne des § 14 [X.] an der Erfüllung des Zwecks der Konversion ehemals militärisch genutzter Flächen besteht,

wäre im angestrebten Revisionsverfahren nicht zu klären, weil es dafür nicht auf die Voraussetzungen der Zuwendungsfähigkeit gemäß § 14 [X.] ankommt. Fehlen diese Voraussetzungen, kann der Klägerin die begehrte Zuwendung schon deshalb nicht gewährt werden. Liegen sie dagegen vor, müssen zusätzlich die landeshaushaltsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein, die das [X.]erufungsgericht verneint hat. Die insoweit einschlägigen Vorschriften zählen, wie die Klägerin selbst einräumt, zum irrevisiblen [X.]recht. Zu den revisiblen Rechtsgrenzen ihrer Auslegung und Anwendung wirft die [X.]eschwerde keine rechtsgrundsätzlichen Fragen auf. Den beiden weiteren von ihr formulierten Fragen zu Art. 3 Abs. 1 [X.] und dem Verhältnismäßigkeitsgebot kommt keine grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu.

5

b) Die Frage,

ob eine [X.]ehörde im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 [X.] „verpflichtet" ist, bei [X.]n Anträge einer Gemeinde auf Gewährung einer Zuwendung mit [X.]lick auf eine ständige Verwaltungspraxis abzulehnen, der zufolge Zuwendungsanträge abgelehnt werden, wenn [X.] festgestellt werden,

erfordert keine Klärung in einem Revisionsverfahren. Dazu genügt nicht, dass die Frage noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung war. Nur wenn ihre Klärung gerade eine solche Entscheidung verlangt, muss zur Wahrung der Rechtseinheit einschließlich der gebotenen Rechtsfortentwicklung ein Revisionsverfahren durchgeführt werden. Das ist nicht der Fall, wenn die Frage sich anhand der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt (vgl. [X.]eschluss vom 24. August 1999 - [X.]VerwG 4 [X.] 72.99 - [X.]VerwGE 109, 268 <270> = [X.] 310 § 60 [X.] Nr. 228 S. 13). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Hoheitsträger sich grundsätzlich nicht auf das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 [X.] berufen können. Dies muss konsequenterweise auch für die [X.] Grundrechtsfunktion gelten, die ihre Grundlage in der individualrechtlichen Gewährleistung hat. Im Verhältnis zwischen Hoheitsträgern gilt das rechtsstaatliche Willkürverbot, das aus dem [X.] gemäß Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] abzuleiten ist und sachlich nicht begründbare Differenzierungen verbietet (vgl. Urteil vom 23. April 2003 - [X.]VerwG 3 C 25.02 - [X.] 451.55 Subventionsrecht Nr. 104 = juris Rn. 17; [X.], in: [X.], [X.], 6. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 65, 73 f.). Auch bei dessen Anwendung war die [X.]eklagte im Übrigen gehindert, die beantragte Zuwendung zu bewilligen. Ein sachlicher Grund, von der ständigen Verwaltungspraxis der [X.] abzuweichen, ist weder dem angegriffenen Urteil zu entnehmen noch wird er mit den dagegen erhobenen [X.] substantiiert geltend gemacht. An die Feststellungen der Vorinstanz zu dieser Praxis wäre der Senat im Revisionsverfahren mangels einschlägiger wirksamer Verfahrensrügen gebunden. Unabhängig davon wäre die aufgeworfene Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil das angegriffene Urteil sich selbst bei einer [X.]eantwortung der Frage im Sinne der Klägerin jedenfalls gemäß § 144 Abs. 4 [X.] als im Ergebnis richtig erweisen würde. Diese Vorschrift dient der [X.] und ist auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu berücksichtigen. Danach ist die Revision grundsätzlich nicht zuzulassen, wenn das angegriffene Urteil sich im Ergebnis als richtig erweist (stRspr, vgl. [X.]eschlüsse vom 13. Juni 1977 - [X.]VerwG 4 [X.] 13.77 - [X.]VerwGE 54, 99 = [X.] 310 § 132 [X.] Nr. 153, vom 2. November 1990 - [X.]VerwG 5 [X.] 100.90 - [X.] 310 § 43 [X.] Nr. 112 S. 27 und vom 22. August 1996 - [X.]VerwG 8 [X.] 100.96 - [X.] 310 § 144 Nr. 62). Die Kritik an dieser Rechtsprechung (Czybulka, in: [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2010, § 133 Rn. 79) ist unberechtigt jedenfalls in [X.]ezug auf Fälle, in denen die Prüfung der [X.] keine ihrerseits klärungsbedürftigen Grundsatzfragen aufwirft und nicht auf Gesichtspunkte führt, mit deren Erheblichkeit die [X.]eteiligten nach dem bisherigen Verfahrensstand nicht rechnen mussten ([X.], in: [X.]/[X.], a.a.[X.], § 144 Rn. 34 f.; Eichberger, in: [X.]/[X.]/[X.]ier, [X.], Stand April 2013, § 144 Rn. 61 f.).

6

Das hier angegriffene Urteil hätte selbst dann [X.]estand, wenn die Ablehnung des Zuwendungsantrags der Klägerin wegen der vom [X.]erufungsgericht in Anwendung irrevisiblen [X.]rechts angenommenen [X.] zwar nicht zwingend, aber ermessensfehlerfrei war. Das ist auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz zu bejahen, die nicht wirksam mit Verfahrensrügen angegriffen wurden (dazu unten 2.). Diese Anwendung des § 144 Abs. 4 [X.] führt weder auf weitere grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen des revisiblen Rechts noch wirft sie rechtliche Gesichtspunkte auf, mit deren Erheblichkeit die [X.]eteiligten nach dem bisherigen Verfahrensstand nicht rechnen mussten. Vielmehr liegt auf der Hand, dass bei ermessensfehlerfreier Ablehnung eines Antrags kein Anspruch auf Neubescheidung bestehen kann und dass eine ermessensfehlerfreie Ablehnung nur die pflichtgemäße Ausübung der entsprechenden [X.]efugnis und nicht etwa eine Verpflichtung zur Antragsablehnung voraussetzt.

7

c) Auch die Frage,

ob und ggf. welche Anforderungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an die Schwere eines Vergabeverstoßes stellt, damit er zur Ablehnung einer Zuwendung führen kann,

führt nicht auf eine grundsätzlich bedeutsame Frage des revisiblen Rechts. Sie zielt auf eine verhältnismäßige Konkretisierung der Voraussetzungen eines schweren Vergaberechtsverstoßes. Damit hat sie die Auslegung und Anwendung irrevisibler landesrechtlicher Vergabevorschriften zum Gegenstand. Soweit sie das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsgebot als verfassungsrechtliche Grenze ihrer Anwendung betrifft, wirft sie keine bestimmte revisible, verfassungsrechtliche Rechtsfrage auf. Sie bezeichnet nur das Problem, die hergebrachten Elemente des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, nämlich die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme zum legitimen Zweck sowie die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, in [X.]ezug auf die Versagung landesrechtlicher Zuwendungen wegen [X.] verallgemeinerungsfähig zu konkretisieren. Dass die Elemente des Verhältnismäßigkeitsgebots selbst der verfassungsrechtlichen Präzisierung bedürften, ist der [X.]eschwerdebegründung nicht zu entnehmen.

8

2. Das angegriffene Urteil leidet schließlich nicht am geltend gemachten Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 86 Abs. 1 [X.]).

9

Entgegen der Annahme der Klägerin musste es sich dem [X.]erufungsgericht nicht ohne einen entsprechenden förmlichen [X.]eweisantrag aufdrängen, die [X.]ieter zu etwa getroffenen Absprachen zu vernehmen oder sonstige weitere Aufklärungsmaßnahmen zu treffen. Nach der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung der Vorinstanz, auf die bei der Prüfung von Verfahrensmängeln abzustellen ist, begründete eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht einen schweren, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beeinträchtigenden Vergabemangel wegen der Gefahr unzulässiger wettbewerbsverzerrender Preisabsprachen zwischen einzelnen [X.]ietern anlässlich des von der Klägerin mit allen [X.]ietern gemeinsam durchgeführten [X.]. Die Konkretisierung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts durch die Vorinstanz, nach deren Auffassung die Möglichkeit solcher unzulässigen Absprachen genügte, ist dem materiellen Recht zuzurechnen und kann nicht mit der Verfahrensrüge angegriffen werden. Auf die Frage, ob tatsächlich solche Absprachen getroffen wurden, kam es nach dieser Rechtsauffassung nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 [X.].

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 3 GKG. Da die Klägerin lediglich einen Anspruch auf Neubescheidung geltend macht, wird der Streitwertbemessung in Übereinstimmung mit der vorinstanzlichen, von den [X.]eteiligten nicht angegriffenen Festsetzung nur ein Teilbetrag der begehrten Zuwendung zu Grunde gelegt.

Meta

8 B 26/13

29.01.2014

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 27. Februar 2013, Az: 6 B 34.12, Urteil

§ 14 HGrG, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.01.2014, Az. 8 B 26/13 (REWIS RS 2014, 8305)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8305

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