Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2017, Az. 3 StR 48/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 9648

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:130617B3STR48.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 48/17
vom
13. Juni 2017
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen zu 1. + 2.: besonders schweren Raubes u.a.

zu 3.: Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 13. Juni 2017 gemäß §
349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, Abs. 1a [X.] einstimmig beschlos-sen:
1.
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26. Oktober 2015 im Ausspruch über den [X.] aufgehoben, soweit die [X.] als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, den [X.] von der Zahlung außergerichtlicher Kosten in Höhe n; insoweit wird von der Entscheidung über den [X.] abgesehen.
2.
Bezüglich des Angeklagten J.

P.

wird festge-stellt, dass das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten J.

und Je.

P.

des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperver-letzung schuldig gesprochen und gegen J.

P.

eine Freiheits-strafe von sechs Jahren und drei Monaten sowie gegen Je.

P.

1
-
3
-
eine Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten verhängt. Die Angeklagte H.

hat es wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Voll-streckung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es eine Adhäsionsentschei-dung getroffen und dabei unter anderem die Angeklagten als Gesamtschuldner verurteilt, den Adhäsionskläger von der Zahlung außergerichtlicher Kosten in die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten J.

und Je.

P.

beanstanden darüber hinaus auch das Verfahren. Die [X.] bleiben zum Schuld-
und Strafausspruch ohne Erfolg. Auf die Revision des Angeklagten J.

P.

ist festzustellen, dass das Verfahren rechts-staatswidrig verzögert worden ist. Der Adhäsionsausspruch kann in dem darge-legten Teil nicht bestehen bleiben.
Über die zutreffenden Darlegungen in den [X.] des [X.] hinaus bedarf lediglich Folgendes der Erörterung:
1. Die von den Angeklagten J.

und Je.

P.

er-hobene Beanstandung, § 244 Abs. 3, 4 und 6, § 261 [X.] seien verletzt, weil die [X.] unter Beweis gestellte Umstände als wahr unterstellt und [X.] das Beweisbegehren nicht vollständig ausgeschöpft habe, dringt nicht durch.
Zu den Ausführungen des [X.], der in diesem Zu-sammenhang u.a. darauf abgestellt hat, es fehle an einer ausreichend be-stimmten [X.], soweit die Einholung eines Sachverständigengut-achtens zur Weg-Zeit-Berechnung am Tattag beantragt worden sei, gilt:

2
3
4
-
4
-
Nicht
ausreichend konkretisierte, unklare oder widersprüchliche Beweis-tatsachen dürfen zwar grundsätzlich nicht als wahr unterstellt werden. Enthält das Beweisbegehren derartige Behauptungen, so hat das Gericht vor der [X.] darauf hinzuwirken, dass
die Beweisbehauptung präzisiert oder ihr Sinn klargestellt wird. Unterlässt es dies jedoch und unterstellt das Vorbringen gleichwohl als wahr, so ist es an diese Zusage in derselben Weise gebunden, als wenn es sich hierbei um eine ausreichend konkretisierte Be-weisbehauptung gehandelt hätte. Hieraus folgt zunächst, dass es sich in den Urteilsgründen nicht in Widerspruch zu der [X.] setzen darf. Im Übrigen kann das Revisionsgericht angesichts der Zusage einer [X.] nicht darauf abstellen, dass es dem Tatgericht möglich gewesen wäre, eine unzureichende Konkretisierung der Beweisbehauptung anzunehmen; vielmehr ist es im Falle einer [X.] unerheblich, ob das Antrags-vorbringen den [X.] an eine Beweisbehauptung ge-nügt (vgl. zu alldem [X.], Urteil vom 9. Mai 1994 -
5 [X.], [X.]St 40, 169, 185; Beschluss vom 16. September 1997 -
5 [X.], [X.], 13, 14; [X.]/[X.], [X.], 26. Aufl., § 244 Rn. 304 mwN). Dies bedeutet, dass sich die revisionsrechtliche Überprüfung bei Behauptungen, deren Inhalt als wahr unterstellt wird, einheitlich nach den im Rahmen des § 244 Abs. 3 [X.] geltenden Maßstäben vollzieht, nicht aber -
wie sonst bei einem Vorbringen, das die Anforderungen an eine Beweisbehauptung wegen mangelnder [X.] nicht erfüllt -
nach denjenigen des § 244 Abs. 2 [X.].
Dessen eingedenk hat die [X.] in den Urteilsgründen nicht ge-gen die zugesagte [X.] verstoßen. Die Auslegung des [X.] (zu dem hieran anzulegenden Maßstab vgl. etwa [X.], Urteile vom 13. August 1991 -
5 [X.], [X.]R [X.] § 244 Abs. 3 Satz 2 Wahrunter-stellung 23; vom 15. November 1994 -
1 [X.], [X.]R [X.] § 244 Abs. 3 5
6
-
5
-
Satz 2 [X.] 27; Beschluss vom 9. Januar 2008 -
5 [X.], [X.]R [X.] § 244 Abs. 3 Satz 2 [X.] 39) ergibt, dass das [X.] dieses nicht in unzulässiger Weise eingeengt oder verändert hat. Der Beweisantrag, der der [X.] zugrunde gelegen hat, enthält [X.] als Reaktion auf Hinweise des Gerichts in einem ersten Teil unter [X.] 1. und 2. Ausführungen dazu, weshalb aus Sicht der Verteidigung die Zeiträume von 10:02 Uhr bis 10:22 Uhr und 10:30 Uhr bis 11:00 Uhr nicht als [X.] in Betracht kamen, ohne dass insoweit Beweisangebote
gemacht werden. Sodann folgen in einem neuen Abschnitt unter I[X.] Ausführungen dahin, dass es ausgeschlossen sei, "nach der Wegstrecke [X.] bis zum Funkmast [X.] um 10:22:55 Uhr, gleichwohl im Zeitfenster 10:34 Uhr bis 10:43 Uhr den [X.] zu erreichen". Im [X.] wird -
ebenfalls noch unter I[X.] -
beantragt, zu der Frage, ob es dem Angeklagten Je.

P.

auf-grund der besonderen Umstände im [X.] Straßenverkehr möglich ge-wesen sei, den [X.] "im streitbefangenen Zeitfenster" zu erreichen, ein
Sachverständigengutachten einzuholen und weitere Beweise zu erheben. [X.] belegen sowohl der Wortlaut des Antrags als auch dessen Sinnzusammen-hang unter Berücksichtigung von Ablauf und Stand der Hauptverhandlung, dass die begehrte Beweiserhebung sich lediglich auf das Zeitfenster 10:34 Uhr bis 10:43 Uhr bezog. Nur soweit reicht folglich auch die [X.] des [X.]s. Nach den Urteilsfeststellungen begann der Überfall auf den Zeu-gen C.

am 22. Juli 2014 erst gegen 11:00 Uhr, mithin außerhalb des in Rede stehenden Zeitraumes.
2. Die Strafzumessung betreffend die Angeklagte H.

hält im Er-gebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Zwar hat das [X.] die Strafe dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Rahmen entnommen, ohne zu erörtern, ob die allgemeinen Strafmilderungsgründe und gegebenenfalls der 7
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6
-
vertypte Milderungsgrund des § 27 Abs. 2 StGB zur Annahme eines minder schweren Falles nach § 224 Abs. 1, letzter Halbsatz StGB hätten führen [X.]. Die ausgesprochene Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist, ist aber jedenfalls ange-messen im Sinne des § 354 Abs. 1a [X.].
3. Der Angeklagte J.

P.

beanstandet in zulässiger Wei-se und in der Sache zu Recht, dass das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist, weil das [X.] erst nahezu sieben Monate nach der Urteilsabsetzung fertig gestellt worden ist. Zur Kompensation dieses
Umstands genügt aus den vom [X.] im Einzelnen dargeleg-ten Gründen die Feststellung der Verfahrensverzögerung, die der Senat in ent-sprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 [X.] selbst vorgenommen hat.
4. Zu dem Adhäsionsausspruch hat der [X.] ausge-führt:
"Allerdings begegnet die Entscheidung über den [X.] des [X.] hinsichtlich des Ausspruchs über die Freistellung von der Zahlung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 492,54 [X.] rechtlichen Bedenken und ist daher insoweit aufzuheben. Es [X.] Ausführungen dazu, um welche Kosten es sich konkret handelt und wodurch diese entstanden sind. Die Ausführungen auf [X.] dem Senat nicht die Nachprüfung, ob der insoweit zuerkannte [X.] auf materiellen Schadensersatz dem Grunde und der Höhe nach rechtsfehlerfrei bestimmt worden ist (vgl. auch [X.], Beschluss vom 22.
Dezember 2011 -
4 [X.]). Daher ist insoweit gemäß § 406 Abs. 1 S.
3 [X.] von einer Entscheidung abzusehen."
Dem schließt sich der Senat an.
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-
7
-

5. Die geringfügigen Erfolge der Rechtsmittel bieten keinen Anlass, die Verfahrenskosten oder die notwendigen Auslagen der Angeklagten auch nur teilweise der Staatskasse aufzuerlegen (§ 473 Abs. 4 [X.]).
[X.]

[X.] Spaniol

Berg Hoch
11

Meta

3 StR 48/17

13.06.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2017, Az. 3 StR 48/17 (REWIS RS 2017, 9648)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9648

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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