Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2009, Az. IV ZR 279/07

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 311

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 279/07 Verkündet am: 2. Dezember 2009 Fritz, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2009 für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] werden das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 20. September 2007 aufgehoben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 2. Dezember 2005 zurückgewiesen. Die Revision des [X.] gegen das vorgenannte Urteil des [X.] wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Von Rechts wegen
Tatbestand:

[X.] Die beklagte [X.] und der Länder ([X.]) hat die Aufgabe, den Angestellten und Arbeitern der an ihr betei-ligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinter-bliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. [X.] vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte 1 - 3 -

ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 um-gestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des [X.] Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 ([X.]) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarif-vertrag vom 4. November 1966 ([X.]) beruhende - endge-haltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem [X.] beruhendes [X.] ersetzt.
Die neue Satzung der [X.] ([X.]S) enthält [X.] zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen [X.]. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen [X.] übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in [X.] und rentenferne Versicherte unterschie-den. [X.] ist nur, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr voll-endet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem [X.] unterfiel oder Pflichtversiche-rungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen kann. 2 Die Anwartschaften der [X.]n Versicherten werden nach der in den §§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 [X.]S (im [X.] übereinstimmend mit den §§ 32 Abs. 1 und 4 Satz 1, 33 Abs. 2, 4 ff. [X.]) getroffenen Übergangsregelung weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen (vgl. zu dieser Übergangsrege-lung [X.]surteil vom 24. September 2008 - [X.]/07 - [X.], 101), wohingegen sich die Anwartschaften der rentenfernen Versicherten nach den §§ 32 Abs. 1 und 4, 33 Abs. 1 Satz 1 [X.], 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 1 Satz 1 [X.]S i.V. mit § 18 Abs. 2 des [X.] 3 - 4 -

([X.]) berechnen (vgl. dazu [X.]surteil vom 14. November 2007 - [X.]/06 - [X.], 127).
I[X.] Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Systemumstel-lung, die Wirksamkeit der Übergangsregelung für [X.] Versicherte und die Höhe der dem Kläger erteilten Startgutschrift von 166,06 Versor-gungspunkten (das entspricht einer monatlichen [X.] von 664,24 •). Der Kläger beanstandet insbesondere, dass sich eine rückwir-kend zum 1. Januar 2002 eingetretene, erhebliche Gehaltserhöhung nicht in gleichem Maße auf die Errechnung seiner Betriebsrente ausge-wirkt habe wie nach altem Satzungsrecht. 4 Der 1940 geborene und mithin einem [X.]n Jahrgang zuge-hörige Kläger bezieht seit dem 1. März 2005 eine Altersrente aus der ge-setzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.267,61 • und eine Be-triebsrente von der [X.]. Deren Höhe (706,96 •, das entspricht 176,74 Versorgungspunkten) wurde auf der Grundlage der neuen [X.] der [X.] in der Weise errechnet, dass zunächst nach den vor-genannten Übergangsbestimmungen für [X.] Versicherte die Startgutschrift (166,06 Versorgungspunkte) für den 31. Dezember 2001 ermittelt und sodann die seit dem 1. Januar 2002 bis zum Rentenbeginn nach dem neuen [X.] erworbenen Versorgungspunkte (10,68 Versorgungspunkte) hinzugerechnet wurden. 5 Aufgrund einer mit seinem früheren Arbeitgeber aus Anlass eines arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits am 30. Mai 2002 getroffenen Vereinba-rung war der Kläger rückwirkend zum 1. Januar 2002, dem Tag nach dem [X.], von der Vergütungsgruppe [X.] in die 6 - 5 -

Vergütungsgruppe [X.] eingestuft worden, was zu einer um monatlich 673 • brutto erhöhten Grundvergütung führte.
Der Kläger sieht eine ihn treffende besondere Härte darin, dass die Systemumstellung es verhindert habe, dass sein in den letzten drei [X.] bis zum Rentenbeginn bezogenes, deutlich erhöhtes Gehalt anders als nach früherem Satzungsrecht nicht in die Berechnung der [X.] eingeflossen sei. Insoweit habe die Beklagte den ihm zustehenden Vertrauensschutz missachtet. Er erstrebt mit mehreren Klaganträgen vor-rangig die Fortschreibung seiner [X.] nach dem vor der Systemumstellung geltenden Satzungsrecht über den [X.] hinaus. 7 Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Unter Klageabweisung im Übrigen hat das [X.] auf die Berufung des [X.] fest-gestellt, die Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger bis zum Inkrafttreten einer Satzungsneuregelung eine Betriebsrente zu gewähren, die sich aus dem Produkt der nach der alten Satzung der [X.] für den Eintritt des Versicherungsfalles errechneten vollen Versorgungsrente mit dem Quotienten aus den (tatsächlich zurückgelegten) [X.] bis zum [X.] (31. Dezember 2001) und den insgesamt mög-lichen [X.] bis "zum Erreichen" des 65. Lebensjahres [X.]. Dagegen richten sich die Revision der [X.], die die Wiederher-stellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt, ferner die Revision des [X.], welcher sein bisheriges Rechtsschutzbegehren vollen Umfangs weiterverfolgt. 8 - 6 -

Entscheidungsgründe:
9 Lediglich die Revision der [X.] hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht erachtet die Übergangsregelung für [X.] Versicherte für wirksam, führt aber ergänzend aus: 10 Im Falle des [X.] habe die wortlautgetreue Anwendung des § 79 Abs. 2 i.V. mit § 78 [X.]S allerdings eine besondere, nach dem Grundsatz von [X.] und Glauben nicht mehr zumutbare Härte zur Folge. 11 Die Beklagte habe entsprechend § 78 Abs. 2 [X.]S für die Berech-nung der der Startschrift zugrunde liegenden [X.] die am 31. Dezember 2001 vorliegenden Rechengrößen herangezogen und - so-weit gesamtversorgungsfähiges Entgelt des [X.] zu berücksichtigen gewesen sei - die Einkünfte der Jahre 1999 bis 2001 zugrunde gelegt. Es sei so die außerordentlich hohe Steigerung des Gehalts der letzten drei Jahre vor dem Versicherungsfall, auf dessen Höhe es für die Errechnung der Betriebsrente nach dem früheren Gesamtversorgungssystem gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.]S a.F. angekommen wäre, außer Betracht geblie-ben. Das bewirke einen unzumutbaren Eingriff in die vom Kläger erdiente [X.], welche auch die erdiente Dynamik einschließe. Nach den Berechnungen des [X.]s bleibt die nach der neuen Satzung ermittelte Betriebsrente des [X.] um 135,04 • hinter der geschützten Anwartschaft zurück. Da die vom Kläger erdiente [X.] die nach der neuen Satzung der [X.] ermittelte Betriebsrente somit um nahezu ein Fünftel übersteige, sei die [X.] überschritten. 12 - 7 -

13 In Ermangelung einer besonderen Härtefallregelung in der neuen Satzung der [X.] (vgl. dazu [X.] 2002, 1459 unter III) müsse eine am Sinn und Zweck der Versorgungsanordnung orientierte [X.] der den Anspruch einschränkenden Voraussetzungen der Übergangs-regelung erfolgen. Sie führe dazu, die dem Kläger ab dem 1. März 2003 zu zahlende Betriebsrente bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung der Satzung der [X.] nach der im [X.] niedergelegten Formel zu berechnen. I[X.] Den Angriffen der Revision des [X.] halten diese Ausführun-gen stand. 14 Die Übergangsregelungen für [X.] Versicherte sind wirk-sam. Der [X.] hat bereits mit Urteil vom 14. November 2007 ([X.]/06 - [X.], 127 [X.]. 25 ff.) entschieden, dass die Satzung der [X.] auch ohne Zustimmung der Versicherten und im Wege einer um-fassenden Systemumstellung geändert werden konnte. Mit Urteil vom 24. September 2008 ([X.]/07 - [X.], 101) hat er dies bestä-tigt und die Berechnung der bis zum Zeitpunkt der Systemumstellung von den [X.]n Versicherten erworbenen [X.]en sowie deren Übertragung in das neu geschaffene [X.] gebil-ligt. Die von den Tarifvertragsparteien im Rahmen ihres weiten Gestal-tungsspielraums getroffene Regelung ist jedenfalls vertretbar und schon aus diesem Grunde verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt insbesondere auch für die Festschreibung der Rechengrößen, wie etwa des Entgelts, des [X.] und der Steuerklasse, zum [X.] ([X.], 101 [X.]. 46 ff.). Im Einzelnen wird ergänzend 15 - 8 -

auf die Ausführungen in den genannten [X.]surteilen, die sich auch zu den weiteren Revisionsangriffen des [X.] verhalten, verwiesen.
Das Berufungsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass keine unzulässige Rückwirkung darin liegt, dass die am 3. Januar 2003 im [X.] veröffentlichte neue Satzung der [X.] die System-umstellung bereits mit Wirkung zum Ablauf des 31. Dezember 2001 vor-nimmt. Denn die Tarifvertragsparteien hatten sich schon vor dem [X.] am 13. November 2001 im so genannten [X.] auf die Systemumstellung geeinigt und dies auch ausreichend [X.] gemacht. Insofern war ein schutzwürdiges Vertrauen der Ver[X.]ten darauf, dass die Regeln der alten Satzung über den [X.] 2001 hinaus Bestand hätten, nicht mehr begründet. 16 II[X.] Auf die Revision der [X.] waren das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klageabweisung durch das Urteil erster Instanz im Ergebnis zu bestätigen. 17 1. Anders als das Berufungsgericht meint, liegen die Vorausset-zungen für eine am Maßstab des § 242 BGB orientierte, korrigierende Einzelfallentscheidung im Falle des [X.] aber nicht vor. Die ihn tref-fende Betriebsrenteneinbuße ist Folge der von den Tarifvertragsparteien im Rahmen ihres weiten Gestaltungsspielraums bei der Systemumstel-lung getroffenen Stichtagsregelung und erweist sich insoweit nicht als planwidrig. Dem Gesetzgeber - und auch den [X.] - ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebens-sachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich 18 - 9 -

- wie hier - die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (vgl. [X.] 117, 272 [X.]. 73; 101, 239, 270; 80, 297, 311; 44, 1, 21 f.; st. Rspr.). Dass dem Kläger eine anhand seiner Einkünfte in den letzten drei Jahren vor Rentenbeginn ermittelte Betriebsrente versagt bleibt, ist [X.] des Umstandes, dass die in § 78 Abs. 2 [X.]S getroffene Übergangs-regelung ausdrücklich bestimmt, dass der Startgutschriftenberechnung das gesamtversorgungsfähige Entgelt der letzten drei Jahre vor dem [X.] zugrunde zu legen und eine Erhöhung zum 1. Januar 2002 nicht zu berücksichtigen ist. 19 Danach genießt ein früheres, vor dem [X.] gefass-tes Vertrauen des [X.] darauf, dass sich seine Betriebsrente einst nach dem seinerzeit noch unbekannten, außerordentlich erhöhten ge-samtversorgungsfähigen Entgelt der letzten drei Jahre vor Rentenbeginn errechnen werde, nicht den besonderen Schutz eines erdienten [X.]. Dieser Schutz sichert den Versicherten nämlich lediglich den nach der alten Satzung ermittelten Anwartschaftsbetrag, der ihnen selbst dann nicht mehr hätte entzogen werden können, wenn sie zum [X.], dem 31. Dezember 2001, aus ihrem Beschäftigungsver-hältnis ausgeschieden wären ([X.]surteil vom 14. November 2007 aaO [X.]. 54 ff., 57). Geschütztes Vertrauen kann deshalb nur hinsichtlich der Berechnungsgrößen entstanden sein, die bis zur Systemumstellung [X.] feststanden. Dem trägt die Übergangsregelung ausreichend Rech-nung. Der Käger wird insoweit nicht schlechter gestellt als andere Ver[X.]te, bei denen Veränderungen nach dem Stichtag eintreten, wie etwa 20 - 10 -

infolge einer anderen Steuerklasse oder bei sonstigen Gehaltsänderun-gen. 2. Die Höhe der Einbußen allein trägt eine korrigierende Einzel-fallentscheidung gemäß § 242 BGB nicht. 21 Terno [X.] [X.] Dr. Kessal-Wulf [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.12.2005 - 6 O 63/04 - O[X.], Entscheidung vom 20.09.2007 - 12 U 39/06 -

Meta

IV ZR 279/07

02.12.2009

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2009, Az. IV ZR 279/07 (REWIS RS 2009, 311)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 311

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