Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.06.2009, Az. XI ZR 291/08

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2776

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 291/08 Verkündet am: 30. Juni 2009 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 30. Juni 2009 durch [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Grüneberg und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 22. Dezember 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kos-ten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem beklagten Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.]

(im [X.]: Insolvenzschuldnerin) die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihr deren Rechtsvorgängerin zur Beteiligung an einer [X.] ge-währt hat. 1 - 3 - 2 Die Klägerin, eine damals 28 Jahre alte [X.] mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von ca. 52.800 DM, wurde im Jahr 1997 von einem Vermittler geworben, sich zur Steuerersparnis an der D.

KG (nachfolgend: Fonds) zu beteiligen. Sie unterzeichnete am 11. November 1997 ein mit "Beitrittserklärung, [X.] und [X.]" überschriebenes Formular, in dem sie die [X.].

GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (nachfolgend: [X.]) beauftragte, für sie die mittelbare Beteiligung an dem Fonds mit [X.] von 50.000 DM zuzüglich 5% Agio zu begründen so-wie zu deren Finanzierung ein Darlehen in Höhe von 53.300 DM aufzu-nehmen und hierfür die erforderlichen banküblichen Sicherheiten zur Verfügung zu stellen. Zugleich beauftragte sie die Treuhänderin, die Kreditmittel in Empfang zu nehmen und an die [X.] weiter-zuleiten. Ferner verpflichtete sie sich zur Sicherungsabtretung einer Ri-sikolebensversicherung mit einer Versicherungssumme von mindestens 50% der Darlehenssumme.
Der [X.] enthält folgende von der Klägerin gesondert unterschriebene und in Fettdruck gestaltete Erklärung: 3 "Zur Durchführung des [X.] erteile ich hiermit [X.] an die PR.

GmbH Wirt-schaftsprüfungsgesellschaft. Grundlagen sind der [X.] der D.

KG mit Treuhand- und Gesell-schaftsvertrag, den ich erhalten habe sowie die Hinweise auf der Rückseite dieses [X.]." - 4 - Auf der Rückseite befinden sich unter der Überschrift "Hinweise zum [X.]" unter anderem folgende Aussagen: 4 "Mit dem vorliegenden —[X.] und [X.] und bevollmächtigt der Anleger den Treuhänder, für ihn die im Treuhandvertrag vorgesehenen Verträge [X.]. – Soweit vom Anleger beantragt, schließt der Treuhänder zur Finanzierung der [X.] zuzüglich Nebenleistungen aufgrund der erteilten [X.] einen [X.] ab und bestellt bankübliche Sicherheiten."
Abgesetzt am unteren Ende, aber durch einen Rahmen noch mit der Überschrift verbunden, ist folgende Erklärung abgedruckt: 5 "Die Einschaltung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Abschluß-Treuhänder führt zu einer wesentlichen Vereinfa-chung der Vertragsabwicklung und stellt dem Anleger in allen Vertrags- und Verwaltungsfragen einen erfahrenen Ratgeber zur Seite." Die Treuhänderin, die über eine Erlaubnis nach dem [X.] nicht verfügte, nahm am 9. Dezember 1997 den Antrag auf Abschluss des [X.] an und schloss am 19./23. Dezember 1997 in Vertretung der Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Insol-venzschuldnerin (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) einen Darlehens-vertrag über 53.300 DM zu einem Auszahlungskurs von 98,5%, einem bis zum 30. Dezember 2007 festgeschriebenen Zinssatz von jährlich 8,75%, einem jährlichen Tilgungssatz von 1% und monatlichen Tilgungs-raten in Höhe von 433,06 DM beginnend ab dem 30. Januar 1998. Zur Sicherung der Ansprüche der Insolvenzschuldnerin diente neben der Ab-tretung der Rechte aus der Lebensversicherung die Abtretung des Fondsanteils. Die Darlehensvaluta wurde von der Insolvenzschuldnerin 6 - 5 - vertragsgemäß an die Treuhänderin ausgezahlt und von dieser zur Til-gung der [X.] der Klägerin verwendet. 7 Mit Schreiben vom 21. Dezember 2001 teilte die Klägerin der [X.] mit, dass nach ihrer Auffassung der Darlehensvertrag nichtig sei und weitere Zahlungen nur unter Vorbehalt erfolgten. Mit Schreiben vom 24. September 2003 kündigte die Klägerin ihre Komman-ditbeteiligung gegenüber der Treuhänderin und der [X.]. Mit der Klage hat die Klägerin von der Insolvenzschuldnerin die Rückzahlung der von ihr auf das Darlehen in dem Zeitraum von Januar 1998 bis September 2003 geleisteten monatlichen Zins- und [X.] in Höhe von insgesamt 15.277,98 • nebst Zinsen, hilfsweise Zug um Zug gegen Abtretung der von der Treuhänderin gehaltenen Kommandit-beteiligung, und die Feststellung begehrt, dass der zwischen ihnen am 19./23. Dezember 1997 geschlossene Darlehensvertrag unwirksam ist und der Insolvenzschuldnerin hieraus keine Ansprüche mehr gegen sie zustehen. Sie ist der Ansicht, bei Abschluss des Darlehensvertrages we-gen Verstoßes der der Treuhänderin erteilten [X.] gegen das [X.] nicht wirksam vertreten worden zu sein. [X.] könne sie analog § 9 Abs. 4 VerbrKrG (VerbrKrG im Folgenden je-weils in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) die Rück-zahlung bereits geleisteter Darlehensraten verlangen und weitere Zah-lungen auf den Darlehensvertrag aufgrund des Einwendungsdurchgriffs gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG verweigern. 8 Das [X.] hat die Klage gegen die Insolvenzschuldnerin ab-gewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der 9 - 6 - Zahlungsklage nach dem Hilfsantrag und der Feststellungsklage stattge-geben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die [X.] die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Während des Revisionsverfahrens ist über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der zum Insolvenzverwalter bestellte Beklagte hat der von der Klägerin zur [X.] angemeldeten Klageforderung widersprochen und das unter-brochene Revisionsverfahren aufgenommen. Er begehrt nunmehr, seinen Widerspruch gegen die angemeldete Klageforderung für begründet zu erklären.
Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefoch-tenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsge-richt. 10 I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: 11 Der zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin im [X.] geschlossene Darlehensvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen, weil der [X.] ebenso wie die der Treuhänderin erteilte [X.] wegen Verstoßes gegen das [X.] nichtig seien und die Treuhänderin deshalb bei Abschluss des [X.] - 7 - hensvertrages als Vertreterin ohne Vertretungsmacht gehandelt habe. Das Schwergewicht der Aufgaben der Treuhänderin habe in Bezug auf die Realisierung der in ihrer rechtlichen Konstruktion komplizierten [X.] der Klägerin und der Darlehensaufnahme zur [X.] unter Zur-Verfügung-Stellung banküblicher Sicherheiten auf der Rechtsberatung gelegen. Die Tätigkeit der Treuhänderin falle auch nicht unter die Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 [X.]. [X.] habe deshalb einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rück-zahlung der geleisteten Darlehensraten, während sie keinem Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens ausgesetzt sei; Darlehensvertrag und Kommanditbeteiligung seien als verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG anzusehen, weil der Abschluss des [X.] lediglich der Finanzierung der Kommanditbeteiligung der Klägerin gedient habe. [X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Klägerin hat gegen die Insolvenzschuldnerin keinen Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB auf Rückzahlung der geleisteten [X.]. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin am 19./23. Dezember 1997 ein wirksamer Darlehensvertrag zustande gekommen. Die Klägerin wurde bei Abschluss dieses Vertrages wirksam durch die Treuhänderin [X.]. 13 1. Die in dem von der Klägerin unterzeichneten [X.] enthaltene [X.] verstößt, wie der Senat (Urteil vom 20. Januar 14 - 8 - 2009 - [X.] ZR 487/07, [X.], 542, [X.]. 17 ff.) für einen gleich lauten-den Schein bereits entschieden hat, nicht gegen das [X.]. Da angesichts der rechtlichen Durchdringung nahezu aller Le-bensbereiche eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist, ist für die Frage, ob eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art. 1 § 1 [X.] vorliegt, nicht allein auf die rechtliche Form einer Tätigkeit, sondern auf [X.] und Schwerpunkt abzustellen, d.h. darauf, ob die Tätigkeit über-wiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirt-schaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angele-genheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtli-cher Verhältnisse geht (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 10. Oktober 2006 - [X.] ZR 265/05, [X.], 108, [X.]. 20 und vom 20. Januar 2009 - [X.] ZR 487/07, [X.], 542, [X.]. 18 ff., jeweils m.w.[X.]). Die [X.] im [X.] hat nicht etwa den Abschluss eines ganzen Bün-dels von Verträgen mit mannigfaltigem rechtlichem Beratungsbedarf zum Gegenstand, sondern beschränkt sich auf die Erklärung des Beitritts zur [X.] und auf die Aufnahme des [X.]. Hierbei handelt es sich um die Wahrnehmung von im Wesentlichen wirt-schaftlichen Belangen.
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die Nichtigkeit der im [X.] enthaltenen [X.] auch nicht über § 139 BGB aus der angeblichen Nichtigkeit des [X.]. Denn auch der Treuhandvertrag verstößt, wie der Senat (Urteil vom 20. Januar 2009 - [X.] ZR 487/07, [X.], 542, [X.]. 21) für einen gleich lautenden [X.] ebenfalls bereits entschieden hat, nicht gegen das [X.]. Der Schwerpunkt der von der Treuhänderin geschuldeten 15 - 9 - Tätigkeiten liegt nicht auf rechtlichem, sondern auf wirtschaftlichem Ge-biet. Die Geschäftsbesorgungstätigkeit der Treuhänderin hat nach dem Inhalt des [X.] kein Bündel von Verträgen mit mannigfalti-gem rechtlichem Beratungsbedarf zum Gegenstand, sondern lediglich die Bewirkung des mittelbaren Beitritts zum Fonds, die Verwaltung dieser Beteiligung und die Aufnahme des [X.]. Eine darüber hinausgehende rechtliche Beratung ist nicht Gegenstand des [X.]. Auch der Satz am Ende der "Hinweise zum Treu-handauftrag", nach dem die Treuhänderin der Klägerin in allen Vertrags- und Verwaltungsfragen als erfahrener Ratgeber zur Seite gestellt wird, enthält keinen Auftrag zur umfassenden Rechtsberatung. Bei diesem Passus, der deutlich von der Beschreibung des Umfangs der [X.] abgesetzt ist, handelt es sich lediglich um eine werbende Anpreisung, die keine rechtliche Bedeutung hat. I[X.] Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhand-lung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 16 Das Berufungsgericht hat sich, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, nicht unter dem Gesichtspunkt eines - von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten - Schadensersatzanspruchs mit ihrer Be-hauptung befasst, sie sei durch unrichtige Angaben im Fondsprospekt bzw. des Vermittlers über die wirtschaftliche Rentabilität des Fonds arg-listig getäuscht worden (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. März 2009 17 - 10 - - [X.] ZR 456/07, [X.], 1028, [X.]. 32 ff., [X.]. 38 m.w.[X.]). Nachdem das [X.] den Vortrag der Klägerin insoweit als unsubstantiiert ange-sehen hatte, hat die Klägerin in der Berufungsinstanz ihr Vorbringen er-gänzt. Ob dies zur Begründung eines solchen Anspruchs ausreicht, wird das Berufungsgericht, gegebenenfalls nach weiterer Ergänzung des Sachvortrags, zu prüfen haben. Soweit es danach auf die Frage ankom-men sollte, ob der von der Klägerin geschlossene Darlehensvertrag mit dem [X.] ein verbundenes Geschäft bildet, weist der Senat dar-auf hin, dass die bislang hierzu getroffenen Feststellungen des [X.] - was die Revision zu Recht rügt - nicht ausreichend sind. Das Berufungsgericht ist von einem verbundenen Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG allein deshalb ausgegangen, weil die Eingehung des [X.] "einzig und allein" der Finanzierung der Fondsbeteili-gung der Klägerin gedient habe. Dies ist rechtsfehlerhaft, weil § 9 Abs. 1 - 11 - Satz 1 VerbrKrG darüber hinaus fordert, dass beide Verträge als wirt-schaftliche Einheit anzusehen sind (dazu Senatsurteil vom 18. Dezember 2007 - [X.] ZR 324/06, [X.], 967, [X.]. 25 f. m.w.[X.]).
[X.] Joeres

[X.] Grüneberg [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.06.2003 - 5 O 81/02 - [X.], Entscheidung vom 22.12.2004 - 9 U 94/03 -

Meta

XI ZR 291/08

30.06.2009

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.06.2009, Az. XI ZR 291/08 (REWIS RS 2009, 2776)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2776

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Wirksamkeit einer Treuhandvollmacht: Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange von Treugeber-Gesellschaftern einer Fondsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft …


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