Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2014, Az. 1 StR 324/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 207

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
1 StR
324/14

vom
17. Dezember
2014
in der Strafsache
gegen

wegen
leichtfertiger Steuerverkürzung

-
2
-

Der
1.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 17. Dezember
2014, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Raum

und [X.] am Bundesgerichtshof
[X.]fuß,
Prof. Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
Prof. Dr. Mosbacher,

Oberstaatsanwalt
beim Bundesgerichtshof
als Vertreter
der [X.],

der Angeklagte persönlich,

Rechtsanwalt
als Verteidiger,

Regierungsdirektor
als Vertreter des Finanzamts für [X.] und Steuerfahn-dung D.

,

Justizsekretärin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 6.
Dezember 2013 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat gegen den Angeklagten wegen leichtfertiger Steuer-verkürzung in drei Fällen Geldbußen in Höhe von 1.000 Euro, 1.500 Euro und 5.000 Euro festgesetzt. Es hat ihm gestattet, die Geldbußen nacheinander und in monatlichen Raten zu jeweils 50 Euro zu bezahlen.
Der Angeklagte beanstandet mit seiner auf die Sachrüge gestützten Re-vision die Verletzung materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s gründete der Angeklagte im Mai 2010 zusammen mit dem Zeugen Ad.

die [X.].

GmbH
(im Folgenden: [X.].

) mit dem Unternehmensgegenstand An-
und Verkauf von Schmuck und anderen Edelmetallgegenständen zu Recyclingzwe-cken. Gesellschafter und Geschäftsführer waren der Angeklagte und der Zeuge Ad.

. Hintergrund war die Idee des Zeugen Ad.

,
in G.

eine Scheideanstalt kleineren Umfangs aufzubauen. Das Unternehmen sollte Altgold und Silber in 1
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der Region von K.

bis Fr.

ankaufen und potentiellen Verkäufern da-mit die zeitaufwendige Reise zur Scheideanstalt Ar.

in P.

ersparen. Geplant war, das Edelmetall in G.

einzuschmelzen, mit Hilfe ei-nes Spektrometers den jeweiligen Reinheitsgehalt zu analysieren und dann zur Weiterverwertung an die Firma Ar.

zu veräußern. Ein Gewinn sollte nach den Vorstellungen des Zeugen Ad.

auch dadurch entstehen, dass er mit Blick auf den langjährigen Kontakt seiner Familie
mit der Firma Ar.

vorteilhaftere Abnahmepreise auszuhandeln hoffte, als sie etwa [X.]lieferanten gewährt wurden.
Dem Angeklagten und dem Zeugen Ad.

gelang es, im Juni 2010 in ei-nem ehemaligen Bundeswehrlager in G.

Räumlichkeiten anzumieten und dort zwei Tresore, einen Massenspektrometer und einen Schmelzofen aufzu-stellen. Der Zeuge Ad.

führte den Angeklagten in die Funktionsweise und Be-dienung der Spezialgeräte ein; außerdem fand eine technische Einweisung in den Betrieb des Spektrometers durch einen Mitarbeiter des Herstellers statt. Ferner erläuterte der Zeuge Ad.

dem Angeklagten anhand von ihm vorbereite-ter Formulare, wie der künftige Geschäftsbetrieb ablaufen solle. Der jeweilige Kunde hatte einen unternehmenseigenen Vordruck auszufüllen, in dem er Na-me und Anschrift, bei Firmen auch einen Ansprechpartner und die [X.] sowie eine Erklärung über de-ben hatte. Ferner hatte der Kunde zu erklären, dass er Eigentümer der von ihm eingelieferten Gegenstände sei und diese weder aus einer strafbaren Handlung stammten noch verpfändet seien. Darüber hinaus sollte der Kunde die Kopie eines [X.]sweispapiers hinterlegen.
Tatsächlich kam es zu einem gemeinsamen Geschäftsbetrieb des Ange-klagten mit dem Zeugen Ad.

nicht, weil sich für diesen
herausstellte, dass ein geschäftliches Zusammenwirken
mit dem Angeklagten für ihn

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-

war. Bereits im Juni 2010 hatte der Angeklagte ohne Wissen des Zeugen Ad.

beschlossen, den Geschäftsbetrieb der [X.].

aufzunehmen, da die erforderli-che Einrichtung bereits fertiggestellt war. Hierzu ließ er auf dem Parkplatz der Firma Ar.

in P.

Werbeflugblätter der [X.].

verteilen.
Hierdurch kam der Angeklagte in Kontakt mit einer Person, die in unlau-tere Geschäfte mit Anlagegold verwickelt war. Diese Geschäfte dienten der
[X.]. Ihnen lag das Modell zugrunde, Anlagegold umsatzsteuerfrei nach §
25c
UStG zu erwerben, einzuschmelzen und dann mit anderen Metallen zu verun-reinigen. [X.]f diese Weise entstand
Altgold, dessen Verkauf umsatzsteuerpflich-tig war. Das Altgold wurde jeweils von
einem zu diesem Zwecke betriebenen Unternehmen

an ein steuer-
und han-delsrechtlich unauffälliges veräußert, das den Absatz an eine Scheideanstalt vornahm. seinen Rechnungen Umsatzsteuer aus, meldete diese aber nicht beim Finanz-amt an und führte sie auch nicht ab. demgegenüber die beim Ankauf an den
gezahlte
Umsatzsteuer bei den [X.] als Vorsteuer geltend (UA S.
9).
2. Ein solcher Strohmann war der Zeuge [X.]

, der unter dem Namen

[X.]

(im Folgenden: A.

) ein Gewerbe anmeldete und dem vom Finanzamt eine Einkommensteuernummer, nicht aber eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zugeteilt wurde. Er übergab sodann eine Steuerbeschei-nigung und Blanko-Unterschriften an den [X.].

.
Der Zeuge N.

erschien in den Geschäftsräumen der [X.].

, legte eine schriftliche Vollmacht
vor und bot im Namen der A.

den Verkauf von Altgold an.
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Es folgten sodann mehrere [X.] an die [X.].

, bei denen der Zeuge N.

jeweils eine schriftliche Versicherung abgab, dass die A.

Eigentümerin des gelieferten Goldes sei; auch fertigte der Angeklagte eine
Ko-pie des Personalausweises des N.

an und nahm diese zu seinen Unterla-gen. Die jeweils mit einer fortlaufenden Rechnungsnummer versehenen Rech-nungen der A.

enthielten eine Nettopreisangabe und wiesen einen geson-derten Umsatzsteuerbetrag aus. Als Unternehmenssitz war die Privatanschrift [X.]

s angegeben. [X.]ch enthielten die Rechnungen
keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, sondern lediglich die dem Zeugen [X.]

zugeteilte Ein-kommensteuernummer. Bei der
Abwicklung der Geschäfte bestand der Zeuge N.

auf Barzahlungen. N.

leitete die erhaltene Summe an seine [X.]f-traggeber weiter und bezog hierfür ein regelmäßiges Entgelt von drei-
bis vier-hundert Euro pro Woche.
3. In ähnlicher Weise wurde
ab [X.]gust 2010 ein weiteres Unternehmen eingesetzt, namens dessen der Zeuge N.

unter Vorlage einer Vollmacht Goldlieferungen zu dem Angeklagten brachte. Hierbei handelte es sich um die Firma [X.]

E.

(im Folgenden: [X.]

) des Zeugen Ro.

. Dieser stammte aus [X.], war selbständiger Fliesenleger und sprach nur gebrochen [X.] (UA S.
13). Tatsächlich kam es nie zu Goldtransporten des Zeugen Ro.

. Stattdessen verwendete der Zeuge N.

Namen und Briefkopf der Firma [X.]

zur Erstellung von Rechnungen an die Firma [X.].

, wobei er auch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendete,
die der Zeuge
Ro.

bereits im Hinblick auf sein
Trockenbauunternehmen erhalten
hatte (UA S.
14). N.

oder sein Vertreter erschienen
regelmäßig, mitunter mehrfach in der Woche bei dem Angeklagten und versicherte, dass [X.]

und Ro.

erfolg-

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4. Der Angeklagte zweifelte nicht an der Richtigkeit dieser Angaben und hielt N.

ebenso wie die von ihm angeblich repräsentierten Unternehmer für seriöse Geschäftsleute. Eine Überprüfung der Angaben N.

s, etwa durch eine Internetrecherche, Rückfragen bei den örtlichen Finanzämtern, den [X.] einer Kontaktaufnahme zu
den Betriebsinhabern oder ähnliches nahm der Angeklagte nicht vor. Seine Sicherheitsvorkehrungen beschränkten sich viel-mehr darauf, sich von N.

oder dessen Vertreter Vollmachten vorlegen zu lassen, sich [X.]sweiskopien anzufertigen und diese zusammen mit den bei den [X.] entstandenen [X.]sdrucken und ausgefüllten Formularen abzu-heften.
5. Infolge der Geschäftsaufnahme hätte der Angeklagte für die [X.].

bereits im Folgemonat eine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben müssen, er unterließ dies jedoch aus Unkenntnis über seine steuerlichen Pflichten als Ge-schäftsführer. Erst Ende Juli/Anfang [X.]gust 2010 kümmerte er sich um die [X.] der Voranmeldungen, hielt sich aber für überfordert und sprach den Zeugen Fl.

an, ob dieser ihm bei den Steuerangelegenheiten helfen könne.
Fl.

, der ein Tonstudio als Selbständiger betrieb, erklärte sich hierzu bereit und suchte den Angeklagten Anfang [X.]gust in den Geschäftsräumen der
[X.].

auf. Er sichtete die von dem Angeklagten säuberlich
abgehefteten Ein-
und [X.]sgangsbelege und fertigte eine handschriftliche [X.]fstellung über die [X.] Umsätze mit der Firma Ar.

und
die Geschäfte
mit den Gold-lieferanten der [X.].

an. Weiter erklärte der Zeuge Fl.

dem Angeklagten, wie anhand dieser [X.]fstellungen die monatsweise zusammengefassten Umsät-ze in das Voranmeldungsformular einzutragen seien
und wie er dort die an [X.] entrichtete
Umsatzsteuer
als Vorsteuer angeben müsse.
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6. Anhand dieser Erläuterung
füllte der Angeklagte bald darauf Umsatz-steuervoranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume Juni und Juli 2010 aus; beide gab er am 10. [X.]gust 2010 beim Finanzamt ab.
a) In der Voranmeldung für Juni 2010 gab er seine [X.]sgangsumsätze zutreffend an. Die
von ihm geltend gemachten Vorsteuern enthielten Beträge in Höhe von 44.605,56 Euro aus Rechnungen der A.

.
[X.]s der
Voranmeldung des Angeklagten ergab
sich zugunsten der
[X.].

ein [X.] von 4.271,22 Euro.
b) In der Voranmeldung für Juli 2010, in welcher der Angeklagte seine [X.]sgangsumsätze ebenfalls zutreffend angab, meldete er u.a. Vorsteuern in Höhe von 56.255,11 Euro an, die auf Rechnungen der A.

beruhten. [X.]s der Umsatzsteuervoranmeldung ergab sich eine Umsatzsteuerschuld von 7.485 Euro.
7. [X.]ch nach Abgabe der beiden ersten Umsatzsteuervoranmeldungen traute sich der Angeklagte eine zutreffende Erfassung seiner Unterlagen unter umsatzsteuerlichen Gesichtspunkten nicht zu. Er trat daher im September 2010 erneut an den Zeugen Fl.

heran und bat ihn, ihm beim Vorbereiten der Voranmeldung für den vergangenen Monat zu helfen. [X.]f der Basis der dann vom Zeugen Fl.

angefertigten Monatsübersichten füllte der Angeklagte eine Umsatzsteuervoranmeldung für den Voranmeldungszeitraum [X.]gust 2010 aus, die er am 9. September 2010 beim Finanzamt abgab. [X.]ch insoweit gab er seine [X.]sgangsumsätze zutreffend an. In den geltend gemachten [X.] war ein Betrag von 206.550,27 Euro aus Rechnungen der A.

und der [X.]

enthalten. [X.]s der Voranmeldung ergab sich eine Umsatzsteuerzahllast von 4.233,07 Euro.
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8. [X.]sgehend von diesen Feststellungen hat das [X.] den Ange-klagten wegen dreier Ordnungswidrigkeiten der leichtfertigen Steuerverkürzung (§
378 Abs. 1 [X.]) zu drei Geldbußen verurteilt. Eine Steuerhinterziehung ge-mäß §
370 Abs.
1 [X.] nahm das [X.] nicht an, weil dem Angeklagten [X.] nicht nachzuweisen sei. Seine Angabe, er habe aufgrund seiner Un-erfahrenheit nicht erkannt, dass es sich bei der A.

und der [X.]

um Schein-firmen gehandelt habe, sei nicht zu widerlegen gewesen.

II.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen [X.]. Die Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
1. Die Beweiswürdigung des [X.]s hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesicher-tem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen stellt. Sind
derartige Rechtsfehler nicht feststellbar, hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Über-zeugungsbildung auch dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung 17
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der Beweise möglich gewesen wäre (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 20.
Juni 2013

4 StR
159/13; vom 26. April 2012

4 StR 599/11, Rn. 9; vom 6.
Dezember 2012

4 [X.], [X.], 180).
Gleichermaßen Sache des Tatrichters ist es, die Bedeutung und das Gewicht der einzelnen be-
oder entlastenden Indizien in der Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses zu bewerten. Ist diese Bewertung nach den dargestell-ten rechtlichen Maßstäben vertretbar, so kann das Revisionsgericht nicht auf der Grundlage einer abweichenden Beurteilung der Bedeutung einer Indiztatsa-che in die Überzeugungsbildung des Tatrichters eingreifen ([X.], Urteile vom 20. Juni 2013

4 [X.]; vom 9. Juni 2005

3 [X.], NJW 2005, 2322, 2326; vom 4. April 2013

3 StR 37/13, Rn. 5).
b) Daran gemessen hält die Beweiswürdigung rechtlicher Nachprüfung stand.
Das [X.] hat sich ohne einen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler

in dubio pro reo

davon überzeugt, dass der Angeklagte wegen seiner Unerfahrenheit nicht erkannt hat, dass es sich um Scheinfirmen gehan-delt hat ([X.]). Ebenfalls
rechtsfehlerfrei
hat es sich davon überzeugt, dass eine Vielzahl von Anzeichen vorlag, die bei dem Angeklagten den Verdacht [X.] wecken müssen, dass es sich bei den in den Rechnungen ausgewiesenen Firmen nicht um die Leistenden handelte und
diese Firmen vielmehr zum Schein in die Rechnungen aufgenommen worden waren
([X.]). Insoweit hat das [X.] ohne Rechtsfehler darauf hingewiesen, dass bereits das Verhalten des [X.].

für den Angeklagten zahlreiche schwer
wiegende Hinweise darauf lieferte, dass es sich bei der A.

und der [X.]

nicht um die leistenden Unternehmer, sondern um Scheinfirmen handelte: Obwohl [X.] mit fünf-
bzw. sechsstelligen Beträgen durchgeführt wurden, bestand N.

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auf Barzahlungen; der Angeklagte hatte [X.] zu den angeblichen Unternehmensinhabern, sondern für beide Firmen ausschließlich mit dem [X.].

oder dessen Vertretern zu tun; es gab keinen Postver-kehr, vielmehr wurden alle Rechnungen in den Betriebsräumen der [X.].

ge-fertigt oder dort übergeben
(UA S.
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f.).
2. Die Feststellungen belegen die vom [X.] angenommene
leicht-fertige
Steuerverkürzung (§
378 [X.])
in drei Fällen.
a) Der Angeklagte erfüllte
jeweils den objektiven Tatbestand des §
378 Abs.
1 [X.].
aa) Er beging
durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die [X.].

für die Monate Juni, Juli und [X.]gust 2010 jeweils eine Tathand-lung im Sinne des §
370 Abs.
1 [X.]. Die Umsatzsteuervoranmeldungen waren unrichtig, weil die unter dem Namen der A.

und der [X.]

ausgestellten Rechnungen nicht gemäß §
15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berech-tigten. Es handelte sich hierbei nicht um gemäß §§
14, 14a UStG ausgestellte Rechnungen. Sie wiesen jeweils als Leistenden ein Unternehmen aus, das [X.] Leistung erbracht hatte. Vielmehr wurden die Namen der A.

und der
[X.]

lediglich zum Schein benutzt, um über die Person des Leistenden zu täu-schen. Damit handelte es sich um Scheinrechnungen im Sinne des §
14c Abs.
2 Satz
2 UStG, aus denen kein Vorsteuerabzug zulässig war. Der wahre Leistende, der auch die Umsatzsteuer vereinnahmt hatte, wurde hierdurch ver-schleiert.
[X.]) Durch die Abgabe inhaltlich unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldun-gen
verwirklichte der Angeklagte jeweils einen Taterfolg im Sinne des §
370 Abs.
1 [X.]. Für die Monate Juli und [X.]gust 2010 trat bereits durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen eine Steuerverkürzung ein, weil der 24
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-

Angeklagte in diesen Fällen jeweils eine zu niedrige Zahllast erklärte. Damit stand die unrichtige Steueranmeldung gemäß §
168 Satz
1 [X.] einer Steuer-festsetzung gleich. Die Steueranmeldung für Juni 2010 lautete zwar auf einen Erstattungsbetrag (UA S.
15). Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe (insbesondere UA S.
59) ist jedoch zu entnehmen, dass das Finanzamt
die un-gerechtfertigte Erstattung auch tatsächlich vorgenommen hat. Damit stand die unrichtige Steueranmeldung gemäß §
168 Satz
2 [X.] ebenfalls einer Steuer-festsetzung gleich.
b) Die Urteilsfeststellungen tragen auch die Wertung des [X.]s, der Angeklagte habe jeweils leichtfertig gehandelt.
aa) [X.] handelt, wer
die Sorgfalt außer [X.] lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Einzelfalls und seinen persönlichen Fähigkei-ten und Kenntnissen verpflichtet und imstande ist, obwohl sich ihm aufdrängen musste, dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten wird (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Dezember 2009

1 StR 491/09 Rn.
40, [X.], 866; [X.], Urteil vom 8.
September 2011

1 StR 38/11 Rn. 17, [X.], 465).
Jeder Steuerpflichtige muss sich über diejenigen steuerlichen Pflichten unterrichten, die ihn im Rahmen seines Lebenskreises treffen. Dies gilt in be-sonderem Maße in Bezug auf solche steuerrechtlichen Pflichten, die aus der [X.]sübung eines Gewerbes oder einer freiberuflichen Tätigkeit erwachsen. Bei [X.] sind deshalb jedenfalls bei Rechtsgeschäften, die zu seiner kaufmännischen Tätigkeit gehören, höhere Anforderungen an die Erkundi-gungspflichten zu stellen als bei anderen Steuerpflichtigen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Februar 2009

II R 49/07 mwN, [X.]E 225, 1). In Zweifelsfällen hat er von sachkundiger Seite Rat einzuholen (vgl. [X.], Urteil vom 8.
September 2011

1
StR 38/11 Rn. 18, [X.], 465; vgl. dazu auch [X.] in [X.]/
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13
-

Gast/[X.], Steuerstrafrecht, 7. [X.]fl., § 378 [X.] Rn. 39; [X.] in [X.], [X.], 12.
[X.]fl.,
§
378 Rn.
20
f.; jeweils mwN).
[X.]) [X.]sgehend von diesen Maßstäben ist die Annahme zumindest von [X.]keit revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
Die vom [X.] für das Vorliegen von Scheinrechnungen angeführ-ten Umstände (s.o.) mussten bei dem Angeklagten den Verdacht wecken, dass es sich bei den in den Rechnungen ausgewiesenen Firmen nicht um die [X.] handelte, diese vielmehr zum Schein in die Rechnungen aufgenommen wurden ([X.]). Der Umstand, dass das [X.] sich nicht sogar von einem bedingten [X.] des Angeklagten überzeugen konnte, ist vom [X.] hinzunehmen und zeigt insbesondere keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Soweit die Revision geltend macht, der Zeuge Ad.

habe den Angeklag-ten nicht über kaufmännische Details aufgeklärt,
steht dies einer [X.]keit nicht entgegen. Dasselbe gilt für das Vorbringen, der
Angeklagte habe als Be-tonbauer keine ausreichende Kenntnis über seine steuerlichen Pflichten, so dass es sich ihm nicht aufgedrängt habe, dass eine Steuerverkürzung eintreten könne.
Vielmehr belegen diese Umstände
gerade das leichtfertige Verhalten
des Angeklagten. Obwohl er, wie ihm bewusst war,
die kaufmännischen Fähig-keiten für seine gewerbliche Tätigkeit nicht besaß,
und er
die für einen [X.] erforderlichen Voraussetzungen an eine Rechnung nicht kannte, nahm er keine sachkundige Hilfe in Anspruch. Dass er hierzu verpflichtet war, musste sich dem Angeklagten aufdrängen.
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-

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Revisionsbegründung zutreffend darauf hinweist, dass einzelne Umstände, die das [X.] für die Annahme eines leichtfertigen Handelns herangezogen hatte, für sich allein für die An-nahme von [X.]keit nicht ausgereicht hätten, zeigt dies einen Rechtsfeh-ler nicht auf. Vielmehr hat das [X.] rechtsfehlerfrei
im Rahmen einer Gesamtwürdigung darauf abgestellt, dass gerade mehrere Umstände in ihrer Gesamtheit bei dem Angeklagten den Verdacht hätten wecken müssen, dass es sich bei den Rechnungen um Scheinrechnungen handelte, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten.
3. Die Bemessung der Höhe der Geldbußen ist ebenfalls rechtsfehlerfrei.

III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §
464 Abs.
1 i.V.m. §
473 Abs.
1 Satz
1 StPO. Zu den Kosten des Verfahrens (§
464a StPO) gehören, soweit entstanden,
auch [X.]slagen
für die Teilnahme des Vertreters der Finanzbehörde an der Revisionshauptverhandlung, für die die Vorschrift des §
407 Abs.
1 [X.] ebenfalls
gilt
(vgl. [X.] in [X.]/Gast/[X.], Steuerstrafrecht, 7.
[X.]fl., §
407 Rn.
8). Seit der Einführung des §
441 [X.] durch das 1.
[X.]StrafÄndG vom 10.
[X.]gust 1967 hat die Finanzbehörde im gerichtlichen Verfahren nicht mehr die Stellung einer Nebenklägerin (s. dazu Hilgers-Klautzsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, [X.]. Juni 2009, §
407 Rn.
1), sondern diejenige einer Ne-benbeteiligten eigener Art (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.],

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-

188.
Lfg. März 2006, § 407 Rn. 9; zu den Reisekosten des Vertreters der Ver-waltungsbehörde im gerichtlichen Verfahren gemäß §
76 OWiG als Gerichts-kosten vgl. auch [X.]/[X.]/[X.], OWiG, 18. EL, vor §
109 Rn.
9).
Raum [X.]fuß

[X.]

[X.] Mosbacher

Meta

1 StR 324/14

17.12.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2014, Az. 1 StR 324/14 (REWIS RS 2014, 207)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 207

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 360/12

3 StR 37/13

1 StR 38/11

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