Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23.11.2023, Az. 1 WB 47/22

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2023, 9051

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Gegenstand

Unzulässiger Fortsetzungsfeststellungsantrag eines Soldaten


Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Änderung einer [X.] für einen inzwischen in den Ruhestand versetzten Soldaten, der zuvor langjährig als Vertrauensperson vom Dienst freigestellt war, sowie dessen fiktive Versetzung auf einen nach Besoldungsgruppe [X.] bzw. [X.] dotierten Dienstposten.

2

Der ... geborene Antragsteller war Berufssoldat. Zuletzt wurde er am 23. Mai 2006 zum Hauptmann befördert und mit Wirkung vom 1. Mai 2006 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe [X.] eingewiesen. Die Dienstzeit des Antragstellers endete mit Ablauf des 31. Mai ...

3

Der Antragsteller war erstmalig im Zeitraum vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Oktober 2011 als Mitglied des [X.] freigestellt worden. Nach einer zwischenzeitlichen Verwendung im ... wurde er im Zeitraum vom 21. März 2012 bis zum 31. August 2015 erneut als Mitglied des [X.] freigestellt. Im [X.] daran ist der Antragsteller bis zu seinem Dienstzeitende wegen seiner Tätigkeit im Vertrauenspersonenausschuss beim ... freigestellt worden.

4

Aus Anlass der ersten Freistellung des Antragstellers bildete das Personalamt der [X.] nach Billigung durch den Amtschef am 11. Oktober 2006 eine [X.] mit sieben Offizieren einschließlich des Antragstellers.

5

Mit Schreiben vom 2. März 2020 beantragte der Antragsteller seine rückwirkende Beförderung zum Stabshauptmann mit einer zeitgleichen Einweisung in eine "[X.] [X.] sowie die Schadlosstellung für nicht berücksichtigte Zeiträume in der Vergangenheit. Zur Begründung wies er darauf hin, dass bereits vier Offiziere aus der [X.] gefördert worden seien und er deshalb auch zu fördern sei.

6

Mit Bescheid vom 14. Juli 2020, eröffnet am 29. Juli 2020, lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der [X.] den Antrag ab.

7

In einem weiteren Schreiben des [X.] vom 31. Juli 2020, ausgehändigt am 12. August 2020, wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass aufgrund einer hausinternen Revision alle [X.]n einer Prüfung unterzogen worden seien. Hiernach habe eine Anpassung seiner [X.] aufgrund einer Weisung des [X.] vom 17. Februar 2020 erfolgen müssen. Der Offizier auf Rangplatz 7 habe danach aufgrund seines Laufbahnwechsels aus der Gruppe gestrichen werden müssen.

8

Unter dem 17. August 2020 beschwerte sich der Antragsteller sowohl gegen die Ablehnung der Beförderung, der Einweisung in die "[X.] [X.] und die Schadlosstellung als auch gegen die Anpassung der [X.].

9

Im Hinblick auf die Beförderung und Schadlosstellung hat der Antragsteller am 30. Mai 2022 Untätigkeitsklage vor dem [X.] erhoben.

Mit Schreiben vom 30. Mai 2022, am selben Tage beim [X.] eingegangen, stellte der Antragsteller einen ([X.] auf gerichtliche Entscheidung. Das [X.] hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung dem Senat mit seiner Stellungnahme vom 18. Juli 2022 vorgelegt.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei zulässig. Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst könne er sich auf ein Rechtsschutzinteresse berufen. Dem stünde nicht entgegen, dass er vor dem [X.] eine Klage auf Schadlosstellung wegen der unterbliebenen Beförderung erhoben habe, weil das erledigende Ereignis erst nach Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten sei.

Der Antragsteller beantragt,

1. den Bescheid des [X.] der [X.] vom 31. Juli 2020 vollumfänglich hinsichtlich der Anpassung der [X.] des Soldaten des Jahres 2006 wegen offensichtlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben,

2. festzustellen, dass der Bescheid des [X.] der [X.] vom 14. Juli 2020 rechtswidrig war und der Antragsteller gemäß Antrag vom 2. März 2020 bereits zum 1. November 2015 fiktiv auf einen Dienstposten der Dotierungshöhe [X.] und frühestens zum 1. Juni 2018 fiktiv auf einen Dienstposten der Dotierungshöhe [X.] förderlich zu versetzen war.

Das [X.] beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Anträge seien unzulässig. Dabei sei zunächst davon auszugehen, dass sich mit dem Ausscheiden des Antragstellers aus dem Dienst auch der Antrag zu 1. erledigt habe und insoweit ebenfalls nur ein Fortsetzungsfeststellungsantrag statthaft wäre. Es fehle indessen wie für den Antrag zu 2. an dem erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des [X.] und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

1. Der Sachantrag hat sich mit der Versetzung des Antragstellers in den Ruhestand erledigt. Mit seinem Eintritt in den Ruhestand kann der Antragsteller nicht mehr, auch nicht fiktiv (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 1 [X.] 6.13 - [X.] 449.7 § 51 [X.] Nr. 1 Rn. 19), versetzt oder befördert werden. Damit ist zugleich die angefochtene [X.] gegenstandslos geworden, weil sie ihre Funktion, dem Antragsteller die Versetzung auf einen höher dotierten Dienstposten und eine entsprechende Beförderung zu ermöglichen, nicht mehr erfüllen kann ([X.], Beschlüsse vom 29. Juni 2017 - 1 [X.] 11.16 - juris Rn. 24 f. und vom 19. Juli 2018 - 1 [X.] 30.17 - juris Rn. 21).

2. Der nach Erledigung des [X.] des Antragstellers statthafte Fortsetzungsfeststellungsantrag ist unzulässig.

a) Für das mit Blick auf die Anpassung der [X.] verfolgte Begehren fehlt es an einem anerkennenswerten Fortsetzungsfeststellungsinteresse.

Hat sich ein Antrag auf eine truppendienstliche Maßnahme vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das [X.] gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 [X.]O (hier [X.] m. § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.]O), ob deren Ablehnung oder Unterbleiben rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

Das erforderliche Feststellungsinteresse kann sich u. a. aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Wird das Feststellungsinteresse auf diese Absicht gestützt, so gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats einschränkend, dass die Erledigung erst nach Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten sein darf; nur in einem solchen Fall entspricht es dem Gedanken der [X.], das ursprünglich anhängige Anfechtungs- oder Verpflichtungsbegehren mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme bzw. der Unterlassung fortzusetzen, um die im Verfahren vor dem [X.] gewonnenen Erkenntnisse für den nachfolgenden Schadensersatzprozess zu erhalten. Ist die Erledigung dagegen bereits vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten, so ist der Beschwerdeführer gehalten, seine Schadensersatzklage unmittelbar beim zuständigen (Verwaltungs- oder ordentlichen) Gericht zu erheben, das - neben den übrigen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs - inzident die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahme bzw. der Unterlassung überprüft ([X.], Beschluss vom 27. September 2017 - 1 [X.] 33.17 - juris Rn. 10; vgl. ferner [X.], Beschluss vom 1. März 2023 - 1 [X.] 12.22, 1 [X.] 24.22 - juris Rn. 28). Diese Grundsätze gelten erst recht, wenn der Beschwerdeführer seine Schadensersatzklage bereits beim zuständigen (Verwaltungs- oder ordentlichen) Gericht erhoben hat.

Diese letztere Konstellation ist vorliegend gegeben. Der Antragsteller begründet sein Interesse an der Feststellung mit der Absicht, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen; in Umsetzung dieser Absicht ist von ihm eine entsprechende Klage auf Schadlosstellung in dienst-, versorgungs- und besoldungsrechtlicher Hinsicht am 30. Mai 2022 beim Verwaltungsgericht ... erhoben worden. Der hier geführte Rechtsstreit hat sich bereits vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung erledigt, denn der Antrag ist dem [X.] erst am 18. Juli 2022 vorgelegt worden (zur Vorlage als Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit s. [X.], Beschluss vom 30. Juli 1974 - 1 [X.] 46.73 - [X.]E 46, 294 <296 f.>; ebenso [X.], Beschluss vom 27. September 2017 - 1 [X.] 33.17 - juris Rn. 11). Der Antragsteller muss deshalb auf den anhängigen Prozess beim Verwaltungsgericht ... verwiesen werden. Er kann nicht verlangen, vorab einen Teil der Voraussetzungen des Anspruchs auf Schadensersatz vom vermeintlich "sachnäheren" [X.] geklärt zu erhalten ([X.], Beschluss vom 27. Mai 2014 - 1 [X.] 54.13 - juris Rn. 20 m. w. N.).

b) Mit Blick auf die beanspruchte fiktive Versetzung ist ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung ebenfalls zu verneinen. Denn in dem beim Verwaltungsgericht anhängigen Schadensersatzprozess wird es auf Fragen der fiktiven Versetzung nicht mehr ankommen. Für Bestehen und Höhe des vom Antragsteller geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ist maßgebend, ob und wann eine hinreichende Zahl von [X.] bis zum Dienstzeitende des Antragstellers in eine Planstelle der beanspruchten Besoldungsgruppe eingewiesen wurden. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich unmittelbar aus der im [X.] vorzunehmenden Prüfung, welche [X.] mit welcher Zusammensetzung sich ergeben hätte, wenn diese rechtzeitig neu gebildet worden wäre, sowie aus den - in der Vergangenheit liegenden und damit feststehenden - Daten von Planstelleneinweisungen, soweit Mitglieder dieser [X.] bis zum Dienstzeitende des Antragstellers in die höher dotierte Planstelle eingewiesen wurden. Die Frage, ob eine fiktive Versetzung des Antragstellers auf einen höher dotierten Dienstposten zu Unrecht unterblieben ist, ist hierfür unerheblich (vgl. [X.], Beschluss vom 1. März 2023 - 1 [X.] 12.22, 1 [X.] 24.22 - juris Rn. 29 f.).

Meta

1 WB 47/22

23.11.2023

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 19 Abs 1 S 3 WBO, § 21 Abs 2 S 1 WBO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23.11.2023, Az. 1 WB 47/22 (REWIS RS 2023, 9051)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9051

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