Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.02.2011, Az. AnwZ (B) 20/10

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2011, 9736

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Gegenstand

Niedergelassener europäischer Rechtsanwalt: Tätigkeit als Syndikusanwalt


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 5. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 12. November 2009 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller, ein [X.] Staatsbürger, wurde am 8. August 2005 als [X.] Rechtsanwalt in die Rechtsanwaltskammer M. aufgenommen. Seit dem 16. August 2005 ist er als "Legal Counsel, [X.]“ bei der [X.] mit Sitz in M. beschäftigt, der [X.] Niederlassung eines weltweit tätigen [X.]. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden. Der Arbeitgeber hat ihm daneben die Ausübung des Anwaltsberufs gestattet und ihn für eilbedürftige und fristgebundene anwaltliche Tätigkeiten auch während der Arbeitszeit freigestellt.

2

Mit seinem am 29. August 2008 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Antrag beantragte er die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 11 [X.]. Hierzu legte er eine Liste von 148 Fällen vor, von denen 139 auf seine Syndikustätigkeit bei der [X.] entfallen. Mit [X.]escheid vom 19. November 2008 hat die Antragsgegnerin den [X.] im Wesentlichen mit der [X.]egründung zurückgewiesen, die Syndikustätigkeit, die der Antragsteller weit überwiegend ausgeübt habe, sei keine effektive und regelmäßige Tätigkeit als niedergelassener [X.] Rechtsanwalt i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der [X.] durch [X.]eschluss vom 12. November 2009 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen [X.]eschwerde, mit der er sein Verpflichtungsbegehren weiter verfolgt. Hilfsweise beantragt er die Vorlage an den [X.] zur [X.]eantwortung der Frage, ob eine effektive und regelmäßige juristische Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen [X.]eschäftigungsverhältnisses zu einem privaten Unternehmen gemäß Art. 8 der [X.] und des Rates vom 16. Februar 1998 auch als effektive und regelmäßige Tätigkeit im Sinne von Art. 10 dieser Richtlinie anzuerkennen ist.

II.

3

Die sofortige [X.]eschwerde ist zulässig (§ 35 [X.], § 215 Abs. 2, Abs. 3 [X.] i.V. mit § 11 [X.] a.F., § 42 [X.] a.F.), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin ist nicht verpflichtet, den Antragsteller nach § 11 [X.] zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen.

4

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, wer eine mindestens dreijährige effektive und regelmäßige Tätigkeit als niedergelassener [X.] Rechtsanwalt auf dem Gebiet des [X.] Rechts, einschließlich des Gemeinschaftsrechts, nachweist. Diese Voraussetzung erfüllt der Antragsteller nicht. Soweit er als Syndikus der Firma A. tätig war, hat er nicht den [X.]eruf des niedergelassenen [X.] Rechtsanwalts ausgeübt. Seine daneben ausgeübte Tätigkeit als Rechtsanwalt genügt in quantitativer Hinsicht nicht den Anforderungen an eine effektive und regelmäßige Tätigkeit auf dem Gebiet des [X.] Rechts.

5

1. Die Tätigkeit als Syndikus ist keine Tätigkeit als niedergelassener [X.] Rechtsanwalt i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V. mit § 2 Abs. 1 [X.].

6

a) Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der [X.]undesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ([X.] 87, 287; [X.], [X.]eschluss vom 18. Juni 2001 - [X.] ([X.]) 41/00, NJW 2001, 3130; [X.]eschluss vom 4. November 2009 - [X.] ([X.]) 16/09, [X.], 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen [X.]indungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 [X.] normierten [X.]erufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem [X.]erater und Vertreter aller Rechtsuchenden. Die Unterscheidung zwischen der freien anwaltlichen [X.]erufsausübung und der Tätigkeit als Syndikus kommt auch in den [X.]erufsausübungsregelungen des § 46 [X.] zum Ausdruck, der seine heutige Fassung durch das Gesetz über die Neuordnung des [X.]erufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994 ([X.]G[X.]l. I S. 2278) erhalten hat. In diesem Gesetzgebungsverfahren konnten sich [X.]estrebungen, durch eine Änderung des § 46 [X.] dem Syndikusanwalt einzuräumen, dass er auch im Angestelltenverhältnis als Rechtsanwalt tätig wird, nicht durchsetzen. Der Rechtsausschuss hat dies in Anlehnung an die Zweitberufsentscheidung des [X.]undesverfassungsgerichts ([X.] 87, 287) mit der Erwägung verworfen, das von der freien und unreglementierten Selbstbestimmung geprägte [X.]ild des Rechtsanwalts stehe einer Änderung des § 46 [X.] in diesem Sinne entgegen ([X.]T-Drucks. 12/7656 S. 49). So ist es bei der im Gesetzentwurf der [X.]undesregierung vorgesehenen Trennung der beiden [X.]ereiche geblieben ([X.]T-Drucks. 12/4993 [X.]).

7

b) Das gleiche [X.]erufsbild liegt auch dem [X.]egriff des in [X.] niedergelassenen [X.] Rechtsanwalts zugrunde. Dessen Tätigkeit ist in § 2 Abs. 1 [X.] definiert als diejenige eines Rechtsanwalts nach §§ 1 bis 3 der [X.]undesrechtsanwaltsordnung. Von diesem unterscheidet sich der [X.] Rechtsanwalt nur dadurch, dass er die Tätigkeit unter der [X.]erufsbezeichnung seines Herkunftsstaates ausübt. Auch der [X.] Rechtsanwalt ist somit wie der nach der [X.]undesrechtsanwaltsordnung zugelassene Rechtsanwalt ein Organ der Rechtspflege; er übt einen freien [X.]eruf aus ([X.]T-Drucks. 14/2269 [X.]). Nach § 6 Abs. 1 [X.] unterliegt er im Wesentlichen denselben [X.]erufsregeln wie der nach der [X.]undesrechtsanwaltsordnung zugelassene Rechtsanwalt. Für ihn gilt unter anderem die Vorschrift des § 46 [X.]. Aus dieser Gleichstellung mit dem nach der [X.]undesrechtsanwaltsordnung zugelassenen Rechtsanwalt folgt, dass die [X.]etätigung als Syndikus auch bei einem niedergelassenen [X.] Rechtsanwalt nicht als anwaltliche [X.]erufsausübung angesehen werden kann.

8

c) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus einer richtlinienkonformen Auslegung von § 11 [X.].

9

Der Antragsteller meint, mit Art. 10 und Art. 8 der [X.] sei es nicht zu vereinbaren, die Unabhängigkeit der juristischen Tätigkeit zur Voraussetzung einer Eingliederung zu machen. Da ihm nach Art. 8 der Richtlinie i.V. mit § 46 [X.] eine Tätigkeit als Syndikusanwalt erlaubt sei, müsse diese auch als berufliche Tätigkeit im Recht des [X.] anerkannt werden. Art. 10 der Richtlinie differenziere nicht danach, ob die Tätigkeit nach nationalem Recht als [X.]erufsausübung oder als Nebentätigkeit zu qualifizieren sei.

Dem kann nicht gefolgt werden. Ob der aus einem anderen Mitgliedstaat zuwandernde Rechtsanwalt im [X.] den Rechtsanwaltsberuf ausübt, bestimmt sich nach dem in diesem Staat maßgeblichen [X.]erufsbild. Danach ist die von einem [X.] Rechtsanwalt in [X.] ausgeübte Tätigkeit als Syndikus nicht als anwaltliche [X.]erufsausübung einzustufen.

aa) Das Gesetz über die Tätigkeit [X.] Rechtsanwälte in [X.] setzt die [X.] und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des [X.] in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde ([X.], fortan: [X.]), in nationales Recht um. Sie zielt auf eine Liberalisierung der Niederlassungsmöglichkeiten für Rechtsanwälte in [X.] ab und gestattet zuwandernden Rechtsanwälten, unter der [X.]erufsbezeichnung des Herkunftsstaates im [X.] zu praktizieren, ohne dass sie eine Prüfung in dessen Recht ablegen müssen. Der [X.] hat mit dem Erlass der [X.] insbesondere die Unterschiedlichkeit der nationalen Vorschriften beenden wollen, unter denen Rechtsanwälte aus anderen Mitgliedstaaten im [X.] tätig werden können (Erwägungsgrund 6 der Richtlinie; [X.], Urteil vom 2. Dezember 2010 - [X.]/09 juris Rn. 55 m.w.[X.] - [X.]).

Nach dreijähriger [X.]erufsausübung unter der ursprünglichen [X.]erufsbezeichnung im [X.] kann die vollständige Integration in den [X.]erufsstand des [X.]es erlangt werden. Das setzt, wie es § 11 [X.] in das nationale Recht übernommen hat, nach Art. 10 der [X.] voraus, dass der Rechtsanwalt eine mindestens dreijährige effektive und regelmäßige Tätigkeit im [X.] im Recht dieses Mitgliedstaats, einschließlich des Gemeinschaftsrechts, nachweist.

bb) Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 der [X.] ist unter "effektiver und regelmäßiger Tätigkeit“ im [X.] die "tatsächliche Ausübung des [X.]erufs ohne Unterbrechungen" zu verstehen. Damit ist klargestellt, dass nur Tätigkeiten zu berücksichtigen sind, die als Ausübung des [X.] zu qualifizieren sind. Ob dies der Fall ist, richtet sich in Ermangelung eines autonom auszulegenden oder europarechtlich harmonisierten Rechtsanwaltsbegriffs nach dem Recht des jeweiligen [X.].

"Rechtsanwalt“ ist nach der in Art. 1 Abs. 2 [X.]uchst. a der [X.] enthaltenen Definition, wer seine berufliche Tätigkeit in einem der Mitgliedstaaten unter der dort maßgeblichen [X.]erufsbezeichnung auszuüben berechtigt ist. Der [X.] liegt damit, anders als der Antragsteller meint, kein "europarechtliches [X.]erufsbild des Rechtsanwalts“ zugrunde. Vielmehr lässt sie, wie sich aus Art. 6 und Erwägungsgrund 7 der [X.] ergibt, die nationalen Regelungen über den Zugang zum Rechtsanwaltsberuf und für die Ausübung dieses [X.]erufs unter der [X.]erufsbezeichnung des [X.] unberührt. Die [X.]erufs- und Standesregeln der einzelnen Mitgliedstaaten sind nicht Gegenstand einer Harmonisierung und können erheblich voneinander abweichen ([X.], Urteil vom 2. Dezember 2010 - [X.]/09 juris Rn. 57 - [X.]). So können etwa unternehmensangehörige Juristen in einigen Mitgliedstaaten nicht als Rechtsanwälte zugelassen werden und somit nicht den Rechtsanwaltstatus erlangen ([X.], Urteil vom 14. September 2010 - [X.]/07 Rn. 72, WuW/[X.] 1197 - [X.]/ [X.]). Gerade aus diesen nationalen Unterschieden erklärt sich, dass Art. 8 der [X.] die abhängige [X.]eschäftigung bei einem Unternehmen als regelungsbedürftig einstuft.

Die Frage, ob der zugewanderte Rechtsanwalt im [X.] den Rechtsanwaltsberuf ausgeübt hat, bestimmt sich daher nach dem im [X.] geltenden anwaltlichen [X.]erufsbild.

cc) Diese Auslegung wird durch den Zweck der in Art. 10 der [X.] enthaltenen Regelung bestätigt. Durch die dreijährige effektive und regelmäßige Tätigkeit erwirbt der zugewanderte Rechtsanwalt die erforderliche Eignung, um sich voll in den [X.]erufsstand des [X.]es zu integrieren (Erwägungsgrund 14 der Richtlinie). Es kann aber nur dann davon ausgegangen werden, dass der [X.]ewerber die für die Vollintegration erforderliche Eignung erworben hat, wenn er durch seine Tätigkeit das im [X.] maßgebliche [X.]erufsbild des Rechtsanwalts ausgefüllt hat. Tätigkeiten, die nach dem Recht des [X.] nicht als anwaltlich zu qualifizieren sind, vermitteln nach dem Regelungskonzept der [X.] nicht die Eignung zur Ausübung des [X.] in diesem Staat.

dd) Eine andere [X.]eurteilung ergibt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus Art. 8 der [X.]. Danach kann der im [X.] unter seiner ursprünglichen [X.]erufsbezeichnung eingetragene Rechtsanwalt als abhängig [X.]eschäftigter eines anderen Rechtsanwalts, eines Zusammenschlusses von Anwälten oder einer Anwaltssozietät oder eines öffentlichen oder privaten Unternehmens tätig sein, wenn der [X.] dies für die unter der [X.]erufsbezeichnung dieses Mitgliedstaats eingetragenen Rechtsanwälte gestattet.

Aus dieser [X.]estimmung kann nicht abgeleitet werden, dass die Tätigkeit als Syndikus für ein privates Unternehmen im Sinne der [X.] als anwaltliche Tätigkeit anzusehen ist. Sie soll lediglich die Gleichbehandlung der aus einem anderen Mitgliedstaat zuwandernden Rechtsanwälte mit den Rechtsanwälten des [X.] gewährleisten und besagt, dass diese im Hinblick auf eine abhängige [X.]eschäftigung keinen anderen Regeln unterliegen dürfen als die inländischen Rechtsanwälte ([X.], Urteil vom 2. Dezember 2010 - [X.]/09 juris Rn. 31 - [X.]; vgl. auch Erwägungsgrund 13 der Richtlinie). Daraus folgt jedoch nicht, dass die Syndikustätigkeit als anwaltliche [X.]erufsausübung i.S. von Art. 10 der [X.] zu bewerten ist. Einem solchen Verständnis steht nicht nur die fehlende europarechtliche Harmonisierung des anwaltlichen [X.]erufsbilds, sondern auch die damit verbundene umgekehrte Diskriminierung von inländischen Rechtsanwälten entgegen, deren Tätigkeit als Syndikus - etwa im Zusammenhang mit dem Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung ([X.], [X.]eschluss vom 4. November 2009 - [X.] ([X.]) 16/09, [X.], 377 Rn. 17) - nicht als anwaltlich qualifiziert wird. Einer solchen Inländerdiskriminierung soll Art. 8 der [X.] ebenfalls entgegenwirken ([X.], Urteil vom 2. Dezember 2010 - [X.]/09 juris Rn. 31 - [X.]).

Der [X.] Gesetzgeber durfte daher in §§ 2, 11 [X.] das in §§ 1 bis 3 [X.] normierte anwaltliche [X.]erufsbild zum Maßstab auch für die zur Eingliederung erforderliche dreijährige anwaltliche Tätigkeit machen. Dies bleibt nicht hinter den Vorgaben der [X.] zurück.

Die von Art. 8 der [X.] geforderte Gleichbehandlung ist in [X.] gewahrt. Wie sich aus dem Verweis auf den Dritten Teil der [X.]undesrechtsanwaltsordnung in § 6 Abs. 1 [X.] ergibt, wird dem [X.] Rechtsanwalt eine [X.]erufsausübung im abhängigen [X.]eschäftigungsverhältnis in gleichem Umfang ermöglicht, wie sie den inländischen Rechtsanwälten nach Maßgabe von § 43a Abs. 1 und §§ 46, 47 [X.] erlaubt ist ([X.]T-Drucks. 14/2269 [X.], 26; [X.] in Henssler/Prütting, [X.], 3. Aufl., § 6 [X.] Rn. 5). Wie seinem inländischen [X.]erufskollegen ist dem [X.] Rechtsanwalt danach neben seinem Anwaltsberuf eine Tätigkeit als Syndikus erlaubt, sofern ihm die tatsächliche und rechtliche Handlungsfähigkeit für die weitere Ausübung des Anwaltsberufs verbleibt (st. Rspr.; vgl. [X.]eschluss vom 9. November 2009 - [X.] ([X.]) 83/08, [X.], 1381). Das ändert jedoch nichts daran, dass es sich hierbei nicht um eine anwaltliche [X.]erufsausübung handelt.

d) [X.]ei dieser Rechtslage ist eine Vorlage an den [X.] nicht veranlasst, da die Auslegung der hier maßgeblichen Vorschriften der Art. 8 und 10 der [X.] durch das Urteil des Gerichtshofs vom 2. Dezember 2010 ([X.]/09 - [X.]) geklärt und im Übrigen offenkundig ist (vgl. [X.], [X.]. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T).

2. Die neben der Syndikustätigkeit ausgeübte Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt genügt in quantitativer Hinsicht nicht den Anforderungen an eine effektive und regelmäßige Tätigkeit auf dem Gebiet des [X.] Rechts.

Nach der im [X.]eschwerdeverfahren ergänzten [X.] hat der Antragsteller neben den vom [X.] anerkannten neun Fällen weitere zehn Fälle im [X.] Recht bearbeitet. Soweit der Antragsteller sechs Fälle im Gemeinschaftsrecht für [X.] Auftraggeber bearbeitet hat, können diese wegen der ausschließlichen [X.]ezüge zum [X.]n Recht nicht berücksichtigt werden (§ 11 Abs. 1 S. 1 [X.]; vgl. auch [X.] in Henssler/Prütting, [X.], 3. Aufl., § 11 [X.] Rn. 14; [X.] in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, § 11 [X.] Rn. 11; [X.], [X.][X.] 2000, 989, 996). Durch die [X.]earbeitung dieser Fälle sind keine Kenntnisse im [X.] Recht erworben worden. [X.]ei den zehn Fällen im [X.] Recht entfällt, wie schon bei den zuvor anerkannten neun Fällen, wiederum ein erheblicher Anteil der hierfür aufgewendeten Arbeitszeit auf eigene Angelegenheiten des Antragstellers (Steuererklärungen, Eingliederung nach § 11 [X.] u.a.). Das genügt den Anforderungen an eine dreijährige effektive und regelmäßige Tätigkeit im [X.] Recht i.S. von Art. 10 Abs. 1 der [X.], § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht.

Welche Anforderungen an Art und Umfang der Tätigkeit zu stellen sind, hat der Gesetzgeber mit Rücksicht auf die vielfältigen Möglichkeiten der Ausgestaltung anwaltlicher [X.]erufstätigkeit nicht abstrakt-generell geregelt ([X.]T-Drucks. 14/2269 [X.]). Dies bedarf auch hier keiner abschließenden Entscheidung. Eine Tätigkeit im [X.] Recht, die sich im Wesentlichen auf die Regelung eigener Angelegenheiten beschränkt und nur vereinzelt sonstige Mandate mit ganz geringem zeitlichem Umfang umfasst, genügt den Anforderungen jedenfalls nicht. Sie bietet nicht die Gewähr dafür, dass der Rechtsanwalt ein Mindestmaß an allgemeinen Rechtskenntnissen und anwaltlicher Erfahrung in [X.] erworben hat.

Das Erfordernis einer dreijährigen effektiven und regelmäßigen Tätigkeit im [X.] Recht einschließlich des Gemeinschaftsrechts dient dem Nachweis, dass der Rechtsanwalt die erforderliche Eignung erworben hat, sich voll in den [X.]erufsstand des [X.]es zu integrieren (Erwägungsgrund 14 der [X.]). Mit Rücksicht darauf, dass der Rechtsanwalt von diesem Zeitpunkt an für das rechtsuchende Publikum nicht mehr von einem Rechtsanwalt zu unterscheiden ist, der nach den Vorschriften des [X.]es ausgebildet und qualifiziert ist ([X.]T-Drucks. 14/2269 [X.]), dürfen an den Umfang und die Art der Tätigkeit keine zu geringen Anforderungen gestellt werden. Das ergibt sich auch aus einem Vergleich mit § 13 [X.]. Diese Vorschrift, die Art. 10 Abs. 3 der [X.] in nationales Recht umsetzt, ermöglicht eine Eingliederung in die [X.] Rechtsanwaltschaft auch dann, wenn sich der Rechtsanwalt, der drei Jahre effektiv und regelmäßig als niedergelassener [X.] Rechtsanwalt in [X.] tätig war, nur für eine kürzere Zeit im [X.] Recht betätigt hat; sie macht diese aber davon abhängig, dass der Rechtsanwalt die Fähigkeit, die Tätigkeit weiter auszuüben, in einem Gespräch (§ 15 [X.]) nachweist. Nach der Gesetzesbegründung wird in der Regel davon auszugehen sein, dass für eine Eingliederung nach dieser Vorschrift die Dauer der Tätigkeit auf dem Gebiet des [X.] Rechts die Zeitspanne von etwa achtzehn Monaten nicht unterschreiten sollte ([X.]T-Drucks. 14/2269 [X.]). Dies zeigt, dass der nach § 11 [X.] erforderliche Tätigkeitsumfang jedenfalls nicht durch gelegentliche Tätigkeiten im [X.] Recht während des dreijährigen Zeitraums erfüllt wird.

Einen ausreichenden Umfang erreicht die außerhalb der Syndikustätigkeit liegende Tätigkeit des Antragstellers als Rechtsanwalt auf dem Gebiet des [X.] Rechts nicht annähernd.

Unter diesen Umständen bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die durch die Syndikustätigkeit erworbenen Kenntnisse im [X.] Recht, ungeachtet der Tatsache, dass es sich nicht um anwaltliche [X.]erufsausübung handelt, im Rahmen des § 11 Abs. 1 [X.] gleichwohl ergänzend zu berücksichtigen sind, wie dies der Senat im Zusammenhang mit der Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung angenommen hat ([X.]eschluss vom 4. November 2009 - [X.] ([X.]) 16/09, [X.], 377 Rn. 17 m.w.[X.]). Dies würde im Übrigen jedenfalls voraussetzen, dass die Syndikustätigkeit weisungsfrei und unabhängig erfolgt ist und eine erhebliche Anzahl nicht unbedeutender Mandate - mindestens 35% des [X.] - auf selbständige anwaltliche Tätigkeit entfallen ist ([X.], [X.]eschluss vom 4. November 2009 - [X.] ([X.]) 16/09, aaO). Hier ist bereits die erste Voraussetzung nicht erfüllt. Nach Nr. 1 Abs. 2 seines Arbeitsvertrags hat der Antragsteller bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Weisung seines direkten Vorgesetzen und der Geschäftsführung zu beachten. Wie bei diesen Vorgaben eine unabhängige anwaltsähnliche [X.]earbeitung der Fälle sichergestellt sein soll, hat der Antragsteller nicht dargelegt.

3. Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 201 Abs. 2 [X.] a.F. i.V. mit § 13a [X.] a.F.

Tolksdorf                                          Roggenbuck                                           Seiters

                            Quaas                                                  [X.]raeuer

Meta

AnwZ (B) 20/10

07.02.2011

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof München, 12. November 2009, Az: BayAGH I - 47/2008, Beschluss

§ 2 Abs 1 EuRAG, § 11 Abs 1 S 1 EuRAG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.02.2011, Az. AnwZ (B) 20/10 (REWIS RS 2011, 9736)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9736

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