Bundessozialgericht, Beschluss vom 11.06.2021, Az. B 8 SO 11/20 B

8. Senat | REWIS RS 2021, 5058

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Tenor

Die Anträge der Kläger, ihnen für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2019 (L 8 [X.] 131/13) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil werden als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

[X.] sind Ansprüche der [X.]lägerin zu 1 auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem [X.] Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ([X.]) und die Bewilligung von [X.] ([X.]fz-[X.]ilfe) an den mittlerweile verstorbenen [X.] der [X.]läger zu 2 und 3.

2

Die 1992 geborene [X.]lägerin zu 1 ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100) und vollständig erwerbsgemindert. Sie bezieht neben einer Vergütung aus einer Tätigkeit im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen ([X.]) laufend Grundsicherungsleistungen von dem beklagten örtlichen Träger der Sozialhilfe. Die [X.]läger zu 2 und 3 (ihre Eltern) sind die Rechtsnachfolger des während des Berufungsverfahrens verstorbenen [X.] bzw [X.]es [X.]. [X.] war aufgrund geistiger und körperlicher Behinderungen ebenfalls schwerbehindert (GdB von 100; Merkzeichen G, B, [X.] und [X.]) und lebte - wie auch die [X.]lägerin zu 1 weiterhin - im [X.]aushalt der [X.]läger zu 2 und 3, von denen er auch gepflegt wurde. Das Begehren der [X.]lägerin zu 1 auf Bewilligung höherer Grundsicherungsleistungen (im Wege der abweichenden Bemessung der Regelleistung bzw als Mehrbedarf) für die [X.] ab dem 1.12.2012 blieb im Wesentlichen ohne Erfolg (Bescheide vom [X.] und vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 30.4.2013). Zugleich mit [X.]lageerhebung im Mai 2013 machte [X.] Ansprüche gegen die Beklagte auf Bewilligung von [X.]fz-[X.]ilfe geltend. Die [X.]lagen und Berufungen haben keinen Erfolg gehabt (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ; Leipzig vom 17.10.2013; Urteil des [X.] <[X.]>; vom 19.12.2019). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, die [X.]lage auf Gewährung von [X.]fz-[X.]ilfe sei wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, weil ein solcher Anspruch, der sich nur gegen den im vorliegenden Verfahren beigeladenen überörtlichen Träger richten könne, bereits Gegenstand des Verfahrens L 8 [X.] 129/13 sei. Ein Anspruch der [X.]lägerin zu 1 auf höhere Grundsicherungsleistungen bestehe nicht, weil die von ihr geltend gemachten Bedarfe (vor allem für den [X.]auf von Puppen, Büchern, [X.]osmetika, Besuche von [X.]ulturveranstaltungen etc) mit dem Regelbedarf bereits abschließend berücksichtigt seien.

3

[X.]iergegen haben die [X.]läger Beschwerden eingelegt sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (P[X.][X.]) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

II

4

Die Anträge auf Bewilligung von P[X.][X.] sind nicht begründet. P[X.][X.] ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ; iVm § 114 Zivilprozessordnung ;); daran fehlt es hier. [X.]inreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

5

Der Rechtssache der [X.]lägerin zu 1 kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 [X.]). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer [X.]lärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Diese Voraussetzungen liegen angesichts der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur abweichenden Festlegung des individuellen Bedarfs im Einzelfall nicht vor ([X.] ; vom 20.4.2016 - [X.] [X.] 5/15 R - [X.], 139 = [X.]-3500 § 18 [X.] Rd[X.] 13). Mit der gesetzgeberischen Typisierung und Pauschalierung der Regelbedarfe unterstellt der Gesetzgeber normativ eine Bedarfsdeckung (vgl dazu auch BSG vom 24.2.2016 - [X.] [X.] 13/14 R - juris Rd[X.] 19; BSG vom 23.7.2014 - [X.] [X.] 14/13 R - [X.], 210 = [X.]-3500 § 28 [X.], Rd[X.]4). Der Bedarf für [X.]örperpflege und damit auch für [X.]osmetika wird durch den Regelsatz bereits nach dem Wortlaut des § 27a Abs 1 [X.] erfasst, wie auch der Bedarf für Spielzeug und [X.]obbywaren, Bücher, Datenverarbeitungsgeräte sowie für Besuche von [X.]ulturveranstaltungen bei der Festsetzung regelbedarfsrelevanter Verbrauchsausgaben in dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des [X.] (in der Fassung vom [X.] ;) Berücksichtigung fanden (vgl BT-Drucks 17/3404 [X.]). Bei der Frage, ob die [X.]lägerin zu 1 Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen hat, handelt es sich damit um einen Einzelfall, sodass dahinstehen kann, ob die [X.]lägerin zu 1 solche Ansprüche überhaupt noch geltend macht. Die Frage, ob das [X.] im Einzelfall richtig entschieden hat, kann die Revision ohnehin nicht eröffnen.

6

Anhaltspunkte dafür, dass eine [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig. Gleiches gilt für den (im Wege der objektiven und subjektiven [X.]lagehäufung verbundenen) Anspruch auf [X.]fz-[X.]ilfe des [X.]. Das [X.] hat die [X.]lage insoweit zutreffend als unzulässig angesehen (dazu sogleich), sodass vorliegend in der Sache nicht über einen Anspruch auf [X.]fz-[X.]ilfe entschieden werden kann. Damit sind Fragen grundsätzlicher Bedeutung wegen der Bewilligung von [X.]fz-[X.]ilfe (zusammenfassend bereits BSG vom 8.3.2017 - [X.] [X.] 2/16 R - [X.]-1500 § 55 [X.]0) hier nicht zu klären.

7

Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]albsatz 1 SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Insbesondere wegen der Ansprüche auf [X.]fz-[X.]ilfe hat das [X.] die [X.]lage zutreffend als unzulässig angesehen. Wegen solcher von [X.] geltend gemachter Ansprüche liegt eine doppelte Rechtshängigkeit vor, weil diese Ansprüche, die die [X.]läger zu 2 und 3 als Rechtsnachfolger des [X.] zuletzt noch gegen den Beigeladenen gerichtet haben, Gegenstand eines bereits seit 2012 anhängig gewesenen Rechtsstreits sind (dazu Beschluss des Senats vom [X.] - [X.] [X.] 10/20 B). Soweit nunmehr auch die [X.]lägerin zu 1 solche Ansprüche geltend macht, ist ihre [X.]lage schon deshalb unzulässig, weil ihr gegenüber weder die Beklagte noch die Beigeladene eine anfechtbare Entscheidung wegen der [X.]fz-[X.]ilfe getroffen haben und es damit an einem überprüfbaren Verwaltungsakt als Sachurteilsvoraussetzung für eine Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1, Abs 4 SGG) fehlt. Soweit die [X.]läger die Dauer des Verfahrens rügen und Entschädigung hierfür verlangen (§ 198 Abs 3 Gerichtsverfassungsgesetz <[X.]>;), kann dies nur Gegenstand einer Entschädigungsklage nach § 198 Abs 5 [X.], nicht aber des vorliegenden Verfahrens sein.

8

Mit der Ablehnung der P[X.][X.] entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der P[X.][X.] (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

9

Die von den [X.]lägern ohne zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegten Beschwerden entsprechen nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Sie müssen sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Die [X.]läger können eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach § 73 Abs 4 Satz 2 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 [X.]albsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung [X.] als unzulässig zu verwerfen.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 8 SO 11/20 B

11.06.2021

Bundessozialgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Leipzig, 17. Oktober 2013, Az: S 5 SO 91/13

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 11.06.2021, Az. B 8 SO 11/20 B (REWIS RS 2021, 5058)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 5058

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