Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2013, Az. VII ZR 308/12

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2832

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZR 308/12
vom
12. September 2013
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 9 Abs. 1 Bf, [X.]; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Bf, [X.]
Eine von einem Bauträger in [X.] Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrages verwendete Klausel, die die Abnahme des [X.] durch einen vom Bauträger bestimmbaren
[X.] ermög-licht, ist gemäß §
9 Abs.
1 [X.] (jetzt: § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) unwirksam.
[X.], Beschluss vom 12. September 2013 -
VII ZR
308/12 -
[X.]

[X.]

-
2
-

Der VII. Zivilsenat des [X.] hat am 12. September 2013 durch [X.]
Dr.
[X.], die Richterin Safari
Chabestari und [X.]
Eick, Kosziol und Dr.
Kartzke
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Re-vision in dem Urteil des 23.
Zivilsenats des [X.] vom 23. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gegenstandswert: bis

Gründe:
I.
Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, macht gegen die beklagte Bauträgerin Gewährleistungsansprüche geltend. Die Klägerin verlangt Kostenvorschuss zur Beseitigung von Undichtigkeiten von Dächern der von der Beklagten errichteten Reihenhäuser sowie Schadensersatz wegen unzu-reichenden Schallschutzes. Ferner begehrt die Klägerin die Feststellung der weitergehenden Ersatzpflicht der Beklagten. Diese verteidigt sich unter ande-rem mit der Einrede der Verjährung.
Die Beklagte verpflichtete sich im Jahr 2001 zur Errichtung einer Woh-nungseigentumsanlage, bestehend aus zwei Häuserzeilen mit insgesamt
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13 Einfamilienreihenhäusern. Die notariellen Erwerbsverträge wurden vor dem 1. Januar 2002 geschlossen. Hinsichtlich der Abnahme des [X.] enthalten die jeweils gleichlautenden Erwerbsverträge unter Nr. V. 3. folgende Regelung:
"Für das Gemeinschaftseigentum findet im Regelfall eine geson-derte Abnahme statt. Der Käufer bevollmächtigt unter Befreiung von den Beschränkungen des §
181 BGB, und zwar jeden für sich allein, den nachgenannten vereidigten Sachverständigen, den nach dem Wohnungseigentumsgesetz für das Kaufobjekt bestell-ten Verwalter sowie den Verwaltungsbeirat mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Das Gemeinschaftseigentum ist somit abgenommen, wenn entweder alle Käufer oder anstelle von Käu-fern der Sachverständige oder der Verwalter oder der Verwal-tungsbeirat das Gemeinschaftseigentum abnimmt."
Ob und wann das Gemeinschaftseigentum abgenommen wurde, ist strei-tig.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht ([X.], [X.], 470) den [X.] hinsichtlich der Schallschutzmängel um die Umsatzsteuer redu-ziert und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt.

II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts
oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die von der Beklagten
behauptete Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die [X.] am 14. [X.] als unwirksam angesehen, weil die [X.] durch Nr. V. 3. der notariellen Erwerbsverträge nicht wirksam zu einer solchen Abnahme be-vollmächtigt worden ist, und aus diesem Grund eine Verjährung der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche verneint.
Die Regelung in Nr. V. 3. der Erwerbsverträge, die nach den Feststellun-gen des Berufungsgerichts als von der Beklagten verwendete Allgemeine Ge-schäftsbedingung
anzusehen ist, ist gemäß § 9 Abs.
1 [X.] (jetzt: §
307 Abs.
1 Satz 1 BGB) unwirksam, weil sie die Erwerber entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
a) Nach Nr. V. 3. der Erwerbsverträge bevollmächtigen die Erwerber un-ter anderem "den nach dem Wohnungseigentumsgesetz für das Kaufobjekt be-stellten Verwalter" mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Als teilender Eigentümer hat der Bauträger die Möglichkeit, den ersten Verwalter bereits in der Teilungserklärung zu bestellen (zu § 26 WEG in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung siehe [X.], Beschluss vom 20.
Juni
2002 -
V
ZB
39/01, [X.]Z 151, 164, 173; [X.] 1974, 275, 278 f.; [X.] 1974, 305, 309; BayObLG, NJW-RR 1994, 784; KG, [X.] 1976, 266, 268; zu § 26 WEG n.F. siehe KG, [X.] 2012, 96; [X.]/[X.], WEG, 12.
Aufl., §
26 Rn.
54; [X.] WEG/Knop,
Stand: 31.
Juli 2013, § 26 Rn.
31). Dabei kann der [X.] einen [X.] bestellen, der mit ihm wirtschaftlich oder rechtlich verbunden ist. So verhält es sich nach
den Feststellungen des Berufungsge-richts auch im Streitfall. Das begründet im Hinblick auf die Abnahme für die [X.] die Gefahr, dass ein solcher Verwalter die Voraussetzungen der [X.] des Gemeinschaftseigentums nicht neutral prüft, sondern
zu-6
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gunsten des Bauträgers verfährt, wodurch dieser entscheidenden Einfluss auf die Abnahme nehmen könnte.
Aus diesem Grund hält eine vom Bauträger in [X.] Geschäftsbe-dingungen eines Erwerbsvertrages verwendete Klausel, die -
wie hier -
die Ab-nahme des Gemeinschaftseigentums durch einen mit dem Bauträger wirtschaft-lich oder rechtlich verbundenen [X.] ermöglicht, nach nahezu einhelli-ger Auffassung der Inhaltskontrolle am Maßstab von §
9 Abs.
1 [X.] bzw. §
307 Abs.
1 Satz
1 BGB nicht stand (siehe [X.] in: [X.]/[X.], [X.] Immobilien, Stand: 1. November 2012, [X.], 18.
Kap. Rn.
18; Pause, Bauträgerkauf und [X.], 5.
Aufl., Rn.
603; Pause/[X.] in:
[X.], ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand: 13.
August 2013, §
640 BGB Rn.
6, 125; [X.] in: [X.]/[X.], Privates Baurecht, 2.
Aufl., § 640 BGB Rn. 37; [X.], Bauträgervertrag, 4.
Aufl., Rn. 346; [X.]/Bub, WEG, Neubearbeitung 2005, §
21 Rn. 245; [X.], [X.], 740, 745; [X.], [X.], 377, 379; von [X.], [X.] 2011, 249, 258; Sterner, [X.], 1160, 1162; [X.], [X.] 2010, 157, 161; [X.]., [X.] 2013, 253, 255; vgl. auch [X.] in: [X.]/[X.], Handbuch Bauträgerrecht, 3.
Teil,
Rn.
762; zur Gefahr von Interessenkollisionen siehe auch [X.], NJW-RR 2004, 1382). Dieser Sichtweise ist das Berufungsgericht zu Recht beigetreten (ebenso [X.], Urteil vom 13.
Juni 2013 -
12 [X.], juris Rn. 110).
Die Beschwerde bezieht sich nur auf eine Stimme im Schrifttum, wonach eine den Interessen des Bauträgers Rechnung tragende Abnahme des Ge-meinschaftseigentums
trotz Verflechtung unschädlich sei, sofern sie gewissen-haft vorgenommen werde ([X.], [X.], 7.
Aufl., Rn.
1008, 1018 unter Hinweis auf Häublein, [X.] 2002, 608, 627 f.). Diese vereinzelt gebliebene Literaturauffassung gebietet die Zulassung der Revision jedoch 9
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6
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nicht (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Januar 2013 -
VII ZR 47/11, [X.], 599 = NZBau 2013, 293 Rn. 9 m.w.N.). Sie verkennt, dass es keine den Inte-ressen des Erwerbers gerecht werdende Vertragsgestaltung ist, wenn er auf den von ihm zu beweisenden Einwand des Missbrauchs der Vertretungsmacht verwiesen wird.
b) Die gesetzliche Möglichkeit des Widerrufs der formularmäßig erteilten Vollmacht (§
168 Satz
3 BGB) kompensiert die unangemessene Benachteili-gung nicht. Die Widerrufsmöglichkeit kann schon deshalb praktisch leerlaufen, weil das Klauselwerk der Beklagten nicht sicherstellt, dass der Erwerber von dem Abnahmetermin Kenntnis erlangt.
c) Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die von der Beklagten ver-wendete Formularbestimmung den sich aus dem Transparenzgebot ergeben-den Anforderungen nicht gerecht wird, weil sie keinen Hinweis auf die Widerruf-lichkeit der Vollmacht enthält (siehe [X.],
[X.], 237; [X.], Urteil vom 13.
Juni
2013 -
12
U
162/12, juris Rn.
109; [X.], [X.], 280; [X.], [X.] 2013, 253, 256).
2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeig-net wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Re-vision zuzulassen ist (§
544 Abs.
4 Satz
2
Halbsatz 2 ZPO).
11
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13
-
7
-

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97
Abs.
1 ZPO.

[X.]
Safari Chabestari
Eick

Kosziol
Kartzke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.08.2011 -
14e O 56/10 -

[X.], Entscheidung vom 23.10.2012 -
I-23 [X.] -

14

Meta

VII ZR 308/12

12.09.2013

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2013, Az. VII ZR 308/12 (REWIS RS 2013, 2832)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2832

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