Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2007, Az. VIII ZR 145/06

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5365

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 7. Februar 2007 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 573c Abs. 4; EG[X.] Art. 229 § 3 Abs. 10 Haben die Beteiligten nach dem 31. August 2001 den Beitritt eines weiteren Mieters zu einem im Übrigen unverändert fortbestehenden Wohnraummietvertrag vereinbart, wirkt eine vor Inkrafttreten des [X.] 2001 wirksam formularver-traglich vereinbarte Regelung der Kündigungsfristen auch gegenüber dem [X.], wenn die Kündigung vor dem 1. Juni 2005 zugegangen ist. [X.], Urteil vom 7. Februar 2007 - [X.]/06 - [X.] AG Schöneberg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2007 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] [X.] und [X.] sowie [X.]innen [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 24. März 2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tra-gen. Von Rechts wegen Tatbestand: Mit [X.] mietete die Beklagte zu 1 von den Klägern zu 1, 4 und 5 und der Rechtsvorgängerin der Kläger zu 2 und 3 eine Wohnung in der [X.] in [X.]. § 2 des schriftlichen Vertrages lau-tet auszugsweise: 1 "... Das Mietverhältnis beginnt am 01.11.1991 und endet am [X.] Es verlängert sich jedoch jeweils um ein Jahr, wenn es nicht gekündigt ist. (Kündigungsfristen siehe 2.) 2. Kündigungsfristen ...: Die Kündigungsfrist beträgt - 3 Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums weniger als 5 Jahre vergangen sind, - 3 - - 6 Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums 5 Jahre vergangen sind, - 9 Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums 8 Jahre vergangen sind, - 12 Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums 10 Jah-re vergangen sind." 2 In einem "1. Nachtrag zum Mietvertrag vom 20.09.1991" vereinbarten die Kläger und die Beklagten am 12. Juni 2002: "Mit Wirkung zum 1. Juni 2002 wird [X.]G. in den [X.] Mietvertrag mit aufgenommen. Der Mietvertrag wird somit mit [X.]und [X.] G.

zusammen fortgeführt. - Alle übrigen Punkte aus dem bestehenden Mietvertrag bleiben unverändert. -" Die Beklagten kündigten das Mietverhältnis mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 zum 31. März 2004. Nachdem die Kläger der Vertragsbe-endigung widersprochen hatten, kündigten die Beklagten erneut mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2004 vorsorglich fristlos und hilfsweise zum 31. Januar 2005, wobei sie sich hierbei auf ein Sonderkündigungsrecht wegen der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen beriefen. 3 Das Amtsgericht hat der auf Zahlung der Miete für die Monate Mai und Juni 2004 gerichteten Klage stattgegeben und auf die [X.], das Mietverhältnis sei mit Ablauf des 31. Januar 2005 beendet worden. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revi-sion zugelassen. Mit ihrem Rechtsmittel wenden sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung und begehren weiter die Feststellung, das Mietver-hältnis habe (bereits) am 31. März 2004 geendet. 4 - 4 - Entscheidungsgründe: 5 Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. [X.] 6 Das Berufungsgericht hat ausgeführt: 7 Die Beklagten schuldeten die für Mai und Juni 2004 verlangte Miete, weil das Mietverhältnis nicht durch das [X.] vom 22. Dezember 2003 zum 31. März 2004 beendet worden sei. Die vertragliche Vereinbarung der Kündigungsfristen sei wirksam. Denn die Befristung des Mietverhältnisses habe nicht länger als vier Jahre gedauert. Die Kündigungsmöglichkeiten der Beklagten richteten sich nach dem bis zum 31. August 2001 geltenden Miet-recht, das aufgrund der Überleitungsvorschriften zum Mietrechtsreformgesetz durch das neue Recht nicht verdrängt werde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der mit Wirkung zum 1. Juni 2002 erfolgten Aufnahme der Beklagten zu 2 in das Mietverhältnis. I[X.] Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprü-fung stand, so dass die Revision der Beklagten zurückzuweisen ist. 8 Die Beklagten schulden die Miete für Mai und Juni 2004 nach § 535 Abs. 2 [X.]. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, das Mietver-hältnis sei nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 22. Dezember 2003 zum 31. März 2004 beendet worden. Die im Mietvertrag vom 20. September 1991 unter § 2 getroffene Regelung zur "Mietzeit und ordentlichen Kündigung" war wirksam vereinbart und galt auch noch zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 22. Dezember 2003. 9 - 5 - 1. Die vertragliche Regelung zur Kündigungsfrist (Ziff. 2 des [X.]) war nach dem bis zum 31. August 2001 geltenden Recht wirksam. Ein Verstoß gegen § 565 Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. liegt nicht vor. Zwar ist nach die-ser Vorschrift eine Vereinbarung unwirksam, wenn die Kündigung nur für den Schluss bestimmter Kalendermonate zulässig sein soll. Doch die inzwischen ersetzte Vorschrift war auch während ihrer Geltungszeit nicht auf befristete Mietverhältnisse mit [X.] - wie hier - anzuwenden (Senatsur-teil vom 6. April 2005 - [X.] ZR 155/04, NJW 2005, 1572 unter [X.]). 10 2. Das Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 ([X.] I S. 1149) und das Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetz-buch vom 26. Mai 2005 ([X.] I S. 1425) haben diese Rechtslage nicht verän-dert. 11 a) Nach § 573c Abs. 4 [X.] i.d.F. vom 1. September 2001 ist eine Rege-lung unwirksam, wenn dabei zum Nachteil des Mieters von § 573c Abs. 1 [X.] abgewichen wird. Das ist vorliegend zwar der Fall. Doch nach Art. 229 § 3 Abs. 10 Satz 1 EG[X.] ist § 573c Abs. 4 [X.] nicht anzuwenden, weil die [X.] vor dem 1. September 2001 durch Vertrag vereinbart worden sind. 12 b) Ob die entsprechende Vereinbarung der Parteien durch eine Allge-meine Geschäftsbedingung getroffen wurde, kann dahinstehen. Denn nach Art. 229 § 3 Abs. 10 Satz 2 EG[X.] würde in diesem Fall § 573c Abs. 4 [X.] dann anzuwenden sein, wenn die Kündigung der Beklagten den Klägern am 1. Juni 2005 oder danach zugegangen wäre. Die Kündigung der Beklagten ist jedoch vor diesem Zeitpunkt den Klägern zugegangen. 13 c) Auch das Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 ([X.] I S. 3138) hat diese rechtliche Situation nicht [X.] - dert. Nach Art. 229 § 5 EG[X.], der Überleitungsvorschrift zum [X.], ist auf Schuldverhältnisse, die - wie im Streitfall - vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden, soweit nicht ein anderes be-stimmt ist. Dennoch ist die zum 1. September 2001 in [X.] getretene Vorschrift des § 573c [X.] nicht einschlägig. Denn Art. 229 § 3 Abs. 10 EG[X.] geht als spezielle Übergangsregelung für die Anwendung des § 573c Abs. 4 [X.] der - später erlassenen - allgemeinen Regelung für bestehende Schuldverhältnisse nach Art. 229 § 5 EG[X.] vor (Senatsurteil vom 6. April 2005 - [X.] ZR 155/04, NJW 2005, 1572 unter [X.]; vgl. auch [X.], NJW 2005, 1900, 1901). 3. [X.] wurde auch nicht durch den Eintritt der Beklagten zu 2 in das Mietverhältnis am 1. Juni 2002 be-einträchtigt. Entgegen der Ansicht der Revision band vielmehr die am 20. September 1991 zwischen der Beklagten zu 1 und den damaligen [X.] getroffene Regelung über die Kündigungsfristen nunmehr auch die [X.] zu 2. Dies liegt bereits nach dem Wortlaut der zugrunde liegenden dreiseiti-gen Einigung nahe. Danach wurde die Beklagte zu 2 "... in den bestehenden Mietvertrag ... aufgenommen". Der Mietvertrag sollte "zusammen weitergeführt" werden. 15 Dieser eindeutige Wille der Beteiligten, den bisherigen Mietvertrag un-verändert nunmehr auch mit der Beklagten zu 2 fortzusetzen, müsste allein dann zurücktreten, wenn der Inhalt der Vereinbarung zwingendes Recht verlet-zen würde. Das ist nicht der Fall. Es ist vielmehr Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, dass ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht untersteht, das zur [X.] des [X.] galt (MünchKomm[X.]/[X.], 4. Aufl., Art. 170 EG[X.] Rdnr. 3). Auch für die Anwendbarkeit des "neuen" 16 - 7 - Rechts nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist der Zeitpunkt des Entstehens des Schuldverhältnisses für die Frage entscheidend, ob altes oder neues Schuldrecht anzuwenden ist. Tritt jemand einem vor der Rechtsänderung geschlossenen Vertrag bei, so ist auch für ihn das ursprünglich geltende Recht maßgeblich ([X.], aaO, Art. 229 § 5 Rdnr. 3 f.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Änderung den Vertrag in [X.] zu einem neuen Geschäft macht ([X.]/Schmidt-Räntsch, [X.], 11. Aufl., EG[X.] Art. 229 § 5 Rdnr. 7). Das ist hier nicht anzunehmen. Zwar hat der Senat im Urteil vom 2. Juli 1975 ([X.] 65, 49, 53) den Beitritt eines zweiten Mieters zu einem [X.] über einen Geschäftsraum als nicht nur nebensächliche Vertragsänderung bezeichnet. Diese Aussage wurde im Zusammenhang mit der Frage getroffen, ob der Beitritt eines weiteren Mieters formbedürftig nach § 566 [X.] a.F. (jetzt § 550 [X.]) ist. Sie ist vor dem Hintergrund zu werten, dass das Schriftformer-fordernis vor allem dem Informationsbedürfnis eines möglichen Grundstückser-werbers dient. Dessen Interesse an klaren und für ihn unschwer feststellbaren mietrechtlichen Verhältnissen wird durch die Einhaltung der Schriftform bei ei-nem Schuldbeitritt gewahrt. Diese Überlegungen sind nicht von Bedeutung, wenn es um die Bewertung eines schriftlichen Vertragsbeitritts zu der Frage geht, ob wegen des Beitritts neues Recht anzuwenden ist. Auch nach den Vorschriften der §§ 563 ff. [X.] über den gesetzlich an-geordneten Wechsel auf der Mieterseite übernehmen ein- oder beitretende Mie-ter den Vertrag in der bisherigen rechtlichen Gestaltung (vgl. Schmidt-Futterer/Gather, 9. Aufl., § 563 Rdnr. 28). Ist dies bei einem gesetzlich ange-ordneten Eintritt auf der Mieterseite anzunehmen, hat dies auch bei einem [X.] aufgrund eines Vertrages zu gelten, bei dem die Weiterführung des [X.] Mietvertrages vereinbart wurde. Die Möglichkeit eines Sonderkündi-gungsrechts in den genannten Vorschriften (z.B. § 563a Abs. 2 [X.]) erklärt sich daraus, dass der Mieter ohne Rücksicht auf seinen Willen kraft Gesetzes 17 - 8 - Partei des Vertrages wurde. Im Streitfall hingegen beruht der Beitritt auf dem Willen der Beteiligten. 18 Angesichts der klaren Formulierung der Vereinbarung zum Vertragsbei-tritt kann auch nicht angenommen werden, für die beiden Mieterinnen würden unterschiedliche Kündigungsfristen gelten. Dies war nicht nur nicht gewollt, sondern würde auch zu einer erheblichen Rechtsunklarheit führen. [X.][X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 09.08.2005 - 19 C 306/04 - [X.], Entscheidung vom 24.03.2006 - 63 S 291/05 -

Meta

VIII ZR 145/06

07.02.2007

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2007, Az. VIII ZR 145/06 (REWIS RS 2007, 5365)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5365

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