Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2015, Az. VII ZR 216/14

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9931

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 216/14
Verkündet am:

11. Juni 2015

Boppel,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1,
§ 817 Satz 2 Halbs. 1; [X.] § 1 Abs. 2 Nr. 2
Ist ein Werkvertrag wegen Verstoßes gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vom 23. Juli 2004 nichtig, steht dem Besteller, der den Werklohn be-reits gezahlt hat, gegen den Unternehmer kein Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung zu (Fortführung von [X.], Urteil vom 10.
April 2014

VII
ZR
241/13, [X.]Z
201, 1).
[X.], Urteil vom 11. Juni 2015 -
VII ZR 216/14 -
OLG Celle

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
Juni
2015
durch den
Vorsitzenden Richter Dr.
Eick, die Richter Halfmeier
und
Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen [X.] und Sacher
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird
das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 28. August 2014 teilweise auf-gehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung des [X.] wird das am 14.
März 2014 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] teilweise abgeändert. Die Klage wird [X.]. Der Kläger wird verurteilt, an den [X.]
1.014,90

% über dem [X.] seit dem 10. Juni 2011 zu zahlen. Die weiter-gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden dem Kläger auferlegt.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

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3
-
Tatbestand:
Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen Mängeln der vom [X.] durchgeführten Ausbauarbeiten im Dachgeschoss seines
Hauses. Der Beklagte fordert mit der Widerklage die Rückzahlung bereits
an den Kläger
geleisteter Schadensersatzzahlungen.
Der Beklagte unterbreitete
dem Kläger
am 12.
Januar
2007 einen "Kostenanschlag"
für den Einbau von vier V.

-Fenstern zu einem Preis von 2.120

für
den Ausbau des Dachgeschosses mit [X.] zu einem Preis von 10.531,90

Umsatzsteuer. Anschließend schlossen die Parteien mündlich einen
Vertrag zu einem
Pauschalpreis von 10.000

der Kläger bar entrichtete. Am 21.
Februar 2007 erteilte der Beklagte dem Klä-ger eine Rechnung "zum Festpreis von 10.000
Euro". Der Rechnungsvordruck enthält in den Spalten für "Rechnung Nr.", "[X.]", "Rechnungs-Betrag netto", "+
% MwSt. = MwSt.-Betrag",
"= Rechnungs-Endbetrag
gesamt" keine Eintragungen.
Der Kläger fordert
Schadensersatz in Höhe von 11.901,53

wegen Mängeln der vom [X.] erbrachten Arbeiten. Der Beklagte, der der [X.] ist, der Werkvertrag sei wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbe-kämpfungsgesetz ([X.]) nichtig, macht
im Wege der Widerklage die Rückzahlung bereits gezahlter
Schadensbeträge im Umfang von 1.392,76

geltend. Das [X.] hat der Klage
in vollem Umfang
stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsge-richt die Verurteilung des [X.] zur Zahlung
auf einen Betrag von 8.300

nebst Zinsen ermäßigt. Weiter hat es den Kläger auf die Widerklage hin [X.], an den [X.] 1.014,90

ie weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen.
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-
Mit der vom Berufungsgericht in Bezug auf die
Klage zugelassenen Re-vision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision des [X.] hat Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht führt -
soweit für die Revision noch von Interesse -
aus, der Kläger
habe gegen den [X.] keinen Anspruch auf [X.] aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag. Dieser [X.] sei wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (§ 134 BGB).
Der Beklagte habe, indem er dem Kläger eine Rechnung gestellt habe, die nicht den Anforderungen des §
14 UStG entspreche, Schwarzarbeit geleistet (§
1
Abs.
2 Nr.
2 [X.]). Der Kläger habe dieses bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt, indem er mit dem [X.] ein Entgelt vereinbart habe, das keinen Umsatzsteueranteil enthalte. In der Rechnung des [X.] fehlten, obwohl im Rechnungsvordruck vorgesehen, entgegen §
14 Abs.
4 Satz 1 Nr.
2, 4, 8 UStG Angaben zu Steuernummer, Rechnungsnummer und Steuersatz. Der Kläger habe eingeräumt, dass er erkannt habe, der Beklagte wolle keine Um-satzsteuer abführen, indem er vorgetragen habe, "wenn der Beklagte die Arbei-ten 'schwarz' durchgeführt, keine Steuern an das Finanzamt abgeführt habe, sei dies seine Angelegenheit".

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Der Kläger könne von dem [X.] jedoch Wertersatz in Höhe von 8.300

Dieser Anspruch [X.] auf keinem anderen Klagegrund als demjenigen, auf den der Kläger seinen Schadensersatzanspruch stütze. Der Beklagte habe 10.000

e-ruhe auf einer Leistung des [X.], der durch die Zahlung seine Werklohn-schuld gegenüber dem [X.] habe erfüllen wollen. Der Leistung fehle der rechtliche Grund. Der Beklagte habe auf sie keinen Anspruch. Der Vertrag, auf dem der Anspruch beruhe, sei nichtig. Die Saldierung des Wertes der Leistung, die der Beklagte empfangen habe, mit demjenigen des Werkes, das der Kläger erhalten habe, führe zu einem Überschuss zugunsten des
[X.] in Höhe von 8.300

habe, habe
nur einen Wert von 1.700

[X.] begünstige, gemäß §
817 Satz
2 Halbs.
1 BGB ausgeschlossen, weil
der Beklagte wegen dieser Vorschrift von sich aus den Kläger nicht auf [X.] für sein Werk in Anspruch nehmen könnte. Die genannte Vorschrift
sei
ein-schränkend auszulegen.
Das Gesetz, gegen das der Kläger verstoßen habe, solle auch ihn schützen. Die Folgen der Anwendung des § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB träfen ihn in unbilliger Weise ungleich härter als den [X.]. Da der Besteller schon durch den Verlust der Gewährleistungsansprüche belastet sei, dürfe ihm nicht auch noch die volle Bezahlung eines wegen Mängeln minder-wertigen Werkes aufgebürdet werden.

II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen allerdings zu Recht angenommen, dass dem Kläger wegen 7
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Mängeln der vom [X.] erbrachten Werkleistung kein Schadensersatzan-spruch gemäß § 634 Nr. 4, §§ 633, 280, 281 BGB zusteht, weil der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag wegen Verstoßes gegen §
1 Abs.
2 Nr.
2 [X.] nichtig ist,
§
134 BGB.
a) § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] enthält das Verbot zum Abschluss ei-nes Werkvertrages, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der [X.] vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des [X.] kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt ([X.], Urteil vom 1.
August 2013 -
VII
ZR
6/13, [X.]Z
198, 141 Rn.
13). Diese Voraussetzungen liegen vor.
Der Beklagte hat Schwarzarbeit gemäß
§
1 Abs.
2 Nr.
2 [X.]
geleistet, indem er für den mündlich vereinbarten Werklohn in Höhe von 10.000

n wollte. Der Kläger hat dies erkannt und bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt, indem er mit dem [X.] ein Entgelt vereinbart hat, das keinen Umsatzsteueranteil ent-hielt. Dies ist ausreichend, um einen
zur Nichtigkeit des Vertrages führenden Verstoß gegen das Verbot des §
1 Abs.
2 Nr.
2 [X.] anzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 10.
April 2014

VII
ZR
241/13, [X.]Z
201, 1 Rn.
13; Urteil vom 1.
August 2013

VII
ZR
6/13, [X.]Z
198, 141 Rn.
23).
b) Dem
Kläger als
Besteller stehen aufgrund eines Vertrages, der wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist, keine Mängelansprüche gegen den Unternehmer zu (vgl. [X.], Urteil vom 1.
August 2013

VII
ZR
6/13, [X.]Z
198, 141 Rn.
27).

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-
2.
Von Rechtsfehlern beeinflusst ist dagegen die Annahme des [X.], dem Kläger stehe
wegen des gezahlten Werklohns
gegen den [X.] ein Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer unge-rechtfertigten Bereicherung in Höhe von 8.300

gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1
BGB zu.

a) Die Voraussetzungen eines [X.] gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt. 1 BGB sind zwar erfüllt. Der Beklagte
hat die Werklohnzah-lung des [X.] im Hinblick auf den nichtigen Werkvertrag ohne
Rechtsgrund erlangt.
b) Der
Anspruch des [X.]
auf Rückzahlung des an den [X.] ge-leisteten Werklohns
ist jedoch gemäß §
817 Satz
2
Halbs. 1
BGB ausgeschlos-sen.
aa) Nach
§
817 Satz
1 BGB ist der Empfänger zur Herausgabe verpflich-tet, wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt war, dass der [X.] durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Satz
2 Halbs.
1 dieser Vorschrift schließt die Rückforderung aus, wenn dem Leisten-den gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes verstößt nicht nur die §
1 Abs.
2 Nr.
2 [X.] widersprechende vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser [X.] erfolgende Leistungserbringung durch den Unternehmer. § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB ist daher nicht einschränkend auszulegen, wenn der [X.] für die von ihm aufgrund eines nichtigen Vertrags erbrachte Werkleistung einen Bereicherungsanspruch gegen den Besteller geltend macht (vgl. [X.], Urteil vom 10. April 2014 -
VII ZR 241/13, [X.]Z 201, 1 Rn. 20
ff.).

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bb) § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB findet auch dann Anwendung, wenn der Besteller in Ausführung eines solchen gemäß § 134 BGB nichtigen Werkver-trags seine Leistung erbringt, indem er ohne Rechnung mit
Steuerausweis den vereinbarten Betrag bezahlt
(vgl. [X.], Urteil vom 10.
April
2014

VII
ZR
241/13, [X.]Z
201, 1 Rn. 19).
Eine einschränkende Auslegung des §
817 Satz
2
Halbs. 1
BGB kommt nicht in Betracht.
Zwischen den Vertragsparteien erfolgt
in einem solchen Fall ebenfalls kein Wertausgleich. Wer bewusst das im [X.] enthaltene Verbot missachtet, soll nach der Intention des [X.] schutzlos bleiben und veranlasst werden,
das verbotene Geschäft nicht abzuschließen (vgl. [X.], Urteil vom 10.
April 2014 -
VII
ZR
241/13, [X.]Z
201, 1
Rn. 27; Urteil vom 5.
Mai 1992

X
ZR
134/90, [X.]Z
118, 182, 193, juris Rn.
40). Der Ausschluss eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs mit der
ihm zukommenden abschreckenden Wirkung ist ein geeignetes Mittel, die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers mit den Mitteln des Zivilrechts zu fördern (vgl. [X.], Urteil vom 10.
April 2014

VII
ZR
241/13,
aaO
Rn. 29
m.w.[X.]). Dies gilt sowohl für [X.] Ansprüche des Werkunternehmers als auch des Bestellers, der sich auf den Abschluss eines gegen das Verbot des §
1 Abs.
2 Nr.
2 [X.] ver-stoßenden Werkvertrags
eingelassen hat.
3.
Das Berufungsurteil kann danach, soweit es mit der Revision ange-fochten worden ist,
keinen Bestand haben. Der [X.] kann gemäß §
563 Abs.
3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur we-gen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. Die Klage ist danach insgesamt abzuweisen.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs.
1 Satz
1, § 92 Abs. 2 Nr. 1
ZPO.

Eick
Halfmeier
Jurgeleit

[X.]

Sacher

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.03.2014 -
8 O 3/11 -

OLG Celle, Entscheidung vom 28.08.2014 -
6 [X.] -

19

Meta

VII ZR 216/14

11.06.2015

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2015, Az. VII ZR 216/14 (REWIS RS 2015, 9931)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9931

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VII ZR 241/13

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