Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2010, Az. IV ZR 248/08

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am:

24. November 2010

Bott

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja [X.] a.F. § 12 (1) [X.] In der Kraftfahrzeug-Teilversicherung sind Schäden nicht ersatzpflichtig, die nach einem missglückten Entwendungsversuch mutwillig - etwa aus Enttäuschung oder Verärgerung - verursacht worden sind. [X.], Urteil vom 24. November 2010 - [X.]/08 - [X.]

[X.]

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[X.] hat durch [X.], [X.], die Richterinnen Dr. [X.], [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2010 für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] vom 16. Oktober 2008 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einer Kraftfahr-zeug-Teilversicherung wegen Beschädigung seines versicherten Motor-rollers in Anspruch. 1 Am Abend des 15. April 2007 stellte der Kläger den Roller mit ein-gerasteter [X.] auf einem Parkplatz ab. Nach Darstellung des [X.] versuchte ein Unbekannter in der [X.] bis zum nächsten Morgen, den Roller zu entwenden. Dabei habe der Täter den Roller umgeworfen und beschädigt und zudem versucht, das Lenkrad zu überdrehen, um das Fahrzeug zu entwenden. Aus Enttäuschung über das Fehlschlagen des Entwendungsversuchs habe der Täter weitere Beschädigungen an dem Roller verursacht. Auch diese Schäden hält der Kläger für [X.] - 3 -

tungsfähig gemäß § 12 (1) [X.] der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung ([X.]). Danach umfasst die Teilversicherung unter anderem den Ersatz von Beschädigungen des Fahrzeugs "durch Entwendung, insbesondere Diebstahl". Die Beklagte lehnte eine Regulierung insgesamt ab.
Das Amtsgericht hat die unter anderem auf Zahlung von 453,53 • (Reparaturkosten in Höhe von 603,53 • netto abzüglich 150 • Selbstbe-teiligung) und auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum [X.] weiterer Reparaturkosten gerichtete Klage abgewiesen. Die Beru-fung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter. 3 Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. 4 [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts deckt die Teilkaskover-sicherung keine Schäden, die nach einem missglückten Entwendungs-versuch aufgrund mutwilligen Verhaltens des [X.] entstanden sind. Dies folge bereits aus dem Wortlaut des § 12 (1) II f [X.], der im Rah-men der Vollkaskoversicherung "darüber hinaus" durch mut- oder böswil-lige Handlungen betriebsfremder Personen verursachte Schäden aus-drücklich als ersatzfähig anerkenne. Hingegen sehe § 12 (1) [X.] [X.] in der Teilkaskoversicherung Schäden aufgrund mut- oder böswilligen [X.] Dritter gerade nicht als erstattungsfähig an. Auch der [X.] "durch Entwendung" sei bei sinn- und zweckgerichteter Auslegung 5 - 4 -

zu entnehmen, dass es nicht um einen Schaden gehen dürfe, der ledig-lich anlässlich einer versuchten Entwendung entstanden sei. Vielmehr müsse es einen über die bloße Äquivalenz und Adäquanz hinausgehen-den Zusammenhang zwischen der versuchten Entwendung und dem ver-ursachten Schaden geben. Die Beschädigung müsse erforderlich sein, um das Ziel - die Entwendung - erreichen zu können. Zum [X.]punkt der Entstehung der fraglichen Schäden am Roller des [X.] sei aber der Entwendungsversuch bereits gescheitert, mithin das Ziel der Tat nicht mehr erreichbar gewesen.
Unmittelbar durch den Entwendungsversuch verursachte Schäden habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Das von ihm vorgelegte [X.] stütze nicht seine Behauptung, durch Überdrehen des Lenkrads seien Schäden am Zünd- und Lenkschloss verursacht worden. 6 I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. 7 1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Beschädigungen seines Rollers, die nach seinem - für das Revisi-onsverfahren als wahr zu unterstellenden - Vorbringen der unbekannte Täter aus Enttäuschung oder Verärgerung über das Scheitern des [X.] verursachte. Diese Schäden sind nicht im Sinne von § 12 (1) [X.] [X.] "durch Entwendung" entstanden. 8 a) Diese Klausel ist - wie der [X.] bereits in dem Urteil vom 17. Mai 2006 ([X.], [X.], 968) entschieden hat - nach den maßgeblichen [X.] eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers so auszulegen, dass in der Kraftfahrzeug-Teil-9 - 5 -

versicherung (Teilkasko) bei einem Einbruchdiebstahl in ein Kraftfahr-zeug nur die Schäden am Fahrzeug ersatzpflichtig sind, die durch die Verwirklichung der Tat entstanden sind oder damit in adäquatem Zu-sammenhang stehen. [X.]) Der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer geht vom Wortlaut des § 12 [X.] aus und erkennt bei aufmerksamer Lektüre, dass § 12 (1) II f [X.] in der Vollversicherung Versicherungsschutz auch für Schäden am Fahrzeug verspricht, die durch [X.] oder mutwillige [X.] betriebsfremder Personen entstanden sind, eine entsprechende Umschreibung des Umfangs der Teilversicherung aber fehlt. Zudem wird der insoweit erweiterte Versicherungsschutz in der Vollversicherung durch die Eingangsformulierung "in der Vollversicherung darüber hinaus" in § 12 (1) II [X.] noch besonders hervorgehoben. Der Versicherungs-nehmer kann daraus nur den Schluss ziehen, dass er in der [X.] am Fahrzeug, die auf mut- oder böswilligen Handlungen beruhen, nicht ersetzt verlangen kann, sondern nur solche, die, wie § 12 (1) [X.] [X.] voraussetzt, "durch die Entwendung" entstanden sind. Dem am Wortlaut der Klausel orientierten durchschnittlichen Versicherungs-nehmer wird mit der Formulierung "Beschädigung – des Fahrzeugs – durch Entwendung, insbesondere Diebstahl –" das Erfordernis eines besonderen kausalen Zusammenhangs zwischen [X.] und Schaden nahe gebracht, der den Grad äquivalenter Kausalität zwi-schen [X.] und Schaden überschreitet. In der [X.] sind danach nur solche Schäden am Fahrzeug zu ersetzen, durch die der Diebstahl ermöglicht wurde oder die damit in adäquatem Zusammenhang stehen, nicht jedoch solche bei Gelegenheit der Ent-wendungshandlung ([X.]surteil vom 17. Mai 2006 [X.]O Rn. 9 m.w.N.). 10 - 6 -

11 bb) Da in dem seinerzeit entschiedenen Fall die Entwendungs-handlung erfolgreich war, konnte der [X.] offenlassen, ob ein adäqua-ter Kausalzusammenhang zwischen [X.] und Schaden dann zu bejahen ist, wenn der Täter die Beschädigungen am Fahrzeug aus Verärgerung und Wut über eine fehlgeschlagene Tat oder zu geringe Tatbeute verursacht hat ([X.]surteil vom 17. Mai 2006 [X.]O Rn. 11). Diese hier entscheidungserhebliche Frage verneint der [X.] (so auch [X.], 1232; [X.] r+s 2009, 10 f.; [X.], 1361; [X.] VersR 1984, 979; AG Düsseldorf Scha-den-Praxis 2008, 406; [X.], 10; [X.] 1998, 294, 295; [X.] VersR 1997, 352, 353; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 12 [X.] Rn. 49, anders noch 2. Aufl. Rn. 49; [X.] in [X.]/[X.], Kraftfahrtversicherung 18. Aufl. [X.] A Rn. 80; [X.]/[X.], Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. § 12 [X.] Rn. 43; a.A. LG Essen VersR 1995, 955 f.; [X.] in [X.]/[X.], [X.]. A.2.2 [X.] 2008 Rn. 8; 27. Aufl. § 12 [X.] Rn. 15; [X.], r+s 1998, 1, 2 f.). Zwar versteht ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer das Tatbestandsmerkmal "durch die Entwendung" in § 12 (1) [X.] [X.] so, dass damit jede [X.], also nicht nur eine erfolgreiche Entwendung, sondern auch ein Entwendungsversuch gemeint ist. Jedoch wird er Schäden, die nach einem missglückten Entwendungsversuch aus Mutwillen verursacht worden sind, nicht der [X.] selbst zurechnen. Denn in einem solchen Fall fehlt es für ihn erkennbar an dem erforderlichen adäquaten Ursachenzusammenhang zwischen [X.] und Schaden. Solche Beschädigungen entstehen nicht infolge der Entwendung oder "durch die" Entwendung, sondern be-ruhen auf einem von der [X.] unabhängigen, [X.] - 7 -

mäßig spontanen Verhalten des [X.] (vgl. [X.]surteil vom 17. Mai 2006 [X.]O Rn. 10). Der Täter beschädigt das Fahrzeug nicht, um es oder ein mitversichertes Teil zu entwenden, sondern aufgrund eines davon unabhängigen Entschlusses. Ob dieser durch Wut oder Enttäuschung über das Fehlschlagen des [X.] ausgelöst wurde, kann für die Kraftfahrzeug-Teilversicherung, die grundsätzlich keinen Versi-cherungsschutz für [X.] und mutwillige Beschädigungen gewährt, keinen Unterschied machen.
b) Durch die Beschädigung eines Fahrzeugs nach einem erfolglo-sen Entwendungsversuch verwirklicht sich auch kein der Entwendungs-handlung innewohnendes typisches Risiko. Dieses hat der [X.] zwar bejaht, wenn ein entwendetes Fahrzeug während der Benutzung durch den Täter in einen Unfall verwickelt und infolgedessen beschädigt [X.] ist ([X.]surteil vom 27. November 1974 - [X.], [X.], 225, 226). Ein solches Risiko erfüllt sich auch, wenn Beschädi-gungen bei der Spurenbeseitigung durch den Täter entstehen ([X.]sur-teil vom 17. Mai 2006 [X.]O Rn. 10). Solche Beschädigungen des Fahr-zeugs werden durch die Entwendung erst ermöglicht; diese begründet für den Versicherungsnehmer auch die Gefahr, das entwendete Fahrzeug mit Unfallspuren oder sonstigen nutzungsbedingten Schäden zurückzu-erhalten. Entgegen der Auffassung der Revision ist aber kein vergleich-barer Zusammenhang zwischen erfolgloser [X.] und Schäden gegeben, die der Täter nach seinem Scheitern aus Mut- oder Böswilligkeit verursacht. Insbesondere haftet einem Diebstahlsversuch nicht regelmäßig das Risiko an, dass der Täter aus Enttäuschung dem Fahrzeug weitere Schäden zufügt. 13 - 8 -

14 2. Auch unmittelbar durch den behaupteten Entwendungsversuch verursachte Schäden kann der Kläger nicht ersetzt verlangen. Die [X.] haben insoweit zu Recht schlüssigen Vortrag vermisst. Der von dem Kläger beauftragte Gutachter konnte die geltend gemachten [X.] am [X.] nicht feststellen.
[X.] [X.]

Dr. [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.02.2008 - 527 C 14979/07 - [X.], Entscheidung vom 16.10.2008 - 8 S 15/08 -