Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2006, Az. IV ZR 212/05

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3475

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am:

17. Mai 2006

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein _____________________ [X.] § 12 (1) [X.], [X.] In der Kraftfahrzeug-Teilversicherung (Teilkasko) sind bei einem Einbruchdiebstahl in ein Kraftfahrzeug nur die Schäden am Fahrzeug ersatzpflichtig, die durch die [X.] entstanden sind oder damit in adäquatem Zusammenhang ste-hen. [X.], Urteil vom 17. Mai 2006 - [X.] - [X.] - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] auf die mündliche Verhand-lung vom 17. Mai 2006 für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 4. August 2005 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Entschädigungsleistungen aus einer Kraftfahrzeug-Teilversicherung in Anspruch. 1 Am 1. Mai 2004 schlugen Unbekannte die Fensterscheibe der [X.] des bei der Beklagten teilkaskoversicherten Pkw (Cabrio) [X.] 300SL des [X.] ein und entwendeten aus ihm einen [X.]. Die Beklagte ersetzte den [X.] und regulierte unter Berücksichtigung der vereinbarten Selbstbeteiligung den Schaden an der Fensterscheibe des Fahrzeugs. Die vom Kläger darüber hinaus begehrten Versicherungsleistungen für an der Karosserie vorhandene Beulen und Kratzer sowie das an mehreren Stellen aufgeschlitzte [X.], nach Darstellung des [X.] ebenfalls bei Ausführung der Tat 2 - 3 -

verursachte Beschädigungen, lehnte sie ab, da es sich um von der Teil-kaskoversicherung nicht umfasste sog. Vandalismusschäden handele. Der Kläger ist der Ansicht, die Auslegung von § 12 (1) [X.] [X.], wonach die Teilversicherung den Ersatz von Beschädigungen des Fahrzeugs "durch Entwendung, insbesondere Diebstahl" der im Fahrzeug unter [X.] verwahrten oder an ihm befestigten Teile vorsehe, ergebe, dass ein bloßer Kausalzusammenhang zwischen Diebstahl und Schaden aus-reiche; es werde nicht vorausgesetzt, dass die Entstehung des Schadens zur Ermöglichung der Tat unabdingbar notwendig sei.
Nach Rechtshängigkeit der zunächst auf Zahlung, Auskunft über den Gesamtschaden und Herausgabe eines Sachverständigengutach-tens gerichteten Klageanträge hat die Beklagte Auskunft erteilt und dem Kläger das Gutachten zugänglich gemacht. Daraufhin hat der Kläger in-soweit Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits begehrt und die Zahlungsklage in Höhe von 7.411,72 • weiterverfolgt. Das [X.] hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Kla-geanträge weiter. 3 Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. 4 5 I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 210 veröffentlicht ist, hat einen vollendeten [X.] hinsichtlich - 4 -

des [X.]s angenommen und zugunsten des [X.] offen ge-lassen, ob die von ihm an Karosserie und Verdeck geltend gemachten Schäden sämtlich bei der Ausführung dieser Tat verursacht worden sind. Der Kläger könne von der Beklagten Versicherungsleistungen für diese Beschädigungen schon deshalb nicht verlangen, weil sie nicht adäquat-kausal auf dem Vorgang der Entwendung beruhten. Diese Vorausset-zung ergebe sich aus einem Vergleich von § 12 (1) [X.] [X.] mit der inso-weit maßgeblichen Klausel in § 12 (1) [X.] [X.] für die Kraftfahrzeug-Vollversicherung, wonach dort - im Unterschied zum Versicherungsum-fang in der Teilversicherung - "darüber hinaus" Schäden am Fahrzeug zu ersetzen seien, die "durch mut- oder böswillige Handlungen betriebs-fremder Personen" herbeigeführt worden seien. Dieser [X.] verdeutliche dem verständigen Versicherungsnehmer, dass in der Teilversicherung Beschädigungen eines Kraftfahrzeugs durch entspre-chende Handlungen nicht erstattungsfähig seien. Da die Tat im vorlie-genden Fall erfolgreich beendet worden sei, könne dahinstehen, ob mutwillige Beschädigungen aus Verärgerung des [X.] über das Miss-lingen seiner Tat rechtlich anders zu beurteilen seien.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. 6 1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Schäden an Karosserie und Verdeck, für die der Kläger von der [X.] Versicherungsleistungen begehrt, nicht im Sinne von § 12 (1) [X.] [X.] "durch Entwendung" entstanden sind. 7 - 5 -

a) Maßgeblich ist zunächst die Auslegung der Klausel. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnitt-licher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung und aufmerk-samer Durchsicht verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnis-möglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtli-che Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an ([X.]Z 123, 83, 85 und ständig). Für die Auslegung entscheidend ist neben dem Wortlaut und dem mit der Klausel verfolgten Zweck auch der erkennbare Sinnzusammenhang (Senatsurteil vom 25. September 2002 - [X.]/01 - [X.], 1503 unter 2 b). 8 b) Der solchermaßen um Verständnis bemühte [X.] wird bei aufmerksamer Lektüre von § 12 [X.] erkennen, dass § 12 (1) [X.] [X.] in der Vollversicherung Versicherungsschutz auch für [X.] am Fahrzeug verspricht, die durch [X.] oder mutwillige Handlungen betriebsfremder Personen entstanden sind, eine entsprechende Um-schreibung für die Kennzeichnung des Umfangs der Teilversicherung aber fehlt. Zudem wird der insoweit erweiterte Versicherungsschutz in der Vollversicherung durch die Eingangsformulierung "in der [X.] darüber hinaus" des § 12 (1) II [X.] noch besonders hervorge-hoben. Der Versicherungsnehmer kann daraus nur den Schluss ziehen, dass er Schäden am Fahrzeug, die auf mut- oder böswilligen Handlun-gen beruhen, in der Teilversicherung nicht ersetzt verlangen kann, son-dern nur solche, die, wie § 12 (1) [X.] [X.] voraussetzt, durch die Ent-wendung entstanden sind. Dem am Wortlaut der Klausel orientierten durchschnittlichen Versicherungsnehmer wird mit der Formulierung "Be-schädigung – des Fahrzeugs – durch Entwendung, insbesondere Dieb-stahl –" das Erfordernis eines besonderen kausalen Zusammenhangs 9 - 6 -

zwischen [X.] und Schaden nahe gebracht, der den Grad äquivalenter Kausalität zwischen [X.] und Scha-den überschreitet. In der Teilversicherung sind danach nur solche [X.] am Fahrzeug zu ersetzen, durch die der Diebstahl ermöglicht wurde oder die damit in adäquatem Zusammenhang stehen, nicht jedoch solche bei Gelegenheit der [X.] (OLG Frankfurt am Main [X.], 1232; ebenso Stiefel/[X.], Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. § 12 [X.] Rdn. 92).
c) Aus dem Senatsurteil vom 27. November 1974 ([X.]/73 - [X.], 225) ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes. Der Senat hat in dieser Entscheidung zwar ausgeführt, die Deckung in der Teilversicherung erstrecke sich auch auf Schäden, die ein entwendetes Fahrzeug nach dem Diebstahl bei seiner Benutzung durch den Täter erleide. Dem haben sich Rechtsprechung und Schrifttum im Wesentlichen angeschlossen (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.]. [X.] § 12 Rdn. 15, § 13 Rdn. 27, dort m. Nachw. zur Recht-sprechung). Daraus ergibt sich indessen nicht, dass im Hinblick auf den adäquaten [X.] zwischen der mutwilligen [X.] eines Fahrzeugs nach seiner Entwendung und einer Beschädigung infolge seiner Nutzung nach der Tat kein Unterschied bestünde (so aber [X.], 871; [X.] VersR 1983, 290; im Ergebnis e-benso [X.] aaO, § 12 [X.] Rdn. 15). Wird der Dieb nach erfolg-reicher Entwendung des Fahrzeugs in einen Unfall verwickelt, und wird der Pkw infolgedessen beschädigt oder entstehen die Beschädigungen bei der Spurenbeseitigung durch den Täter, verwirklicht sich bei der ge-botenen wertenden Betrachtungsweise ein der Entwendung innewoh-nendes Risiko, [X.] und Schaden stehen in einem a-10 - 7 -

däquaten [X.]. Unabhängig davon, ob das Fahr-zeug selbst oder nur Gegenstände aus dem Wageninneren entwendet werden, ist dies bei Schäden aus reinem Mutwillen nicht der Fall; hier entsteht der Schaden nicht infolge ("durch") der Entwendung, sondern beruht auf einem von der [X.] unabhängigen, regel-mäßig spontanen Verhalten des [X.].
Da die [X.] nach den Feststellungen des [X.] im vorliegenden Fall erfolgreich war, kann dahinstehen, ob ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen [X.] und Schaden dann zu bejahen ist, wenn der Täter die Beschädigungen am Fahrzeug aus Verärgerung und Wut über eine fehlgeschlagene Tat oder zu geringe Tatbeute verursacht hat. 11 d) In adäquat-kausalem Zusammenhang mit der Entwendung des [X.]s steht hier lediglich das Einschlagen der Scheibe, nicht aber die mutwillige Beschädigung von Karosserie und Verdeck, so dass der Kläger die letztgenannten Schäden nach § 12 (1) [X.] [X.] von der Beklagten nicht ersetzt verlangen kann. 12 - 8 -

2. Auch die Zurückweisung des vom Kläger gestellten [X.] ist nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat zutref-fend darauf abgestellt, dass ein erledigendes Ereignis nicht eintreten konnte (vgl. [X.]/Vollkommer; ZPO 25. Aufl. § 91a Rdn. 3 m.w.[X.]). 13 Terno [X.] [X.]

Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.01.2005 - 3 O 511/04 - [X.], Entscheidung vom 04.08.2005 - 1 U 35/05 -

Meta

IV ZR 212/05

17.05.2006

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2006, Az. IV ZR 212/05 (REWIS RS 2006, 3475)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3475

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I-4 U 12/08 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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