Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 06.09.2018, Az. 3 C 31/16

3. Senat | REWIS RS 2018, 4070

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Gegenstand

Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse B durch nachträgliche Erteilung einer EU-Fahrerlaubnis der Klasse C geheilt


Leitsatz

1. Der Ausschluss der Inlandsfahrberechtigung aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV (juris: FeV 2010) findet aufgrund des Anwendungsvorrangs der Anerkennungspflicht aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG (juris: EGRL 126/2006) keine Anwendung, wenn der Betroffene nach Ablauf der in Deutschland angeordneten Sperrfrist im Mitgliedstaat seines ordentlichen Wohnsitzes einen Führerschein erhielt, dessen Ausstellung nach den Vorgaben der Richtlinie 2006/126/EG die Prüfung der Fahreignung voraussetzt. Dies gilt auch, wenn dem Betroffenen im Inland eine Fahrerlaubnis der Klassen A und B entzogen wurde und er später einen EU-Führerschein der Klasse C erhielt.

2. Die in Art. 2 Abs. 2 RL 2006/126/EG eröffnete Möglichkeit, die in Art. 7 Abs. 2 RL 2006/126/EG festgelegte Gültigkeitsdauer von Führerscheinen auch auf alte, mit längerer Gültigkeit ausgestellte EU-Führerscheine im Wege der Erneuerung anzuwenden, ist im deutschen Fahrerlaubnisrecht nicht unionsrechtskonform umgesetzt worden.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft den Umtausch einer [X.] in ein [X.] Führerscheindokument.

2

Der 1970 geborene Kläger ist [X.]r Staatsangehöriger und seit 1997 im [X.]esitz einer [X.] Fahrerlaubnis für die Klassen A und [X.]. Wegen einer Trunkenheitsfahrt bei einem [X.]esuchsaufenthalt in [X.] verurteilte ihn das [X.] durch Strafbefehl vom 6. September 2002 zu einer Geldstrafe, entzog ihm die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis von zehn Monaten an. [X.] zog der Kläger nach [X.] und beantragte nachfolgend die Erteilung eines [X.] Führerscheins. Er legte hierzu einen am 6. Januar 2012 ausgestellten und bis zum 6. Januar 2022 gültigen [X.] Führerschein vor, der eine 1997 erworbene Fahrerlaubnis für die Klassen A und [X.] sowie eine am 6. Januar 2012 erteilte Fahrerlaubnis für die [X.] ausweist. Im Hinblick auf die in [X.] unter Alkoholeinfluss begangene [X.] gab die Fahrerlaubnisbehörde des beklagten [X.] dem Kläger die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens auf. Der Kläger widersprach der Erforderlichkeit einer derartigen Prüfung und gab an, dass ihm die 2002 entzogene Fahrerlaubnis in [X.] erst nach einer Eignungsprüfung, die psychologische und medizinische Aspekte umfasst habe, wiedererteilt worden sei; dies müsse auch in [X.] anerkannt werden. Im Übrigen habe er nachträglich die Fahrerlaubnis der [X.] erworben.

3

Mit [X.]escheid vom 21. März 2014 lehnte der [X.]eklagte den Umtausch der [X.] ab, stellte fest, dass der Kläger keine [X.]erechtigung habe, mit seinem [X.] Führerschein in der [X.]undesrepublik [X.] fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen, und gab dem Kläger auf, seinen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen.

4

Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen, sie hat im [X.]erufungsverfahren aber Erfolg gehabt: Das [X.]erufungsgericht hat den angefochtenen [X.]escheid aufgehoben und den [X.]eklagten verpflichtet, die [X.] Fahrerlaubnis der Klassen A, [X.] und [X.] in einen [X.] Führerschein der entsprechenden Klassen umzutauschen. Zur [X.]egründung hat es ausgeführt, die Ablehnung des Umtauschs verstoße gegen den unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz. Danach könne dem von einem anderen Mitgliedstaat nach Ablauf der in [X.] verhängten Sperrfrist ausgestellten Führerschein die Anerkennung nicht versagt werden, wenn mit der neuerlichen Fahrerlaubniserteilung eine Eignungsprüfung verbunden gewesen sei. Diese Voraussetzung sei im Fall des [X.] erfüllt, weil er im Zusammenhang mit dem zusätzlichen Erwerb der Fahrerlaubnis der [X.] seine Eignung auch im Hinblick auf die Klasse [X.] habe nachweisen müssen. Es könne daher offenbleiben, ob der Kläger auch bereits zuvor in Reaktion auf die in [X.] verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis für eine Wiedererteilung oder zumindest [X.]estätigung der Fahrerlaubnis der Klasse [X.] eine entsprechende Prüfung habe ablegen müssen.

5

Mit der vom [X.]erufungsgericht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung zugelassenen Revision macht der [X.]eklagte geltend, auch das Unionsrecht lasse nach der von einem [X.] Strafgericht ausgesprochenen Entziehung der Fahrerlaubnis eine Nichtanerkennung ausländischer Führerscheine zu. Die in [X.] durchgeführte Eignungsprüfung bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis der [X.] ändere hieran nichts, weil dem Kläger nach der Entziehung seiner Fahrerlaubnis in [X.] keine neue Fahrerlaubnis der Klasse [X.] erteilt worden sei. Damit sei es weiterhin Aufgabe der [X.]ehörden des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zuwiderhandlung begangen wurde, zu ermitteln, ob der [X.]etroffene zum Fahren in seinem Hoheitsgebiet wieder geeignet sei. Die hierfür angeordnete Vorlage eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens habe der Kläger aber verweigert. Im Übrigen habe seine Fahrerlaubnis der [X.] durch den zwischenzeitlichen Ablauf der auch für ausländische Führerscheine geltenden Fünfjahresfrist ihre Inlandsgültigkeit verloren und könne daher nicht mehr umgetauscht werden. Für eine Neuerteilung sei der Nachweis des erforderlichen Sehvermögens erforderlich, den der Kläger bislang nicht erbracht habe.

6

Der [X.]eklagte beantragt,

das Urteil des [X.] für das [X.] vom 25. Oktober 2016 aufzuheben und die [X.]erufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 15. Juni 2015 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

[X.]ie zulässige Revision des [X.]eklagten ist nicht begründet. [X.]as angefochtene [X.]erufungsurteil verletzt kein [X.]undesrecht und steht im Einklang mit den Vorgaben des Rechts der [X.] (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). [X.]er Kläger hat Anspruch darauf, dass der [X.]eklagte seinen [X.] Führerschein in ein [X.] Führerscheindokument umtauscht. [X.]ie Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch ein [X.] [X.] steht dem nicht entgegen, weil der Kläger nach Ablauf der damals angeordneten Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat einen Führerschein erhielt, dessen ordnungsgemäße Ausstellung nach den unionsrechtlichen Vorgaben eine Prüfung der Fahreignung voraussetzt ([X.]). [X.]ie nach [X.] Recht geltende [X.]efristung einer Fahrerlaubnis der [X.] auf längstens fünf Jahre ist auf die [X.] nicht anwendbar. [X.]ie in Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/[X.] eröffnete Möglichkeit, die in Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/[X.] festgelegte Gültigkeitsdauer von Führerscheinen auch auf alte, mit längerer Gültigkeit ausgestellte [X.]Führerscheine im Wege der Erneuerung anzuwenden, ist im [X.] Fahrerlaubnisrecht nicht unionsrechtskonform umgesetzt worden. [X.]ie im Führerschein des [X.] angegebene Geltungsdauer muss von den [X.] [X.]ehörden daher anerkannt werden (I[X.]). [X.]amit sind auch die Feststellung der fehlenden Inlandsfahrberechtigung aus dem [X.] Führerschein und die Vorlageverpflichtung zur Eintragung eines Sperrvermerks aufzuheben (II[X.]).

9

[X.] [X.]er Kläger kann die Ausstellung eines [X.] Führerscheins verlangen. [X.]ie dem Anspruch entgegenstehende Aberkennung seiner Inlandsfahrberechtigung wurde durch die nachfolgende Erteilung einer Fahrerlaubnis in seinem Wohnsitzmitgliedstaat behoben (1.). [X.]ie ordnungsgemäße Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der [X.] enthält auch die [X.]estätigung der Fahreignung für die Klassen A und [X.] (2.). Eine rechtliche Grundlage für die dem Kläger auferlegte [X.]eibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens bestand damit nicht (3.).

1. Nach Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. [X.]ezember 2006 über den Führerschein (A[X.]l. L 403 S. 18) kann der Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Führerscheins, der seinen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat begründet, auf Antrag seinen Führerschein in einen gleichwertigen Führerschein des Aufnahmemitgliedstaates umtauschen (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 5. Juli 2018 - 3 [X.] 9.17 [[X.]:[X.]:[X.]] - Rn. 40). Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. [X.]ezember 2010 ([X.] I S. 1980) in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Fassung vom 3. Mai 2018 ([X.] I S. 566) setzt die Erteilung einer [X.] Fahrerlaubnis voraus, dass der Antragsteller Inhaber einer [X.] oder [X.] ist, die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder berechtigt hat.

a) Unter welchen Voraussetzungen dies anzunehmen ist, ergibt sich im vorliegenden Fall des Wohnsitzwechsels aus § 28 FeV. [X.]anach dürfen die Inhaber einer gültigen [X.] oder [X.], die ihren ordentlichen Wohnsitz in der [X.] haben, im Umfang ihrer [X.]erechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen, sofern keiner der in § 28 Abs. 4 FeV normierten Ausnahmetatbestände vorliegt.

Gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV gilt die [X.]erechtigung nicht für Inhaber, denen die [X.]Fahrerlaubnis im Inland rechtskräftig von einem Gericht entzogen worden ist. [X.]iese Voraussetzung wäre dem Wortlaut nach beim Kläger erfüllt, weil ihm das [X.] durch rechtskräftigen Strafbefehl die Fahrerlaubnis entzog. [X.]urch die fehlende Inlandsfahrberechtigung für die [X.] bestünde nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 i.V.m. § 9 Abs. 1 FeV zugleich ein Anerkennungsausschluss für die später erworbene Fahrerlaubnis der [X.].

b) [X.]er Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV findet aufgrund des Anwendungsvorrangs der Anerkennungspflicht aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/[X.] aber keine Anwendung, wenn dem [X.]etroffenen nach Ablauf der in [X.] angeordneten Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis durch einen anderen Mitgliedstaat ein Führerschein ausgestellt worden ist, der nach den Vorgaben der Richtlinie 2006/126/[X.] die Prüfung der Fahreignung voraussetzt ([X.]VerwG, Urteile vom 13. Februar 2014 - 3 [X.] 1.13 - [X.]VerwGE 149, 74 Rn. 22 und vom 5. Juli 2018 - 3 [X.] 9.17 - Rn. 53).

In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist geklärt, dass ein Führerschein, der nach Ablauf der im Inland rechtskräftig festgesetzten Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat unter Einhaltung des [X.] erteilt worden ist, anerkannt werden muss. Auch wenn ein Mitgliedstaat die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis nach seinen nationalen Vorschriften von strengeren Vorgaben abhängig macht, muss er die von einem anderen Mitgliedstaat nach Ablauf der Sperrfrist und unter Wahrung des [X.] erteilte [X.]Fahrerlaubnis daher anerkennen ([X.], Urteil vom 26. Juni 2008 - [X.]-329/06 u.a., [X.] und [X.]. 2008, [X.] Rn. 54). In diesen Fällen ist der geahndete [X.] durch die von einem anderen Mitgliedstaat bei der späteren Ausstellung eines Führerscheins durchgeführte Eignungsprüfung behoben ([X.], Urteile vom 19. Februar 2009 - [X.]-321/07 [[X.]:[X.]:[X.]:2009:104], [X.] - Slg. 2009, [X.] Rn. 92 f. und vom 26. April 2012 - [X.]-419/10 [[X.]:[X.]:[X.]:2012:240], [X.] - NJW 2012, 1935 Rn. 51).

2. [X.]iese Grundsätze gelten auch dann, wenn dem [X.]etroffenen in [X.] eine [X.]Fahrerlaubnis der Klassen A und [X.] entzogen wurde und er nach Ablauf der Sperrfrist im Mitgliedstaat seines ordentlichen Wohnsitzes einen Führerschein der [X.] erworben hat.

a) Nach Art. 6 Abs. 1 [X.]uchst. a der Richtlinie 2006/126/[X.] kann ein Führerschein der [X.] nur Fahrzeugführern ausgestellt werden, die bereits zum Führen von Fahrzeugen der [X.] berechtigt sind. Ist die Fahrerlaubnis für die [X.] mit einer Unregelmäßigkeit behaftet, die ihre Nichtanerkennung rechtfertigt, kann sie daher auch keine geeignete Grundlage für den Erwerb einer Fahrerlaubnis der [X.] sein ([X.], [X.]eschluss vom 22. November 2011 - [X.]-590/10 [[X.]:[X.]:[X.]:2011:765], [X.] - NJW 2012, 2018 Rn. 49).

[X.]ie hier umgekehrte Frage, wie sich die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der [X.] auf einen früher festgestellten [X.] hinsichtlich der Fahrerlaubnis der [X.] auswirkt, hat der Gerichtshof der [X.] noch nicht ausdrücklich entschieden. Sie kann, soweit alkoholbedingte [X.] in Rede stehen, anhand der geltenden [X.]estimmungen der Richtlinie 2006/126/[X.] und der Entscheidungen des Gerichtshofs der [X.] aber hinreichend sicher beantwortet werden: Aufgrund des in Art. 6 Abs. 1 [X.]uchst. a der Richtlinie 2006/126/[X.] angeordneten Stufenverhältnisses lässt die ordnungsgemäße Ausstellung eines Führerscheins der [X.] auch den Schluss auf eine Wiedererlangung der Fahreignung für die [X.] zu. [X.]ie in Art. 7 Abs. 1 [X.]uchst. a i.V.m. [X.] und [X.] der Richtlinie 2006/126/[X.] festgelegten Anforderungen sehen einen gemeinsamen Grundstock an Mindestvoraussetzungen für alle Führerscheinklassen vor ([X.], Urteil vom 13. Oktober 2011 - [X.]-224/10 [[X.]:[X.]:[X.]:2011:655], [X.] - Slg. 2011, [X.] Rn. 43). Vor der erstmaligen Erteilung einer Fahrerlaubnis der [X.] müssen die [X.]ewerber ärztlich untersucht werden ([X.]I Nr. 4 der Richtlinie 2006/126/[X.]). [X.]abei sind eine Alkoholabhängigkeit oder das fehlende Vermögen, das Führen eines Fahrzeugs und Alkoholgenuss zu trennen ([X.]I Nr. 14.1 der Richtlinie 2006/126/[X.]), und die zusätzlichen Risiken und Gefahren des [X.] besonders zu berücksichtigen, die mit dem Führen von Fahrzeugen dieser Gruppe verbunden sind ([X.]I Nr. 14.2 der Richtlinie 2006/126/[X.]). [X.]ie erstmalige Erteilung einer Fahrerlaubnis der [X.] setzt damit eine Prüfung der Fahreignung voraus, die auch etwaige alkoholbedingte [X.] umfasst. [X.]ie mit der Revision vorgetragene Möglichkeit einer Teilbefreiung von der Kenntnisprüfung ändert hieran nichts.

Nach [X.]I Nr. 1.1 der Richtlinie 2006/126/[X.] sind für die Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit zum Führen eines Kraftfahrzeuges keine Unterschiede zwischen den Klassen A und [X.] gegeben. [X.]ie nachträgliche Ausstellung eines Führerscheins der [X.] in einem anderen Mitgliedstaat erbringt damit auch den Nachweis, dass der Führerscheininhaber wieder zum Führen von Fahrzeugen der [X.] und [X.] im [X.]undesgebiet geeignet ist.

b) Ob der Ausschluss der Inlandsfahrberechtigung aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV auch wegen Ablaufs der in § 29 StVG in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung bestimmten Tilgungsfrist entfallen ist (§ 28 Abs. 4 Satz 3 FeV i.V.m. § 65 Abs. 3 Nr. 2 StVG), kann daher offenbleiben.

3. [X.]erücksichtigungsfähige Tatsachen, die [X.]edenken gegen die körperliche oder geistige Fahreignung des [X.] begründet und den [X.]eklagten berechtigt hätten, dem Kläger die [X.]eibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens aufzugeben, bestanden mithin nicht. [X.]amit ist der Schluss auf die Nichteignung nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV nicht zulässig ([X.]VerwG, Urteil vom 17. November 2016 - 3 [X.] 20.15 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2016:171116U3[X.]20.15.0] - [X.]VerwGE 156, 293 Rn. 19 m.w.N.).

I[X.] [X.]em begehrten Umtausch steht nicht entgegen, dass eine Fahrerlaubnis der [X.] nach [X.] Recht auf längstens fünf Jahre befristet ist (1.). [X.]iese Geltungsdauer kann auf eine davon abweichende [X.]Fahrerlaubnis nicht ohne Änderung des [X.] im Wege der Erneuerung übertragen werden (2).

1. [X.]ie Vorschriften des [X.] Fahrerlaubnisrechts sehen eine unmittelbare Anwendung der in [X.] geltenden Vorschriften zur Geltungsdauer einer Fahrerlaubnis der [X.] auch für die von anderen Mitgliedstaaten mit einer abweichenden Gültigkeit ausgestellten Führerscheine vor.

Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 FeV gilt die in § 23 Abs. 1 Satz 2 FeV angeordnete Geltungsdauer von längstens fünf Jahren auch für [X.]Fahrerlaubnisse der [X.]. Ausgehend von dem gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 FeV maßgeblichen [X.]atum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis am 6. Januar 2012 hätte der Kläger danach - unbeschadet der abweichend hiervon in seinem Führerschein ausgewiesenen Gültigkeit bis 6. Januar 2022 - mit Ablauf des 6. Januar 2017 die [X.]erechtigung verloren, mit seinem [X.] Führerschein in [X.] Kraftfahrzeuge der [X.] zu führen.

Für den Umtausch einer abgelaufenen [X.]Fahrerlaubnis der [X.] werden gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 FeV diejenigen Vorschriften für anwendbar erklärt, die für die Verlängerung einer [X.] Fahrerlaubnis maßgeblich sind. Abweichend von der grundsätzlich beim Umtausch bestehenden Regelung (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeV) müsste der Kläger danach auch die Erfüllung der vorgeschriebenen Anforderungen an das Sehvermögen nachweisen (§ 24 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeV).

2. [X.]iese Regelungen sind mit Unionsrecht nicht vereinbar.

a) Nach Art. 7 Abs. 2 [X.]uchst. b der Richtlinie 2006/126/[X.] haben die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine der Klassen [X.] und [X.] (und deren Unterklassen) ab dem 19. Januar 2013 eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren. [X.]ie Erneuerung eines Führerscheins dieser Klassen ist bei Ablauf seiner Gültigkeitsdauer von der anhaltenden Erfüllung der Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit für das Führen der betreffenden Fahrzeuge abhängig zu machen, diese betreffen auch das Sehvermögen (vgl. Art. 7 Abs. 3 [X.]uchst. a i.V.m. [X.]I Nr. 6 der Richtlinie 2006/126/[X.]).

Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/[X.] ergänzt dieses System durch die Möglichkeit einer Erneuerung für den Fall eines Wohnsitzwechsels. [X.]anach kann der Aufnahmemitgliedstaat nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Tag, an dem der Führerscheininhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats begründet hat, die in Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/[X.] vorgesehene Gültigkeitsdauer auf den Führerschein anwenden, indem er den Führerschein erneuert.

[X.]ie [X.]estimmungen in § 28 Abs. 3 und § 30 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 FeV entsprechen weder dieser Fristenregelung noch regeln sie die in Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/[X.] vorgesehene Erneuerung des Führerscheins.

b) [X.]ie Erstreckung der im [X.] Recht vorgegebenen Geltungsdauer auf [X.]Fahrerlaubnisse in § 28 Abs. 3 Satz 1 FeV geht auf die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. August 1998 ([X.] I S. 2214) zurück, mit der die sogenannte [X.]/[X.] des Rates vom 29. Juli 1991 (A[X.]l. L 237 S. 1) in nationales Recht umgesetzt wurde. [X.]iese Richtlinie enthielt noch keine Vorgaben zur Gültigkeitsdauer von Führerscheinen. Nach Art. 7 Abs. 2 der [X.][X.] konnte vielmehr jeder Mitgliedstaat die Gültigkeitsdauer der von ihm ausgestellten Führerscheine weiterhin nach seinen einzelstaatlichen Kriterien festlegen. Art. 1 Abs. 3 der [X.][X.] gewährleistete diese [X.]efugnis auch im Fall des Wohnsitzwechsels: [X.]anach konnte der Aufnahmemitgliedstaat seine nationalen Rechtsvorschriften hinsichtlich der Gültigkeitsdauer auch auf den von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein anwenden. Auf eben jene Möglichkeit nimmt die [X.]egründung des [X.]undesministeriums für Verkehr zum Erlass der in § 28 Abs. 3 Satz 1 FeV enthaltenen [X.]estimmung [X.]ezug ([X.]R-[X.]rs. 443/98 S. 283).

In der bis zum 31. Januar 2005 gültigen Fassung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 18. August 1998 ([X.] I S. 2214) war überdies sichergestellt, dass der Inhaber des von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins bei der Wohnsitzverlagerung über die [X.] Gültigkeitsvorschriften informiert wurde (vgl. [X.]R-[X.]rs. 443/98 S. 287). [X.]er Inhaber einer [X.]Fahrerlaubnis der [X.] musste seinen Führerschein nach der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes registrieren lassen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV a.F.), dabei trug die Fahrerlaubnisbehörde den nach [X.] Recht maßgeblichen Ablauf der Geltungsdauer in den Führerschein ein (§ 29 Abs. 3 Satz 1 FeV a.F.). Entsprechende Vorschriften enthält die Fahrerlaubnis-Verordnung seit der Aufhebung der Registrierungspflicht nicht mehr (vgl. zur [X.] einer Registrierungsverpflichtung [X.], Urteil vom 9. September 2004 - [X.]-195/02 [[X.]:[X.]:[X.]:2004:498] - Slg. 2004, [X.] Rn. 53 ff.).

[X.]ie mit der Richtlinie 2006/126/[X.] hinsichtlich der Geltungsdauer verbundenen Änderungen sind bei deren Umsetzung durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung sowie bei den nachfolgenden Novellierungen unberücksichtigt geblieben. Offenbar ist der Änderungsbedarf nicht erkannt worden, jedenfalls ist der Regelungsbedarf hinsichtlich der Gültigkeitsdauer in der Verordnungsbegründung nur hinsichtlich der nationalen Führerscheine thematisiert (vgl. [X.]R-[X.]rs. 660/10 S. 61 f.).

c) [X.]ie Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung zur Geltungsdauer einer [X.]Fahrerlaubnis der [X.] können nicht unionsrechtskonform ausgelegt werden.

[X.]ies folgt bereits aus den von den unionsrechtlichen Vorgaben abweichenden Fristenregelungen der in § 28 Abs. 3 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1 FeV enthaltenen [X.]estimmungen. [X.]ie Zweijahresfrist des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/[X.] ist in den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung nicht aufgegriffen worden (vgl. etwa § 28 Abs. 3 Satz 3 FeV zu einer Übergangsfrist von sechs Monaten). Insbesondere aber belässt Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/[X.] dem Mitgliedstaat Entscheidungsspielräume bei der Umsetzung, die nicht im Wege einer gerichtlichen Auslegung ausgefüllt werden können.

Eine unionsrechtskonforme Auslegung der in § 28 Abs. 3 Satz 1 FeV enthaltenen Regelung scheitert überdies daran, dass es der in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/[X.] angeordneten Anerkennung der von anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine und der damit intendierten Erleichterung der Personenfreizügigkeit (vgl. Erwägungsgrund 2 der Richtlinie 2006/126/[X.]) widerspräche, wenn ihnen ohne Änderung des [X.] im Aufnahmemitgliedstaat eine reduzierte Geltungsdauer beigemessen würde. [X.]erartiges muss schon im Interesse einer klaren und rechtssicheren Handhabung der Inlandsfahrberechtigung aus ausländischen Führerscheinen vermieden werden.

Mangels Umsetzung der in Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/[X.] eröffneten [X.] im [X.] Fahrerlaubnisrecht verbleibt es daher bei der in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/[X.] vorgesehenen Anerkennung des von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins der [X.] mit der darin angeordneten Geltungsdauer.

II[X.] [X.]a der [X.]erechtigung des [X.], mit seinem [X.] Führerschein in der [X.] fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen, weder der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV noch derjenige aus Nr. 9 der Vorschrift entgegensteht, sind auch die Feststellung über die fehlende [X.]erechtigung (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV) und die Verpflichtung, den Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen (§ 47 Abs. 2 FeV), aufzuheben.

[X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

3 C 31/16

06.09.2018

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 25. Oktober 2016, Az: 16 A 1638/15, Urteil

§ 28 Abs 4 S 1 Nr 3 FeV 2010, Art 2 Abs 1 EGRL 126/2006, Art 6 Abs 1 Buchst a EGRL 126/2006, Art 7 Abs 2 EGRL 126/2006, Anh 3 Nr 1.1 EGRL 126/2006, Art 2 Abs 2 EGRL 126/2006

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 06.09.2018, Az. 3 C 31/16 (REWIS RS 2018, 4070)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4070

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M 6 S 19.1629, M 6 K 19.1628

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