Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.11.2018, Az. 25 W (pat) 598/17

25. Senat | REWIS RS 2018, 1677

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "PURE chocolate (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)/pure CHOCOLATE DRINK (Wort-Bild-Marke)" – Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 1 172 751

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 6. März 2013 unter der Nummer 1 172 751 international registrierte Wort-/ Bildmarke

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2

begehrt Markenschutz in der [X.] für die folgenden Waren:

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Klasse 30: [X.], marzipan, cacao products, [X.], candies.

4

Gegen die Schutzgewährung hat die Widersprechende aus ihrer seit dem 26. Januar 2007 für die Waren

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Klasse 30: Kakao, kakaohaltige Getränke;

6

eingetragenen Marke 306 70 559

Abbildung

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Widerspruch erhoben.

8

Die Markenstelle für Klasse 30 Internationale Markenregistrierung des [X.] hat mit Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom 11. April 2017 die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von §§ 124, 119 Abs. 1, 114, 43 Abs. 2 Satz 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke gering sei und die angegriffene Marke auch im Zusammenhang mit identischen [X.] die (geringen) Anforderungen an den [X.] in jeder Hinsicht einhalte. Zwischen den [X.] bestehe teilweise Identität, insbesondere zwischen den Waren „[X.]“ (Kakaogetränke) der jüngeren Marke einerseits und „kakaohaltigen Getränken“ der prioritätsälteren Marke andererseits. Im Zusammenhang mit den weiteren Waren könne der Grad der [X.] im Einzelnen als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, da eine Verwechslungsgefahr selbst bei [X.] im Ergebnis zu verneinen sei. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei gering, da ihr Wortbestandteil auf die Beschaffenheit der Waren hinweise. Die englischsprachigen Wörter bedeuteten lediglich „pures Schokoladengetränk“ und besagten nichts anderes, als dass es sich bei dem Produkt um ein reines bzw. unverfälschtes Schokoladengetränk handle. Der Bildbestandteil der Widerspruchsmarke bestehe aus einer weißen Schrift auf einem rechteckigen, dunklen Hintergrund mit einer zweizeiligen Anordnung der [X.] und der bildlichen Darstellung von Kakaobohnen. Er entspreche damit lediglich werbeüblichen Gestaltungsmitteln, die zudem den Sachaussagegehalt der Wortfolge „pure chocolate drink“ verstärkten. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden sei nicht davon auszugehen, dass die originär unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch eine intensive Benutzung des Zeichens gesteigert worden sei. Die Widersprechende habe zum Nachweis dieser Behauptung keine Mittel der Glaubhaftmachung vorgelegt. Die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken in ihrer eingetragenen Form sei sehr gering. Die angegriffene Marke „[X.]“ unterscheide sich von der Widerspruchsmarke „[X.] drink“ bereits in der Länge der [X.]. Darüber hinaus enthalte nur die Widerspruchsmarke einen Bildbestandteil in Form von Kakaobohnen. Die angegriffene Marke weise eine runde Grundform auf, die ältere Marke dagegen eine rechteckige. Eine gewisse Ähnlichkeit bestehe nur in der Farbgebung der Marken und der jeweils zweizeiligen Anordnung der [X.]. Soweit der Wortbestandteil der Widerspruchsmarke „[X.]“ in der angegriffenen Marke identisch vorhanden sei, könne auch dies unter keinem Gesichtspunkt die Gefahr von Verwechslungen begründen. Der Wortbestandteil der älteren Marke sei für sich genommen im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren glatt beschreibend und nicht schutzfähig. Er könne daher den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke schon aus Rechtsgründen nicht prägen. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden könne auch nicht von einer Prägung der jüngeren Marke durch den Bestandteil „pure“ ausgegangen werden, da auch dieses Wort für sich genommen glatt beschreibend und damit schutzunfähig sei. Schon wegen der Ähnlichkeit des [X.] Worts „pure“ mit dem [X.] Wort „pur“ werde der angesprochene Verkehr das Wort ohne Weiteres zutreffend verstehen. Es bestehe auch nicht die Gefahr, dass die Verbraucher die beiden Marken im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz [X.] gedanklich miteinander in Verbindung brächten. Die Widersprechende habe hierzu zwar vorgetragen, dass sie über eine auf dem Markt präsente Markenserie mit dem Stammbestandteil „pure“ verfüge. Allerdings fehlten weitere Ausführungen zur Benutzung dieser Markenserie.

9

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Entgegen der Auffassung der Markenstelle bestehe vorliegend die Gefahr von Verwechslungen. Zwischen den [X.] bestehe teilweise [X.] („Kakaoprodukte und kakaohaltige Getränke“ und „Kakao und kakaohaltige Produkte“). Hinsichtlich der weiteren für die angegriffene Marke eingetragenen Waren bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit im Vergleich zu den für die Widerspruchsmarke geschützten Waren „Kakao und kakaohaltige Getränke“, da die Ware „Süßwaren“, die von der angegriffenen Marke beansprucht werde, als ein Oberbegriff zu verstehen sei, der auch „Kakao und kakaohaltige Getränke“ umfasse. „Marzipan“ und „Kakao“ bzw. „Schokolade“ seien sich unmittelbar ergänzende Produkte. Die Zeichen seien verwechslungsfähig ähnlich. Beide würden durch den Wortbestandteil „pure“ geprägt. Die grafische Ausgestaltung der Widerspruchsmarke bestehe nur aus werbeüblichen bzw. beschreibenden Gestaltungsmitteln, an die der angesprochene [X.] ausreichend gewöhnt sei. Sie entfalte neben dem Wortbestandteil keine eigenständige Herkunftsfunktion. Die angegriffene Marke werde gleichfalls durch den Wortbestandteil geprägt. Ihre grafische Ausgestaltung bestehe alleine aus nichtssagenden Verzierungen. Auch die zusätzlichen [X.] „Chocolate Drink“ bzw. „Chocolate“ würden vom angesprochenen Verkehr sowohl aufgrund ihrer beschreibenden Bedeutung als auch wegen ihrer Anordnung am Zeichenende lediglich als beschreibende Zusätze wahrgenommen. Selbst wenn man nicht davon ausgehe, dass der Wortbestandteil „pure“ prägend sei, müsse in klanglicher Hinsicht von einer hochgradigen Zeichenähnlichkeit ausgegangen werden. Die [X.] der Zeichen würden nahezu identisch ausgesprochen, während die Bildelemente nicht aussprechbar seien. Im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren sei zudem der klangliche [X.] aufgrund der mündlichen Bestellungen in der Gastronomie von großer Bedeutung. Die sich gegenüberstehenden Zeichen unterschieden sich insoweit lediglich durch die zusätzliche Silbe „Drink“ in der Widerspruchsmarke, die sich am grundsätzlich weniger beachteten Zeichenende befinde. Auch in (schrift)bildlicher Hinsicht sei eine die Verwechslungsgefahr begründende Zeichenähnlichkeit gegeben, da der Wortbestandteil „[X.]“ der angemeldeten Marke in identischer Form in der Widerspruchsmarke enthalten sei und der zusätzliche Bestandteil „Drink“ vom Verkehr sowohl aufgrund der rein beschreibenden Bedeutung als auch wegen der Stellung am Zeichenende nicht wahrgenommen werde. Die Bildelemente der sich gegenüberstehenden Marken seien rein dekorativ, so dass es beim (schrift)bildlichen Vergleich der Kennzeichen maßgeblich auf den identischen Wortbestandteil ankomme. Im Übrigen seien auch die Bildbestandteile ähnlich, da die Zeichen jeweils den Wortbestandteil „Pure“ enthielten, der in weißer Schrift auf dunklem Hintergrund wiedergegeben und durch seine Positionierung grafisch hervorgehoben werde. Auch die gewählten Schriftarten seien nahezu identisch. Der Widerspruchsmarke komme von Haus aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Dieses Maß an Kennzeichnungskraft werde bei eingetragenen Marken grundsätzlich vermutet. Wegen der umfangreichen Benutzung der Marke sei die Kennzeichnungskraft noch gesteigert. Dabei werde der [X.] „pure“ wegen seiner schriftbildlich dominanten Position als unabhängiger und maßgeblicher [X.] wahrgenommen, den die Verbraucher primär in Erinnerung behielten und auf den sie isoliert Bezug nähmen, um die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren zu identifizieren. Das [X.] „pure“ sei hinreichend vage, um der [X.] für die beanspruchten Waren zumindest durchschnittliche Unterscheidungskraft zu verleihen. Jedenfalls sei der Wortbestandteil insoweit nicht direkt beschreibend und werde als Wort der [X.] Sprache vom Verkehr nicht verstanden. Angesichts der Vielzahl seiner denkbaren Bedeutungen werde er vom angesprochenen Verkehr als Kunstwort verstanden. Die originäre Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke habe sich infolge der intensiven und umfangreichen Benutzung noch erhöht. So seien mit Produkten, die Teil der „[X.] Drink-Produktreihe“ seien, zwischen den Jahren 2007 und 2015 insgesamt 2,3 Millionen Euro Umsatz erzielt worden. Noch deutlicher werde die Intensität der Benutzung angesichts der Umsätze, welche mit der gesamten „[X.]“ erzielt worden seien. Diese beliefen sich zwischen Januar 2007 und Oktober 2017 auf insgesamt 86,6 Millionen Euro. Entgegen der Auffassung der Markenstelle bestehe auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr. Die Widersprechende verfüge über eine Vielzahl von Marken mit dem Bestandteil „Pure“ ([X.] 30 677 866 – [X.]; [X.] 30 678 889 – [X.]; [X.] 30 717 860 – [X.] Drink; [X.] 30 775 902 – [X.]; [X.] 30 2015 010 190 – [X.]). Dabei sei zu berücksichtigen, dass auch ein beschreibender [X.] dazu geeignet sei, Stammbestandteil einer Zeichenserie zu sein, ohne dass es insoweit einer Verkehrsdurchsetzung bedürfe (so: [X.], 646 – [X.]; GRUR 2002, 542 – [X.]).

Die Widersprechende beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 Internationale Markenregistrierungen des [X.] vom 11. April 2017 in der Hauptsache aufzuheben und der [X.] 1 172 751 den Markenschutz in der [X.] wegen des Widerspruchs aus der Marke 306 70 559 zu verweigern.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke ist der Auffassung, dass mit Ausnahme der Waren „kakaohaltige Getränke“ keine [X.] bzw. hochgradige [X.] gegeben sei. Bei der Bezeichnung „chocolate drink“ werde der Verbraucher nämlich nicht von einem festen Schokoladenprodukt, sondern von einem Produkt ausgehen, dass entweder selbst eine Flüssigkeit sei oder sich zur Erzeugung einer Flüssigkeit eigne. Zwischen den Waren „Kakao“ und „Süßwaren“ bestehe keine [X.], da der Durchschnittsverbraucher den Begriff „Süßwaren" gerade nicht als einen Oberbegriff verstehe, der auch kakaohaltige Getränke erfasse. Vielmehr definiere der Verkehr den Begriff „Süßwaren“ als ein festes Lebensmittel mit hohem Zuckeranteil. Auch zwischen den Waren „Marzipan und Schokolade“ einerseits und „Kakao“ andererseits bestehe keine [X.]. Nur Marzipan und Schokolade stellten sich ergänzende Produkte dar, die oft zusammen verarbeitet würden. Marzipan und Kakao würden dagegen nicht regelmäßig gemeinsam verarbeitet. Eine Verwechslungsgefahr sei aber auch für identische Waren ausgeschlossen, weil das Widerspruchszeichen aufgrund seiner geringen Kennzeichnungskraft nur einen geringen Schutzumfang beanspruchen könne. Der Wortbestandteil der Widerspruchsmarke sei für sich genommen schutzunfähig, da er die konkreten Merkmale der Waren beschreibe. Insbesondere erkenne der Durchschnittsverbraucher die Bedeutung des Wortes „pure“ ohne Weiteres im Sinne von „rein, sauber unvermischt“. Eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch intensive Benutzung liege nicht vor. Die in diesem Zusammenhang vorgelegten Zahlen, die von der Inhaberin der angegriffenen Marke bestritten würden, belegten die Behauptung der Widersprechenden nicht. Darüber hinaus lege diese nicht dar, wie sich der behauptete Umsatz auf die genannten Zeiträume verteile und ob dieser Umsatz auf dem [X.] Markt erzielt worden sei. Es sei schließlich nicht erkennbar, wie sich der Umsatz zum Gesamtumsatz auf dem Markt verhalte. Es fehlten insoweit Belege in Bezug auf den gehaltenen Marktanteil, die geographische Verbreitung der Waren und den Werbeaufwand. Weiterhin wiesen die [X.] lediglich eine gewisse Ähnlichkeit auf. Der Wortbestandteil „pure“ der Widerspruchsmarke erfordere eine [X.] Aussprache, wohingegen der Punkt über dem Buchstaben „U“ der [X.] eine ganz andere Betonung vermittle. Dieser könne erkennen, dass es sich bei dem Punkt um ein [X.] handle und spreche das Wort deshalb automatisch lang und mit Betonung auf dem Buchstaben „U“. Auch der Bedeutungsinhalt der sich gegenüberstehenden Marken sei unterschiedlich. Der Wortbestandteil der Widerspruchsmarke sei glatt beschreibend. Der Wortbestandteil „[X.]“ der jüngeren Marke sei hingegen ein eindeutiger Herkunftshinweis, da „[X.]“ (in lettischer Schreibweise mit einem Punkt über dem „U“) – der Name der [X.] Stadt sei, in der die Inhaberin der angegriffenen Marke ihren Sitz habe. Selbst wenn man davon ausgehen wolle, dass die [X.] klanglich und in ihrem Bedeutungsinhalt übereinstimmten, könne dies die Verwechslungsgefahr nicht begründen, weil die Widerspruchsmarke die erforderliche Unterscheidungskraft allein durch die neben den rein beschreibenden Wortbestandteil tretende graphische Gestaltung erlange. Die Ähnlichkeit der Vergleichsbezeichnungen im Klang und in der Bedeutung der Begriffe könne daher zur Begründung der Zeichenähnlichkeit nicht herangezogen werden. Ausschlaggebend sei somit allein die Frage der bildlichen Zeichenähnlichkeit. Die [X.] zeichne sich hierbei im Gegensatz zur Widerspruchsmarke durch ein feingliedriges Schriftbild aus. Sie wirke schnörkellos und modern. Der Punkt über dem „U“ sei deutlich sichtbar und hebe sich optisch besonders hervor. Der kreisförmige Hintergrund der angegriffenen Marke stelle einen Bezug zu den mit der Marke vertriebenen nahezu ausschließlich kugelförmigen Pralinen dar. Das Schriftbild der Widerspruchsmarke dagegen zeichne sich durch kräftige Buchstaben aus. Hier sei auch das bildliche Element der Kakaobohne besonders einprägsam. Der Wortbestandteil „pure“ nehme schon deswegen keine prägende Stellung ein, da er glatt beschreibend sei. Es liege keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens vor. Hierfür fehle es an der [X.] der „pure“ Markenserie der Widersprechenden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten, den [X.] des Senats vom 15. Oktober 2018 nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2018 sowie auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 [X.] i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Widersprechenden bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne von §§ 119 Abs. 1, 124, 114, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2, 43 Abs. 2 [X.], so dass die Markenstelle den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen hat, § 43 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Die Widerspruchsmarke ist im Zusammenhang mit allen von ihr beanspruchten Waren unterdurchschnittlich kennzeichnungskräftig und kann nur einen geringen Schutzumfang beanspruchen. Die angegriffene Marke genügt in jeder Hinsicht den geringen Anforderungen, die an den [X.] zu stellen sind.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. [X.] [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.], 64 Rn. 9 – Maalox/[X.]; [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], 833 Rn. 30 – Culinaria/[X.]; [X.], 382 Rn. 19 – [X.]). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu [X.], 343 Rn. 48 – [X.]/[X.]; [X.], 64 Rn. 9 – Maalox/[X.]; [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure; siehe auch [X.]/ Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können sich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen [X.]e und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser [X.]e bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Der Schutzumfang von Marken, die an einen die beanspruchten Produkte beschreibenden Begriff angelehnt sind und nur dadurch Unterscheidungskraft erlangen und als Marke eingetragen werden konnten, weil sie von diesem Begriff (geringfügig) abweichen, ist eng zu bemessen, und zwar nach Maßgabe der Eigenprägung und der Unterscheidungskraft, die dem Zeichen die Eintragungsfähigkeit verleiht. Ein darüber hinausgehender Schutz kann nicht beansprucht werden, weil er dem markenrechtlichen Schutz der beschreibenden Angabe gleichkäme (ständige Rechtsprechung, vgl. dazu [X.], 1040 Rn. 39 – [X.]/pure, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Die Widerspruchsmarke ist ein aus mehreren Wörtern und verschiedenen grafischen Elementen bestehendes [X.]. Der Wörter „pure“, „chocolate“ und „drink“ können wegen der zweizeiligen Anordnung und der deutlich unterschiedlichen Schriftgröße der Elemente „pure“ und „chocolate drink“ als mehrgliedrig erfasst werden. Wegen der sinnhaft aufeinander bezogenen [X.] und der leicht verständlichen Gesamtbedeutung können sie aber auch als eingliedrige Wortfolge wahrgenommen werden. Dabei stellen sowohl die einzelnen Elemente der Widerspruchsmarke, nämlich die beiden grafisch unterschiedlich gestalteten Elemente „pure“ einerseits und „chocolate drink“ andererseits als auch die Gesamtwortfolge „pure chocolate drink“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren „Kakao“ und „kakaohaltige Getränke“ jeweils glatt produktbeschreibende Sachangaben dar. Das [X.] Wort „pure“ wird von den angesprochenen [X.]en im Sinne von „pur, rein, unverfälscht“ unmittelbar und ohne Nachdenken verstanden und damit als rein sachbezogener Qualitätshinweis bzw. werbliche Anpreisung (vgl. [X.] Rn. 28 – 31). Zu diesem Verständnis sind keine vertieften Kenntnisse der [X.] Sprache erforderlich, zumal der entsprechende [X.] Begriff „pur“ dem [X.] Begriff „pure“ sowohl klanglich als auch schriftbildlich außerordentlich nahe kommt. Die Wortfolge „[X.] DRINK“ bezeichnet die Ware selbst bzw. das Produkt, das der Verbraucher aus der so bezeichneten Ware „Kakao“ herstellen kann. Der Bildbestandteil der Widerspruchsmarke, bestehend aus einem rechteckigen dunklen Hintergrund, vor dem sich der Wortbestandteil invers abhebt, einer zweizeiligen Anordnung der [X.], die in unterschiedlicher Schriftgröße wiedergegeben werden und der stilisierten Darstellung zweier Kakaofrüchte, ist in kennzeichnender Hinsicht völlig unauffällig und werbeüblich. Darüber hinaus ist die Darstellung zweier Kakaofrüchte im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren gleichfalls sachbeschreibend, so dass auch den verschiedenen grafischen Elementen des [X.]s für sich genommen keine Unterscheidungskraft zukommt, worauf auch die Widersprechende selbst zutreffend hingewiesen hat. Vorliegend kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob dem Widerspruchszeichen insgesamt überhaupt das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft zukommt. Im Hinblick auf die Bindung an die Eintragung ist aus Rechtsgründen von der Schutzfähigkeit der Widerspruchsmarke und damit von einem Minimum an Schutzfähigkeit auszugehen, das sich zumindest auf identische Wiedergaben der Widerspruchsmarke erstreckt. Zu Gunsten der Widersprechenden kann daher unterstellt werden, dass der Widerspruchsmarke unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks der einzelnen [X.]e insgesamt noch eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt.

Soweit die Widersprechende sich darauf beruft, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch intensive Benutzung gesteigert worden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Die in diesem Zusammenhang behaupteten Tatsachen reichen für eine solche Annahme nicht aus. Die Widersprechende trägt insoweit vor, dass mit entsprechend gekennzeichneten Produkten in [X.], [X.], der [X.], [X.] und [X.] „zwischen den Jahren 2007 und 2015“ ein Umsatz von rund 2,3 Millionen Euro erzielt worden sei. Unabhängig davon, dass nicht glaubhaft gemacht worden ist, dass sich diese Umsätze auf Waren beziehen, deren Schutz die Widerspruchsmarke beansprucht, und dass nicht differenziert dargelegt wird, in welchem Umfang die Widerspruchsmarke in [X.] benutzt worden ist, was allein maßgeblich sein könnte bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft einer nationalen (= [X.]) Marke, sind jährliche Umsätze von durchschnittlich weniger als 250.000 Euro, die mit Kakao oder kakaohaltigen Getränken in der [X.] erzielt werden, relativ gering. In der [X.] werden jährlich allein 1,5 Millionen Tonnen Kakao verarbeitet. Auch unter Berücksichtigung der stark schwankenden Rohstoffpreise und ausgehend von einem Mindestpreis von 1.355 Euro pro Tonne (seit dem [X.]) ist davon auszugehen, dass unionsweit jährlich Kakao im Wert von mindestens 2 Milliarden Euro importiert und verarbeitet wird. Dabei wird in [X.] jährlich Rohkakao im Wert von etwa 112 Millionen Euro umgesetzt. Auf die dahingehenden Rechercheunterlagen des Senats, die den Beteiligten mit dem [X.] vom 15. Oktober 2018 übersandt worden sind, wird Bezug genommen. Die Umsätze, die die Widersprechende in der [X.] mit verarbeitetem Kakao bzw. [X.] erzielt, sind vor diesem Hintergrund für die Annahme einer Steigerung der Kennzeichnungskraft nicht ausreichend.

Auch wenn zu Gunsten der Widersprechenden angenommen wird, dass der Widerspruchsmarke mehr als nur minimale Kennzeichnungskraft bzw. Identitätsschutz zukommt, hält die angegriffene Marke auch den für identische Waren zu fordernden [X.] ohne Weiteres ein. Selbst wenn die [X.] in ihren [X.]n teilweise übereinstimmen, kann allein aus der Übereinstimmung der im vorliegenden [X.] für sich genommen schutzunfähigen und damit grundsätzlich freihaltungsbedürftigen [X.] „pure“ und „chocolate“ und auch der für sich genommen schutzunfähigen Wortfolge „pure chocolate“ eine Verwechslungsgefahr nicht begründet werden. Abgesehen von dieser Übereinstimmung unterscheiden sich die [X.] in klanglicher und schriftbildlich/[X.] Hinsicht hinreichend deutlich voneinander. Der nur in der Widerspruchsmarke enthaltene Wortbestandteil „drink“ kann weder übersehen noch überhört werden. In ihrem (schrift)bildlichen Gesamteindruck weichen die Zeichen schon wegen der runden Grundform der jüngeren Marke und der rechteckigen Grundform der prioritätsälteren Marke sowie der nur in dieser Marke enthaltenen Abbildung von Kakaofrüchten ausreichend deutlich voneinander ab. In begrifflicher Hinsicht ist eine relevante Zeichenähnlichkeit schon aus Rechtsgründen ausgeschlossen, da die Widerspruchsmarke in dieser Hinsicht glatt beschreibend und insoweit nicht schutzfähig ist. Ob und in welcher Bedeutung der angesprochene Verkehr den Punkt über dem Buchstaben „U“ der jüngeren Marke als Teil des Schriftzeichens erkennt oder ob er diesen Punkt lediglich als Verzierung auffasst, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr kann nicht bejaht werden. Dem Wortbestandteil „pure“, den die Widersprechende nach ihren Angaben als übereinstimmenden Bestandteil verschiedener Marken verwendet, fehlt wegen der oben aufgezeigten [X.] bzw. fehlenden Schutzfähigkeit aus Rechtsgründen die Eignung als Stammbestandteil einer Markenserie zu fungieren. Der für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr erforderliche Hinweischarakter im Sinne eines Stammbestandteils ist kennzeichnungsschwachen bzw. schutzunfähigen Markenbestandteilen grundsätzlich abzusprechen ([X.]/ Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 9 Rn. 526 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Widersprechenden angeführten Entscheidungen des [X.] ([X.], 646 – [X.] und GRUR 2002, 542 – [X.]). Auch solche in mehreren Marken eines Markeninhabers verwendete beschreibende Bestandteile verlieren dadurch grundsätzlich nicht ihre beschreibende Wirkung und werden deshalb regelmäßig als sachbeschreibender Hinweis und nicht als Hinweis auf ein ganz bestimmtes Unternehmen aufgefasst werden. In der Entscheidung [X.] hat der [X.] für einen Zeitschriftentitel festgestellt, dass einem glatt beschreibenden [X.] die Eignung fehlt, als auf ein bestimmtes Unternehmen hinweisender Stammbestandteil einer Zeichenserie zu dienen ([X.] Rn. 17). Außerdem wirken die für die Widersprechende neben der im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Widerspruchsmarke feststellbaren weiteren eingetragenen [X.] Marken mit dem Bestandteil „pure“, nämlich die Marken [X.] 30 677 866 – pure Tea Selection, [X.] 30 678 889 – pure Iced Coffee Drink, [X.] 30 717 860 – pure Chocolate Drink (zeichenidentisch mit der hier maßgeblichen Widerspruchsmarke) und [X.] 30 775 902 – pure Iced Coffee Drink nicht als typische Markenserie, mit einem Stammbestandteil und diversen (kennzeichnenden) [X.]. Denn auch die Abwandlungsbestandteile stellen allesamt glatt beschreibende Angaben dar, so dass ein Verständnis dieser vorgenannten Marken im Sinne einer echten Markenserie fern liegt. Im Übrigen ist zur Benutzung bzw. zum Benutzungsumfang der einzelnen Marken der geltend gemachten Zeichenserie nur pauschal vorgetragen worden, dass über einen Zeitraum von fast 11 Jahren ein Umsatz von insgesamt 86,6 Millionen Euro erzielt worden sei, ohne im Hinblick auf die konkreten Waren zu differenzieren. Aus den oben genannten Gründen kann aber der Umfang der Benutzung im Ergebnis als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

Zur Auferlegung der Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.

Meta

25 W (pat) 598/17

15.11.2018

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.11.2018, Az. 25 W (pat) 598/17 (REWIS RS 2018, 1677)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1677

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