Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.04.2015, Az. 24 W (pat) 39/13

24. Senat | REWIS RS 2015, 12644

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Mäc Spice Duftöle & Gewürze (Wort-Bild-Marke)/Mc Donald's (Gemeinschaftsmarke)" – Warenidentität – mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 010 172

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] am 15. April 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie [X.] und Schmid

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des [X.] vom 3. Juli 2013 aufgehoben, soweit der Widerspruch in Bezug auf die Waren „Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze“ zurückgewiesen wurde.

Wegen des Widerspruchs aus der Marke Nr. [X.] wird die Löschung der Marke Nr. 30 2011 010 172 für die Waren „Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze“ angeordnet.

Gründe

I.

1

Gegen die am 23. Februar 2011 angemeldete, am 18. Mai 2011 für die Waren

2

Klasse 3: Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer;

3

Klasse 4: technische Öle und Fette;

4

[X.]: Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze

5

eingetragene und am 17. Juni 2011 veröffentlichte farbige [X.] Nr. 30 2011 010 172

Abbildung

6

ist Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der am 5. Juli 1989 eingetragenen Gemeinschaftswortmarke Nr. 1 142 428

7

[X.]’s

8

die für Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30, 32, 35, 42 und 43 Schutz genießt, u. a. für

9

[X.]: Kaffee, Tee, Kakao, einschließlich Kaffee-, Tee- und Kakaogetränke; Kaffee- oder Kakaopräparate für die Herstellung von alkoholfreien Getränken, Zucker, [X.], Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel, [X.] für [X.], Getreidepräparate (ausgenommen Futtermittel), Haferflocken, Brot, Biskuits, Kuchen, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver; Puddingdesserts; Zucker- und Schokoladewaren; Speisesalz, Senf, [X.], Essig, Saucen, einschließlich Salatsaucen; Gewürze.

Die Widersprechende hat den Widerspruch im patentamtlichen Verfahren auf die Waren der [X.] „Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze“ der angegriffenen Marke beschränkt.

Mit Beschluss vom 3. Juli 2013 hat die Markenstelle für Klasse 3 des [X.] ([X.]) den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht. Zwar sei die angegriffene Marke mit „[X.]“ zu benennen, da zum einen der Verkehr bei [X.] dem Wort als einfachste Bezeichnungsform die größte Bedeutung beimesse und zum anderen der Bestandteil „Duftöle & Gewürze“ als rein beschreibender Zusatz zu vernachlässigen sei. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei in Bezug auf im Identitätsbereich befindlichen Waren „Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze“ lediglich durchschnittlich, da sie für diese Waren über keine besondere Bekanntheit verfüge. Selbst bei diesen identischen Waren seien die schriftbildlichen und klanglichen Unterschiede zwischen den sich gegenüberstehenden Marken „[X.]’s" und „[X.]" aber so erheblich, dass eine Verwechslungsgefahr ausscheide.

Dagegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde.

Die Widersprechende beruft sich auf eine aus ihrer Sicht durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im Bereich der Systemgastronomie und für Lebensmittel.

Sie ist der Auffassung, dass jedenfalls eine mittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke bestehe, da letztere den bekannten Serienbestandteil „[X.]“ der Markenserie der Widersprechenden klanglich identisch übernommen habe. Die angegriffene Marke füge sich damit nahtlos in eine Reihe von Marken der Widersprechenden mit dem Präfix „[X.]“ bzw. „[X.]“ ein. Ferner beruft sich die Widersprechende auf den Schutz bekannter Marken [X.] § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG.

Sie hat sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 vom 3. Juli 2013 aufzuheben, soweit der Widerspruch in Bezug auf die Waren „Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze“ zurückgewiesen wurde und insoweit wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 142 428 die Löschung der Marke 30 2011 010 172 anzuordnen.

Der Markeninhaber hat sinngemäß beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss. Er ist der Auffassung, es bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken, die angegriffene Marke verwende den angeblichen Serienbestandteil „[X.]“ aus der Widerspruchsmarke nicht, eine Monopolisierung der Buchstabenkombination „[X.]“ sei abzulehnen.

Keiner der Beteiligten hat einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die Markenstelle hat, soweit anhängig, den Widerspruch zu Unrecht zurückgewiesen, weil zwischen den Vergleichsmarken in Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Waren der [X.] die Gefahr von Verwechslungen besteht (§ 125 b Nr. 1 i. V. m. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. [X.] [X.], 933, [X.]. 32 - [X.]; [X.], 1098, [X.]. 44 - [X.]/[X.]; [X.], 64, [X.]. 9 - Maalox/[X.]; [X.], 1040, [X.]. 25 - pjur/pure; [X.], 833, [X.]. 30 – Culinaria/[X.]). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu [X.], 343, [X.]. 48 - [X.]/[X.]; [X.], 64, [X.]. 9 - Maalox/[X.]; [X.], 1040, [X.]. 25 - pjur/ pure; siehe auch [X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 9 Rdn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

Es kann dahinstehen, ob die Widerspruchsmarke „[X.]´s“ oder ihr Bestandteil „[X.]“ eine gesteigerte Kennzeichnungskraft in Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Waren „Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze“ hat, da selbst bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft jedenfalls eine mittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken besteht.

Die Markenstelle ist im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die angegriffene Wort-Bild-Marke im Gesamteindruck von dem grafisch gestalteten Wortbestandteil „[X.]“ für ihre Benennung und klangliche Wiedergabe geprägt wird. Bei einer Kombinationsmarke, die aus Bildelementen und den Wortbestandteilen „[X.]“ sowie „Duftöle & Gewürze“ besteht, entspricht es der Lebenserfahrung, dass der Verkehr sich für die Benennung in erster Linie an aussprechbaren Wörtern orientiert und ferner der optisch hervorgehobene, kennzeichnungskräftige Wortbestandteil den Gesamteindruck prägt. Denn der Verkehr wird die weiteren Wortbestandteile „Duftöle & Gewürze“ lediglich als Beschreibung des Sortiments des Anbieters auffassen, nicht als betrieblichen Herkunftshinweis und deshalb weniger beachten.

Zwar ist die gewöhnlich stärker beachtete Anfangssilbe [X.] (gesprochen „mäc“) der Widerspruchsmarke mit dem Bestandteil „Mäc“ der angegriffenen Marke klanglich identisch, die weiteren Wortbestandteile „Donald´s“ bzw. „[X.]“ weisen hingegen erhebliche Unterschiede auf. Ob sich hieraus eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ergibt, kann allerdings dahingestellt bleiben, da zwischen den Vergleichsmarken jedenfalls die Gefahr einer Verwechslung durch gedankliches Inverbindungbringen besteht, § 9 Abs. 1 Nr. 2, [X.] MarkenG. Diese Art der mittelbaren Verwechslungsgefahr kann gegeben sein, wenn der Verkehr zwei an sich unterschiedliche Marken wegen eines gemeinsamen charakteristischen Bestandteils derselben betrieblichen Ursprungsstätte zuordnen. Dabei nimmt der Verkehr die Unterschiede der Marken durchaus wahr und verwechselt sie deshalb nicht unmittelbar, aufgrund von Gemeinsamkeiten in der Markenbildung oder in prägenden Einzelteilen hat er jedoch Anlass, die angegriffene Marke (irrtümlich) der Inhaberin der Widerspruchsmarke zuzuordnen oder den Eindruck gewinnen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen ([X.], [X.], 1042 [X.]. 31 - [X.] LIFE; [X.], 322 [X.]. 18 = [X.], 859 - Malteserkreuz I).

Eine mittelbare Verwechslungsgefahr kann demnach u. a. bei Serienmarken auftreten, wenn der Inhaber der Widerspruchsmarke bereits mit dem entsprechenden Stammbestandteil als Bestandteil mehrerer eigener entsprechend gebildeter Serienmarken aufgetreten ist ([X.], [X.], 542, 544 - [X.]; [X.], 544, 547 - [X.] 24; [X.], 840, 842 – [X.] POWER). Diese mittelbare Verwechslungsgefahr ergibt sich vorliegend aus der klanglichen Übereinstimmung des Stammbestandteils „[X.]“ der Widerspruchsmarke „[X.]´s“ mit dem Bestandteil der angegriffenen Marke „Mäc“, so dass die Gefahr besteht, dass die angegriffene Marke bei ihrer Benennung im Verkehr gedanklich als ein weiteres Zeichen der bestehenden älteren Zeichenserie der Widersprechenden mit der Widerspruchsmarke in Verbindung gebracht wird. Die Widersprechende verfügt nach der [X.] über eine größere Anzahl von älteren Marken mit dem Serienbestandteil „[X.]“, z. B. „[X.]Drive“, „[X.]Bacon“, „[X.]CAFE“, die gerichtsbekannt im Bereich der [X.] verwendet werden und über einen hohen Bekanntheitsgrad für verschiedene Produkte aus dem Bereich der Lebensmittel verfügen. Ebenfalls gerichtbekannt ist, dass die mit den vorgenannten Serienzeichen gekennzeichneten Produkte deutschlandweit unter der Widerspruchsmarke vertrieben werden.

Der Eignung als Serienbestandteil steht dabei nicht entgegen, dass der u.a. aus der [X.] stammende Namenszusatz „[X.]“ bzw. „[X.]“ vom angesprochenen Verkehr als Hinweis auf eine besondere Sparsamkeit von aus [X.] stammenden Personen verstanden wird bzw. gelegentlich als Hinweis auf die besondere Wirtschaftlichkeit eines Angebotes verstanden werden kann. Hinzu kommt, dass der Markenbestandteil „[X.]“ in der angegriffenen Marke mit der übersetzten Bedeutung „Gewürz“ in Bezug auf die hier beschwerdegegenständlichen Waren einen stark beschreibenden Anklang hat bzw. bloß beschreibend ist. Diese Art der Markenbildung, nämlich Kombination des [X.] „Mäc“ mit einer beschreibenden Angabe (hier: „Gewürz“) gleicht ebenfalls der Serienmarkenbildung der Widersprechenden, die den Bestandteil „[X.]“ ebenfalls mit einer auf die jeweilige Ware bzw. Dienstleistung bezogenen Sachangabe kombiniert (s. dazu auch [X.], B. v. 7.12.2011 [X.]. 28 W (pat) 25/10 [X.]Seafood/[X.]´s).

Aus den vorgenannten Umständen resultiert zumindest eine mittelbare Verwechslungsgefahr in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren „Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze“, da diese identisch in beiden [X.] aufgeführt sind. Zudem sind in der (System-)Gastronomie Portionspackungen für Soßen, beispielsweise für Salate, und Gewürze (z. B. [X.]) allgemein üblich, so dass Verkehr bei der hier vorliegenden Übernahme des [X.] in die angegriffenen Marke annehmen kann, die Hauptspeise und die dazu gereichte, mit dem Serienbestandteil gekennzeichnete Zutat stammten aus demselben Herkunftsunternehmen.

2. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

3. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem kein Beteiligter eine solche beantragt hat und auch der Senat eine solche für nicht sachdienlich erachtet, § 69 Nr. 1, 3 MarkenG.

Meta

24 W (pat) 39/13

15.04.2015

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.04.2015, Az. 24 W (pat) 39/13 (REWIS RS 2015, 12644)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12644

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