Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.11.2019, Az. 25 W (pat) 626/17

25. Senat | REWIS RS 2019, 1112

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2016 030 341

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 27. November 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das am 25. Oktober 2016 angemeldete Zeichen

Abbildung

2

ist am 12. Dezember 2016 unter der Nr. 30 2016 030 341 in das beim [X.] geführte Markenregister für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen eingetragen worden:

3

[X.]: Kaffee; [X.]ee; Eis; Backwaren;

4

[X.]: Mineralwasser; alkoholfreie Getränke;

5

Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen.

6

Gegen die Eintragung der am 13. Januar 2017 veröffentlichten Marke hat die Beschwerdeführerin als Inhaberin der prioritätsälteren, am 9. September 2004 angemeldeten und am 24. Juli 2008 unter der Nummer 004 016 135 eingetragenen Unionswortmarke

7

[X.]

8

am 13. April 2017 Widerspruch erhoben.

9

Die [X.] genießt Schutz für die nachfolgenden Waren:

Klasse 29: [X.]leisch, [X.]isch, Geflügel und Wild; [X.]leischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, [X.]ruchtmus; Eier; Speiseöle und –fette;

[X.]: Kaffee, [X.]ee, Kakao, Zucker, [X.], [X.]apioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Brot, feine Back- und Konditorwaren, nämlich [X.]ertigkuchen, Riegel mit [X.]rucht- und/oder Milchbestandteilen (ausgenommen Cerealienriegel), Waffeln; Bonbons, [X.]ruchtgummi, Kaugummi und andere Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladeerzeugnisse, Speiseeis;

[X.]: Alkoholfreie Getränke; [X.]ruchtgetränke und [X.]ruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.

Die Markenstelle für [X.] des [X.]s hat mit Beschluss vom 15. September 2017 durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und teilweise identischen Waren seien an den [X.] zwar strenge Anforderungen zu stellen, den die angegriffene Marke jedoch in jeder Hinsicht einhalte. Die Widerspruchsmarke „[X.]“ sei in ihrer Gesamtheit eine Phantasiebezeichnung, die keinen eindeutigen Aussagegehalt aufweise, so dass von einer originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen sei. Die Widersprechende habe keine Anhaltspunkte vorgetragen, die für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch eine intensive Benutzung sprechen könnten. Da sich vorliegend keine Benutzungsfragen stellten, sei beim Vergleich der Waren- und Dienstleistungen auf die [X.] abzustellen. Dabei würden sämtliche Waren der [X.] sowie die Ware „Alkoholfreie Getränke“ der [X.] von den Kollisionsmarken identisch beansprucht. Der Grad der Ähnlichkeit der übrigen Waren- und Dienstleistungen könne dahingestellt bleiben, da die angegriffene Marke auch im Zusammenhang mit identischen Vergleichswaren den erforderlichen [X.] einhalte. In ihrer Gesamtheit seien die [X.] in (schrift)bildlicher Hinsicht schon wegen des Bildelements der angegriffenen Marke deutlich unterschiedlich. In klanglicher Hinsicht stünden sich die [X.] wie „[X.] [X.]OOD“ und „[X.]RUCH[X.]-[X.]“ gegenüber. Dabei würden sich die Zeichen schon durch ihre unterschiedliche Wortlänge und die abweichende Vokalfolge unterscheiden. Beide Wortkombinationen enthielten zwar den Bestandteil „[X.]“. Dieser befinde sich bei der angegriffenen Marke jedoch am Anfang der Wortkombination und bei der Widerspruchsmarke an deren Ende. Da das Wort „[X.]“ als Bestandteil der angegriffenen Marke eindeutig ein [X.] Wort sei, werde es vom Publikum auch englisch ausgesprochen, wohingegen der Wortbestandteil „[X.]“ der Widerspruchsmarke deutsch ausgesprochen werde. [X.]ür eine begriffliche Verwechslungsgefahr bestünden keine Anhaltspunkte, da die Widerspruchsmarke die Vorstellung eines Phantasietigers wecke, wohingegen die angegriffene Marke die Vorstellung von Nahrungsmitteln für [X.] nahelege. Eine Prägung der [X.] allein durch den Bestandteil „[X.]“ bzw. die Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung dieses [X.] komme vorliegend nicht in Betracht. Auch wenn es sich bei den [X.]“ und „[X.]rucht“ um sachbeschreibende Begriffe handle, gebe es für den Verkehr keine Veranlassung, sich nur an dem Markenbestandteil „[X.]“ zu orientieren. Der angesprochene Verkehr werde vielmehr beide [X.] als einheitlichen Gesamtbegriff bzw. als einheitlichen [X.] wahrnehmen. Darüber hinaus wirke sich vorliegend auch der Umstand aus, dass der Bestandteil „[X.]“ ein beliebtes Werbewort sei, welches vielfach und in den verschiedensten Bedeutungszusammenhängen benutzt werde.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Im Zusammenhang mit identischen bzw. hochgradig ähnlichen Vergleichsprodukten halte die angegriffene Marke den erforderlichen [X.] nicht ein. Entgegen der Auffassung der Markenstelle seien die [X.] sowohl in klanglicher wie auch in schriftbildlicher Hinsicht hochgradig ähnlich, so dass die Verwechslungsgefahr zu bejahen sei. Beide [X.] bestünden aus jeweils drei Silben und stimmten in dem [X.] „[X.]“ identisch überein. Der [X.] „[X.]ood“ der angegriffenen Marke bedeute in der [X.] „Essen“ oder „Lebensmittel“ und werde im Zusammenhang mit den von der angegriffenen Marke beanspruchten Produkten sachbeschreibend verstanden. Auch der Wortbestandteil „[X.]rucht“ der Widerspruchsmarke sei jedenfalls für einen [X.]eil der beanspruchten Waren beschreibend, nämlich für solche, die aus [X.]rüchten hergestellt werden könnten bzw. [X.]rüchte oder [X.]ruchtgeschmack enthielten. Dagegen sei der Wortbestanteil „[X.]“ in beiden Zeichen nicht beschreibend und deswegen für die Wahrnehmung der Marken prägend. Das Bildelement der angegriffenen Marke stelle einen [X.] da und hebe so den Wortbestandteil „[X.]“ lediglich verstärkend hervor. Zudem sei allgemein anerkannt, dass beim klanglichen [X.] Bildelemente gegenüber den [X.] in den Hintergrund träten. Das [X.] und das [X.] hätten deswegen in vergleichbaren [X.]ällen eine Verwechslungsgefahr bejaht ([X.] (pat) 45/94 – [X.]/[X.]; 28 W (pat) 54/95 – [X.]/[X.]; [X.] Beschluss vom 6. August 2015, [X.] 401 993 – [X.]-ICE/[X.]; Beschluss vom 3. Oktober 2016, [X.] 603 739 – [X.] Kaffè/[X.]; Beschluss vom 22. April 2016, [X.] 485 087 – White [X.]/Wild [X.]).

Auf den schriftlichen Hinweis des Senats vom 8. Juli 2019 hat die Widersprechende ihre Beschwerde mit [X.]elefax vom 20. August 2019 teilweise zurückgenommen und nur noch in Bezug auf die Waren der [X.] (Mineralwasser; alkoholfreie Getränke) der angegriffenen Marke aufrechterhalten. Sie trägt ergänzend vor, dass zumindest im Zusammenhang mit „alkoholfreien Getränken“ nicht davon ausgegangen werden könne, dass der [X.] „[X.]“ verbraucht und deswegen [X.] sei. Der Senat habe im Hinweis vom 8. Juli 2019 die Benutzung des Wortes „[X.]“ nur im Zusammenhang mit Produkten wie Cornflakes, Müsli oder Süßigkeiten nachweisen können. Bei dem Produkt „[X.] Beer“ handle es sich um ein alkoholhaltiges Getränk (Bier) eines Herstellers aus [X.], mit dem die Widersprechende eine Koexistenzvereinbarung getroffen habe. Insofern gebe es keine relevanten Überschneidungen zwischen der Widerspruchsmarke und dem Produkt „[X.] Beer“. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass es sich bei den Bezeichnungen „[X.] [X.]ood“ und „[X.]“ um [X.]e handle, müsse berücksichtigt werden, dass der Verkehr an Zeichen gewöhnt sei, bei denen ein kennzeichnungskräftiger [X.] (bzw. eine Marke) mit einer Gattungsangabe bzw. einem sachbeschreibenden Begriff kombiniert werde. Unabhängig davon, dass die Widersprechende auch über die Marken „[X.]un [X.]“ und „[X.]“ und damit über eine Zeichenserie verfüge, bestehe zumindest eine assoziative Verwechslungsgefahr. Wegen der Kennzeichnungsschwäche der [X.]e „[X.]ood“ bzw. „[X.]rucht“ werde der Verkehr bei Wahrnehmung der [X.] von einer wirtschaftlichen Verbundenheit der betreffenden Herkunftsbetriebe ausgehen.

Die Widersprechende beantragt zuletzt nach [X.] der Beschwerde sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle des [X.]s vom 15. September 2017 aufzuheben, soweit der Widerspruch in Bezug auf die Waren der [X.] „Mineralwasser; alkoholfreie Getränke“ zurückgewiesen worden ist und die Marke 30 2016 030 341 insoweit aufgrund des Widerspruchs aus der [X.] zu löschen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren schriftsätzlich nicht geäußert und keinen Sachantrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenstelle für [X.], auf die Schriftsätze der Beteiligten, den schriftlichen Hinweis des Senats vom 8. Juli 2019 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht auch im zuletzt beschwerdegegenständlichen Umfang keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 125b Nr. 1 [X.], so dass die Markenstelle den Widerspruch aus der [X.] auch insoweit zu Recht zurückgewiesen hat, § 43 Abs. 2 Satz 2 [X.].

1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. [X.] [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.], 64 Rn. 9 – Maalox/[X.]; [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], 833 Rn. 30 – Culinaria/[X.]; [X.], 382 Rn. 19 – [X.]; GRUR 2019, 173 – Combit/Commit). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen [X.]aktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu [X.], 343 Rn. 48 – [X.]/[X.]; [X.], 64 Rn. 9 – Maalox/[X.]; [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure; siehe auch [X.]/ Hacker/[X.]hiering, [X.], 12. Aufl., § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können sich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere [X.]aktoren entscheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa die Art der Ware oder der Dienstleistungen, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Warenidentität im Zusammenhang mit den zuletzt noch beschwerdegegenständlichen Vergleichswaren der [X.] hat die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke einen deutlichen [X.] einzuhalten, der aber nach Auffassung des Senats in jeder Beziehung gewahrt ist.

1.1 Die Widerspruchsmarke ist originär durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Sie setzt sich aus zwei Wörtern der [X.] zusammen, die mit einem Bindestrich verbunden sind. Nachdem es tatsächlich keine „[X.]ruchttiger“ gibt, jedoch beide [X.]e in ihrem Bedeutungsgehalt sinnvoll aufeinander bezogen sind, handelt es sich bei der Widerspruchsmarke insgesamt um eine [X.]antasiebezeichnung. Ein „[X.]ruchttiger“ kann nach diesem Verständnis eine Werbefigur sein, die [X.]rüchte bzw. [X.]ruchtsäfte besonders gerne mag oder anderen [X.]rüchte bzw. [X.]ruchtsäfte anbietet. Entsprechende [X.]antasiefiguren, insbesondere in der Gestalt von [X.]ieren, sind in der Werbung häufig anzutreffen (wie etwa die bekannte Werbefigur des „Bärenmarke-Bären“). Auch wenn der Begriff „[X.]rucht“ im Zusammenhang mit der Ware „alkoholfreie Getränke“ für sich genommen nicht schutzfähig ist und die Bezeichnung „[X.]“ im Zusammenhang mit Lebensmitteln ein häufig benutzter Werbebegriff ist, der in gewissem Maße abgenutzt erscheint, vermittelt die Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit dennoch eine fantasievolle Eigenart, die ausreicht, um von einem rein werblich-beschreibenden Verständnis wegzuführen. Dies gilt insbesondere auch im Zusammenhang mit „alkoholfreien Getränken“, die [X.]ruchtsaft enthalten oder [X.]ruchtgeschmack aufweisen können.

1.2 Die [X.] können sich im Verkehr, soweit die Waren der jüngeren Marke noch beschwerdegegenständlich sind, auch insoweit auf identischen Waren begegnen (Mineralwasser/alkoholfreie Getränke).

1.3 Die [X.] weisen jedoch in (schrift)bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht einen ausreichend deutlichen Abstand ein, auch wenn angemessen berücksichtigt wird, dass sie in dem [X.] „[X.]“ übereinstimmen.

Die Ähnlichkeit von [X.] ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.]. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (so z. B. [X.] in [X.], 283 Rn. 37 – [X.] m. w. N.).

Hiervon ausgehend können die [X.] zwar schon deswegen nicht als unähnlich beurteilt werden, weil sie beide den Bestandteil „[X.]“ aufweisen. Jedoch reicht auch im Zusammenhang mit identischen Vergleichswaren und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens grundsätzlich nicht jedwede Ähnlichkeit der [X.] aus, um die Gefahr von Verwechslungen zu bejahen. Da es insoweit - wie oben dargelegt - auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt und die relevanten [X.]aktoren der Verwechslungsgefahr in einer Wechselwirkung zueinanderstehen, verbietet sich jede schematische Betrachtung.

1.3.1 In klanglicher Hinsicht stehen sich die Bezeichnungen „[X.] [X.]ood“ und „[X.]“ gegenüber, da insoweit davon auszugehen ist, dass der Verkehr die angegriffene Wort-/Bildmarke am einfachsten und naheliegendsten mit ihrem Wortbestandteil benennen wird. Zutreffend hat die Markenstelle in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass angesichts der jeweiligen weiteren Wortbestandteile, die der Verkehr unmittelbar der [X.] bzw. der [X.] zuordnet, bei der angegriffenen Marke insgesamt eine [X.] Aussprache naheliegt, wohingegen bei der Widerspruchsmarke insgesamt eine [X.] Aussprache als Regelaussprache zu erwarten ist. Der Wortbestandteil „[X.]ood“ der angegriffenen Marke hat in der [X.] keine naheliegende Entsprechung und gehört zudem zum Grundwortschatz der [X.] Sprache. Aus diesem Grund drängt sich dem Verkehr insbesondere im Zusammenhang mit den angegriffenen Waren der [X.] ein Verständnis mit Sinne von „Lebensmittel“ und damit eine englischsprachige Aussprache auf. Hiervon ausgehend zeichnen sich die sich gegenüberstehenden Marken durch eine deutlich unterschiedliche Vokalfolge aus (ei - e - u / u - i - e) und einen gänzlich anderen Sprechrhythmus aus. Den Ausspracheregeln der [X.] Sprache folgend wird die letzte Silbe der angegriffenen Marke betont. Weiterhin wird der betreffende Vokal „u“ gedehnt ausgesprochen und tritt damit klanglich deutlich in den Vordergrund. Dagegen wird in der Widerspruchsmarke die vorletzte Silbe betont, so dass die letzte Silbe klanglich eher zurücktritt. Weitere klangliche Unterschiede ergeben sich auch aus den klangstarken Konsonanten der [X.]. Das „[X.]“ in „[X.]“ wird bei der angegriffenen Marke am Wortanfang und bei der Widerspruchsmarke in der [X.] gesprochen. Insofern stimmen die Marken klanglich zwar darin überein, dass sie teilweise ähnliche Vokale aufweisen und dass die Wortbestandteile beider Zeichen mit den gleichen Konsonanten beginnen, nämlich „[X.]“ und „[X.]“. Allerdings sind diese Wortbestandteile vertauscht. Hiervon ausgehend sind die klanglichen Unterschiede der Zeichen nicht zu überhören und überwiegen die klanglichen Übereinstimmungen bei Weitem.

1.3.2 In (schrift-)bildlicher Hinsicht kann das auffällige Bildelement der angegriffenen Marke nicht vernachlässigt werden, so dass die [X.] bereits deswegen einen ausreichenden (schrift)bildlichen [X.] aufweisen. Darüber hinaus weisen auch der Wortbestandteil der angegriffenen Marke und die Widerspruchsmarke in ihrer Umrisscharakteristik deutliche Unterschiede auf. Insbesondere der auffällige Doppelvokal in „[X.]ood“ wird insoweit nicht übersehen werden.

1.3.3 In begrifflicher Hinsicht weisen die [X.] keine Übereinstimmung auf, da beide Zeichen inhaltlich nicht allein auf den Begriff oder die Bedeutung „[X.]“ reduziert werden können. Beide Zeichen weisen vielmehr jeweils für sich genommen einen darüberhinausgehenden Begriffsinhalt auf. Auch wenn unklar sein mag, was genau ein „[X.]ruchttiger“ sein könnte, weichen die naheliegenden und damit relevanten Interpretationsmöglichkeiten der Widerspruchsmarke inhaltlich von der gleichfalls diffusen Bedeutung der angegriffenen Marke im Sinne von „[X.]nahrung“ oder „Essen für [X.]“ ausreichend deutlich ab. Ein „[X.]ruchttiger“ erinnert - wie oben dargelegt - am ehesten an ein [X.]antasiewesen, das in irgendeinem Zusammenhang mit [X.]rüchten steht, während bei der Bezeichnung „[X.] [X.]ood“ im Zusammenhang mit Lebensmitteln der (werblich übertreibende) Gedanke naheliegt, dass derartige Lebensmittelprodukte die positiven Eigenschaften des [X.]s (Mut, [X.], Wildheit) aufweisen oder auf den Konsumenten übertragen.

1.4 Eine relevante, d.h. zur Bejahung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr führende, klangliche oder begriffliche Zeichenähnlichkeit könnte nur dann bejaht werden, wenn der [X.] „[X.]“ die angegriffene Marke und gegebenenfalls auch die Widerspruchsmarke prägen würde.

In Bezug auf die Prägung der Widerspruchsmarke durch den Bestandteil „[X.]“ ist zunächst auf den zutreffenden Ausführungen im Beschluss der Markenstelle vom 15. September 2017 zu verweisen. Bei der Widerspruchsmarke handelt es sich trotz der Schreibweise mit zwei Substantiven, die mit einem Bindestrich verbunden sind, im Ergebnis um ein Zeichen, dessen Bestandteile, nämlich „[X.]rucht“ und „[X.]“, zu einem neuen Gesamtbegriff zusammengefügt sind. Dieser neue Begriff hat zwar – wie oben dargelegt – keine eindeutige oder feststehende Bedeutung. Jedoch weist die Widerspruchsmarke auch als [X.] hinreichend klare dahingehende Anklänge auf, dass es ein [X.]antasiewesen mit dem Namen „[X.]“ gibt. Die Widerspruchsmarke ist insoweit eine Wortkombination, die in ihrer Gesamtheit über die [X.] ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht. Der [X.] „[X.]rucht“ ist damit aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise kein für sich stehender, sachbeschreibender oder das eigentliche Kennzeichen nur erläuternder Begriff. Das [X.] hat letztlich zutreffend dargelegt, dass die Widerspruchsmarke vom angesprochenen Verkehr grundsätzlich als einheitliches Zeichen wahrgenommen wird, so dass insoweit kein Anlass besteht, einzelne Bestandteile des Zeichens zu vernachlässigen und den verbleibenden Bestandteil als prägend und somit allein kennzeichnend anzusehen. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der [X.]atsache, dass das Wort „[X.]“ für die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren der [X.] eine gewisse Kennzeichnungsschwäche aufweist. Insoweit hat die Widersprechende zwar sachlich zutreffend vorgebracht, dass die Rechercheergebnisse des Senats zur Benutzung des Begriffs „[X.]“ den Bereich der Süßwaren und der Lebensmittel bzw. Bier betreffen und keine „alkoholfreien Getränke“ anführen. Jedoch gibt es zwischen diesen Warensegmenten gewisse Überschneidungen, so dass die ausufernde Benutzung des Wortes „[X.]“ im Zusammenhang mit „Süßwaren“ - die beispielsweise [X.]ruchtsaft enthalten oder [X.]ruchtgeschmack aufweisen können - auch Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Verkehrs im Bereich der „[X.]ruchtgetränke“ hat. Insoweit entfaltet die Widerspruchsmarke als einheitliches Zeichen und als hinreichend klar umrissener [X.] eine ausreichende Klammerwirkung, so dass im Ergebnis nicht von einer gedanklichen Aufspaltung des Zeichens seitens des angesprochenen Verkehrs ausgegangen werden kann. Hierin unterscheidet sich die vorliegende Kollisionslage wesentlich von den Sachverhalten, die den von der Widersprechenden angeführten Entscheidungen des [X.]s zugrunde lagen. Beispielsweise hat der angesprochene Verkehr im Zusammenhang mit der Bezeichnung „[X.]“ hinreichende Veranlassung, diese ungeachtet ihrer verbundenen Schreibweise als mehrgliedriges Zeichen aufzufassen, in dem der Bestandteil „Shake“ als Sachhinweis in den Hintergrund tritt. Anders als „[X.]“ ist das Zeichen „[X.]“ kein über die Summe seiner Bestandteile hinausgehender [X.], der einen eigenen, neuen Sinngehalt aufweist, selbst wenn dieser in gewissem Maße unbestimmt sein mag.

2. Es sind auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dahingehend gegeben, dass der Bestandteil „[X.]“ innerhalb der angegriffenen Marke eine selbstständig kennzeichnende Stellung haben könnte.

Insbesondere liegt hier keine der [X.]allgruppen vor, bei denen unter diesem Gesichtspunkt eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne in Betracht gezogen werden könnte. Diese Rechtsfigur ist in der Rechtsprechung für den [X.]all entwickelt worden, dass ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder (sehr) ähnlich in eine komplexe prioritätsjüngere Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder einem Stammbestandteil eines Serienzeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. [X.], [X.], 1042 – [X.] LI[X.]E; [X.], [X.], 859 Rn. 18 – [X.]; [X.], [X.], 258 Rn. 33 – IN[X.]ERCONNEC[X.]/[X.]-InterConnect; [X.], 833 Rn. 20 ff. – [X.]I; [X.] [X.], 905 Rn. 38 ff. – [X.]). Vorliegend kann der Bestandteil „[X.]“ aber weder als Unternehmenskennzeichen der Widersprechenden noch als Stammbestandteil einer Markenserie der Widersprechenden angesehen werden. Soweit die Widersprechende in diesem Zusammenhang vorbringt, dass sie über weitere Marken mit dem Stammbestandteil „[X.]“ verfüge, nämlich „[X.]un [X.]“ und „[X.]“, gibt dies zu keiner anderen Entscheidung Anlass. Zum einen hat die Widersprechende nicht vorgetragen, dass die beiden weiteren Marken „[X.]un [X.]“ und „[X.]“ tatsächlich benutzt werden. Darüber hinaus variieren die Zeichen in ihrer Konzeption, Schreibweise und in ihrer Aussprache so weit, dass bereits aus diesem Grund eine Zeichenserie zu verneinen ist. Bei der Marke „[X.]un [X.]“ drängt sich wegen des allgemein bekannten [X.] Wortes „[X.]un“ eine englischsprachige Aussprache der Marke „[X.]un [X.]“ auf. Dies gilt für die Widerspruchsmarke gerade nicht.

3. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem von keiner Seite ein entsprechender Antrag gestellt worden war, § 69 Nr. 1 [X.].

Meta

25 W (pat) 626/17

27.11.2019

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.11.2019, Az. 25 W (pat) 626/17 (REWIS RS 2019, 1112)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1112

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