Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24.04.2013, Az. 7 ABR 71/11

7. Senat | REWIS RS 2013, 6347

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Gegenstand

Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat - Sachdienlichkeit - Betriebsvereinbarung nach § 3 Abs 1 Nr 1 Buchst a, Abs 2 BetrVG


Leitsatz

1. Bei der Prüfung, ob die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats sachdienlich iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Alt. 2 BetrVG ist, ist von besonderer Bedeutung, wo die mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen im Betrieb getroffen werden. Bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit sind allerdings noch weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen; dazu gehört insbesondere der Gesichtspunkt der Ortsnähe der Betriebsvertretung.

2. Soll die Errichtung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats der Erleichterung der Bildung von Betriebsräten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Alt. 1 BetrVG dienen, ist sie dann vom Zweck der Regelung nicht mehr gedeckt, wenn diese Erleichterung ohne Weiteres bereits durch die Zusammenfassung von Betrieben erreicht werden kann und sich demgegenüber die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats als ersichtlich weniger sachgerechte Lösung darstellt.

3. Bei der Frage, ob sie von den sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergebenden Möglichkeiten Gebrauch machen und eine Betriebsvereinbarung nach § 3 Abs. 2 BetrVG abschließen wollen, kommt den Betriebsparteien ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen sowie ein Beurteilungs- und ein Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung einer Regelung zu. Ob die Betriebsparteien hierbei die gesetzlichen Vorgaben eingehalten oder überschritten haben, unterliegt im Streitfall der gerichtlichen Überprüfung.

4. Für den Abschluss einer derartigen Betriebsvereinbarung ist der Gesamtbetriebsrat zuständig. Es besteht kein Vetorecht eines örtlichen Betriebsrats.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des [X.] vom 11. August 2011 - 2 [X.] - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die zu 1. beteiligte Arbeitgeberin und der zu 2. beteiligte Gesamtbetriebsrat durch Gesamtbetriebsvereinbarung wirksam die Bildung eines [X.] bestimmt haben. Das wird von den beiden bei der Arbeitgeberin gebildeten [X.], dem für die Region [X.]ord gebildeten Beteiligten zu 3. (Betriebsrat [X.]ord) und dem für die Region Süd gebildeten Beteiligten zu 4. (Betriebsrat Süd) unterschiedlich beurteilt. Während der Betriebsrat Süd ebenso wie die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat von der Wirksamkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung ausgeht, hält der Betriebsrat [X.]ord sie für unwirksam.

2

Die Arbeitgeberin bietet Softwareprodukte und sonstige Dienstleistungen für [X.] Banken an. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr werden jedoch kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge der [X.] angewandt. Die Unternehmenszentrale liegt in [X.]. Bei der Arbeitgeberin sind 321 Arbeitnehmer beschäftigt. Davon arbeiten am Standort [X.] und am Standort [X.] 15 Arbeitnehmer. Am Standort [X.] sind 91, am Standort [X.] und am Standort [X.] sieben Arbeitnehmer tätig. Die bestehende Betriebsratsstruktur ist auf der Basis einer am 1. Oktober 2003 in [X.] getretenen Betriebsvereinbarung ([X.] 2003) entstanden. Danach sind „Betriebsteile abweichend von § 4 Absatz 1 [X.]“ zusammengefasst. Alle Standorte südlich von [X.] wählen den Betriebsrat Süd, alle Standorte in und nördlich von [X.] den Betriebsrat [X.]ord. Der Betriebsrat [X.]ord hat sieben, der Betriebsrats Süd neun [X.]itglieder. Der Gesamtbetriebsrat besteht aus vier [X.]itgliedern.

3

Die Arbeitgeberin ist standortübergreifend organisiert. Die Entscheidungen über den Abschluss von Betriebsvereinbarungen werden im Wesentlichen in der Zentrale in [X.] getroffen. Auf Anregung der Arbeitgeberin sind in der Vergangenheit Betriebsvereinbarungen mit beiden [X.] weitgehend inhaltsgleich oder ähnlich abgeschlossen worden. Trotz der Ähnlichkeiten gibt es auch Unterschiede; so hat beispielsweise der Betriebsrat [X.]ord in der Betriebsvereinbarung über ein neues Entgeltsystem durchgesetzt, dass im [X.]all von Streitigkeiten eine paritätische [X.]ommission tagt. Im Zusammenhang mit den Verhandlungen mit der Arbeitgeberin kam es wiederholt zu gemeinsamen Tagungen beider Betriebsräte, um eine Angleichung der unterschiedlichen Positionen herbeizuführen. Auch die Verhandlungen über [X.]ehrarbeit werden von der Personalabteilung in [X.] mit dem jeweils zuständigen Betriebsrat geführt. Einstellungen und Entlassungen werden grundsätzlich nur über die Geschäftsleitung in Zusammenarbeit mit der Personalabteilung vorgenommen. Der - zumindest früher - in [X.] ansässige Herr A führt zusammen mit einem Vertreter der Personalabteilung regelmäßig [X.]onatsgespräche mit dem Betriebsrat [X.]ord in [X.]. Dabei unterrichtet er diesen sowohl über wirtschaftliche Angelegenheiten als auch über organisatorische Änderungen.

4

Als der Betriebsrat [X.]ord am 26. April 2006 gewählt wurde, gab es für sieben Betriebsratsmitglieder nur sieben Wahlbewerber. Bei den [X.] gab es lediglich eine Liste mit neun [X.]andidaten. Von den gewählten sieben [X.]itgliedern legte - während des vorliegenden Verfahrens - ein [X.]itglied am 20. Juni 2011 sein Amt nieder. Der Betriebsratsvorsitzende wurde am 1. August 2011 65 Jahre alt. Ein weiteres Betriebsratsmitglied ging ab dem 1. Oktober 2011 in die [X.]reistellungsphase der Altersteilzeit.

5

Am 27. Oktober 2009 übersandte die Personalleiterin der Arbeitgeberin an den Vorsitzenden des [X.], der zugleich Vorsitzender des Betriebsrats Süd ist, den Entwurf einer Betriebsvereinbarung zur Bildung eines [X.] mit der Bitte um Zustimmung des [X.]. Dazu holte der Betriebsrat Süd mit Zustimmung der Arbeitgeberin ein Rechtsgutachten der Rechtsanwältin B ein. Dieses kam am 30. Oktober 2009 zu dem Ergebnis, dass rechtlich keine Bedenken bestünden. Gleichzeitig wurden darin Änderungsvorschläge zum Entwurf der Arbeitgeberin gemacht. Das Gutachten und die Änderungsvorschläge übersandte der Vorsitzende des [X.] und des Betriebsrats Süd am 5. [X.]ovember 2009 an die Personalleiterin und am 10. [X.]ovember 2009 an den Betriebsrat [X.]ord. Am selben Tage teilte der Vorsitzende des Betriebsrats [X.]ord dem Vorsitzenden des [X.] und des Betriebsrats Süd mit, der Betriebsrat [X.]ord nehme mit Erstaunen zur [X.]enntnis, dass Gutachten eingeholt würden, ohne dass der Gesamtbetriebsrat hierzu einen Beschluss gefasst habe; das bisherige Vorgehen werde vom Betriebsrat [X.]ord so nicht gebilligt.

6

Am 13. [X.]ovember 2009 fanden weitere Verhandlungen zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeberin über den Inhalt der geplanten Betriebsvereinbarung statt. Dabei machte die Arbeitgeberseite ua. das Zugeständnis, dass für den unternehmenseinheitlichen Betriebsrat die Zahl der Betriebsratsmitglieder elf statt der gesetzlich vorgeschriebenen neun Betriebsratsmitglieder betragen solle. [X.]och am selben Tage übersandte der Vorsitzende des [X.] den abschließenden Entwurf der Betriebsvereinbarung per E-mail an die weiteren [X.]itglieder des [X.] und lud sie zu einer Sitzung für [X.]ontag, den 23. [X.]ovember 2009 in [X.] ein. Am 16. [X.]ovember 2009 beschloss der Betriebsrat [X.]ord die Benennung eines Sachverständigen zur rechtlichen Beurteilung des Entwurfs und teilte dies mit E-mail vom selben Tage der Arbeitgeberin mit. Die Arbeitgeberin lehnte dies mit E-mail vom 20. [X.]ovember 2009 ab.

7

Am 23. [X.]ovember 2009 beschloss der Gesamtbetriebsrat - mit den Stimmen der beiden vom Betriebsrat Süd entsandten [X.]itglieder gegen die Stimmen der beiden vom Betriebsrat [X.]ord entsandten [X.]itglieder - den Abschluss der Betriebsvereinbarung zur Bildung eines [X.] entsprechend dem in der Ladung vorgesehenen Entwurf. Der Vorsitzende des [X.] unterzeichnete die arbeitgeberseitig zu diesem Zeitpunkt bereits unterzeichnete Gesamtbetriebsvereinbarung.

8

Die Gesamtbetriebsvereinbarung (Ges[X.]) lautet auszugsweise wie folgt:

        

„…    

        

Präambel

        

Die Parteien sind sich darüber einig, dass eine effektive Zusammenarbeit zwischen der Geschäftsführung und den Arbeitnehmervertretungen und damit eine sachgerechte Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer nur möglich ist, wenn die Struktur der Arbeitnehmervertretung an die Entscheidungsabläufe im Unternehmen … angepasst wird. Da ein Großteil der Entscheidungen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten zentral auf Unternehmensebene gefällt wird, vereinbaren die Parteien gemäß §§ 3 Abs. 1 [X.]r. 1 a), Abs. 2 [X.] die Bildung eines [X.]. Dadurch wird gewährleistet, dass alle im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer effektiv und professionell vertreten werden.

                 
        

§ 1 Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat

        

Im Unternehmen … wird ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gebildet. Er löst die bestehenden Regionenbetriebsräte ‚[X.]ord’ und ‚Süd’ und den Gesamtbetriebsrat ab. Auf den unternehmenseinheitlichen Betriebsrat finden die Vorschriften über die gesetzlichen Rechte und Pflichten des Betriebsrats sowie die Rechtsstellung ihrer [X.]itglieder Anwendung. Der unternehmenseinheitliche Betriebsrat wird von allen Beschäftigten … nach den Vorschriften des [X.] gewählt.

        

Die nach dieser [X.] gebildete betriebsverfassungsrechtliche Organisationsstruktur gilt als ein Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn.

                 
        

§ 2 Ermittlung von Schwellenwerten

        

Bei der Beurteilung der [X.]rage ob eine Betriebsänderung gemäß § 111 [X.] vorliegt wird ausnahmsweise auf die Anzahl der [X.]itarbeiter in den bisherigen Regionen [X.]ord (H, [X.], [X.]) bzw. Süd ([X.], [X.]) abgestellt, sofern von der Betriebsänderung nur [X.]itarbeiter einer Region betroffen sind und diese nicht auf einer Gesamtplanung beruht.

                 
        

§ 3 Organisatorisches

        

An den einzelnen Standorten werden aufgrund der zu betreuenden [X.]itarbeiter entsprechende Betriebsratsbüros zur Verfügung gestellt, sofern ein Betriebsratsmitglied an dem betreffenden Standort seinen Dienstsitz hat.

                 
        

§ 4 Größe des Gremiums

        

[X.]ür die Wahl eines [X.] 2010 wird die Anzahl der Betriebsratsmitglieder abweichend von § 9 [X.] auf 11 [X.]itglieder festgelegt.

                 
        

…       

                 
        

§ 6 Eingliederung eines Betriebes

        

Wird ein Betrieb oder Betriebsteil in das Unternehmen eingegliedert, nimmt der unternehmenseinheitliche Betriebsrat das [X.]andat auch für diesen Betrieb oder Betriebsteil wahr. Wenn durch die Eingliederung mit Ablauf von 24 [X.]onaten, vom Tage der Wahl des [X.] an gerechnet, die Zahl der im Unternehmen regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um fünfzig, gestiegen oder gesunken ist, findet eine [X.]euwahl des [X.] statt.

                 
        

§ 7 Erste Wahl des [X.]

        

Die erstmalige Wahl des [X.] findet nach In-[X.]-Treten dieser Betriebsvereinbarung zum Zeitpunkt der turnusmäßigen [X.] im [X.]rühjahr 2010 statt.

        

Der … Gesamtbetriebsrat bestellt zu diesem Zweck einen Wahlvorstand, der die Wahl unverzüglich einleitet und durchführt.

                 
        

…       

                 
        

§ 9 Inkrafttreten und Geltungsdauer

        

Diese Betriebsvereinbarung tritt mit Unterschrift in [X.] und kann mit einer [X.]rist von 6 [X.]onaten zum Ende einer Amtsperiode des [X.] gekündigt werden. Die [X.]ündigung bedarf der Schriftform.

        

Eine [X.]achwirkung wird ausgeschlossen. [X.]ach seiner Beendigung gilt die gesetzlich vorgesehene betriebsverfassungsrechtliche Organisation. …

                 
        

§ 10 Schlussbestimmungen

        

Die Betriebsvereinbarung vom 1.10.2003 zu den Regionenbetriebsräten wird einvernehmlich ohne [X.]achwirkung abgelöst.

        

[X.]ündliche [X.]ebenabreden bestehen nicht. Sollte eine Bestimmung in dieser Vereinbarung ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hiervon nicht berührt. Die Vertragsparteien verpflichten sich, an die Stelle der unwirksamen Bestimmung eine dieser möglichst nahe kommende wirksame Bestimmung zu setzen. Dasselbe gilt für den [X.]all einer vertraglichen Lücke.

        

…“    

9

Bereits am 18. [X.]ovember 2009 setzte der Betriebsrat [X.]ord die [X.]euwahlen zu diesem Betriebsrat auf den 10. [X.]ärz 2010 an. Am 22. Dezember 2009 leitete auch der Betriebsrat Süd [X.]euwahlen für diesen Betriebsrat ein. Beide Wahlen fanden wie geplant im [X.]rühjahr 2010 statt und wurden nicht angefochten.

Aufgrund eines Beschlusses in der Sitzung des [X.] am 4. [X.]ovember 2010 kam es am 5. [X.]ovember 2010 zur Unterzeichnung einer Protokollnotiz zur Betriebsvereinbarung vom 23. [X.]ovember 2009. Darin heißt es:

        

„…    

        

wird folgende Änderung der Betriebsvereinbarung zur Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates vom 23.11.2009 abgeschlossen:

        

§ 7 Erste Wahl des [X.]

        

Entfällt ersatzlos

                 
        

§ 9 Inkrafttreten und Geltungsdauer

        

Absatz 1 wird wie folgt geändert:

        

Diese Betriebsvereinbarung tritt mit Unterschrift in [X.]. [X.]ür die [X.]ündigung dieser Betriebsvereinbarung gilt die gesetzliche [X.]ündigungsfrist. Sofern ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat besteht, beträgt die [X.]ündigungsfrist 6 [X.]onate zum Ende der Amtszeit. Die [X.]ündigung bedarf der Schriftform.

        

Alle übrigen Regelungen dieser Betriebsvereinbarung bleiben unverändert bestehen.“

Im Hinblick auf den vom Betriebsrat [X.]ord vertretenen Rechtsstandpunkt hat die Arbeitgeberin das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet, um die [X.]rage zu klären, ob ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat zu wählen ist. Sie hat die Ges[X.] vom 23. [X.]ovember 2009 id[X.] der Protokollnotiz vom 5. [X.]ovember 2010 für wirksam gehalten. Der Gesamtbetriebsrat sei zum Abschluss der Ges[X.] berechtigt gewesen. Ein „Vetorecht“ des Betriebsrats [X.]ord bestehe nicht. Dass sie kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung Tarifverträge anwende, stehe der Ges[X.] nicht entgegen. Die Ges[X.] diene einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer. Wegen der im Wesentlichen einheitlichen Entscheidungsfindung auf Arbeitgeberseite sei auch ein einheitliches Gremium auf Arbeitnehmerseite angebracht. Der unternehmenseinheitliche Betriebsrat könne auch deshalb besser arbeiten, weil er zB einen Betriebsausschuss bilden könne, was zur Professionalisierung der Vertretung der Arbeitnehmer beitrage. Zudem erleichtere die Ges[X.] die Bildung von [X.], weil aufgrund der Umstände beim Betriebsrat [X.]ord nicht sichergestellt werden könne, dass sich genug [X.]andidaten für eine Betriebsratsarbeit über die gesamte Wahlperiode fänden.

Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass durch die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 23. [X.]ovember 2009 in Verbindung mit der Änderung vom 4. [X.]ovember 2010 wirksam die Bildung eines [X.] bestimmt wurde.

Der Gesamtbetriebsrat und der Betriebsrat Süd haben sich diesem Antrag angeschlossen.

Der Betriebsrat [X.]ord hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Ladung zur Sitzung am 23. [X.]ovember 2009 sei nicht ordnungsgemäß gewesen, da die [X.]mitglieder sich nicht richtig auf die Beschlussfassung hätten vorbereiten können. Zudem sei für den Abschluss derartiger Betriebsvereinbarungen nicht der Gesamtbetriebsrat zuständig, sondern es seien dies die Einzelbetriebsräte, die eine einheitliche Betriebsvereinbarung abschließen könnten. Jedenfalls stehe einem Betriebsrat im Hinblick darauf, dass er bei der Wahl eines [X.] seine Existenz verliere, ein Vetorecht zu. Da die Arbeitgeberin Tarifverträge anwende, komme nach § 3 Abs. 2 [X.] der Abschluss einer Betriebsvereinbarung nicht in Betracht. Schließlich diene die abgeschlossene Ges[X.] weder einer sachgerechten Vertretung der Arbeitnehmer noch der Erleichterung der Bildung von [X.]. Das Interesse der Arbeitgeberin an einer einheitlichen Entscheidungsfindung und dem einheitlichen Abschluss von Betriebsvereinbarungen sei unerheblich, da es um die sachgerechte Vertretung von Arbeitnehmerinteressen gehe. Auch in der Region [X.]ord gebe es genug Interessenten, die bereit seien, für den Betriebsrat zu kandidieren.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das [X.] hat ihm auf die Beschwerde der Arbeitgeberin entsprochen. [X.]it der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Betriebsrat [X.]ord die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Der Beschluss des [X.]s ist aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, da den Beteiligten Gelegenheit zu geben ist, weiter zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Bildung eines [X.] nach § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. a, Abs. 2 [X.] vorzutragen. Die Sache ist nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif.

I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

1. Gegen die rechtliche Existenz des Betriebsrats [X.]ord bestehen keine Bedenken. Seine Wahl im [X.]rühjahr 2010 wurde nicht angefochten. Anhaltspunkte für eine [X.]ichtigkeit der Wahl bestehen nicht (vgl. zu den strengen Anforderungen an die [X.]ichtigkeit einer [X.] 21. September 2011 - 7 [X.] - Rn. 26 mw[X.], [X.], 197). Dabei kann dahinstehen, ob die Wahl noch auf der Grundlage der [X.] 2003 durchgeführt werden durfte. Selbst wenn dies nicht der [X.]all gewesen sein sollte, läge lediglich eine Verkennung des Betriebsbegriffs vor, die zwar eine Anfechtung der Wahl rechtfertigt, regelmäßig aber nicht die [X.]ichtigkeit der Wahl zur [X.]olge hat ([X.] 21. September 2011 - 7 [X.] - Rn. 26 mw[X.], aaO).

2. Auch wenn die Zahl der Betriebsratsmitglieder des Betriebsrats [X.]ord unter die gesetzliche Grenze abgesunken sein sollte, bestünde dieser weiter. Rechtsfolge des Absinkens der [X.]itgliederzahl des Betriebsrats wäre, dass nach § 13 Abs. 2 [X.]r. 2 [X.] [X.]euwahlen anzusetzen wären. Der Betriebsrat bliebe aber nach § 22 [X.] bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses der [X.]euwahlen im Amt. Das gilt auch, wenn sich die [X.]euwahlen verzögern ([X.]itting 26. Aufl. § 22 Rn. 11 mw[X.]).

II. Die Rechtsbeschwerde ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Eine abschließende Entscheidung über die Begründetheit des Antrags ist aufgrund der bislang getroffenen [X.]eststellungen nicht möglich. Vielmehr ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, noch weiter zum Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Vereinbarung über die Errichtung eines [X.] vorzutragen.

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Wie die gebotene Auslegung des Antrags ergibt, ist dieser ungeachtet seines etwas abweichenden Wortlauts auf eine Entscheidung iSv. § 18 Abs. 2 [X.] gerichtet. [X.]ach dieser Bestimmung kann bei Zweifeln darüber, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt, ua. der Arbeitgeber eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen. Damit eröffnet das Gesetz die [X.]öglichkeit, die Betriebsratsfähigkeit einer Organisationseinheit unabhängig von einer konkreten [X.] gerichtlich mit Bindungswirkung klären zu lassen. Die gesetzliche Regelung stellt dabei klar, dass die Betriebsratsfähigkeit einer Organisationseinheit als Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO anzusehen ist. Das Verfahren nach § 18 Abs. 2 [X.] klärt damit die für zahlreiche betriebsverfassungsrechtliche [X.]ragestellungen bedeutsame Vorfrage, welche Organisationseinheit als der Betrieb anzusehen ist, in dem ein Betriebsrat zu wählen ist und in dem er seine Beteiligungsrechte wahrnehmen kann (vgl. [X.] 9. Dezember 2009 - 7 [X.] - Rn. 18). Organisationseinheiten in diesem Sinne sind auch solche, für die nach § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. a, Abs. 2 [X.] ein Betriebsrat zu wählen ist.

2. Über die Begründetheit des Antrags kann der Senat noch nicht entscheiden. Sie hängt davon ab, ob für die Ges[X.] vom 23. [X.]ovember 2009 id[X.] der Protokollnotiz vom 5. [X.]ovember 2010 die in § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst a, Abs. 2 [X.] festgelegten Voraussetzungen vorliegen. Dies lässt sich noch nicht abschließend beurteilen.

a) [X.]ach § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. a, Abs. 2 [X.] kann durch Betriebsvereinbarung für Unternehmen mit mehreren Betrieben die Bildung eines [X.] bestimmt werden, wenn dies die Bildung von [X.] erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient. Das ist verfassungsgemäß (vgl. zur Befugnis der Tarifvertragsparteien, abweichende Betriebsverfassungsstrukturen zu vereinbaren, [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] - Rn. 16 ff., [X.]E 131, 277; 13. [X.]ärz 2013 - 7 ABR 70/11 - Rn. 32).

b) § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. a iVm. Abs. 2 [X.] legt die tatbestandlichen Voraussetzungen fest, unter denen durch Betriebsvereinbarung ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gebildet werden kann. Liegen diese nicht vor, ist eine Betriebsvereinbarung über die Bildung eines [X.] unwirksam. Das Gesetz lässt Abweichungen von der gesetzlichen Betriebsverfassung nicht voraussetzungslos zu (vgl. [X.] 13. [X.]ärz 2013 - 7 [X.] - Rn. 35).

aa) [X.]ach § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. a Alt. 2 iVm. Abs. 2 [X.] ist die Bildung eines [X.] durch Betriebsvereinbarung möglich, wenn sie einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient.

(1) Bei der Prüfung, ob die Bildung eines [X.] sachdienlich ist, ist von besonderer Bedeutung, wo die mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen im Betrieb getroffen werden. Der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsreformgesetzes hat es im [X.] als Problem angesehen, dass einem Betriebsrat, der organisatorisch orientiert an den Betriebsformen der siebziger Jahre ist, heute häufig nicht mehr der Personalleiter „seines Betriebes“ als Verhandlungsleiter gegenübersteht (BT-Drucks. 14/5741 S. 23). Der Betriebsrat müsse jedoch dort arbeiten, wo die wichtigen Entscheidungen im Betrieb getroffen werden (BT-Drucks. 14/5741 S. 26). Der Gesetzgeber ist deshalb davon ausgegangen, dass sich die Wahl eines [X.] insbesondere dort anbietet, wo die Entscheidungskompetenzen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten zentral auf Unternehmensebene angesiedelt sind (BT-Drucks. 14/5741 S. 34). Insoweit sind für die sachgerechte Bildung von Arbeitnehmervertretungen die organisatorischen Vorgaben des Arbeitgebers maßgeblich. Sie sind nicht nur für die gesetzlichen, sondern ebenso bei den gewillkürten Vertretungsstrukturen von Bedeutung. An ihnen darf sich bei der Schaffung einer betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit die maßgebliche Regelung orientieren (vgl. [X.] 21. September 2011 - 7 [X.] - Rn. 43, [X.], 197, für Zusammenfassung mehrerer Betriebe nach § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. b [X.] durch Tarifvertrag).

(2) Bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit eines [X.] sind allerdings noch weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Insbesondere ist von Bedeutung, ob durch die mit der Errichtung eines [X.] häufig verbundenen größeren räumlichen Entfernungen der [X.]ontakt zwischen den Arbeitnehmern und der sie repräsentierenden Betriebsvertretung unangemessen erschwert wird. Die [X.]ähe und wechselseitige Erreichbarkeit war für den Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Betriebsverfassung erkennbar ein wesentlicher Gesichtspunkt. So gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.]r. 1 [X.] ein Betriebsteil dann als selbstständiger Betrieb, wenn er die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfüllt und räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt ist. Der Zweck dieser Regelung besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats darin, den Arbeitnehmern von Betriebsteilen eine effektive Vertretung durch einen eigenen Betriebsrat zu ermöglichen, wenn wegen der räumlichen Trennung des Hauptbetriebs von dem Betriebsteil die persönliche [X.]ontaktaufnahme so erschwert ist, dass der Betriebsrat des Hauptbetriebs die Interessen der Arbeitnehmer in dem Betriebsteil nicht mit der nötigen Intensität und Sachkunde wahrnehmen kann und sich die Arbeitnehmer nur unter erschwerten Bedingungen an den Betriebsrat wenden können ([X.] 7. [X.]ai 2008 - 7 [X.] - Rn. 26 mw[X.]). Auch liegen die [X.]itbestimmungsrechte grundsätzlich bei den örtlichen [X.] und nur dann beim [X.], wenn eine Regelung nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe möglich ist (§ 50 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Schließlich gestaltet sich auch die Durchführung von Sprechstunden des Betriebsrats (§ 39 Abs. 1 [X.]) und von Betriebsversammlungen (§§ 42, 43 [X.]) bei großen räumlichen Entfernungen deutlich schwieriger.

(3) Die Betriebsparteien haben daher bei der Errichtung eines [X.] nach § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. a, Abs. 2 [X.] nicht nur den Umstand zentralisierter unternehmerischer Entscheidungen, sondern auch den Grundsatz der Ortsnähe zu berücksichtigen.

bb) [X.]ach § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. a Alt. 1 iVm. Abs. 2 [X.] kann durch Betriebsvereinbarung zudem dann ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gewählt werden, wenn die Bildung von [X.] erleichtert wird. Das ist insbesondere dann der [X.]all, wenn anderenfalls die Gefahr besteht, dass in einzelnen Betrieben oder Betriebsteilen gar kein Betriebsrat gewählt wird (vgl. [X.]itting § 3 Rn. 29 mw[X.]). Die Bestimmung dient dabei dem Zweck, „weiße [X.]lecken“ auf der Betriebsverfassungslandkarte zu vermeiden. Allerdings ist die Bildung eines [X.] dann vom Zweck der Regelung nicht mehr gedeckt, wenn die Erleichterung der Bildung von [X.] ohne Weiteres bereits durch eine Zusammenfassung von Betrieben nach § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. [X.]. Abs. 2 [X.] erreicht werden kann und sich demgegenüber die Bildung eines [X.] als ersichtlich weniger sachgerechte Lösung darstellt. Bei der Wahl zwischen den sich aus § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. a und b [X.] ergebenden [X.]öglichkeiten haben die Betriebsparteien ebenfalls den Grundsatz der Ortsnähe zu berücksichtigen.

cc) Bei der [X.]rage, ob sie von den sich aus § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 [X.] ergebenden [X.]öglichkeiten Gebrauch machen wollen, kommt den Betriebsparteien ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen sowie ein Beurteilungs- und ein Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung einer Regelung zu. Dies ist von den Gerichten bei der Überprüfung einer entsprechenden Regelung zu beachten (vgl. zu einer tariflichen Regelung [X.] 13. [X.]ärz 2013 - 7 [X.] - Rn. 38). [X.]ach den Vorstellungen des Gesetzgebers können die Vertragsparteien vor Ort angesichts der Vielgestaltigkeit der zu regelnden Sachverhalte die Sachgerechtigkeit von unternehmensspezifischen [X.] besser beurteilen als staatliche Stellen (BT-Drucks. 14/5741 S. 33). Beim Abschluss einer Betriebsvereinbarung nach § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 und [X.]r. 2, Abs. 2 [X.] ist es daher zunächst Sache der Betriebsparteien, zu beurteilen, ob und ggf. in welcher Weise das gesetzliche Repräsentationsmodell ersetzt werden soll. Dies erfordert zum einen die Einschätzung, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine vom gesetzlichen [X.]odell abweichende Arbeitnehmervertretungsstruktur vorliegen, sowie zum anderen die Beurteilung, in welcher Weise von der durch das Gesetz eröffneten Regelungsmöglichkeit Gebrauch gemacht werden soll (vgl. [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] - Rn. 27, [X.]E 131, 277). Ob die Betriebsparteien hierbei die gesetzlichen Vorgaben eingehalten oder überschritten haben, unterliegt allerdings im Streitfall der gerichtlichen Überprüfung (vgl. zu einer tariflichen Regelung [X.] 13. [X.]ärz 2013 - 7 [X.] - Rn. 32 mw[X.]).

c) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben noch weiter vorzutragen. Das [X.] hat zwar zutreffend ausgeführt, der Umstand, dass die beteiligungspflichtigen Entscheidungen im Wesentlichen in [X.] getroffen würden, spreche für eine sachgerechte Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen durch einen unternehmenseinheitlichen Betriebsrat. Zu Unrecht hat es seine Prüfung aber auf ausschließlich diesen Gesichtspunkt beschränkt. Insbesondere hat es weder geprüft noch gewürdigt, dass durch die bundesweite Zusammenfassung räumlich sehr weit auseinander liegender, betriebsratsfähiger Betriebe die wechselseitige Erreichbarkeit von Arbeitnehmern und ihrem Repräsentativorgan ersichtlich erheblich erschwert wird. Das [X.] wird daher den Beteiligten Gelegenheit zu geben haben, auch zu diesem Gesichtspunkt noch näher vorzutragen. Es wird ggf. auch zu prüfen haben, ob durch die Wahl eines [X.] die Bildung eines Betriebsrats erleichtert wird und ob sich dies gegenüber der bisherigen Zusammenfassung mehrerer Betriebe als ersichtlich weniger sachgerechte Lösung darstellt.

d) Die Zurückverweisung ist nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Ges[X.] vom 23. [X.]ovember 2009 id[X.] der Protokollnotiz vom 5. [X.]ovember 2010 aus anderen Gründen unwirksam wäre. Die Ges[X.] ist formell wirksam. Der Gesamtbetriebsrat war für ihren Abschluss zuständig. Der Betriebsrat [X.]ord hatte kein Vetorecht. Die mögliche Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen der Ges[X.] führt nicht zu ihrer Gesamtnichtigkeit.

aa) Der Beschluss des [X.] zum Abschluss der Ges[X.] in der [X.]assung der Protokollnotiz ist formell wirksam. Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob - wofür entgegen der Auffassung des Betriebsrats [X.]ord vieles spricht - die Ladung zur Sitzung des [X.] am 23. [X.]ovember 2009 ordnungsgemäß war. Denn jedenfalls haben die Betriebsparteien mit der Protokollnotiz vom 5. [X.]ovember 2010 die Ges[X.] konstitutiv bestätigt. Dass dem Abschluss der Protokollnotiz kein wirksamer Beschluss des [X.] zugrunde gelegen habe, hat der Betriebsrat [X.]ord nicht behauptet. Hierfür gibt es auch keine Anhaltspunkte. Der konstitutive Charakter der Protokollnotiz ergibt sich aus ihrer Auslegung.

(1) Betriebsvereinbarungen - und damit auch [X.] - sind nach ständiger Rechtsprechung des [X.] wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut und dem dadurch vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren [X.]iederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt der Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. etwa [X.] 14. [X.]ärz 2012 - 7 [X.] - Rn. 49 mw[X.]). Diese Grundsätze gelten auch für die Auslegung von Protokollnotizen zu Betriebsvereinbarungen (vgl. [X.] 9. Dezember 1997 - 1 [X.] - zu II 2 a der Gründe).

(2) [X.]ür den konstitutiven Charakter der Protokollnotiz spricht vorliegend schon ihr Wortlaut. Die Betriebsparteien haben ausdrücklich festgelegt, dass die Regelungen der alten Betriebsvereinbarung ansonsten „unverändert bestehen“ bleiben. [X.]ür einen entsprechenden Willen spricht auch der Ablauf der Geschehnisse. Die Ges[X.] vom 23. [X.]ovember 2009 sah bereits für das [X.] die Wahl eines [X.] vor. Dazu kam es nicht. Daher konnte der rechtliche Bestand der Ges[X.] zweifelhaft erscheinen. Es war daher sinnvoll, derartige Zweifel durch eine konstitutive Regelung zu beseitigen.

bb) Der Gesamtbetriebsrat war für den Abschluss der Betriebsvereinbarung über einen einheitlichen Betriebsrat im Unternehmen nach § 50 Abs. 1 Satz 1 [X.] zuständig. Es handelt sich um eine Angelegenheit, die das Gesamtunternehmen betrifft und die nicht durch die einzelnen Betriebsräte „innerhalb ihrer Betriebe“ geregelt werden kann (ebenso [X.]itting § 3 Rn. 72; [X.]ranzen G[X.]-[X.] 9. Aufl. § 3 Rn. 40; D[X.][X.]W-Trümner 13. Aufl. § 3 Rn. 168; [X.] in [X.] [X.] 13. Aufl. § 3 Rn. 79). Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht des Betriebsrats [X.]ord auch nicht aus der Verwendung des Begriffs „Betriebsvereinbarung“ in § 3 Abs. 2 [X.]; diesen Begriff verwendet das [X.] - wie zB § 47 Abs. 4 [X.] zeigt - auch für [X.]. Auch § 50 Abs. 1 Satz 2 [X.], wonach der Gesamtbetriebsrat den [X.] nicht übergeordnet ist, steht der Zuständigkeit des [X.] für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Bildung eines [X.] nicht entgegen. Die Vorschrift stellt lediglich klar, dass der Gesamtbetriebsrat dem örtlichen Betriebsrat bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben keine Weisungen erteilen kann.

cc) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats [X.]ord hat dieser gegen den Abschluss einer Betriebsvereinbarung über einen unternehmenseinheitlichen Betriebsrat nicht deshalb ein Vetorecht, weil durch diese seine erneute Errichtung bei der nächsten [X.] verhindert wird. Eine planwidrige Regelungslücke, die es gebieten würde, den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung über die Errichtung eines [X.] von der Zustimmung der einzelnen Betriebsräte abhängig zu machen, liegt nicht vor (aA [X.] in [X.] [X.] § 3 Rn. 80). Allerdings kann die Ablehnung einzelner, im Gesamtbetriebsrat wegen § 47 Abs. 7 [X.] „in der [X.]inderheit“ befindlicher Betriebsräte gegenüber der Errichtung eines [X.] sowie insbesondere die hierfür gegebene Begründung bei der Würdigung, ob die gesetzlichen Errichtungsvoraussetzungen vorliegen, zu berücksichtigen sein.

[X.]) Der Abschluss der hier maßgeblichen Gesamtbetriebsvereinbarung ist auch nicht tariflich gesperrt.

(1) [X.]ach § 3 Abs. 2 [X.] kann eine Regelung durch eine Betriebsvereinbarung nur getroffen werden, wenn keine tarifliche Regelung besteht und auch kein anderer Tarifvertrag gilt. Damit soll erreicht werden, dass für einen Arbeitgeber, in dessen Unternehmen Tarifverträge über Entgelte oder sonstige Arbeitsbedingungen gelten, auch für Vereinbarungen über betriebsverfassungsrechtliche Organisationsstrukturen der Tarifvertrag das maßgebliche Regelungsinstrument ist (BT-Drucks. 14/5741 S. 34). [X.]ach der gesetzlichen Regelung ist daher der Abschluss einer Betriebsvereinbarung bereits dann ausgeschlossen, wenn im Unternehmen irgendeine [X.]rage tarifvertraglich geregelt ist (vgl. zu der im Schrifttum geäußerten [X.]ritik an dieser weitreichenden Beschränkung die [X.]achweise bei [X.]itting § 3 Rn. 66). Die [X.] des § 3 Abs. 2 [X.] setzt allerdings eine normative Geltung der tariflichen Regelung iSv. § 4 Abs. 1 TVG voraus. Eine einzelvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag genügt nicht. Ein Tarifvertrag „gilt“ nur dann, wenn er normativ, also unmittelbar und zwingend iSv. § 4 Abs. 1 TVG wirkt (ebenso [X.]itting § 3 Rn. 68; [X.]ranzen G[X.]-[X.] § 3 Rn. 38; Spinner/[X.] [X.]S Löwisch S. 375, 384; aA D[X.][X.]W-Trümner § 3 Rn. 165).

(2) Hiernach gibt es vorliegend keine tarifliche Regelung, die dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung nach § 3 Abs. 2 [X.] entgegenstünde. Die Arbeitgeberin ist nicht tarifgebunden, sondern wendet die Tarifverträge der [X.] nur aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme an.

ee) Eine mögliche Unwirksamkeit sonstiger Bestimmungen der Ges[X.], die nicht - wie § 1 Ges[X.] - unmittelbar die Bildung des [X.] betreffen, sondern andere [X.]ragen regeln, führt nicht zur Gesamtunwirksamkeit der Betriebsvereinbarung. Das gilt insbesondere für § 4 und § 6 Ges[X.].

(1) Rechtlich bedenklich erscheint insbesondere § 4 Ges[X.], der die Zahl der Betriebsratsmitglieder auf elf [X.]itglieder festlegt und damit von der gesetzlichen [X.]itgliederzahl abweicht, die bei 321 Arbeitnehmern nach § 9 Satz 1 [X.] lediglich neun beträgt. § 3 Abs. 1 [X.]r. 1 Buchst. a, Abs. 2 [X.] erlaubt zwar die Bildung eines [X.] auch durch Betriebsvereinbarung. § 3 Abs. 4 [X.] ermöglicht zudem Regelungen über den Zeitpunkt der erstmaligen Wahl des so gebildeten Betriebsrats. Weitere Abweichungen kommen allenfalls nach § 3 Abs. 1 [X.]r. 3 [X.] in Betracht. Diese Bestimmung gilt nach § 3 Abs. 2 [X.] aber nicht für Regelungen durch Betriebsvereinbarung. [X.]ach § 3 Abs. 5 Satz 1 [X.] gelten die durch Betriebsvereinbarung gebildeten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten als Betriebe iSd. Gesetzes. Damit sind für sie auch die gesetzlich vorgesehenen [X.]itgliederzahlen maßgeblich.

(2) [X.] kann ebenfalls, ob die generalisierende Regelung in § 6 Ges[X.], wonach der unternehmenseinheitliche Betriebsrat in jedem [X.]all der Eingliederung eines Betriebs unabhängig von dessen Größe und Struktur für dessen Belegschaft zuständig werden soll, rechtlichen Bedenken begegnet.

(3) Hier hätte eine mögliche Unwirksamkeit von § 4 oder § 6 Ges[X.] nicht die Unwirksamkeit der gesamten Ges[X.] zur [X.]olge.

(a) Ist eine Betriebsvereinbarung teilweise unwirksam, folgt daraus die Gesamtunwirksamkeit in der Regel nur, wenn der verbleibende Teil ohne die unwirksamen Regelungen keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält. Anderenfalls kommt es für die isolierte Weitergeltung der wirksamen Teile auf einen möglicherweise entgegenstehenden Willen der Betriebsparteien regelmäßig nicht an. Dies folgt aus dem [X.]ormcharakter einer Betriebsvereinbarung, der es ebenso wie bei Tarifverträgen und Gesetzen gebietet, im Interesse der [X.]ontinuität und Rechtsbeständigkeit einer gesetzten Ordnung diese soweit aufrechtzuerhalten, wie sie auch ohne den unwirksamen Teil [X.] entfalten kann. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Regelungen einer Betriebsvereinbarung keine normative Außenwirkung haben, sondern lediglich Verfahrensfragen im Verhältnis der Betriebsparteien zueinander regeln. In diesen [X.]ällen ist eine Betriebsvereinbarung insgesamt unwirksam, wenn sie ohne die unwirksame Regelung nicht abgeschlossen worden wäre (vgl. [X.] 21. Januar 2003 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe).

(b) Hier kann dahingestellt bleiben, welche [X.]riterien anzulegen sind. Die Ges[X.] stellt auch ohne die problematischen Regelungen in § 4 und § 6 Ges[X.] eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung dar. Sollte es auf den hypothetischen Willen der Betriebsparteien ankommen, so ergibt sich aus der salvatorischen [X.]lausel in § 10 Ges[X.], dass diese auch ohne die möglicherweise unwirksamen Regelungen in § 4 und/oder § 6 Ges[X.] abgeschlossen worden wäre.

        

    Linsenmaier    

        

    [X.]iel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

                 

Meta

7 ABR 71/11

24.04.2013

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG München, 26. November 2010, Az: 37 BV 73/10, Beschluss

§ 3 Abs 1 Nr 1 Buchst a BetrVG, § 3 Abs 2 BetrVG, § 50 Abs 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24.04.2013, Az. 7 ABR 71/11 (REWIS RS 2013, 6347)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6347

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