Bundessozialgericht, Urteil vom 18.05.2010, Az. B 7 AL 22/09 R

7. Senat | REWIS RS 2010, 6580

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Förderung der beruflichen Weiterbildung - Zulassung von Weiterbildungsträgern und -maßnahmen bei vor dem 1.1.2006 beginnenden Maßnahmen durch die BA


Leitsatz

Die BA war bei bis zum 31.12.2005 begonnenen Weiterbildungsmaßnahmen berechtigt, den Träger und die Maßnahme entweder allgemein oder inzident im Rahmen der Prüfung der individuellen Förderungsvoraussetzungen allein für diese Weiterbildung zuzulassen; eine solche Zulassung war auch nach Beginn der Maßnahme möglich.

Tatbestand

1

[X.] ist die Förderung einer Bildungsmaßnahme ab 5.4.2004.

2

Der 1950 geborene Kläger, ein ausgebildeter Diplom-Pädagoge, war - mit Unterbrechungen - von 1992 bis zuletzt 29.2.2004 als Taxifahrer tätig. Ab 1.3.2004 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld (Bescheid vom 26.3.2004). Bereits am 3.3.2004 hatte der Kläger bei der Beklagten die Förderung einer Ausbildung zum Fahrlehrer beantragt, die er am 5.4.2004 begann. Er legte eine Bestätigung der [X.] (vom 20.4.2004) vor, in der ausgeführt ist, es sei beabsichtigt, den Kläger nach abgeschlossener Ausbildung zum Fahrlehrer fest einzustellen. Die Beklagte lehnte eine Leistungsgewährung ab, weil die Maßnahme nicht den Zielen der Weiterbildungsförderung entspreche, die Maßnahme nicht durch eine fachkundige Stelle zugelassen und eine Förderung aus arbeitsmarktlicher Sicht nicht zweckmäßig sei (Bescheid vom 22.4.2004; Widerspruchsbescheid vom 23.6.2004).

3

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts <[X.]> Frankfurt am Main vom 19.12.2007; Beschluss des [X.] <[X.]> vom 15.7.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, die Voraussetzungen der beruflichen Weiterbildung zum Fahrlehrer lägen nicht vor. Die Beklagte habe die Maßnahme nicht allgemein durch einen dem Träger erteilten Bescheid zugelassen; sie habe die Maßnahme aus arbeitsmarktlicher Sicht nicht für zweckmäßig erachtet, weil ein nennenswerter Arbeitsmarktbedarf nicht festgestellt worden sei bzw eine prognostische Verbleibsquote von 70 % nicht erwartet werden könne. Auch eine Förderung im Einzelfall - ohne ausdrückliche allgemeine Zulassung von Maßnahme und Maßnahmeträger - sei abzulehnen, weil die vom Kläger vorgelegte Bestätigung der Fahrschule vom 20.4.2004 gänzlich unverbindlich ausgestaltet sei. Der Kläger könne den Anspruch auf Finanzierung der Maßnahme auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen; er sei nicht unrichtig beraten worden, weil er darauf hingewiesen worden sei, dass die Vorlage eines Arbeitsvertrags, nicht nur einer Einstellungszusage, erforderlich sei.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 77 Abs 1 [X.] und [X.], der §§ 84 und 85 Abs 1 Satz 1 [X.] - ([X.]) sowie der Amtsermittlungspflicht nach § 103 Sozialgerichtsgesetz ([X.]). Das [X.] habe es versäumt zu prüfen, ob Träger und Maßnahme für die Förderung durch die Beklagte selbst zugelassen werden könnten. Dafür sei die Beklagte bis [X.] mit der Prüfung der individuellen Anspruchsvoraussetzungen der Weiterbildungsförderung zuständig gewesen. Das [X.] habe insoweit unter Verstoß gegen § 77 Abs 1 [X.] [X.] eine Förderung im Einzelfall mit der Begründung verneint, die von ihm (dem Kläger) vorgelegte Bestätigung der Fahrschule vom 20.4.2004 sei völlig unverbindlich. Die Erklärung enthalte vielmehr eine konkrete Einstellungszusage unter der Bedingung, dass die Fahrlehrerausbildung (erfolgreich) abgeschlossen werde. Entgegen der Ansicht des [X.] könne - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (B[X.]) - die fehlende allgemeine Zulassung der Maßnahme vor deren Beginn im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs korrigiert werden. Die Beklagte habe ihn zu keinem Zeitpunkt über die Notwendigkeit der Zulassung der Maßnahme und des Trägers beraten.

5

Der Kläger beantragt,
den Beschluss des [X.] und das Urteil des [X.] aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 22. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juni 2004 zu verurteilen, Unterhaltsgeld und Weiterbildungskosten zu zahlen,

hilfsweise über den Antrag auf Förderung der Weiterbildungsmaßnahme zum Fahrlehrer neu zu entscheiden.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die Entscheidung des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das [X.] begründet (§ 170 [X.] 2 Satz 2 SGG). Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des [X.] kann nicht beurteilt werden, ob dem [X.]läger ein Anspruch auf Förderung der Teilnahme an der (Bildungs-)Maßnahme bzw auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zusteht.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 22.4.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.6.2004 (§ 95 SGG). Mit der [X.]lage begehrt der [X.]läger die Verurteilung der Beklagten, Unterhaltsgeld ([X.]) und [X.]osten für seine berufliche "Weiterbildung" zum Fahrlehrer zu zahlen. Die richtige [X.]lageart ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 [X.] 1, § 56 SGG). Der Hilfsantrag resultiert daraus, dass die Vorschriften der §§ 77 ff [X.] grundsätzlich keinen Anspruch auf die Förderung der Weiterbildung, sondern nur einen solchen auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung nach § 39 [X.] 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch [X.] - ([X.]) gewähren. Dann wäre eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die richtige [X.]lageart.

Neben diesem [X.]lageantrag bedarf es keines zusätzlichen Antrags auf Erteilung eines Bildungsgutscheins (§ 77 [X.] 3 Satz 1 [X.], hier idF, die die Norm durch das [X.] am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - [X.] 2848 - erhalten hat). Der Bildungsgutschein ist in § 77 [X.] 1 [X.] nicht als Anspruchsvoraussetzung vorgesehen, sondern soll nur bei gleichzeitiger Betonung des Wettbewerbsgedankens zwischen den [X.] die Entscheidungsfreiheit des Geförderten verbessern und seine Eigeninitiative stärken ([X.] in [X.], [X.], Vor §§ 84 bis 87 Rd[X.], Stand Februar 2009; [X.] in [X.], aaO, § 77 Rd[X.], Stand August 2009). Mit dem Bildungsgutschein erkennt die Beklagte lediglich die Anspruchsvoraussetzungen verbindlich an und übt bereits im Vorfeld das ihr ggf zustehende Ermessen aus ([X.] in [X.], aaO, § 77 RdNr 60; vgl auch BT-Drucks 15/25, [X.] zu § 77). Der Ausstellung eines Bildungsgutscheins und der Vorabprüfung bedarf es jedoch dann nicht mehr, wenn die Beklagte ohnedies die Leistung generell abgelehnt hat (vgl zu einer vergleichbaren Situation im Rahmen der zweistufigen Prüfung von [X.]urzarbeitergeld: [X.], 83 ff RdNr 9 [X.]).

Es ist auch kein zusätzlicher [X.]lageantrag auf Zulassung von Maßnahme und Träger für die vom [X.]läger beantragte [X.] erforderlich. Denn die Beklagte durfte [X.] mit der Entscheidung über die individuelle Förderung auch über die Zulassung von Maßnahme und Träger mitentscheiden, ohne dass zuvor eine allgemeine Zulassung durch sie oder eine andere fachkundige Stelle notwendig gewesen wäre (hierzu später).

Da mit der [X.]en Zulassung von Träger und Maßnahme ggf unmittelbar in Rechtsbeziehungen zu [X.] eingegriffen wird, wird das [X.] nach der Zurückverweisung der Sache zu prüfen haben, ob nicht der Maßnahmeträger gemäß § 75 [X.] 2 1. Alt SGG beizuladen ist (vgl dazu [X.] in [X.], [X.], Vor §§ 84 bis 87 Rd[X.]5, Stand Januar 2006). Erst wenn eine ([X.]e) Zulassung für den Maßnahmeträger keine rechtlichen [X.]onsequenzen mehr für diesen nach sich zieht, etwa weil die Maßnahme bereits beendet ist, bedarf es einer solchen Beiladung im Rahmen der Entscheidung über den Förderantrag des [X.] nicht mehr, weil dann eine ausdrückliche (nachträgliche) Zulassung unnötige [X.] wäre ([X.] aaO). Allerdings fehlt es an ausdrücklichen tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) dazu, selbst wenn hiervon im Hinblick auf die bereits seit [X.] verstrichene [X.] auszugehen sein dürfte. Das [X.] wird dies nach der Zurückverweisung der Sache, die ohnedies wegen weiterer fehlender tatsächlicher Feststellungen erforderlich ist, nachzuholen haben.

           

Rechtsgrundlage für die vom [X.]läger begehrte Förderung ist § 77 [X.]. Danach können Arbeitnehmer bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistung von [X.] gefördert werden, wenn

1.    

die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden, bei Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung eine Vollzeitbeschäftigung zu erlangen oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist,

2.    

die Vorbeschäftigungszeit erfüllt ist,

3.    

vor Beginn der Maßnahme eine Beratung durch das Arbeitsamt erfolgt ist und

4.    

die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind

([X.] 1 Satz 1).       

Arbeitnehmer, die die Vorbeschäftigungszeit nicht erfüllen, können (wenn auch nicht durch Gewährung von [X.], so doch) durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden (Satz 2). Nach [X.] 3 Satz 1 wird dem Arbeitnehmer das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung in einem Bildungsgutschein bescheinigt (vgl zur Verzichtbarkeit eines Bildungsgutscheins oben).

[X.]eine der Voraussetzungen des § 77 [X.] 1 [X.] ist vorliegend auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des [X.] beurteilbar. Dies gilt bereits für die Frage, ob es sich überhaupt um eine Weiterbildungsmaßnahme handelt (vgl nur [X.] in [X.], aaO, Vor §§ 77 bis 96 Rd[X.]a bis 2d [X.], Stand August 2009). Selbst die Voraussetzung des § 77 [X.] 1 Satz 1 Nr 3 [X.] (Beratung vor Beginn der Maßnahme) ist dem Beschluss des [X.] nicht hinreichend sicher zu entnehmen. [X.] wird sich das [X.] mit der Frage zu befassen haben, ob eine fehlende Beratung durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ersetzbar ist (vgl dazu: [X.]-4300 § 77 [X.] Rd[X.]6 f; [X.] in [X.], [X.], § 77 Rd[X.]9 ff, Stand August 2009; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 77 Rd[X.]11c, Stand Juni 2009; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]-De Caluwe, [X.], 3. Aufl 2008, § 77 RdNr 31; [X.] in Niesel, [X.], 4. Aufl 2007, § 77 Rd[X.]0).

Entgegen der Ansicht des [X.] können ohne weitere tatsächliche Feststellungen auch die Voraussetzungen des § 77 [X.] 1 Satz 1 [X.] [X.] nicht verneint werden. Die Förderung des [X.]lägers scheitert allerdings nicht daran, dass Träger und Maßnahme nicht bereits vor Beginn der Maßnahme allgemein für die Förderung zugelassen waren; vielmehr wäre eine solche Zulassung [X.] mit der Entscheidung über die Förderung durch die Beklagte selbst, also im Rahmen der individuellen Entscheidung über die Leistungsgewährung, möglich, ohne dass dies eines eigenen Ausspruchs über die Zulassung bedürfte; hierfür wären dann die Voraussetzungen des § 84 [X.] (idF, die die Norm durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom [X.] - [X.] 4607 - erhalten hat) und des § 85 [X.]I (hier idF, die die Norm durch das [X.] am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - [X.] 2848 - erhalten hat) vom [X.] noch zu prüfen, wobei Entscheidungsfreiräume der Beklagten zu beachten sind (vgl dazu [X.] in [X.], [X.], § 87 Rd[X.]9, Stand Januar 2006).

Die Beklagte ist jedenfalls für Maßnahmen, die bis 31.12.2005 - wie vorliegend - begonnen haben, eine für die Zulassung von Träger und Maßnahme fachkundige Stelle iS der §§ 84, 85 [X.]. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesbegründung (vgl BT-Drucks 15/25 S 30 zu § 84), wonach auch das Arbeitsamt (jetzt: [X.]) als fachkundige Stelle über die Zulassung von Trägern entscheiden können soll, auch wenn diese Aufgaben nach der gesetzlichen Intention immer weniger von der [X.] ([X.]) und zunehmend von privaten Zertifizierungsstellen wahrgenommen werden sollen (vgl nur [X.] in [X.], aaO, Vor §§ 77 bis 96 Rd[X.]8, Stand November 2004).

Es kann dahinstehen, ob - wofür vieles spricht - die Regelung der §§ 84 bis 87 ff [X.] keine den Maßstäben des Art 80 [X.] 1 Grundgesetz (GG) entsprechende Ermächtigungsnorm für die §§ 2 bis 6 der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung - Weiterbildung - ([X.]) ist (vgl dazu [X.], aaO, § 87 Rd[X.]0, Stand Februar 2009; vgl auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 87 Rd[X.]4 f, Stand August 2006; [X.], Urteil vom [X.] - [X.] 3179/09; vgl auch [X.], [X.] der beruflichen Weiterbildung im System der Qualitätssicherung nach den §§ 77 ff [X.], 2008, 157 ff, der allerdings einen Verstoß gegen den [X.] annimmt) und deshalb eine Zertifizierung auch nach Inkrafttreten der [X.] durch die [X.] selbst möglich, wenn nicht sogar zwingend, ist (dazu [X.], aaO, Rd[X.]2, Stand Februar 2009); jedenfalls ordnet § 15 [X.] 1 [X.] für - wie hier - bis 31.12.2005 begonnene Maßnahmen ausdrücklich an, dass die [X.] die Aufgaben von fachkundigen Stellen weiterhin wahrnimmt, soweit nicht Zertifizierungsstellen nach dieser Verordnung tätig werden. Hierzu heißt es in der Begründung zur [X.] (vgl [X.], Anlage zu § 87), bis zur Anerkennung einer ausreichenden Zahl von Zertifizierungsstellen sollten - wie bisher die Agenturen für Arbeit - die vom Vorstand der [X.] bestimmten zuständigen Stellen innerhalb der [X.] die Aufgaben der fachkundigen Stellen übernehmen. Die Einschränkung des Vorhandenseins ausreichender Zertifizierungsstellen ist jedoch nicht in den Verordnungstext übernommen worden; vielmehr wird dort nur darauf abgestellt, dass anerkannte Zertifizierungsstellen nach dieser Verordnung tätig geworden sind, nicht nur, dass sie tätig werden könnten.

Die fortbestehende [X.]ompetenz der [X.] ergibt sich nicht zuletzt aus der Gesetzesbegründung zu § 85 [X.] (vgl BT-Drucks 15/25 S 30), wonach die Prüfung jeder einzelnen Bildungsmaßnahme (erst) zukünftig nicht mehr ausschließlich durch das Arbeitsamt (jetzt: [X.]), sondern durch Zertifizierungsagenturen erfolgen solle. Die wenn - auch verfassungsrechtlich zweifelhafte - Rechtsgrundlage für die Anerkennung von Zertifizierungsstellen (siehe oben) hat der Gesetzgeber jedoch ohnedies erst mit der [X.] mit Wirkung ab 1.7.2004 in [X.] gesetzt, sodass zu Beginn der vom [X.]läger besuchten Maßnahme am 5.4.2004 eine Zulassung durch externe Zertifizierungsstellen mangels gesetzlicher Grundlage hierfür ohnedies noch nicht möglich und zulässig war.

Zwar ist dem [X.] gegenüber den Regelungen des Arbeitsförderungsgesetzes ([X.]) eine Verselbstständigung des Zulassungsverfahrens (früher [X.]) mit der Möglichkeit der Zulassung durch gesonderten Verwaltungsakt zu entnehmen ([X.]-4300 § 86 [X.] Rd[X.]0); jedoch bedeutet dies nicht, dass, wenn die Beklagte selbst die Weiterbildungsmaßnahme und den Weiterbildungsträger zulassen darf (bzw muss), dies zwingend in einem vorgeschalteten allgemeinen Verfahren zu geschehen hat ([X.] in [X.], § 77 RdNr 52, Stand August 2009; [X.] in [X.], aaO, § 87 Rd[X.]9, Stand Januar 2006; vgl auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 87 Rd[X.]10, Stand August 2006). Bislang hat das BSG zwar offen gelassen, ob die Regelung der §§ 77 ff [X.] eine individuelle Inzidentprüfung der Zulassung auf einen Förderungsantrag des Leistungsempfängers selbst ermöglicht ([X.]-4300 § 77 [X.] Rd[X.]7); jedoch bieten die gesetzlichen Regelungen der §§ 77 ff [X.] - jedenfalls vor Inkrafttreten der [X.] - keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass trotz der bezeichneten Verselbständigung des Zulassungsverfahrens die frühere individuelle Prüfung der Maßnahme und des [X.] auf Geeignetheit nach dem [X.] (vgl dazu [X.], aaO, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 6, Stand Januar 2006) völlig ausgeschlossen sein sollte. Deutlich geht dies daraus hervor, dass die Gesetzesbegründung darauf verweist, die Regelung der jetzigen [X.] übernehme die des früheren § 34 [X.] 1 Satz 2 [X.] (BT-Drucks 13/4941 [X.] zu § 77). Dies muss vor allem dann gelten, wenn die [X.] - wie vorliegend - die Aushändigung eines Bildungsgutscheins bereits abgelehnt hat, mit dem der Bildungswillige sich unter generell zugelassenen [X.] und Maßnahmen die passende Maßnahme selbst aussuchen soll. Zumindest für die [X.] bis 31.12.2005 ist die [X.] mithin verpflichtet, über einen [X.] gestellten Zulassungsantrag konkret-individuell zu befinden ([X.], aaO, Vor §§ 84 bis 87 Rd[X.]4, Stand Januar 2006). Eines Rückgriffs auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bedarf es dazu nicht ([X.], aaO; offengelassen in [X.]-4300 § 77 [X.] Rd[X.]7). Mit einer positiven Entscheidung über die Förderung entscheidet die [X.] dann gleichzeitig über die Zulassung der Maßnahme und des [X.] für die individuelle Förderung des [X.], wenn auch nicht allgemein über die Zulassung für die [X.]. Dem steht auch nicht der Wortlaut ("zugelassen sind") entgegen; auch bei § 77 [X.] 1 Satz 1 [X.] [X.] ist eine Formulierung gewählt ("anerkannt ist"), die auf einen formellen Anerkennungsakt hinzuweisen scheint, obwohl ein solcher nicht erforderlich ist ([X.] in [X.], aaO, § 77 Rd[X.]3, Stand August 2009).

Bei der Prüfung der Voraussetzungen der §§ 84, 85 [X.] für die Zulassung eines [X.] und einer Maßnahme kann zum gegenwärtigen [X.]punkt die arbeitsmarktliche Zweckmäßigkeit - entgegen der Ansicht des [X.] - nach § 85 [X.] 1 Satz 1 [X.] [X.] nicht ohne weitere tatsächliche Feststellungen verneint werden. Das [X.] hat hierzu keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern lediglich Angaben der Beklagten referiert. Es fehlen für die zu treffende Prognoseentscheidung (vgl [X.]-4100 § 34 [X.] S 13) eigene tatsächliche Feststellungen des [X.] zur Beschäftigungssituation (vgl zur Überprüfbarkeit der Prognoseentscheidung nur [X.] in [X.], aaO, § 85 Rd[X.]6 [X.], Stand Oktober 2008). Bei der Beurteilung der arbeitsmarktlichen Zweckmäßigkeit hat die Beklagte einen nicht voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum (vgl dazu [X.], 269 = [X.]-4460 § 10 [X.] [X.]; s auch [X.], aaO, § 85 RdNr 52, Stand Oktober 2008; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 85 Rd[X.]6 f, Stand Februar 2007).

Eine arbeitsmarktliche Zweckmäßigkeit ist - anders als die Beklagte und das [X.] offenbar meinen - nicht bereits dann zu bejahen, wenn bei insgesamt schlechter Prognose für den Zielberuf im konkreten Einzelfall ein Arbeitsplatz zugesagt ist; eine solche Betrachtung würde die konkrete Situation eines einzelnen Antragstellers in den Vordergrund schieben und gerade arbeitsmarktpolitische Abwägungen vernachlässigen ([X.], 228, 232 = [X.]-4100 § 36 [X.] S 5). Die Zusage eines Arbeitsplatzes im Einzelfall kann allenfalls bei der Ermessensentscheidung, wenn die Anspruchsvoraussetzungen alle vorliegen, zu berücksichtigen sein. Im Rahmen des auszuübenden Ermessens wäre auch von Bedeutung, ob dem [X.]läger bereits für den Fall der Vorlage einer Einstellungszusage, nicht erst für den Fall der Vorlage eines Arbeitsvertrages, eine Förderung zugesagt worden wäre (vgl für den Fall einer mündlichen Zusage [X.]-4300 § 415 [X.] RdNr 37). Hierüber wäre ggf Beweis zu erheben. Was man dem [X.]läger also insoweit als "Voraussetzung für eine Förderung" geraten hat, ist entgegen der Ansicht des [X.] nicht im Rahmen des [X.] des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu berücksichtigen.

Bei einer abschließenden [X.]ostenentscheidung wird das [X.] auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 7 AL 22/09 R

18.05.2010

Bundessozialgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Frankfurt, 19. Dezember 2007, Az: S 33 AL 2536/04, Urteil

§ 77 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 3 vom 23.12.2003, § 77 Abs 3 S 1 SGB 3 vom 23.12.2003, § 84 SGB 3 vom 23.12.2002, § 85 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 3 vom 23.12.2003, § 15 Abs 1 AZWV

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.05.2010, Az. B 7 AL 22/09 R (REWIS RS 2010, 6580)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6580

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