Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2000, Az. X ZR 91/98

X. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2256

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSX ZR 91/98Verkündet am:16. Mai [X.] Urkundsbeamterder Geschäftsstellein der [X.] -Der X. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 16. Mai 2000 durch [X.], [X.], Scharen und Keukenschrijverbeschlossen:Der Rechtsstreit wird entsprechend § 148 ZPO bis zur erstin-stanzlichen Erledigung des beim [X.] gegen [X.] (EP 0 177 330) anhängigen weiteren [X.] ([X.]: [X.] ([X.])) ausgesetzt.Gründe:Der [X.] hat das vorliegende [X.] aus prozeßwirt-schaftlichen Gründen bis zur erstinstanzlichen Erledigung des beim [X.] gegen das [X.] anhängigen [X.][X.] ([X.]) ausgesetzt, nachdem die Klägerin vorgetragen hat, in demParallelverfahren werde von der dortigen Klägerin ebenfalls offenkundige [X.] unter Vorlage der auch im Streitverfahren eingereichten Beweis-mittel geltend gemacht.Der [X.] geht dabei von folgenden Erwägungen aus:- 3 -I. Die Klägerin hat gegen das mit Wirkung für die [X.] erteilte [X.] Patent 0 177 330 ([X.]), das [X.] Oktober 1985 unter Inanspruchnahme der Priorität der [X.]nPatentanmeldung 656 261 vom 1. Oktober 1984 angemeldet worden ist, Klagemit dem Ziel erhoben, das Patent für nichtig zu erklären. Das in der [X.] veröffentlichte [X.] betrifft ein medizinisches Ge-rät zur Gefäßaufweitung. Patentanspruch 1 lautet in der Übersetzung [X.] (9) bzw. medizinisches Gerät zur Gefäßaufweitung, aufwei-send ein Einzeldrahtstück, welches in eine geschlossene [X.] geformt ist, die aus einer endlosen Aneinanderrei-hung von geraden Abschnitten (12) gebildet ist, die über eineMehrzahl von Biegungen oder Biegestellen (13) verbunden sind,wobei der Stent in eine erste, kleinere Gestalt nachgiebig zu-sammendrückbar ist, in welcher alle geraden Abschnitte zwecksEinführung in einen Durchgang seitlich nebeneinanderliegendund dicht zueinander benachbart angeordnet sind, wobei die Bie-gestellen unter [X.]annung stehen und wobei der Stent durch [X.] der [X.]annung in eine zweite Gestalt nachgiebig aufweitbarausgebildet ist, in welcher alle geraden Abschnitte einen im [X.] kreisförmigen oder zylindrischen Aufbau zwecks [X.] gegen die Wand des Durchgangs festlegen, um diesenoffenzuhalten."Das [X.] hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen. Mit [X.] hat die Klägerin geltend gemacht, der Gegenstand des [X.]s- 4 -sei nicht patentfähig, weil er sich für den Fachmann in naheliegender Weiseaus dem Stand der Technik ergebe. Mit Schriftsatz vom 13. April 2000 hat dieKlägerin neuen Stand der Technik mit der Behauptung offenkundiger Vorbe-nutzung in das Verfahren eingeführt, indem sie Auszüge der Dissertation [X.] [X.], K., [X.], Berichte über Versuche im März/April 1984 undweitere Beweisstücke mit der Behauptung vorgelegt hat, der in den [X.] sei von [X.] im Rahmen seiner Promotion entwickelt unddessen Verwendung öffentlich bei einem [X.] 7. September 1984 einem nicht zur Geheimhaltung verpflichteten Gremiumvorgetragen worden.Die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, daß der in den [X.] Stent mit dem Gegenstand des [X.]s identisch ist. Sie hat aberdie Richtigkeit der Übersetzungen der Dokumente aus dem [X.] in diedeutsche [X.]rache bestritten und ferner die Offenkundigkeit der Vorbenutzung.II. Aufgrund des Vortrags der Parteien, des schriftlichen Gutachtens desgerichtlichen Sachverständigen Dr. med. H. und des Ergebnisses der mündli-chen Verhandlung geht der [X.] von folgendem [X.] Das [X.] betrifft einen [X.]en endovaskulären Stent. Der-artige Stents ([X.]) werden dazu verwendet, bestehende oder be-fürchtete Verengungen in koronaren und peripheren Blutgefäßen aufzuweitenoder einen Durchlaß durch einen Gefäßabschnitt offenzuhalten oder bei [X.] als Stentgraft im Zusammenwirken mit Gefäßprothesen zu verhindern,daß Blut an der Prothese vorbei in die Gefäßausbeulung [X.] -Die [X.]schrift schildert derartige [X.] als bekannt. Soseien spulenförmige Draht-Stents aus Edelstahl experimentell verwendet [X.], die eine langandauernde Durchgängigkeit gezeigt hätten, bei denen abereine Verengung des [X.] in ihnen aufgetreten sei; außerdem hätten nursehr kleine [X.]ulen [X.] eingesetzt werden können. Es sei auch über [X.] einer Prothese aus einer Legierung mit thermischem [X.] berichtet worden, die durch einen Katheter geschoben werde.Solche Stents seien in der Handhabung umständlich. Zudem könne bei [X.] eine Verengung des [X.] durch [X.] entstehen.Andere Lösungen seien zum Beispiel in den [X.] 4,214,587 und1,672,591 beschrieben (Übers. der [X.]schrift S. 2 Z. 10 - S. 3 Z. 14).Vor diesem Hintergrund soll durch das [X.] ein Stent bereitge-stellt werden, der leicht zu benutzen und zu positionieren ist und der Strö-mungsbeeinträchtigungen, Verengungen des [X.] und Verstopfungenreduziert (Übers. der [X.]schrift S. 3 Z. 14-17).2. Nach Anspruch 1 des [X.]s wird ein Stent bereitgestellt, deraus einem Einzeldrahtstück besteht, das eine geschlossene [X.]aus einer endlosen Aneinanderreihung von geraden Abschnitten mit [X.] geformt ist. Der Stent ist federnd nachgiebig in eine kleine erste Gestaltzusammendrückbar, in der alle geraden Abschnitte seitlich nebeneinanderlie-gend und dicht zueinander benachbart angeordnet sind, wobei die [X.] Anspannung stehen, und wobei der Stent zur Freigabe der [X.]annung ineine zweite Gestalt nachgiebig aufweitbar ausgebildet ist. Bei der [X.] der Stent in der stark komprimierten Gestalt mit Hilfe eines Zuführkathe-ters in die aufzuweitende Gefäßstelle eingebracht und dort aus dem Katheter- 6 -herausgedrückt, wobei er sich unter Ausübung eines entsprechenden Drucksauf die Gefäßwand aufweitet, so daß diese geöffnet bzw. geweitet wird.Der gerichtliche Sachverständige hat hierzu erläuternd ausgeführt, [X.] Stent werde in der Fachsprache für [X.] verwendet, die [X.] durch Gefäße eingeführt werden. Der einschlägige Durchschnittsfach-mann, ein Diplom-Ingenieur mit Fachhochschul- oder Universitäts-Ausbildung,der sich im Gedankenaustausch mit einem Arzt befinde, verstehe dabei untereiner [X.] eine Form, bei der die geraden Abschnitte durch eineVielzahl von Biegungen mit nur kleinem Winkel miteinander verbunden seien.Zwar werde der Winkel der Biegungen in der [X.]schrift nicht ausdrück-lich bezeichnet. Aus dem Merkmal, daß die geraden Abschnitte bei der [X.] ersten Gestalt nebeneinanderliegend und dicht zueinander benach-bart angeordnet seien, ergebe sich für den Fachmann aber deutlich, daß [X.] gering sein müsse.III. Aus dem bereits vom [X.] geprüften Stand derTechnik ergeben sich keine Bedenken gegen die Neuheit des [X.]s(Art. 54 EPÜ). Entsprechend den Ausführungen des [X.]s unddes gerichtlichen Sachverständigen neigt der [X.] auch zu der Annahme, daßdieser Stand der Technik allein nicht ausreichen wird, eine erfinderische Tätig-keit gemäß Art. 56 EPÜ zu verneinen. Dabei wird mit dem gerichtlichen Sach-verständigen davon ausgegangen, daß für die Beurteilung der erfinderischenTätigkeit ernsthaft nur die [X.] Patentschrift 4,214,587 und [X.] Anmeldung [X.] 83/03752 (im wesentlichen entsprechend[X.] 33 42 798) in Betracht gezogen werden [X.] 7 -1. Die [X.] 4,214,587, die bereits im Erteilungsverfahrendes [X.]s geprüft wurde, betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren [X.], also das Gebiet des [X.] von zwei Gefäßen in der offenenChirurgie, und damit nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständi-gen einen anderen Gegenstand als das [X.]. Die Prothese besteht auseiner im wesentlichen zylindrischen, radial nachgiebigen Feder. Diese ist auseinem Einzeldrahtstück mit einer geschlossenen Aneinanderreihung von [X.], im entspannten Zustand parallel zueinander verlaufenden Abschnittengebildet, die durch Biegeteile miteinander verbunden sind und die eine Anzahlvon sich nach außen erstreckenden Stacheln tragen. Bei der Anwendung wirddie Feder in entspanntem Zustand über ein Blutgefäß gezogen; sodann wirddie Feder radial mittels einer Schlinge zusammengedrückt, das Ende deszweiten Blutgefäßes über das erste samt Feder gestülpt und diese bis zu 80 %entspannt. Die Feder läßt sich bis zu 50 % komprimieren, wobei, anders alsbeim [X.], die geraden Abschnitte in komprimiertem Zustand nicht par-allel zueinander liegen, sondern in einem spitzen Winkel zueinander verlaufen.Die Stacheln befestigen die Vorrichtung an dem Blutgefäß und sichern dadurchihre Position.Bei Vorrichtung und Verfahren zur Anastomose geht es, wie der gericht-liche Sachverständige ausgeführt hat, nicht um die Komprimierung und [X.] eines Gefäßes, das zunächst [X.] Blutgefäße an den Einsatzort befördert, daher möglichst schmalsein muß und das sodann durch Aufweitung an der Engstelle die [X.] hat. Die Feder liege nicht in dem Gefäß, sondern in der [X.]. Entsprechend sei keine [X.] vorgesehen, sondern eineMäanderstruktur mit S-förmigen Krümmungen, die die geraden Abschnitte [X.] -an hindern, darunterliegendes Gewebe beim Zusammendrücken einzuklem-men. Die [X.] beschäftige sich mit dem schwierigen chirurgischenProblem, offene Enden von sehr kleinen Adern zu verbinden. Um aufwendigeMikro-Nähte zu vermeiden, würden Stacheln vorgesehen, die die [X.]. Allerdings werde man sich, wie der gerichtliche Sachverständigeweiter ausgeführt hat, auf Haken allein nicht verlassen können, sondern zursicheren Fixierung um die [X.] zusätzlich eine Schlinge legen.Wenn Anspruch 19 Stacheln nicht vorsehe, so bedeute dies nur, daß auch [X.] zusätzliche Fixierung vorgenommen werden müsse. Die Vorrichtung [X.] sei für einen anderen Einsatz nicht gedacht und für den beabsich-tigten Zweck des [X.]s auch nicht geeignet. Infolge relativ großer Bö-gen und der geringen radialen Kompressionsmöglichkeit sei das für den Zweckdes [X.]s erforderliche Maß an Aufweitung nicht zu erreichen.2. Die der [X.] Patentschrift 33 42 798 zugrundeliegende und die-ser entsprechende Internationale Anmeldung [X.] 83/03752 betrifft ein[X.] zur [X.] Implantation. Dieses besteht aus einem ela-stischen rohrförmigen Körper, dessen Durchmesser durch axiale [X.] Enden relativ zueinander veränderbar ist. Der Körper ist aus mehrereneinzelnen harten, aber flexiblen, wendelförmigen Elementen hergestellt, vondenen jedes einzelne im Verhältnis zur Mittellinie eine [X.] ([X.]) be-schreibt. Diese wendelförmigen Teile haben unterschiedliche [X.] weisen dementsprechend Kreuzungsstellen auf. Das [X.] wird,wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat, nach dem Grundprinzip einer lon-gitudinalen Streckung in eine kleinere Gestalt mit reduzierten radialen Abmes-sungen zusammengedrückt ([X.] 33 42 798, [X.]. 2 Z. 25-29), um ihn in [X.], z.B. in ein Blutgefäß, einzuführen ([X.] 33 42 798, [X.]. 3 Z. 37-38).- 9 -An der gewünschten Position weitet sich der Stent elastisch auf und preßt sichgegen die Wand des Durchgangs, die abgestützt werden soll([X.] 33 42 798, [X.]. 3 Z. 25-29). Der Stent nimmt dabei die radial expan-dierte Konfiguration von selbst ein, sobald die [X.]annung, unter der er steht,d.h. die axial wirkende Streckkraft, entfernt worden ist ([X.] 33 42 798, [X.]. 3Z. 29-33). Das Positionieren des [X.]s erfordert eine Vorrichtung, diein der Lage ist, die axiale [X.]annung aufrechtzuerhalten, bis die gewünschteStelle im Gefäß erreicht worden ist und die dann definiert die longitudinalenEnden des Stents freigibt, um die radiale Expansion zu ermöglichen. Dazu sindkomplizierte Mechanismen vorgesehen ([X.] 33 42 798, [X.]. 7 Z. 23 - [X.]. 8Z. 62 u. [X.]. 11 Z. 11-13).Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen unter-scheidet sich dieser Stent in seiner Geometrie und Wirkweise vollständig vonder Lehre des [X.]s. Es fehlt die durch ein Einzeldrahtstück gebildete[X.], die auch nicht dadurch nahegelegt wird, daß nach einemweiteren Vorschlag die Kreuzungspunkte verschweißt werden können([X.] 33 42 798, [X.]. 4 Z. 14-19). Vielmehr wird dieser Stent aus einer [X.], die jeweils schraubenlinienförmig gebogen undgewissermaßen ineinander verflochten sind, gebildet. Aus der grundlegendanderen geometrischen Struktur ergeben sich notwendig auch andere Expan-sions- und [X.]. Anders als bei der genannten Entge-genhaltung wird der [X.] nach der Lehre des [X.]s vor [X.] in den Katheter nicht entlang einer longitudinalen Achse elastischgestreckt, sondern durch entsprechend einwirkende Kräfte radial komprimiert,wobei die Verformung mit einer entsprechenden Längenzunahme des Körpersverbunden ist, da das Volumen des Körpers weitgehend konstant [X.] 10 -IV. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 13. April 2000 mit der Be-hauptung offenkundiger Vorbenutzung vorgelegten Stents ([X.] 6 Beweis 9)stimmen mit dem Gegenstand des [X.]s überein, wie die Beklagte nichtin Abrede stellt. Da dasselbe Beweismaterial in das vor dem Bundespatentge-richt anhängige Parallelverfahren [X.] ([X.]) von der dortigen Klägerineingeführt ist und die Beklagte die Richtigkeit der Übersetzungen und die Of-fenkundigkeit der Vorbenutzung bestreitet, geht der [X.] davon aus, daßhierüber eine umfangreiche Beweisaufnahme vor dem [X.]erforderlich sein wird. Um eine parallele Beweisaufnahme über dieselbe Fragemit erheblichem Kostenaufwand zu vermeiden, erscheint die Aussetzung desvorliegenden Verfahrens bis zur Erledigung des [X.] vor dem[X.] gerechtfertigt.[X.]JestaedtMelullisScharenKeukenschrijver

Meta

X ZR 91/98

16.05.2000

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2000, Az. X ZR 91/98 (REWIS RS 2000, 2256)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2256

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 O 239/98 (Landgericht Düsseldorf)


X ZR 199/00 (Bundesgerichtshof)


X ZR 19/11 (Bundesgerichtshof)

Patentnichtigkeitsverfahren: Unzulässige Erweiterung des Patentanspruchs durch Erfassung weiterer Ausführungsformen


X ZR 20/11 (Bundesgerichtshof)


X ZR 19/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.