Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2014, Az. X ZR 19/11

X. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6029

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
X ZR 19/11
Verkündet am:

29. April 2014

Wermes

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat am 29.
April 2014
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck,
die Richter Dr.
Grabinski, [X.], Dr.
Deichfuß und die Richterin Dr.
Kober-Dehm
für Recht erkannt:
Auf die Berufung
der Beklagten wird das am 21.
Januar 2011 an [X.] zugestellte
Urteil
des 4.
Senats ([X.]) des [X.] abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die
Kosten des Rechtsstreits werden den
[X.]
auferlegt.
Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des
mit Wirkung für die [X.] erteilten
[X.] Patents 1
181 902
(Streitpatents), das

unter Inanspruchnahme der Prioritäten zweier [X.] Patentan-meldungen vom 28.
Juli 1994 und 31.
Mai 1995
-
am 26.
Juli 1995 angemeldet wurde. Das Streitpatent, dessen Verfahrenssprache Englisch ist,
umfasst zwölf
Patentansprüche, von denen Patentanspruch
1
folgenden Wortlaut hat:
"A flexible, expandable stent formed of an [X.] unitary tube (30)
having in a non-expanded form and in its expanded form
a pat-terned shape,
the patterned shape comprising first meander patterns (11) [X.] in a first direction
and second meander patterns (12) extending in a second direc-tion, [X.],
wherein the first and second meander patterns comprise loops and are intertwined such that
loops (14, 16) of each of the first meander patterns (11) are dis-posed between each of the neighbouring second meander pat-terns (12) and
that one single loop (18, 20) of each of the second meander pat-terns (12) is disposed between each of the neighbouring first me-ander patterns (11),
1
-
4
-
and wherein the first and second meanders patterns (11, 12) de-fine a plurality of enclosed spaces (42a, 42b; 44a, 44b)."
Die Patentansprüche
2
bis 12
sind unmittelbar oder mittelbar auf Pa-tentanspruch
1
rückbezogen.
Die [X.] haben
geltend gemacht, der Gegenstand des
Patentan-spruchs 1
gehe über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereich-ten Fassung hinaus
und sei nicht patentfähig, weil er weder neu sei noch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und mit zwei
Hilfsanträgen verteidigt.
Das Patentgericht hat
das Streitpatent für nichtig
erklärt. Dagegen richtet
sich die Berufung der Beklagten. Sie beantragt
Klageabweisung. Hilfsweise ver-teidigt sie das Streitpatent mit zuletzt fünf Hilfsanträgen. Die [X.] bean-tragen, die Berufung zurückzuweisen.
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing.

S.

ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen
Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
2
3
4
5
-
5
-
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache [X.].
I.
Das Streitpatent betrifft
einen Stent. Dabei
handelt es sich um ein Implantat, das
in ein Blutgefäß oder ein anderes [X.] des Körpers einge-bracht und dort
aufgeweitet (expandiert) wird, um das [X.] dauerhaft of-fen zu halten. In der Beschreibung wird erläutert, dass der Stent typischerweise mittels eines aufblasbaren Ballonkatheters an den gewünschten Ort im Körper zugeführt und ausgedehnt werde, dass aber auch andere mechanische Vorrich-tungen
bekannt seien, mit denen die
Ausdehnung des [X.] bewirkt werden könne
(Rn. 2).
Wie in der Beschreibung weiterhin ausgeführt
wird, sind
[X.] mit aus-dehnbaren röhrenförmigen Implantaten bekannt, die eine Vielzahl von parallel zur Längsachse der Röhre angeordneten Schlitzen aufweisen. Da die [X.] relativ steif seien, seien sie mit flexiblen schraubenförmigen Verbindern [X.], so dass die [X.] auch durch ein gekrümmtes Blutgefäß zum [X.] Ort geführt werden könnten. Dabei auftretende Verdrehbewegungen der schraubenförmigen Verbinder könnten jedoch für das Blutgefäß schädlich sein. Andere bekannte [X.] wiesen
deshalb gerade Verbinder auf, die aber nicht die erforderliche Festigkeit hätten (Rn. 4 f.).
Nach den Angaben des Streitpatents liegt der Erfindung
das Problem zugrunde, einen flexiblen Stent bereitzustellen, der während der Ausdehnung minimal in der Längsrichtung schrumpft (Rn. 8).
6
7
8
9
-
6
-
Nach Patentanspruch 1
in der erteilten Fassung
soll dies durch die nach-folgende Merkmalskombination erreicht werden:
1.
Der
Stent ist flexibel, expandierbar und aus einem längli-chen, zylindrischen, einheitlichen (unitary) Rohr (30) gebildet.
2.
Der Stent weist in einer nicht expandierten und in seiner ex-pandierten Form ein Gestaltungsmuster (patterned shape) auf.
3.
Das Gestaltungsmuster umfasst
a)
erste, sich in eine erste Richtung erstreckende Mäan-dermuster (11) und
b)
zweite, sich in eine zweite, zur ersten unterschiedliche Richtung erstreckende Mäandermuster (12).
4.
Die ersten und zweiten Mäandermuster weisen Schlaufen auf
und sind derart verschlungen, dass
a)
Schlaufen (14, 16) jedes der ersten Mäandermuster (11) zwischen jedem der benachbarten zweiten Mäan-dermuster (12) angeordnet sind und
b)
eine einzelne Schlaufe (18, 20) jedes der zweiten [X.]) zwischen jedem der benachbarten ersten Mäandermuster (11) angeordnet ist.
5.
Die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) definieren eine Mehrzahl von umschlossenen Räumen (42a, 42b; 44a, 44b).
Aus Sicht
des
Fachmanns, der ein Ingenieur der Fachrichtung [X.] ist, der sich -
gegebenenfalls
in Zusammenarbeit mit Medizinern
mit biomedizinischer Technik und insbesondere mit der Entwicklung von Gefäßim-10
11
-
7
-
plantaten befasst und über mehrjährige berufliche Erfahrungen auf diesem [X.] verfügt (Urteil des Patentgerichts, S. 9; Sachverständigengutachten,
S. 23),
handelt es sich bei
einem
Stent, der
aus einem einheitlichen Rohr ("unitary tu-be")
gebildet ist, um einen
einstückigen Stent. Dabei kommt es nicht
darauf an, in welcher Weise der
einstückige Stent hergestellt worden ist.
In der Beschrei-bung des Streitpatents wird zwar erläutert, dass der Stent aus Flachmetall her-gestellt werden kann, welches zur Bildung des in Figur 2 gezeigten Musters geätzt und dann in die Form eines Rohres gebogen werde (Rn. 37). Zudem heißt es dort, dass der Stent aus Metall oder Draht hergestellt werden könne
(Rn. 38). Patentanspruch 1 schützt den Stent jedoch als (fertig hergestelltes)
Erzeugnis und nicht ein Verfahren zur Herstellung eines [X.]. Entscheidend ist daher, dass der fertig hergestellte Stent einstückig ausgebildet ist und nicht die Art und Weise seiner
Herstellung, also etwa ob dieser aus einem einstücki-gen Flachmetall geätzt oder aus mehreren Flachmetallstücken
oder Drähten, etwa durch Verschweißen, dauerhaft fest verbunden
ist.
Mit
einem erfindungsgemäßen Mäandermuster ist nach den Erläuterun-gen in der Patentschrift ein periodisches Muster um eine Mittellinie gemeint. Bei dem in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2 gezeigten Ausführungsform
hat beispielsweise das erste Mäandermuster 11 eine vertikale Mittellinie 9 und das zweite Mäandermuster 12 eine horizontale Mittellinie 13.
12
-
8
-

Dabei dürfen sich Schlaufen des ersten Mäandermusters nicht vollständig mit Schlaufen des zweiten Mäandermusters überdecken.
Das ergibt sich daraus, dass erfindungsgemäß zwei (unterschiedliche) Mäandermuster vorgesehen sind, die sich in zwei (unterschiedliche) Richtungen erstrecken sollen. Danach ist es
zwar möglich, dass Schlaufen des ersten und des zweiten Mäandermus-ters gemeinsame Abschnitte aufweisen, wie dies beispielsweise in Figur 2 im Grenzbereich zwischen den Schlaufen 14 und 16 des ersten [X.] und den Schlaufen 18 und 20 des zweiten Mäandermusters 12. Hingegen kann -
in Übereinstimmung mit dem Patentgericht und dem gerichtlichen Sach-verständigen -
eine vollständige Überdeckung von Schlaufen des ersten und zweiten Mäandermusters nicht mehr als erfindungsgemäß angesehen werden (vgl. auch
Technische Beschwerdekammer
des Europäischen Patentamts, [X.] vom 21. Januar 2011

T 1967/08 Rn. 2.1).
II.
Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung gehe über den Inhalt der ur-sprünglichen Anmeldung hinaus. Der ursprünglichen Anmeldung sei nicht die 13
14
-
9
-
Anweisung zu entnehmen, den Stent

wie in Patentanspruch 1 gefordert

aus einem einheitlichen Rohr zu bilden. Es fehle an einer Offenbarung für den Be-griff "einheitlich"
("unitary"). In der ursprünglichen Anmeldung sei lediglich in Patentanspruch 1 von einem ""
die Rede. In Anspruch 6 werde näher ausgeführt, dass der Stent u.a. mit geraden und ungeraden Mä-andermustern ausgebildet sein solle, wobei diese eine "distributed structure"
darstellen sollten. "Uniform"
sei in diesem Zusammenhang aber nicht gleichbedeutend mit "unitary", vielmehr entspreche es dem deut-schen Begriff "einheitlich"
im Sinne von "gleichförmig".
Auch in der Fassung des [X.], nach dem aus dem Begriff "ein-heitlich"
keine Rechte hergeleitet werden sollten, habe das Streitpatent keinen Bestand.
Es könne dahingestellt bleiben, ob durch die Aufnahme eines solchen "Disclaimers"
die unzulässige Erweiterung beseitigt werden könne. Der Gegen-stand von Patentanspruch 1 in der genannten Fassung sei jedenfalls nicht pa-tentfähig.
Er werde von dem
[X.] Patent 4 856 516 ([X.], aus dem
die nachfolgend wiedergegebene Figur 2A stammt:

Dort werde ein flexibler, expandierbarer Stent offenbart, der aus einem länglichen, zylindrischen Rohr gebildet werde. Der Stent sei aus einem mäan-derförmig gebogenen Draht gefertigt und weise erste, sich in eine erste Rich-15
16
-
10
-
tung erstreckende Mäandermuster in Gestalt der [X.] 50 auf. Die Schlin-gen 50 seien durch axial verlaufende,
mäanderförmig gebogene [X.] miteinander verbunden. Diese [X.] bildeten insgesamt ein Rückgrat 52, welches die benachbarten [X.]
50 verbindet. Zusätzlich zu den
ein Rückgrat 52 bildenden [X.]n
54 könne noch ein weiteres aus [X.] angeordneten mäanderförmig gebogenen [X.]n gebildetes Rückgrat auf der gegenüberliegenden Seite des [X.] vorgesehen werden. Der Stent weise somit auch zweite, sich in eine zweite Richtung erstreckende Mäandermuster auf. Insgesamt ergebe sich eine gemusterte Gestaltung des [X.] 10 sowohl in einer nicht expandierten als auch in einer expandierten Form. Die [X.] 50 und die [X.] wiesen Schlaufen auf. Die [X.] würden nicht, wie von der Beklagten behauptet, beim Herstellen des [X.] geradegezogen. Der Draht werde vielmehr bei der Fertigung des [X.] in einer Hülse 70 geführt, um eine Verformung der Schlaufen zu vermei-den. Die in axialer Richtung in einer Linie angeordneten mäanderförmig gebo-genen [X.] seien
untereinander und mit den jeweiligen [X.] durch einen halben Schlag 56 des [X.] verschlungen. Wie in Figur 2A zu erkennen sei, seien Schlaufen jeder der [X.] 50 zwischen jedem der benachbarten, durch die axialen [X.] gebildeten
Rückgrate ange-ordnet und wiesen die axialen [X.] zwischen jeder der benachbarten [X.] 50 genau eine Schlaufe in ihrer Mitte
auf, an die sich auf beiden [X.] jeweils eine Biegung des [X.] in Form eine halben Schlages 56 anschließe. Damit seien alle Merkmale offenbart.
Entsprechendes gelte auch für Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]I.
III.
Die Ausführungen des Patentgerichts halten der
Berufung der [X.] im Ergebnis nicht
stand.
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-
11
-
1.
Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung geht nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung
hinaus.
a)
Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die Ursprungsoffenba-rung des Gegenstands eines Patentanspruchs erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre der ursprünglichen Anmeldung unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung ent[X.] kann. Dabei sind zur Vermeidung einer unbilligen Beschränkung des [X.] bei der Ausschöpfung des [X.] auch Verallgemeine-rungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zugelassen. Ein "breit"
[X.] Anspruch kann unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweite-rung jedenfalls dann als unbedenklich zu erachten sein, wenn sich ein in der ursprünglichen Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allge-meineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung

sei es in Gestalt eines in der [X.] formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen
-
als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist
([X.], Urteil vom 17. Juli 2012

[X.], [X.]Z 194, 107 Rn. 52

Poly-merschaum; Urteil vom 11. Februar 2014

[X.] Rn. 26 -
Kommunika-tionskanal).
Nach diesen Grundsätzen ist das Merkmal, wonach der flexible, expan-dierbare Stent aus einem einheitlichen (unitary)
Rohr 30
gebildet sein
soll, [X.]. Dabei ist mit dem Patentgericht davon auszugehen, dass der in den Ansprüchen 1 und 6 der ursprünglichen Anmeldung verwendete Begriff der "generally uniform distributed structure", also der allgemein einheitlich [X.] Struktur, welche die in den Ansprüchen 1 und 6 jeweils näher charakteri-18
19
20
-
12
-
sierten Mäandermuster des [X.] bilden sollen, lediglich eine "gleichförmige"
Struktur meint und damit noch keine Einstückigkeit des [X.] offenbart ist. Im Hinblick auf das in den Figuren 1 und 2 gezeigte, als erfindungsgemäß be-zeichnete Ausführungsbeispiel wird dem Fachmann jedoch weiter erläutert, dass es sich dabei um eine Röhre eines leicht deformierbaren Materials,
wie zum Beispiel Metall handelt
(Veröffentlichung der Anmeldung [[X.] 96/03092, im Folgenden: Anmeldung], [X.], [X.] 17 ff.). An anderer
Stelle lernt der Fachmann darüber hinaus, dass der erfindungsgemäße Stent aus Flachmetall hergestellt werden kann, indem das Muster eingeätzt und das geätzte Metall in die Form einer Röhre gebogen wird,
und dass das Muster alternativ auch aus geschweiß-tem
oder gewundenem Draht hergestellt werden kann. Sieht
er sich die insoweit in Bezug genommenen zeichnerischen Darstellungen in den Figuren 1 und 2 an, ergibt sich für ihn zwanglos, dass der erfindungsgemäße Stent aus einem Rohr gebildet werden kann, dass nicht nur länglich und zylindrisch ist, sondern nach der Herstellung auch einheitlich im Sinne von einstückig ist.
b)
Der
ursprünglichen Anmeldung ist auch nicht zu entnehmen, dass ausschließlich [X.] als zur Erfindung gehörend anzusehen sind, die gerade und ungerade Mäandermuster aufweisen, die zueinander phasenverschoben
sind. Zwar sehen die Ansprüche 1 und 13 sowie die darauf rückbezogenen [X.] Ansprüche der ursprünglichen Anmeldung eine solche Anordnung vor;
jedoch ergibt sich der Inhalt der Patentanmeldung aus der Gesamtheit der [X.] und nicht nur aus den darin enthaltenen Ansprüchen. Insoweit hat be-reits das Patentgericht zutreffend ausgeführt, dass in der Beschreibung unter der Überschrift "Zusammenfassung der Erfindung"
von der Ausbildung der [X.] in gerade und ungerade Mäandermuster, die außer Phase zueinander sind, lediglich im Hinblick auf "eine Ausführungsform"
die Rede ist
(Anmeldung, S. 2, [X.] 23 ff.: "one embodiment"), während "der Stent der [X.]
-
13
-
genden Erfindung"
zuvor allgemein als Röhre mit einer gemusterten Form be-schrieben wird, die in sich verschlungene erste und zweite Mäandermuster aufweist
und bei der die Achsen sich in erste und zweite Richtungen erstrecken (Anmeldung, S. 2, [X.] 16 ff.: "[X.] invention").
Auch
an ande-rer Stelle in der Beschreibung heißt es allgemein, dass die Erfindung
alle [X.] umfassen solle, die
mit einem Muster hergestellt seien, das
aus zwei Mäan-dermustern ausgebildet sei, unabhängig davon, ob diese orthogonal oder an-dersartig seien
(Anmeldung, S. 7, 31 ff.). Der nebengeordnete Patentanspruch 6 der [X.] sieht

anders als Patentanspruch
1

nicht vor, dass der Stent ungerade erste Mäandermuster aufweist, die 180° außer Phase mit geraden ersten Mäandermustern sind. In der
ursprünglichen Anmeldung findet sich
auch im Übrigen, wie auch der gerichtliche Sachverständige in sei-nem Gutachten hervorhebt,
kein Hinweis darauf, dass [X.], bei denen das erste Mäandermuster nicht aus phasenverschobenen ersten und
zweiten [X.] besteht, ausgeschlossen sind. Dem steht die Darstellung verschobener [X.] in den Figuren 1 bis 8 nicht entgegen, die lediglich beispielhaft drei erfin-dungsgemäße Ausführungsformen wiedergeben
(Anmeldung, S. 3 f.). Auch die Ausführungen des
gerichtlichen
Sachverständigen, dass nur [X.] von dem Problem der Längenverkürzung während der [X.] betroffen seien, führen zu keinem anderen Verständnis vom Offenbarungsge-halt der ursprünglichen Anmeldung.
Nach den Angaben in der Beschreibung ist es zwar ein Ziel der anmeldungsgegenständlichen Erfindung, einen flexiblen Stent bereitzustellen, der während der Ausdehnung minimal in der Längsrich-tung schrumpft
(Anmeldung, S.
3, [X.]
16 ff.). Das erlaubt jedoch nicht den Schluss, dass
diese
beiden Vorgaben (Flexibilität und minimale Schrumpfung in Längsrichtung bei Ausdehnung)
nur bei phasenverschobenen [X.] erreicht werden sollen.

-
14
-
Aus den vorstehenden Gründen kann auch nicht dem [X.]
zugestimmt werden, der

bestätigt vom [X.] (Urteil vom 4.
April 2014

13/00522
Rn. 3.2.6; ähnlich im Ergebnis auch der [X.] High Court,
Urteil vom 27. Mai 2011
2008 No. 10436 P Rn. 13 ff.) -
entschieden
hat, dass die Erfindung auf phasenverschobene [X.] beschränkt sei, weil [X.] in der ursprünglichen Anmeldung des Streitpatents ein Hinweis zu [X.] sei, dass auch [X.] mit andersartigen Mäandermuster als zur Erfindung gehörend anzusehen seien
([X.], Urteil vom 30. Oktober 2012

200.059.579/01
Rn. 9.1 ff.,
10.9,
11). Vielmehr gilt umgekehrt, dass -
unter Berücksichtigung der weiteren obigen Erwägungen -
auch [X.] mit (im vorgenannten Sinne) phasengleichen Mäandermustern als zur Erfindung gehö-rend anzusehen, weil diese nirgendwo in der ursprünglichen Anmeldung von der Erfindung ausgeschlossen werden.
2.
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist auch patentfähig.
a)
Er wird von keiner der vorgelegten Entgegenhaltungen
vorwegge-nommen.
(1)
Die US-amerikanische
Patentschrift 4 856 516 ([X.] 8) offenbart einen länglichen, zylindrischen und expandierbaren Stent, der aus einem mäander-förmig gebogenen Draht gefertigt ist und sich in eine erste Richtung [X.] in Gestalt der [X.] 50 und sich in eine (von der ersten verschiedene) zweite Richtung erstreckende zweite Mäandermuster in Gestalt eines axialen Rückgrates 52/54 aufweist
([X.] 8, [X.]. 3, [X.] 31 ff.; [X.] 1 und 6; Figur 2A). Als eine zweite Stützanordnung wird vorgeschlagen, gegenüberliegend dem axialen Rückgrat 52/54 einen einzelnen gewundenen Draht ("convoluted
wire") hinzuzufügen ([X.] 8, [X.]. 4, [X.] 17 ff.), so dass der 22
23
24
25
-
15
-
Stent auch insoweit über ein sich in eine zweite Richtung erstreckendes Mäan-dermuster verfügt. Wie auch der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, ist
dem Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltung
nicht zu ent-nehmen, dass die sich axial erstreckenden, Rückgrate bildenden Drahtabschnit-te bzw. Drähte beim [X.] völlig gerade gezogen werden, so dass
keine Mäandermuster mehr bestehen. Vielmehr sollen die [X.] bzw. Drähte nach den ausdrücklichen Angaben in der [X.] 8 gewunden ("convoluted")
sein ([X.] 8, [X.]. 4, [X.] 17 ff.; Anspruch 6), sich bei der Herstellung nicht unge-bührlich verformen ([X.] 8, [X.]. 3, [X.] 62 ff.: "[X.]") und werden in gewundenem Zustand
auch in den Figuren 2 und 2A der Entge-genhaltung gezeigt. Im Hinblick auf die zeichnerische Darstellung in den Figu-ren 2 und 2A kann auch nicht erfolgreich in Abrede gestellt werden, dass eine einzelne Schlaufe jedes der durch die axialen Drähte 52/54 gebildeten zweiten Mäandermuster zwischen jedem der durch die [X.] 50 gebildeten be-nachbarten ersten Mäandermuster angeordnet ist.
Der in der [X.] 8 offenbarte Stent
ist jedoch in der Variante mit einem zweiten sich axial erstreckenden gewundenen Draht nicht einstückig aus einem einheitlichen Rohr gebildet. Denn der zweite Draht wird nach den ausdrückli-chen Angaben der Entgegenhaltung als zweite Stützanordnung hinzugefügt ([X.] 8, [X.]. 4, [X.] 17 ff.: "

the ").
Wird hingegen kein zweiter Draht als zusätzliche Stützanordnung hinzu-gefügt, definieren die durch die [X.] 50 gebildeten ersten und die durch den sich axial streckenden Teil des einzigen Drahtes 52/54 gebildeten zweiten Mäandermuster keine Mehrzahl von umschlossenen Räumen
(Merkmal 5). Vielmehr besteht zwischen diesen ersten und zweiten Mäandermustern jeweils 26
27
-
16
-
nur ein einzelner Raum, der auch nicht umschlossen ist, weil das zweite Mäan-dermuster den Raum in axialer Richtung nur an einer Seite umschließt.
(2)
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 wird auch nicht in der euro-päischen Patentanmeldung 0 540 290
([X.] 5)
offenbart. Die
in dieser Entge-genhaltung in den Figuren 5 und 11 gezeigten [X.] weisen keine sich in eine zweite Richtung, die unterschiedlich zur Richtung der durch die Schlaufen 12 gebildeten (ersten) Mäanderstruktur ist, erstreckenden
zweiten
Mäandermuster auf. Diese können nicht in den geraden Verbindungsstücken 13 gesehen wer-den. Selbst wenn dies anders gesehen würde, fehlte es an einer einzelnen Schlaufe des zweiten Mäandermusters, die zwischen jedem der benachbarten ersten Mäandermuster angeordnet sein soll. Denn diese einzelne Schlaufe darf, wie ausgeführt,
nicht, auch nicht teilweise, dem zweiten Mäandermuster zuge-hörig sein.
Entsprechend fehlt es auch an einer neuheitsschädlichen Vorweg-nahme durch die internationale Patentanmeldung [X.] ([X.] 7).
(3)
Der Gegenstand von
Patentanspruch 1 ist
nicht der internationalen Anmeldung [X.] 95/31945
([X.] 6)
zu entnehmen. Der dort offenbarte Stent weist zwar in axialer Richtung ein Mäandermuster auf. In Umfangsrichtung ist er [X.] statt eines Mäandermusters mit einem Muster aus geschlossenen Schlau-fen ausgestattet, so dass
es
insoweit an einem zweiten Mäandermuster fehlt.
(4)
Die übrigen von den [X.] vorgelegten Entgegenhaltungen liegen noch weiter vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 entfernt und [X.] diesen erst Recht nicht vorweg.
b)
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung hat sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus einer Kombination der [X.] Patentschrift 5 104 404 ([X.] 9) mit der [X.] Pa-28
29
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31
-
17
-
tentanmeldung [X.] 5 ergeben, auf welche die [X.] in diesem Zusam-menhang
abheben.

Die [X.] 9 offenbart in den Figuren 1 bis 6 einen aus zusammenge-schweißten [X.] bestehenden einstückigen zylindrischen Stent,
der über
radial expandierbare
[X.]egmente 12 verfügt, die jeweils durch ein Scharnier 14 oder 12 miteinander verbunden sind, wobei die
gezeigten [X.] entweder eine gerade oder eine gewendelte Form
haben
([X.] 9, [X.]. 3, [X.]
40 ff.). Ein solcher Stent weist zwar ein sich in Umfangrichtung erstreckendes erstes Mäandermuster auf. Die gezeigten Scharniere 14 und 12 bilden jedoch kein zweites Mäandermuster, das sich in eine zweite, von der Richtung des [X.]s unterschiedliche Richtung erstreckt.
Selbst wenn den [X.] darin gefolgt wird, dass der Fachmann, angeregt durch die allgemeinen Ausführungen in der Entgegenhaltung, dass auch jede andere Metallform mit den erforderlichen Scharniereigenschaften für dieses Scharniersegment verwendet werden könne, daran denkt, die [X.] -
abweichend von dem [X.]

mit einem Zick-Zack-Muster zu ver-sehen, ist damit der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten [X.] noch nicht nahegelegt. Denn in der [X.] 8 wird lediglich die Verwendung von einem Scharnier als Verbindung zwischen zwei [X.] 12 offen-bart, so dass weiterhin die ersten und zweiten Mäandermuster keine Mehrzahl von umschlossenen Räumen bilden würden, wie auch der gerichtliche Sachver-ständige zutreffend ausgeführt
hat.
Entgegen der Ansicht der [X.] wurde
der Fachmann auch nicht dazu angeregt, das ihm in der [X.] 9
offenbarte
alleinige
Scharnier
durch zwei oder mehrere solcher Elemente zu ersetzen. In der [X.] 9
wird dem Fachmann erläutert, dass die (alleinigen) Scharniere vorteilhafterweise an der gleichen 32
33
34
-
18
-
Seite anzubringen seien, so dass diese bei einer Biegung der Arterie [X.] an der Außenseite anliegen, so dass dort ein besserer Halt entstehe, während die Innenkante des [X.] geschlossen sein könne, um auf dieser Sei-te für zusätzlichen Halt zu sorgen. In Fällen, bei denen die Arterie zunächst in einer Richtung und dann in der Gegenrichtung gekrümmt ist, soll das erste Scharnier (zwischen dem ersten und dem zweiten Segment) auf der einen und das zweite Scharnier (zwischen dem zweiten und dem dritten Segment) auf der Gegenseite angeordnet sein, um für die erforderliche, passende Stent-Gelenkbildung zu sorgen ([X.] 9, [X.]. 1, [X.] 61 ff.; [X.]. 3, [X.] 40 ff.). Mit diesen [X.] ist es unvereinbar, eine zweites Scharnier zwischen zwei Stent-segmenten
anzuordnen, so dass der Fachmann entgegen der Ansicht der Klä-gerinnen auch nicht durch die [X.] 5 veranlasst wird, die für den dort offenbarten Stent mit Ringelementen
vorgesehenen
mehreren
Verbindungselementen
(vgl. [X.] 5, [X.]. 5, [X.] 57 ff.; Figuren
7 bis 10) auf den aus der [X.] 9
bekannten Stent zu übertragen.
Aber auch eine Kombination der [X.] 8 mit der [X.] 5 vermag den Gegen-stand von Patentanspruch 1 nicht nahezulegen. Wie bereits erläutert, bezieht sich die [X.] 8 auf einen länglichen, zylindrischen und expandierbaren Stent, der aus einem mäanderförmig gebogenen Draht gefertigt ist. Gegenstand der in der [X.] 8 offenbarten Erfindung ist zum einen die besondere Art der Herstellung eines zylindrischen [X.] durch Wickeln eines langgestreckten Drahtes in ei-ner
Aufeinanderfolge um einen zylindrischen Montagedorn zur Bildung einer Reihe von [X.]abschnitten (vgl. [X.] 8, [X.]. 5, 3, [X.] 49 ff.; Figur 3; An-spruch
7). Gegenstand der in der [X.] 8 offenbarten Erfindung ist zum anderen ein fertig hergestellter Stent, der aus einem langgestreckten Draht gebildet sein soll, der zur Bildung einer Aufeinanderfolge von in relativ engem Abstand lie-genden Windungen oder Biegungen auch in Form einer Mehrzahl von [X.]
-
19
-
gen gebogen ist, die im Abstand entlang der axialen Dimension des [X.] an-geordnet und durch eine Reihe von [X.] miteinander [X.] sind (vgl. [X.] 8, [X.]. 5, [X.]
14 ff.; Figuren
2 und 2A; Anspruch
1). Vor dem Hintergrund dieses [X.]
hatte der Fachmann keine Veran-lassung, über ein anderes
Material als Draht zur Herstellung des in der [X.] 8 offenbarten [X.] nachzudenken, auch wenn ihm aufgrund seines allgemeinen Fachwissens zum Prioritätszeitpunkt durchaus, etwa aus der [X.] oder aus der [X.] 5 (vgl. [X.] 5, [X.]. 3, [X.] 28 ff.; [X.]. 6, [X.] 50 ff.; Ansprüche 5, 11 und 15), allgemein bekannt war, dass [X.] nicht nur aus Draht, sondern auch aus fla-chem Metall hergestellt werden können.
Ging der Fachmann demgegenüber zunächst von der [X.] 5 aus, ist nicht ersichtlich, dass ihn der in der [X.] 8 offenbarte Stent aus Draht dazu hätte [X.] können, die Verbindungselemente 13 des dort in Figur 11 gezeigten [X.] als zweites Mäandermuster auszugestalten. Zudem fehlt es an einer An-regung,
bei dem in Figur 11 gezeigten Stent einzelne Schlaufen
zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern 12 vorzusehen.
36
-
20
-
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 [X.] in [X.] mit §§ 91, 97 ZPO.

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 21.01.2011 -
4 [X.] ([X.]) -

37

Meta

X ZR 19/11

29.04.2014

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2014, Az. X ZR 19/11 (REWIS RS 2014, 6029)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6029

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