Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2011, Az. XII ZB 328/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 906

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 328/10

vom

30. November 2011

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 18 Abs. 1 bis 3
a)
Bei [X.] in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung, die jeweils in den alten Bundesländern erworben wurden, handelt es sich um Anrechte gleicher Art im Sinne des §
18 Abs.
1 [X.].
b)
Maßgebliche Bezugsgröße für die gesetzliche Rentenversicherung im [X.] des §
5 Abs.
1 [X.] sind Entgeltpunkte (§§
63, 64 Nr.
1 SGB
VI); für die
Beurteilung, ob die Bagatellgrenze überschritten ist, ist der Kapital-wert heranzuziehen.
c)
Auf Anrechte gleicher Art im Sinne von §
18 Abs.
1 [X.] findet §
18 Abs.
2 [X.], der den Ausgleich "einzelner" Anrechte regelt, keine Anwendung.
[X.], Beschluss vom 30. November 2011 -
XII ZB 328/10 -
OLG Stuttgart

[X.]

-
2 -

Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30.
November 2011
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne und die Richter Weber-Monecke, Dose, Schilling und Dr.
Günter
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 15.
Zivilsenats -
Familiensenat
-
des [X.]s Stuttgart vom 15.
Juni 2010 aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts -
Familiengericht
-
Heilbronn vom 17.
März 2010 in der Entscheidung zum Versorgungsausgleich zu Ziff.
II
2. geän-dert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der [X.], Versicherungsnummer

,
zu Gunsten des Antrag-stellers ein
Anrecht in Höhe von 0,3094
Entgeltpunkten auf sein Versicherungskonto Nummer

bei der [X.], bezogen auf den 30.
September 2009,
übertragen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander auf-gehoben; die weiteren Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung der ersten Instanz.
[X.]: 1.000

-
3 -

Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über den Versorgungsausgleich.
Auf den am 13.
Oktober 2009 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 17.
März 2010 die am 23.
Juli 2004 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Antragsgegnerin (im [X.]: Ehefrau) rechtskräftig geschieden
und den Versorgungsausgleich geregelt.
Beide Eheleute haben während der Ehezeit (1.
Juli 2004 bis 30.
Sep-tember 2009, §
3 [X.]) ausschließlich jeweils ein Anrecht in der gesetz-lichen Rentenversicherung erworben. Das Amtsgericht hat den [X.] derart durchgeführt, dass es,
bezogen auf den 30.
September 2009 als Ende der Ehezeit,
zu Lasten des Anrechts des Ehemannes in der [X.] im Wege der internen Teilung 2,2579
Entgeltpunkte auf das Konto der Ehefrau übertragen und nach §
18 Abs.
2, 3 [X.] von einem Ausgleich des Anrechts der Ehefrau in Höhe eines Ehezeitanteils von 0,6188
Entgeltpunkten (Ausgleichswert: 0,3094
Entgeltpunkte) abgesehen hat.
Das [X.] hat die Beschwerde des Ehemanns, mit der er den Ausgleich auch der Anwartschaft der Ehefrau begehrt, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine vom [X.] zugelassene Rechtsbe-schwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
70 Abs.
1 FamFG statthaft. An die uneingeschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesge-1
2
3
4
5
-
4 -

richt ist der Senat gebunden (§
70 Abs.
2 Satz
2 FamFG).
Die Rechtsbe-schwerde
ist auch im Übrigen zulässig.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefoch-tenen Entscheidung und Abänderung des Beschlusses des Familiengerichts.
1.
Das [X.] hat seine Entscheidung, die in [X.], 1805 veröffentlicht ist, wie folgt begründet:
Die Einbeziehung der Versorgungsanrechte der Ehefrau in den [X.] sei zwar nicht nach §
18 Abs.
1 [X.] ausgeschlossen; jedoch lägen die Voraussetzungen des §
18 Abs.
2 [X.] vor, denn der Ausgleichswert sei gering. [X.],
die eine Durchführung des Versorgungsausgleichs dennoch rechtfertigen würden, habe der Ehemann nicht dargelegt und seien auch nicht ersichtlich. Insbesondere die "versor-gungswirtschaftliche"
Lage der Beteiligten rechtfertige kein Abweichen von der gesetzlichen Regelung. Auch scheide eine Saldierung der beiderseitigen An-rechte der Ehegatten, wie sie §
18 Abs.
3 Satz
2 [X.]-RegE (BT-Drucks. 16/10144 S.
11) zunächst für Fälle der vorliegenden Art vorgesehen habe, aus. Die Ausnahme vom Grundsatz der Nichtdurchführung des [X.]s sei allein wegen der Belange der Ehegatten und nicht auch der Versorgungsträger zulässig.
2.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Im Ergebnis zutreffend ist das [X.]
aber davon [X.],
dass die Voraussetzungen des §
18 Abs.
1 [X.] nicht vorlie-gen. Danach soll das Familiengericht Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer [X.] gering ist.
Anrechte gleicher Art sind 6
7
8
9
10
-
5 -

also zu saldieren
und der [X.] mit der jeweiligen Bagatellgrenze zu vergleichen.
aa) Beide Ehegatten haben jeweils ein Anrecht in der gesetzlichen Ren-tenversicherung in den alten Bundesländern erworben. Dabei handelt es sich um Anrechte gleicher Art.
Die wertbildenden Faktoren der in den Versorgungsausgleich fallenden Anrechte unterscheiden sich teilweise erheblich. [X.] [X.], die am Ende der Ehezeit annähernd gleich hoch sind, können daher zu nicht mehr vergleichbaren Versorgungsleistungen führen. Normzweck des §
18 Abs.
1 [X.] ist, dass ein "wirtschaftlich letztlich nicht erforderlicher Hin-und-her-Ausgleich von beiderseitigen [X.] der Ehegatten"
vermieden wird (BT-Drucks. 16/11903 S.
54). Dies kann sich aber nur auf Anrechte beziehen, die in den wesentlichen Fragen wie im Leistungsspektrum, im Finanzierungs-verfahren, bei den Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung und bei den weiteren
wertbildenden Faktoren (etwa dem Insolvenzschutz) strukturell über-einstimmen, wobei [X.] nicht erforderlich ist (BT-Drucks. 16/11903 S.
54; 16/10144 S.
55). Entscheidend für die Gleichartigkeit ist also, dass den [X.] beider Ehegatten nicht nur annähernd vergleichbare kapitalisierte [X.] zuzuordnen sind, sondern dass diese Werte auch zu einer ver-gleichbaren Absicherung und zu ähnlich hohen Versorgungsleistungen führen (vgl. auch [X.] 4.
Aufl. §
18 Rn.
9; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 5.
Aufl. §
18 Rn.
4; [X.]/[X.] 5.
Aufl. §
18 [X.] Rn.
7).
Für die Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung trifft §
120
f Abs.
1 SGB
VI eine ausdrückliche Regelung. Danach gelten als erworbene An-11
12
13
-
6 -

rechte gleicher Art im Sinne des §
10 Abs.
2 [X.] die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte.
Auch wenn §
120
f Abs.
1 SGB
VI ausdrücklich nur auf "Anrechte glei-cher Art im Sinne des §
10 Abs.
2 [X.]"
Bezug nimmt, ist dessen [X.] im Rahmen des §
18 [X.] zu berücksichtigen. Dafür spricht die begriffliche Identität, die vom Gesetzgeber bewusst gewählt wurde. Dies wird daraus deutlich, dass die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses wegen des Begriffs der "Anrechte gleicher Art"
auf die Begründung des [X.] zu §
10 Abs.
2 [X.] verweist (BT-Drucks. 16/11903 S.
54; im Ergebnis auch [X.] 4.
Aufl. §
18 Rn.
9; [X.] [X.]
in der Praxis
VIII Rn.
49; NK-BGB Götsche §
18 Rn.
7; [X.]/[X.] 5.
Aufl. §
18 [X.] Rn.
7). Auch sind keine [X.] Gründe ersichtlich, die es erfordern, den gleichlautenden [X.] unterschiedliche Bedeutungen zukommen zu lassen.
[X.]) Die Differenz der [X.] ist gering, wenn sie am Ende der Ehezeit die in §
18 Abs.
3 [X.] genannte
Bagatellgrenze nicht über-schreitet. Ist die maßgebliche Bezugsgröße ein Rentenwert, beträgt die [X.]
% der monatlichen Bezugsgröße nach §
18 Abs.
1 SGB
IV. In allen anderen Fällen kommt es darauf an, ob der Kapitalwert 120
% der monatlichen Bezugsgröße nach §
18 Abs.
1 SGB
IV übersteigt. Insoweit ist zu beachten, dass
sich die Begriffe maßgebliche "Bezugsgröße"
im Zusammenhang mit dem Renten-
bzw. Kapitalbetrag und monatliche
"Bezugsgröße"
nach §
18 Abs.
1 SGB
IV auf unterschiedliche Werte beziehen.
Soweit das [X.] bei der Prüfung, ob die Differenz der [X.] die Bagatellgrenze überschreitet, die Rentenwerte als monatliche Bezugsgrößen zugrunde gelegt hat, ist dies unzutreffend; es hätte vielmehr die 14
15
16
-
7 -

Prüfung anhand der Kapitalwerte vornehmen müssen. Maßgebliche Bezugs-größe für die gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des §
5 Abs.
1 [X.]
sind Entgeltpunkte (§§
63, 64 Nr.
1
SGB
VI), also nicht ein Ren-tenbetrag, so dass ein "anderer Fall"
nach §
18 Abs.
3 [X.] vorliegt und der Kapitalwert heranzuziehen ist (im Ergebnis auch [X.] [X.] vom 12.
Januar 2011 -
15
UF
136/10
-
juris Rn.
32; OLG Düsseldorf Beschluss vom 27.
Dezember 2010 -
7
UF
182/10
-
juris Rn.
18; [X.] FamRZ 2011, 646; [X.] Beschluss vom 4.
November 2010

2
UF
349/10
-
juris Rn.
26; [X.] Beschluss vom 9.
September 2010

23
UF
478/10
-
juris Rn.
12;
[X.] NJW 2010, 3310, 3311;
[X.] [X.], 1664, 1665; OLG Celle [X.], 979, 980;
Bergner NJW 2010, 3269, 3271; [X.] 2010, 344, 346;
[X.] FuR 2011, 436, 438;
aA [X.]/[X.] 5.
Aufl. §
18 [X.] Rn.
15
ff.; [X.] 3.
Aufl. Rn.
508).
Gründe, bei der Beurteilung der Geringwertigkeit von [X.] in der gesetzlichen Rentenversicherung von der gesetzlichen Vorgabe abzuweichen, sind nicht ersichtlich. Soweit in der Beschlussempfehlung des [X.] in einem Beispielsfall ohne nähere Erläuterung der Ausgleichswert in der gesetzlichen Rentenversicherung neben Entgeltpunkten ein Rentenbetrag ge-nannt wird (BT-Drucks. 16/11903 S.
54), vermag dies das
aus dem Gesetz fol-gende Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Versorgungsträger nach §
5 Abs.
3 [X.] im Verfahren lediglich einen Ausgleichswert (in Form der für das jeweilige Versorgungssystem maß-geblichen Bezugsgröße, in der gesetzlichen Rentenversicherung also in [X.]) sowie -
falls es sich dabei nicht um einen Kapitalwert handelt
-
den korrespondierenden Kapitalwert in [X.] vorzuschlagen hat, nicht aber den zu-gehörigen Rentenwert. Würde man bei der Prüfung der Bagatellgrenzen die gesetzliche Rente
nach ihrem Rentenwert beurteilen, den der [X.] 17
-
8 -

nach dem Gesetz gar nicht mitteilen muss, hätte der Begriff "Bezugsgröße"
in §
5 [X.] eine andere Bedeutung als in §
18 [X.]: In §
5 [X.]
ist es die Zahl der Entgeltpunkte, in §
18 [X.] wäre es das Ergebnis der Umrechnung dieser Bezugsgröße in eine Monatsrente. Für eine derartige Unterscheidung besteht kein Anlass
(ebenso Gutdeutsch [X.], 949, 950).
Indessen ergibt auch die danach gebotene Überprüfung anhand des kor-respondierenden Kapitalwerts, dass die maßgebliche Bagatellgrenze
über-schritten ist und §
18 Abs.
1 [X.] einem Ausgleich beider Anrechte nicht entgegensteht. Der Versorgungsträger des Ehemannes, dessen Auskunft in-haltlich von keiner Seite angegriffen wird, schlägt einen Ausgleichswert von 2,2579
Entgeltpunkten vor. Dies entspricht einem korrespondierenden Kapital-wert von 13.874,62

-
ebenso unbestrittene
-
Aus-gleichswert 0,3094
Entgeltpunkte. Dies ergibt einen korrespondierenden Kapi-talwert von 1.901,24

sgleichswerte beträgt 11.973,38

und liegt somit deutlich über der bei [X.] geltenden Baga-tellgrenze von 3.024

% der monatlichen Bezugsgröße von 2.520

b) [X.] hat jedoch das [X.] das Anrecht der Ehe-frau in der gesetzlichen Rentenversicherung nach §
18 Abs.
2 [X.] vom Versorgungsausgleich ausgenommen. §
18 Abs.
2 [X.] findet vorlie-gend keine Anwendung.
aa) Allerdings ist das Beschwerdegericht
zu Recht davon ausgegangen, dass das hier betroffene Anrecht der Ehefrau einen geringen Ausgleichswert im Sinne von §
18 Abs.
2
und 3
[X.] aufweist. Er beläuft sich auf 0,3094
Entgeltpunkte; hieraus errechnet sich ein korrespondierender Kapital-wert von 1.901,24

unterschreitet die
Bagatellgrenze des §
18 18
19
20
-
9 -

Abs.
3 [X.] von 3.024

"gering"
im Sinne des
§
18 Abs.
2 [X.] ist.
[X.]) Streitig ist jedoch, ob §
18 Abs.
2 [X.] überhaupt auf Anrech-te "gleicher Art"
im Sinne von
§
18 Abs.
1
[X.]
Anwendung findet. Nach §
18 Abs.
2 [X.] soll das Familiengericht einzelne Anrechte nicht aus-gleichen, wenn sie einen geringen Ausgleichswert aufweisen.
Einerseits wird vertreten, dass auch ein Anrecht "gleicher Art"
im Sinne des
§
18 Abs.
1 [X.] im Falle eines geringen [X.]s nach §
18 Abs.
2 [X.] vom Ausgleich ausgeschlossen sein
kann ([X.], 979, 980; [X.] FamRZ 2011, 899, 900; [X.] NJW 2010, 3310,
3311;
Bergner NJW 2010, 3269, 3270; [X.] [X.] in der Praxis VIII Rn.
62; [X.]/[X.] 5.
Aufl. §
18 [X.]
Rn.
11, 21; [X.]/Brudermüller BGB 70.
Aufl. §
18 [X.] Rn.
4; vgl. auch [X.] FamRZ 2011, 646, wonach zwar die Anwen-dung des Absatzes
2 nicht ausgeschlossen sein soll, ein Ausgleich gleichwohl wegen nicht nennenswerten Aufwandes durchzuführen ist). Begründet wird dies u. a. damit, dass der Wortlaut der Vorschrift keine Einschränkung vorsieht.
Nach anderer
Ansicht kommt §
18 Abs.
2 [X.] bei gleichartigen
[X.], die
nicht nach §
18 Abs.
1
[X.] aus dem Versorgungsaus-gleich ausgeschlossen sind, nicht zur Anwendung ([X.] vom 10.
Ja-nuar 2011 -
2
UF
63/10
-
juris Rn.
19
ff.; [X.] [X.], 1664, 1665; [X.] 2010, 344, 346;
[X.] FuR 2011, 436, 438).
cc) Der zuletzt genannten Auffassung ist der Vorzug zu geben.
Sie findet nicht nur im Wortlaut der Norm ihre Stütze, sondern wird auch durch eine teleo-logische bzw. verfassungskonforme Auslegung bekräftigt.
21
22
23
24
-
10 -

Der Wortlaut des §
18 [X.] unterscheidet zwischen [X.] "gleicher Art"
(Absatz
1)
und "einzelnen"
[X.]
(Absatz
2). Dabei ist "[X.]"
als Abgrenzung zu "gleicher Art"
zu verstehen.
Die beim Wortlaut vorgenommene Differenzierung beruht auf Sinn und Zweck der Norm des §
18 [X.].
Nach der Gesetzesbegründung gibt die Regelung in §
18 [X.] eine Antwort auf Fallkonstellationen, bei denen die Durchführung des Versorgungsausgleichs unverhältnismäßig und aus Sicht der Parteien nicht vorteilhaft sei. In den Fällen des §
18 Abs.
1 [X.] sei der [X.] bei Ehezeitende gering, weshalb sich ein Hin-und-her-Ausgleich unter dem Aspekt der Teilhabe in der Regel nicht lohne (BT-Drucks. 16/10144 S.
60). Der Verzicht auf die Teilhabe an kleinen [X.]n im Rahmen des §
18 Abs.
2 [X.] entlaste vor allem die Versorgungsträger, weil mit dem reformierten Teilungssystem durch die Teilung und Aufnahme ei-nes neuen Anwärters ein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand [X.] sei (BT-Drucks. 16/10144 S.
38, 60). [X.] ist danach vornehm-lich die Vermeidung eines solchen.
Im Übrigen widerspräche
die von der [X.] vorgenommene Auslegung den Grundsätzen einer
verfassungskonformen Auslegung.
Zwischen
§
18 [X.] und dem im Versorgungsausgleich geltenden Halbteilungs-grundsatz (§
1 Abs.
1 [X.]) besteht ein Spannungsverhältnis. Mit der hälftigen Teilung der erworbenen Anrechte soll die gleiche Teilhabe der Ehe-gatten an dem in der Ehe erwirtschafteten Vorsorgevermögen gewährleistet werden (BT-Drucks.
16/10144 S.
31, 45; [X.] 4.
Aufl. §
1 [X.]
Rn.
2). Zwar kann
die
Durchbrechung des [X.]es im Einzelfall durchaus gerechtfertigt sein. Eine entsprechende Regelung muss jedoch verhältnismäßig sein.
25
26
27
-
11 -

Die Regelung des §
18 [X.] ist zwar grundsätzlich geeignet, das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel
zu erreichen, die Versorgungsträger vor einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand hinsichtlich eines für die Parteien
nicht vorteilhaften Ausgleichs zu bewahren. Wenn jedoch ein Ausgleich von [X.] gleicher Art nach §
18 Abs.
1 [X.] stattzufinden hat, weil die [X.] über der Bagatellgrenze liegt, würde das [X.] nicht er-reicht, wenn ein solches Anrecht zugleich als "einzelnes Anrecht"
der weiteren Prüfung nach Absatz
2 unterworfen wird. Denn der Verwaltungsaufwand, der beim Versorgungsträger durch den Ausgleich dieses Anrechts entsteht, fällt neben dem ohnehin entstehenden Aufwand für den Ausgleich des vom anderen Ehegatten erworbenen Anrechts gleicher Art nicht entscheidend ins Gewicht (vgl. [X.] FuR 2011, 436, 439). Hinzu kommt, dass §
18 Abs.
2 [X.] neben der Reduzierung des Verwaltungsaufwands den weiteren Zweck hat, sog. Splitterversorgungen zu vermeiden. Solche entstehen aber nicht, wenn beide Eheleute ohnehin gleichartige Anrechte haben und der Ausgleich über die bestehenden Konten durch Umbuchung erfolgt.
Im Übrigen würden in Fällen der vorliegenden
Art, in denen die Wertdiffe-renz der beiderseitigen Anrechte gleicher Art nach §
18 Abs.
1 [X.] hin-reichend groß, der Ausgleichswert eines dieser Anrechte aber im Sinne von
§
18 Abs.
2 [X.] gering ist, bei der kumulativ möglichen Anwendung des §
18 Abs.
2 [X.] die
vom Gesetzgeber ebenfalls in den Blick genomme-nen Belange der Parteien (vgl. dazu BT-Drucks.
16/10144 S.
60) nicht hinrei-chend beachtet. Dies zeigt schon der vorliegende Fall. Für den Antragsteller wäre es durchaus vorteilhaft, wenn die Anwartschaft der Antragsgegnerin in den Ausgleich eingestellt würde, weil sich dadurch die
Gesamtbelastung zu seinen Gunsten
reduzierte, ohne allerdings -
wie die Prüfung des §
18 Abs.
1 [X.]
gezeigt hat
-
unter die Bagatellgrenze zu fallen.
28
29
-
12 -

Da die gesetzlichen Zielvorstellungen in dieser Fallkonstellation nicht er-füllt werden können, tritt der [X.] in den Vordergrund. Seine Durchbrechung durch die Anwendung der [X.] wäre in diesen Fällen
sachlich
nicht zu rechtfertigen. Sie wäre zur Erreichung des gewünschten Zwecks nicht geeignet und darüber hinaus auch im engeren Sinne unverhält-nismäßig, weil insofern maßgeblich auf die Ausgleichsdifferenz abzustellen ist. Von
daher
schließt auch eine verfassungskonforme Auslegung die Anwendung des §
18 Abs.
2 [X.] aus.
3.
Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, weil diese zur Endentscheidung reif ist. Da
die Überprüfung nach §
18 Abs.
1 [X.] er-geben hat, dass die Differenz der
[X.] der beiderseitigen Anrechte 30
31
-
13 -

gleicher Art die maßgebliche Bagatellgrenze des §
18 Abs.
3 [X.] über-schritten hat, sind unter Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts beide Anrechte im Wege der internen Teilung nach §
10 Abs.
1 [X.] auszu-gleichen.
Hahne

Weber-Monecke

Dose

Schilling

Günter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.03.2010 -
4 F 2067/09 -

OLG Stuttgart, Entscheidung vom [X.] -
15 UF 85/10 -

Meta

XII ZB 328/10

30.11.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2011, Az. XII ZB 328/10 (REWIS RS 2011, 906)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 906

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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