Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.02.2010, Az. B 6 KA 3/09 B

6. Senat | REWIS RS 2010, 9774

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - Änderung der Berufsbezeichnung von Praktischer Arzt in Arzt für Allgemeinmedizin bei Fehlen einer fünfjährigen Weiterbildung - Änderung der Berufsbezeichnung mit zeitlicher Begrenzung ist rechtens - eventueller Wettbewerbsvorteil durch andere Berufsbezeichnung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht


Tatbestand

1

Der seit dem 1.9.2006 in [X.] zur vertragsärztlichen Versorgung als "Praktischer Arzt" zugelassene Kläger begehrt die Verpflichtung der beklagten [X.] ([X.]), ihn als "Arzt für Allgemeinmedizin" im [X.] zu führen.

2

Der Kläger war unter der Bezeichnung "Praktischer Arzt" bereits seit März 1996 im [X.] eingetragen und beantragte anlässlich seines Antrags auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Februar 2006 bei der Beklagten die Richtigstellung des [X.]. Er wies nach, dass ihm die [X.] mit Urkunde vom 1.7.2004 auf der Grundlage des [X.] die Berechtigung erteilt habe, die Bezeichnung "Facharzt für Allgemeinmedizin" zu führen.

3

Mit seinem Begehren ist der Kläger ohne Erfolg geblieben. Die Beklagte hat ihre Entscheidung unter Hinweis auf § 95a [X.] damit begründet, der Kläger habe die für eine Eintragung als Arzt für Allgemeinmedizin erforderliche fünfjährige Weiterbildung nicht absolviert. Die Übergangsfrist, bis zu der auch Ärzte mit einer nur dreijährigen Weiterbildung als Ärzte für Allgemeinmedizin eingetragen werden konnten, sei am 31.12.2005 abgelaufen.

4

Widerspruch, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das [X.] ([X.]) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die vom Kläger gewünschte Änderung der Arztbezeichnung im [X.] sei nach den Vorschriften für eine Neueintragung zu beurteilen. Da seit dem 1.1.2006 nur dann eine Eintragung als Arzt für Allgemeinmedizin ins [X.] möglich sei, wenn er eine fünfjährige Weiterbildung absolviert habe, sei eine Eintragung unter dieser Arztbezeichnung für den Kläger ausgeschlossen. Die Verlängerungstatbestände, vor allem im Hinblick auf Verzögerungen bei der Weiterbildung im Zusammenhang mit der Erziehung von Kindern, kämen in seinem Fall nicht zur Anwendung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Berechtigung des Gesetzgebers, eine fünfjährige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin als Voraussetzung für eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung vorzugeben, bestünden nicht. Der Kläger habe den Antrag auf Änderung des ihn betreffenden [X.] nicht bis zum 31.12.2005 gestellt, obwohl er bereits seit Juli 2004 berufsrechtlich berechtigt sei, die Bezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" zu führen (Beschluss vom 18.12.2008).

5

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss macht der Kläger geltend, im Rechtsstreit seien Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.]) .

Entscheidungsgründe

6

[X.] hat keinen Erfolg. Ihre Begründung genügt den Darlegungsanforderungen für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, sodass die Beschwerde zulässig ist. Sie ist aber nicht begründet, weil die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung haben.

7

Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob § 95a [X.] nicht nur für Neueinträge, sondern auch für die Änderung der Arztbezeichnung solcher Ärzte gilt, die bereits in das [X.] eingetragen und - wie im Fall des [X.] - sogar schon vertragsärztlich tätig sind. Zur Klärung dieser Frage bedarf es jedoch nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil sich ihre Antwort unmittelbar in Anwendung der vom Berufungsgericht zutreffend herangezogenen gesetzlichen Vorschriften ergibt.

8

Nach § 95a Abs 1 [X.] [X.] setzt die Eintragung in das [X.] den erfolgreichen Abschluss ua einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung voraus. Nach § 95a Abs 2 Satz 1 [X.] ist diese nachgewiesen, wenn der Arzt nach landesrechtlichen Vorschriften zur Führung der Facharztbezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" berechtigt ist und diese Berechtigung nach einer mindestens fünfjährigen erfolgreichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin erworben hat. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht, weil er keine fünfjährige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin absolviert hat. Er war vielmehr seit 1996 berechtigt, die Bezeichnung Praktischer Arzt zu führen, und ist nach Maßgabe des § 95a Abs 4 [X.] deshalb auf seinen Antrag im Jahre 2006 als Praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen worden. Für die Auffassung des [X.], die genannten Vorschriften beanspruchten Geltung nur für erstmalige Eintragung in das [X.] und hinderten nicht die Änderung der Eintragung in Fällen, in denen ein Arzt berufsrechtlich anstelle der bisher geführten Bezeichnung "Praktischer Arzt" nunmehr die Berufsbezeichnung "Facharzt für Allgemeinmedizin" führen dürfe, besteht keine gesetzliche Grundlage.

9

An der hausärztlichen Versorgung iS des § 73 Abs 1 [X.] nehmen Allgemeinärzte sowie Ärzte teil, die nach § 95a Abs 4 und 5 Satz 1 [X.] in das [X.] eingetragen sind. Die Vorschrift des § 73 Abs 1a Satz 1 Nr 4 [X.] verweist auf § 95a Abs 4 [X.] und damit auf die Rechtsgrundlage, auf deren Basis der Kläger 1996 in das [X.] der Beklagten eingetragen und im [X.] zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen worden ist. Daraus ist abzuleiten, dass nach wie vor Praktische Ärzte an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen, auch wenn die Bezeichnung "Praktischer Arzt" seit langem nicht mehr erworben werden kann. Dem Interesse derjenigen langjährig tätigen Praktischen Ärzte, die auf berufsrechtlicher Grundlage die Berechtigung erreicht hatten, die Bezeichnung "Facharzt für Allgemeinmedizin" zu führen, hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass bis zum 31.12.2005 für die Eintragung in das [X.] der Nachweis einer dreijährigen allgemeinmedizinischen Weiterbildung ausreichend gewesen ist. In Art 1 Nr 40 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem [X.] ([X.], vom 22.12.1999, [X.] 2626) ist in § 95a Abs 2 und 3 [X.] das Wort "dreijährigen" durch das Wort "fünfjährigen" ersetzt worden. Diese Gesetzesänderung ist nach Art 22 Abs 3 des [X.] erst am 1.1.2006 in [X.] getreten. Für die Ärzte, die - wie der Kläger - zum Zeitpunkt der Verabschiedung des [X.] im Dezember 1999 bereits seit längerem als Praktische Ärzte in ein [X.] eingetragen waren, bestand somit eine fünfjährige Übergangszeit, während derer sie eine Eintragung in das [X.] als "Arzt für Allgemeinmedizin" erreichen konnten. Damit hat der Gesetzgeber, der grundsätzlich den Zugang von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung an den erfolgreichen Abschluss einer fünfjährigen Weiterbildung binden will, eine hinreichend schonende Übergangsregelung getroffen. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, allen Ärzten, die bis zum 31.12.1995 die Berufsbezeichnung "Praktischer Arzt" erworben hatten, ohne zeitliche Begrenzung trotz des Fehlens einer fünfjährigen Weiterbildung zu gestatten, die Bezeichnung, unter der sie an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, in "Arzt für Allgemeinmedizin" zu ändern, besteht nicht. Soweit mit der Berechtigung, die Bezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" auch im vertragsärztlichen Bereich führen zu dürfen, ein Wettbewerbsvorteil gegenüber der zunehmend verschwindenden Berufsbezeichnung "Praktischer Arzt" verbunden sein sollte, stünde dies entgegen der Auffassung des [X.] nicht im Widerspruch mit Art 12 Abs 1 Satz 2 GG. Im Übrigen sind die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Eintragung Praktischer Ärzte in das [X.] höchstrichterlich geklärt (vgl [X.]-2500 § 95a [X.]) .

[X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Kläger hat die Kosten des von ihm ohne Erfolg geführten Rechtsmittels zu tragen.

[X.] des [X.], deren Richtigkeit von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz) .

Meta

B 6 KA 3/09 B

03.02.2010

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 18. Dezember 2008, Az: L 4 KA 78/07, Beschluss

Art 12 Abs 1 S 2 GG, § 95a Abs 2 SGB 5 vom 22.12.1999, § 95a Abs 3 SGB 5 vom 22.12.1999, Art 1 Nr 40 GKVRefG 2000, Art 22 Abs 3 GKVRefG 2000

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.02.2010, Az. B 6 KA 3/09 B (REWIS RS 2010, 9774)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9774

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