Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2014, Az. 1 StR 631/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 7943

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 631/13

vom
13. Februar
2014
in der Strafsache
gegen

wegen
versuchten Totschlags u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.], des Verteidigers und des [X.] am 13. Fe-
bruar
2014
beschlossen:

1. Das Verfahren wird eingestellt.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens. Es wird [X.] davon abgesehen, ihr die notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen. Sie ist auch nicht verpflichtet, für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen zu entschädigen.

Gründe:
Das [X.] München
II hat den Angeklagten am 13.
August 2013
wegen Bedrohung in Tatmehrheit mit versuchtem Totschlag zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Während des [X.] über die Revision des Angeklagten ist dieser am 6. Januar 2014
ver-storben.
1.
Das Verfahren ist nach §
206a [X.] einzustellen (vgl. [X.], [X.] vom 8.
Juni 1999 -
4 [X.], [X.]St 45, 108). Das angefochtene Urteil
ist damit gegenstandslos, ohne dass es einer Aufhebung bedarf ([X.], Beschluss vom 5.
August 1999 -
4 [X.], [X.]R [X.] §
467 Abs.
3 [X.]hindernis
2).
2.
Die Kostenentscheidung hat im Fall des Todes des Angeklagten nach denjenigen Grundsätzen zu erfolgen, die bei Einstellung wegen eines Verfah-renshindernisses allgemein anzuwenden sind (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
September 2007 -
5
StR 116/01 Rn.
39, in [X.]St 52, 48 nicht abgedruckt). 1
2
3
-
3
-
Deshalb fallen die Auslagen der Staatskasse dieser nach §
467 Abs.
1 [X.] zur Last. Jedoch wird nach §
467 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 [X.] davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen, weil der Angeklagte nur deshalb nicht rechtskräftig verurteilt wird, weil mit seinem Tod ein Verfahrenshindernis eingetreten ist. Es wäre deshalb unbillig, der Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen (vgl. [X.], Beschluss vom 8.
Juni 1999 -
4 [X.], [X.]St 45, 108, 116).
a) Die Verurteilung des Angeklagten wegen Bedrohung in Tatmehrheit mit versuchtem Totschlag
hätte Bestand gehabt, wenn der Angeklagte nicht vor der Entscheidung im Revisionsverfahren verstorben wäre. Die umfassende Nachprüfung des landgerichtlichen Urteils durch den Senat auf die mit der nä-her ausgeführten Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hat zum Schuldspruch keine den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben.
aa) Der Senat hat bei seiner Entscheidung in den Blick genommen, dass in dieser Sache Termin zur Durchführung einer Revisionshauptverhandlung bestimmt war, bei der noch zusätzliche rechtliche Gesichtspunkte, welche die Erfolgsaussichten der Revision des Angeklagten betreffen konnten, zur [X.] hätten kommen können. Um diese bei der Kostenentscheidung berücksich-tigen zu können, hat der Senat den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stel-lungnahme gegeben
(vgl. auch [X.], Beschluss vom 16.
Mai 2002 -
1 [X.], bei [X.] NStZ-RR 2003, 97, 103). Diese haben davon keinen Ge-brauch gemacht.
bb)
Der Senat hat auch berücksichtigt, dass der [X.] in seiner Zuschrift vom 14.
November 2013 beantragt hatte, das Urteil des Land-gerichts gemäß §
349 Abs.
4 [X.] aufzuheben, soweit der Angeklagte wegen versuchten Totschlags verurteilt worden ist. Die dort vertretene Auffassung,
die 4
5
6
-
4
-
Beweiserwägungen des [X.] zum Tötungsvorsatz seien nicht tragfä-hig, teilt der Senat indes nicht:
Nach den Urteilsfeststellungen hielt der Angeklagte mit beiden Händen einen Eispickel und schrie mehrfach aufgebracht und lautstark seine Tochter mit einer ausholenden Bewegung über seinen Kopf und zog ihn sofort in einer fließenden Bewegung ohne zeitliche Verzögerung kraftvoll nach unten in Rich-tung des Kopfes seiner Tochter, die nur deshalb nicht getroffen wurde, weil der Freund der Tochter, der hinter ihr stand, geistesgegenwärtig mit nahezu ge-strecktem Arm den Stiel des [X.] ergriff und diesen dem Angeklagten entriss. Als der Freund der Tochter den Schlag in der
Abwärtsbewegung [X.] konnte, war der [X.] nur noch 10 bis 15 Zentimeter vom Kopf der Tochter entfernt. Ausgehend von diesen Feststellungen ist die auf der Grundlage einer Gesamtschau aller bedeutsamen Umstände der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten getroffene Würdigung des [X.], der Angeklagte habe mit Tötungsvorsatz gehandelt, rechtlich nicht zu beanstanden. Das [X.] hat auch die organisch bedingte Persönlichkeitsstörung des Angeklagten und den Umstand, dass der Angeklagte seine Tochter und deren Freund zunächst zum Gehen aufgefordert
hatte, in den Blick genommen.
b) Ob neben dem Schuldspruch auch der Strafausspruch Bestand [X.] hätte, ist für die Kostenentscheidung ohne Bedeutung.
Zwar hängt die Frage, ob der Staatskasse auch die Aufwendungen des Angeklagten auferlegt werden, von den Erfolgsaussichten der von ihm eingelegten Revision ab (vgl. [X.], Beschluss vom 10. Juli 2001 -
1 [X.]). Maßgeblich ist insoweit allerdings nicht die Strafzumessung, sondern lediglich, ob -
wie hier -
der er-gangene Schuldspruch Bestand gehabt hätte. Denn bereits dann wäre es unbil-lig, der Staatskasse die notwendigen Aufwendungen des Angeklagten aufzuer-7
8
-
5
-
legen (vgl. § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 [X.]). Hierfür hätte es sogar genügt, wenn das Verfahren überhaupt nur bis zur Schuldspruchreife geführt worden wäre
(vgl. [X.], Beschlüsse vom 26.
März 1987 -
2 BvR 589/79 u.a., NJW 1987, 2427, 2428
und vom 5. Mai 2001 -
2
BvR 413/00).
3.
Eine Entschädigung für die durchgeführten Strafverfolgungsmaßnah-men (insbesondere Untersuchungshaft) ist gemäß §
5 Abs.
2 Satz
1 StrEG be-reits deshalb ausgeschlossen, weil der Angeklagte diese Maßnahmen zumin-dest grob fahrlässig verursacht hat. Im Übrigen wäre eine Entschädigung auch nach §
6 Abs.
1 Nr.
2 StrEG zu versagen.
4. Die Erstattung der den [X.] entstandenen notwendigen [X.] kommt bei Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses -
wie hier -
nicht in Betracht; in der [X.] ist dies nicht besonders auszuspre-chen
([X.], Beschluss
vom 5.
August 1999 -
4 [X.], [X.]R [X.] §
467 Abs.
3 Verfahrenshindernis
2).
Raum Wahl Rothfuß

Jäger

Cirener
9
10

Meta

1 StR 631/13

13.02.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2014, Az. 1 StR 631/13 (REWIS RS 2014, 7943)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7943

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