Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.11.2012, Az. VI E 2/12

6. Senat | REWIS RS 2012, 1618

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Erinnerung gegen Kostenrechnung - Verfassungsmäßigkeit der Erhebung von Gerichtsgebühren


Leitsatz

1. NV: Mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 66 Abs. 1 GKG können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst richten, nicht dagegen Einwendungen gegen die Richtigkeit der dem Kostenansatz zugrunde liegenden Gerichtsentscheidung.

2. NV: Die Erhebung von Gerichtsgebühren verstößt weder gegen das aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG folgende Zitiergebot, noch gegen die Justizgewährleistungspflicht i.S. des Art. 19 Abs. 4 GG.

Tatbestand

1

I. Mit Beschluss vom 19. Januar 2012 VI B 98/11 hat der [X.] ([X.]) die Beschwerde des [X.], [X.] und Erinnerungsführers (Kostenschuldner) gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 6. Juli 2011  13 K 603/10 E als unzulässig verworfen.

2

Der zuständige [X.] setzte hierauf --unter Berücksichtigung des [X.] von 1.000 €-- die Gerichtskosten durch Kostenrechnung mit 110 € nach Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes ([X.]) fest.

3

Gegen diese Kostenrechnung hat der Kostenschuldner Erinnerung eingelegt. Er trägt vor, das Verfahren unterliege nicht den Bestimmungen des [X.]. Auch sei das [X.] verfassungswidrig.

4

Der Kostenschuldner beantragt,
die Kostenrechnung aufzuheben.

5

Die Vertreterin der Staatskasse beantragt,
die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. [X.] ist unbegründet.

7

1. Mit der Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 [X.] gegen den Kostenansatz können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst richten, also gegen Ansatz und Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert ([X.] vom 1. September 2005 III E 1/05, [X.], 92).

8

a) Die an den Kostenschuldner gerichtete Kostenrechnung weist in dieser Hinsicht keinen Rechtsfehler auf.

9

Anders, als es der Kostenschuldner meint, ist der Geltungsbereich des [X.] eröffnet. Denn dieses Gesetz ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der Finanzgerichtsordnung anzuwenden.

Überdies ist gegen die Kostenrechnung nichts zu erinnern. In Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit darf der Streitwert nicht unter 1.000 € angenommen werden (§ 52 Abs. 4 [X.]). Gemäß Anlage 2 zu § 34 [X.] ergibt sich bei einem Streitwert über 900 € bis 1.200 € eine einfache Gebühr von 55 €. Bei einer erfolglosen Nichtzulassungsbeschwerde sind nach Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 [X.] (Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses) zwei Gebühren nach § 34 [X.] in Ansatz zu bringen, so dass sich gesetzlich vorgegebene Mindestkosten in Höhe von 110 € ergeben.

b) Entgegen der Ansicht des Kostenschuldners verstößt die Erhebung von Gerichtsgebühren aufgrund der genannten Vorschriften nicht gegen Verfassungsrecht.

Das aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) folgende Zitiergebot ist nicht verletzt. Da es sich nicht auf die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit bezieht (vgl. [X.] --BVerfG--, Entscheidung vom 29. Juli 1959  1 BvR 394/58, [X.] 10, 89; Beschluss vom 11. August 1999  1 BvR 2181/98, 1 BvR 2182/98, 1 [X.], [X.] 1999, 3399), die Erhebung von Gerichtsgebühren jedoch gerade in die allgemeine Handlungsfreiheit eingreift (vgl. BVerfG-Beschluss vom 20. April 2010  1 BvR 1670/09, [X.] 17, 240), findet das Zitiergebot insoweit keine Anwendung.

Darüber hinaus bewirkt die Kostenfestsetzung anhand des [X.] insbesondere auch keine unzulässige Zugangsbeschränkung zu den Finanzgerichten und verstößt daher nicht gegen die aus Art. 19 Abs. 4 GG folgende Justizgewährleistungspflicht (vgl. [X.] vom 22. Juli 2011 V E 2/11, [X.] 2011, 1907; vom 31. Mai 2007 V E 2/06, [X.], 388, [X.], 791).

2. Gründe für ein Absehen vom Kostenansatz aus Billigkeitsgründen, insbesondere eine unrichtige Sachbehandlung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 [X.]), sind nicht erkennbar.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Meta

VI E 2/12

08.11.2012

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

§ 66 Abs 1 GKG, § 1 Abs 2 Nr 2 GKG, § 52 Abs 4 GKG, § 34 Anl 2 GKG, § 21 Abs 1 S 1 GKG, § 3 Abs 2 Anl 1 GKG, Art 19 Abs 1 S 2 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.11.2012, Az. VI E 2/12 (REWIS RS 2012, 1618)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1618

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X E 1/17 (Bundesfinanzhof)

Fälligkeit der Gerichtsgebühren bei finanzgerichtlichen Klagen


X E 5/20 (Bundesfinanzhof)

Gerichtskosten für eine Wiederaufnahmeklage


V E 2/11 (Bundesfinanzhof)

Kostenansatz und Streitwertberechnung bei Verbindung mehrerer Beschwerden zur gemeinsamen Entscheidung - Entstehungszeitpunkt von Gerichtsgebühren


X E 5/12 (Bundesfinanzhof)

Keine Degression der Gerichtsgebühren durch Verbindung von Verfahren


X E 2/14 (Bundesfinanzhof)

Entscheidung über Erinnerung nach GKG n.F. beim BFH


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.