Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.06.2016, Az. IV R 23/13

4. Senat | REWIS RS 2016, 10622

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Gegenstand

Wirtschaftliches Eigentum bei Teilamortisationsleasing einer Immobilie - Voraussetzungen eines Zwischenurteils


Leitsatz

1. NV: Ob Substanz und Erträge eines Leasingguts während der gesamten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nicht dem Leasinggeber und Eigentümer, sondern vollständig dem Leasingnehmer zustehen, so dass der Leasingnehmer als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist, muss in jedem Einzelfall nach den konkreten Umständen beurteilt werden.

Ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit, kann wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers vorliegen, wenn diesem ein Recht auf Verlängerung der Nutzungsüberlassung oder eine Kaufoption zu so günstigen Konditionen zusteht, dass bei wirtschaftlich vernünftiger Entscheidungsfindung mit der Ausübung des Rechts zu rechnen ist.

2. NV: Durch Zwischenurteil nach § 99 Abs. 2 FGO darf nur über solche Vorfragen entschieden werden, ohne deren Beantwortung ein Urteil über die geltend gemachte Rechtsbeeinträchtigung nicht möglich ist. Die Entscheidung über eine solche Rechtsfrage ist aber mangels Sachdienlichkeit nicht zulässig, wenn noch nicht alle für ihre abschließende Beantwortung im Urteilsfall erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind.

Tenor

[X.]uf die Revision des Beklagten wird das Zwischenurteil des [X.] vom 16. Mai 2013  10 K 148/10 insoweit aufgehoben, als es ausspricht, dass [X.]bsetzungen für [X.]bnutzung als Betriebsausgaben Berücksichtigung finden und die erweiterte Kürzung des [X.] nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 5 des [X.] gewährt wird.

Im Übrigen wird die Revision mit der Maßgabe als unbegründet zurückgewiesen, dass der [X.] lautet: Der Klägerin sind das Erbbaurecht sowie die Tiefgarage auf dem Grundstück [X.] nach § 39 der [X.]bgabenordnung zuzurechnen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, deren Gesellschaftszweck der Erwerb des Erbbaurechts an bestimmten, im Eigentum der [X.] ... stehenden Grundstücken sowie die Errichtung einer Tiefgarage auf diesen Grundstücken und deren Vermietung oder Veräußerung ist. Mit notariellem Erbbaurechtsvertrag vom 6. Oktober 1989 bestellte die [X.] der Klägerin für die Dauer von 50 Jahren ein Erbbaurecht an den betreffenden Grundstücken A. Die Klägerin verpflichtete sich darin zum Bau einer Tiefgarage, die bei Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf entschädigungslos auf die [X.] übergehen sollte. Am selben Tag schlossen die Klägerin und die [X.] einen notariell beurkundeten "Mietvertrag mit einem Angebot auf Abschluß eines Kaufvertrages" ([X.]) über die zu errichtende Tiefgarage. Das Mietverhältnis sollte mit der Übernahme des Mietobjekts durch die Mieterin, spätestens zum 1. Juli 1991, beginnen und war für 22 Jahre fest vereinbart. Zugleich bot die Klägerin der [X.] unwiderruflich den Abschluss eines Kaufvertrags über das Erbbaurecht mit Tiefgarage an. Das Angebot konnte von der [X.] zum Ablauf des Mietverhältnisses angenommen werden; als Kaufpreis wurden die noch nicht durch die Mieten amortisierten Gesamtkosten einschließlich etwaiger rückständiger Leistungen zum Zeitpunkt des Verkaufs vereinbart.

2

Während der Mietdauer war der Vertrag grundsätzlich unkündbar (§ 10 Nr. 1 [X.]). Die Klägerin erklärte sich bei ordnungsgemäßer Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen durch die [X.] und auf deren mindestens sechs Monate vor Ablauf der Mietdauer zu stellenden Antrag bereit, über die Verlängerung des Mietverhältnisses zu verhandeln (§ 2 Nr. 3 Satz 2 [X.]).

3

Der Mietzins war für [X.] ab Abschluss des [X.] fest vereinbart (§ 3 Nr. 4 [X.]) und errechnete sich aus den der Klägerin entstehenden Herstellungskosten unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 6,9 % und eines Tilgungssatzes von 1 % zuzüglich ersparter Zinsen (§ 3 Nr. 1 [X.]). Neben dem Mietzins hatte die [X.] der Klägerin die von dieser zu entrichtenden Erbbauzinsen zu ersetzen (§ 3 Nr. 2 [X.]). Nach Ablauf der [X.] sollten sowohl der Mietzins als auch dessen weitere Laufzeit unter Berücksichtigung der Refinanzierungsmöglichkeiten der die Klägerin finanzierenden Bank neu festgesetzt werden (§ 3 Nr. 4 Sätze 2 und 3 [X.]). Die Höhe des Mietzinses sollte --wie schon zuvor-- auf der Basis der Gesamtkosten abhängig von der Entwicklung des Zinssatzes für Kommunalkredite ermittelt werden und nicht über diesem liegen. Die [X.] hatte die Mietzahlungen auch bei Zerstörung oder [X.] des Mietobjekts in vollem Umfang zu erbringen (§ 6 Nr. 1 [X.]). Hinsichtlich der Nebenkosten war vereinbart, dass die Klägerin der [X.] die Prämien der von ihr abgeschlossenen Feuer-, Sturm- und Leitungswasserschadenversicherungen sowie einer Betriebsunterbrechungsversicherung als Nebenkosten in Rechnung stellen sollte (§ 9 Nr. 1 i.V.m. § 4 [X.]). Die [X.] hatte ferner Erschließungskosten und gesetzlich anfallende Ausgleichsbeträge zu erstatten und die Risiken der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin/Erbbauberechtigte mitzuversichern und im Falle der Zerstörung sämtliche Wiederherstellungskosten zu tragen (§ 9 Nrn. 2 bis 4 [X.]). Unterhaltungs-, Erhaltungs- und Zusatzkosten, auch soweit durch höhere Gewalt oder aufgrund behördlicher Vorschriften verursacht, gingen zu Lasten der [X.]. Im Fall einer Kündigung hatte die [X.] der Klägerin die bis dahin entstandenen Gesamtkosten einschließlich hiermit in Verbindung stehender zusätzlicher Kosten sowie den laufenden Erbbauzins und eine der Klägerin in Rechnung gestellte Vorfälligkeitsentschädigung zu ersetzen (§ 11 Nr. 1 [X.]). Bei Beendigung des Mietverhältnisses soll die [X.] renoviert und in technisch einwandfreiem Zustand zur unmittelbaren Weitervermietung zurückzugeben sein, wenn die Mieterin das Angebot zum Abschluss des Kaufvertrags nicht annimmt (§ 12 [X.]).

4

Die Tiefgarage wurde anschließend von der Gründungs-Komplementärin der Klägerin als Generalübernehmerin errichtet und im Jahr 1991 (Streitjahr) fertiggestellt. [X.] war eine Kommanditistin der Klägerin.

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) folgte der Gewerbesteuererklärung der Klägerin für das Streitjahr zunächst und setzte unter Berücksichtigung eines überwiegend aus Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf die Tiefgarage resultierenden Verlusts aus Gewerbebetrieb einen einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag von 0 DM fest.

6

Nach einer Außenprüfung vertrat das [X.] die Auffassung, wirtschaftliche Eigentümerin des Erbbaurechts mit der Tiefgarage sei nicht die Klägerin, sondern die [X.], so dass die Klägerin keine AfA beanspruchen könne. Es erließ unter dem 20. Mai 1999 einen entsprechend geänderten [X.], mit dem ein einheitlicher Gewerbesteuermessbetrag von ... DM festgesetzt wurde. Dabei ging das [X.] von einem Gewerbeertrag von ... DM aus und versagte die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 5 des [X.] in der für das Streitjahr geltenden Fassung (GewStG). Bei dem [X.] nach dem [X.] legte das [X.] einen am gleichen Tag geänderten Bescheid über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1991 von ... DM zugrunde. Der gegen den geänderten [X.] erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg; über den gegen die geänderte Einheitswertfeststellung erhobenen Einspruch ist noch nicht entschieden.

7

Auf die Klage gegen den [X.] erließ das Finanzgericht ([X.]) zunächst ein Teilurteil gemäß § 98 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O), das der erkennende Senat mit Urteil vom 25. Februar 2010 IV R 24/07 als verfahrensfehlerhaft aufhob.

8

Im zweiten Rechtsgang entschied das [X.] durch Zwischenurteil gemäß § 99 [X.]O und gab der Klage statt, soweit sie den Streitgegenstand "[X.] nach dem Gewerbeertrag" betraf. Die Klägerin könne für die Herstellungskosten der Tiefgarage und für das Erbbaurecht AfA in Anspruch nehmen, weil das Erbbaurecht und die Tiefgarage ihrem Betriebsvermögen zuzurechnen seien. Die [X.] sei nicht wirtschaftliche Eigentümerin i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung ([X.]) geworden, so dass es bei der Zurechnung nach zivilrechtlichem Eigentum verbleibe. Bei dem vorliegenden Teilamortisations-Leasingvertrag komme es entscheidend darauf an, ob im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unter Berücksichtigung eines typischen Geschehensablaufs mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass der Leasingnehmer eine bestehende [X.] oder Kaufoption ausüben werde. Im Streitfall sei besonders dem Umstand, dass die [X.] das Optionsrecht erst nach Ablauf einer 22-jährigen Mietzeit ausüben könne, erhebliche Bedeutung beizumessen. Für die Unwägbarkeit der Optionsausübung durch die [X.] spreche zudem, dass diese nach Ablauf der Grundmietzeit keine weiteren Verpflichtungen habe. Die Ermittlung des [X.] habe auf der Grundlage einer der [X.] des Wirtschaftsguts Rechnung tragenden technischen Nutzungsdauer von 50 Jahren zu erfolgen. Bei Ansatz linearer AfA von jährlich 2 % entspreche der Buchwert der Tiefgarage ungefähr dem Wert der verbleibenden Darlehensschuld, der als Kaufpreis vereinbart sei. Die [X.] hätte bei Ausübung der Kaufoption also einen Kaufpreis zu zahlen, der dem der Substanz des Wirtschaftsguts entsprechenden Restbuchwert entspreche. Dieser sei im Vergleich zum erhaltenen Gegenwert nicht besonders günstig und könne auch nicht als bloße Anerkennungsgebühr bezeichnet werden, so dass auch deshalb nicht mit der erforderlichen Sicherheit von einer tatsächlichen Ausübung des Optionsrechts ausgegangen werden könne.

9

Mit seiner Revision rügt das [X.] eine Verletzung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Es beantragt,
das angefochtene Zwischenurteil des [X.] aufzuheben.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die zulässige Revision ist teilweise begründet. Sie führt zur [X.]ufhebung des [X.], soweit dieses ausspricht, dass [X.]f[X.] als Betriebsausgaben Berücksichtigung finden und die erweiterte Kürzung des [X.] nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 5 GewStG gewährt wird. Im Übrigen wird die Revision gemäß § 126 [X.]bs. 2 [X.]O unter Präzisierung des Urteilsausspruchs des [X.] als unbegründet zurückgewiesen, indem klargestellt wird, dass der Klägerin das Erbbaurecht sowie die Tiefgarage auf dem Grundstück [X.] nach § 39 [X.] zuzurechnen sind.

1. Die Revision ist zulässig.

[X.]nders als die Klägerin meint, ist die Revision ordnungsgemäß i.S. des § 120 [X.]bs. 2 und [X.]bs. 3 [X.]O begründet worden. Mit der Rüge, das [X.] habe § 39 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.] nicht richtig angewendet, macht das F[X.] revisible Rechtsfehler geltend, nämlich die Verkennung der Voraussetzungen für vom Zivilrecht abweichendes wirtschaftliches Eigentum und einen Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze bei der Würdigung der tatsächlichen Feststellungen.

2. Die Revision ist insoweit begründet, als das [X.] durch [X.] nicht über die Höhe der [X.]f[X.] und die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 5 GewStG entscheiden durfte. Ein [X.] über die Zurechnung des Erbbaurechts mit der Garage nach § 39 [X.] ist jedoch zulässig.

a) Nach § 99 [X.]bs. 2 [X.]O kann das Gericht über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage durch [X.] vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist und nicht der Kläger oder der Beklagte widerspricht.

aa) Die Beteiligten haben der Entscheidung durch [X.] nicht widersprochen, sondern sie sogar ausdrücklich gebilligt.

bb) Durch [X.] nach § 99 [X.]bs. 2 [X.]O darf nur über solche Vorfragen entschieden werden, über die mit Sicherheit auch in einem Endurteil zu entscheiden wäre.

Entscheidungserheblich sind danach nur solche Vorfragen, ohne deren Beantwortung ein Urteil über die geltend gemachte Rechtsbeeinträchtigung nicht möglich ist (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 4. Februar 1999 IV R 54/97, [X.], 418, [X.], 139; vom 29. Mai 2008 V R 7/06, [X.], 528, [X.], 64).

(1) Die Entscheidung über die Klage gegen den Bescheid über den einheitlichen [X.] hängt von der Klärung mehrerer Rechtsfragen ab, sowohl solchen, die den [X.] nach dem Gewerbeertrag betreffen, als auch Rechtsfragen in Bezug auf den [X.] nach dem [X.]. Bei Beantwortung der hier entschiedenen Rechtsfragen in Bezug auf den [X.] nach dem Gewerbeertrag ist der Rechtsstreit noch nicht insgesamt entscheidungsreif.

(2) Die entschiedenen Rechtsfragen betreffend den [X.] nach dem Gewerbeertrag sind je für sich entscheidungserheblich. Der [X.] ist herabzusetzen, wenn der Klägerin die Tiefgarage zuzurechnen ist. Die Klägerin kann dann Betriebsausgaben in Gestalt von [X.]f[X.] abziehen, wodurch der Gewerbeertrag i.S. des § 7 GewStG in einem solchen Umfang sinkt, dass sich der [X.] nach dem Gewerbeertrag und der einheitliche [X.] mindern.

Der [X.] nach dem Gewerbeertrag ist auch herabzusetzen, wenn die Klägerin die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 5 GewStG in [X.]nspruch nehmen kann, weil diese den gesamten Ertrag aus der Vermietung der Tiefgarage erfasst. Dass die Kürzung keine [X.]uswirkung auf den [X.] hat, wenn die Klägerin die geltend gemachten Betriebsausgaben abziehen kann, weil sich dadurch ein Verlust ergibt und kein zu kürzender Betrag mehr verbleibt, ändert an der Entscheidungserheblichkeit nichts. Denn im Hinblick auf den Beschleunigungs- und Vereinfachungszweck des § 99 [X.]bs. 2 [X.]O (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 418, [X.], 139, und vom 19. März 2009 V R 50/07, [X.], 224, [X.], 78) reicht es aus, wenn eine Vorfrage zumindest dann Entscheidungserheblichkeit erlangen kann, wenn eine andere zur Entscheidung gestellte Vorfrage in einem bestimmten Sinn entschieden wird.

cc) Die Entscheidung durch [X.] ist allerdings nicht in Bezug auf alle vom [X.] entschiedenen Rechtsfragen sachdienlich.

(1) Sachdienlich ist ein [X.] jedenfalls dann, wenn die Beteiligten über die betreffende Vorfrage streiten und nach deren Klärung von einer einvernehmlichen Klärung des Rechtsstreits im Übrigen auszugehen ist (vgl. [X.]-Urteil vom 27. Oktober 1993 XI R 17/93, [X.], 493, [X.] 1994, 439). Das ist hier in Bezug auf die vom [X.] entschiedene --wenn auch nicht ausdrücklich im Tenor des Urteils aufgeführte-- Rechtsfrage der Fall, ob der [X.] das wirtschaftliche Eigentum an dem Erbbaurecht mit der Tiefgarage zuzurechnen ist. Die Entscheidung über das noch nicht abgeschlossene Einspruchsverfahren betreffend den Einheitswert des Betriebsvermögens, das seinerseits vorgreiflich für die Ermittlung des [X.]s nach dem [X.] ist, hängt von dieser Rechtsfrage ab. Nach Entscheidung des hiesigen Rechtsstreits wird voraussichtlich Einvernehmen über den Einheitswert des Betriebsvermögens und damit über den [X.] nach dem [X.] erzielt werden können.

(2) Nicht sachdienlich ist die Entscheidung über eine Rechtsfrage dann, wenn noch nicht alle für ihre abschließende Beantwortung im Urteilsfall erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind.

So verhält es sich im Streitfall zum einen mit der Rechtsfrage, in Bezug auf welche Wirtschaftsgüter und in welcher Höhe der Klägerin [X.]f[X.] zustehen. Tatsächliche Feststellungen zu der Bemessungsgrundlage der [X.]f[X.] hat das [X.] bisher noch nicht getroffen. Weder lässt sich dem Tatbestand des [X.]s entnehmen, für welche abnutzbaren Wirtschaftsgüter im Einzelnen [X.]nschaffungs- und Herstellungskosten entstanden sind, noch, wie hoch diese Kosten waren.

Zum anderen fehlen auch tatsächliche Feststellungen zum Umfang der Geschäftstätigkeit der Klägerin. Diese sind für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 5 GewStG erforderlich.

3. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

Das [X.] ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass das Erbbaurecht und die Tiefgarage der Klägerin nach § 39 [X.]bs. 1 [X.] zuzurechnen sind und dass die [X.] nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Wirtschaftsgüter i.S. des § 39 [X.]bs. 2 Nr. 1 Satz 1 [X.] ist.

a) Wirtschaftsgüter sind nach § 39 [X.]bs. 1 [X.] grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen. Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 [X.]bs. 2 Nr. 1 Satz 1 [X.]). Ein wirtschaftlicher [X.]usschluss des zivilrechtlichen Eigentümers in diesem Sinne wird u.a. angenommen, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat (grundlegend [X.]-Urteil vom 26. Januar 1970 IV R 144/66, [X.], 466, [X.] 1970, 264). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen.

b) Ein schuldrechtlich oder dinglich Nutzungsberechtigter hat in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum in diesem Sinne an dem ihm zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgut. Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Nutzungsberechtigte statt des Eigentümers die Kosten der [X.]nschaffung oder Herstellung eines von ihm selbst genutzten Wirtschaftsguts trägt und ihm auf Dauer, nämlich für die voraussichtliche Nutzungsdauer, Substanz und Ertrag des Wirtschaftsguts wirtschaftlich zustehen. So verhält es sich etwa bei einer entgeltlichen Nutzungsüberlassung, wenn eine Nutzung über die gesamte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer vereinbart ist und die Summe der Nutzungsvergütungen die [X.]nschaffungs- und Herstellungskosten sowie die Finanzierungskosten und laufenden Kosten des Eigentümers abdeckt. [X.]uch wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit ist, kann wirtschaftliches Eigentum des Nutzungsberechtigten vorliegen, wenn diesem ein Recht auf Verlängerung der Nutzungsüberlassung oder eine Kaufoption zu so günstigen Konditionen zusteht, dass bei wirtschaftlich vernünftiger Entscheidungsfindung mit der [X.]usübung des Rechts zu rechnen ist (vgl. z.B. [X.]-Urteile in [X.], 466, [X.] 1970, 264; vom 30. Mai 1984 I R 146/81, [X.], 509, [X.] 1984, 825; vom 9. Dezember 1999 III R 74/97, [X.], 125, [X.] 2001, 311; vom 3. [X.]ugust 2004 [X.], [X.] 2005, 517; vom 28. Mai 2015 IV R 3/13, m.w.N.).

Diese Grundsätze finden insbesondere auf Leasingverträge [X.]nwendung und gelten gleichermaßen für das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Ob Substanz und Erträge des [X.] während der gesamten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nicht dem Leasinggeber und Eigentümer, sondern vollständig dem Leasingnehmer zustehen, ist in jedem Einzelfall nach den konkreten Umständen zu beurteilen. Bestimmte typischerweise verwendete Vertragsbestandteile können dabei Indizwirkung entfalten. Soweit die Finanzverwaltung in Verwaltungsvorschriften Prüfkriterien formuliert und diesen Grenzen zuordnet, handelt es sich dabei um typisierte und zur Gewährleistung eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs geschaffene [X.]bgrenzungsmerkmale, die als norminterpretierende Verwaltungsanweisungen [X.]nhaltspunkte für die Gesetzesauslegung durch die Rechtsprechung bieten, eine abschließende Regelung aber weder beanspruchen noch enthalten können.

c) Diese Grundsätze hat das [X.] ohne Rechtsfehler auf den festgestellten Sachverhalt angewendet.

aa) [X.]n die nicht mit Verfahrensrügen angegriffene Tatsachenfeststellung ist der [X.] nach § 118 [X.]bs. 2 [X.]O gebunden. Dies gilt auch für die Würdigung der Tatsachen, die weder gegen Erfahrungssätze noch Denkgesetze verstößt und deshalb möglich ist.

bb) Die Würdigung des [X.], die Klägerin werde von der [X.] nicht während der gesamten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Gebäudes wirtschaftlich aus ihrer Stellung als Eigentümerin verdrängt, ist möglich und deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das [X.] hat zutreffend bezogen auf den maßgebenden Zeitpunkt des [X.]bschlusses des [X.] (Oktober 1989) eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür verneint, dass die [X.] von der ihr eingeräumten Kaufoption Gebrauch machen oder eine Verlängerung des Mietvertrags bis zum Ende der Nutzungsdauer aushandeln würde.

(1) Zutreffend hat das [X.] die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer weder anhand der von § 7 [X.]bs. 4 des Einkommensteuergesetzes vorgeschriebenen [X.]bschreibung noch anhand amtlicher [X.]f[X.]-Tabellen bestimmt. Vielmehr ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer individuell zu bestimmen. Das [X.] konnte hierbei ohne Verstoß gegen die Denkgesetze und Erfahrungssätze zu einer Nutzungsdauer von 50 Jahren kommen. Zu Recht hat es sich hierfür auch darauf gestützt, dass im Erbbaurechtsvertrag eine Entschädigung für das Gebäude bei [X.]uslaufen des Erbbaurechts nach 50 Jahren nicht vorgesehen war, allerdings bei vorzeitigem Heimfall nach § 11 des Vertrags eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts geleistet werden musste. Naheliegend war auch, dass sich das [X.] auf die Begutachtung durch den eigenen Bausachverständigen des F[X.] bezogen hat, der eine Nutzungsdauer von 50 Jahren angenommen hatte.

(2) Das [X.] konnte zu dem Ergebnis kommen, dass eine [X.]usübung der Kaufoption durch die [X.] nach [X.]blauf der Grundmietzeit nicht nahezu sicher war. Die vertragliche [X.]usgestaltung bewirkte aus Sicht der [X.], dass sie während der Grundmietzeit nicht mehr aufwenden musste, als sie bei eigener Errichtung des Parkhauses mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 22 Jahren hätte aufwenden müssen. Nach [X.]uslaufen des [X.] treffen die [X.] nach den getroffenen Feststellungen auch keine nachteiligen wirtschaftlichen Folgen. Für den [X.]nkauf des Parkhauses zu dem festgelegten erheblichen Restbetrag bestand danach kein besonderer wirtschaftlicher [X.]nreiz. Die folglich allein politischer Opportunität bei [X.]uslaufen des [X.] obliegende Entscheidung über eine [X.]usübung der Kaufoption kann nicht vorhergesehen werden. Welche Nutzungsmöglichkeiten der Klägerin nach [X.]uslaufen des [X.] zur Verfügung stehen, ist für die allein maßgebende Beantwortung der Frage, ob mit Sicherheit mit einem [X.]nkauf durch die [X.] zu rechnen ist, ohne Bedeutung.

(3) Der [X.] stand auch keine Mietverlängerungsoption zu. Sie hatte lediglich einen [X.]nspruch auf Verhandlungen über eine Verlängerung. Eine dauerhafte Nutzung des Parkhauses konnte die [X.] mithin schon dem Grunde nach nicht erzwingen, ganz abgesehen davon, dass auch für eine Mietverlängerung ein wirtschaftlicher [X.]nreiz nicht erkennbar ist.

(4) Soweit sich das F[X.] auf die Verpflichtungen der [X.] bezieht, im Fall der nicht durch die Klägerin vorsätzlich oder fahrlässig verursachten Zerstörung oder Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der Garage alle vertraglichen Verpflichtungen weiter zu erfüllen, bei vorzeitiger Kündigung aus wichtigem Grund die Leasingraten weiter zu entrichten und bei Beschädigungen die nicht durch Versicherungsleistungen gedeckten Wiederherstellungskosten zu tragen, kann revisionsrechtlich nicht beanstandet werden, dass das [X.] aus diesen Bestandteilen des [X.] im Rahmen der Würdigung der Gesamtumstände nicht darauf geschlossen hat, dass die Substanz der Tiefgarage für die gesamte Nutzungsdauer der [X.] zugeordnet war.

4. Die Sache ist entscheidungsreif. Betrifft ein [X.] mehrere voneinander getrennte Streitpunkte, so kann das Revisionsgericht, wenn die Revision nur in Bezug auf einen Streitpunkt begründet ist, den Urteilsspruch insoweit aufheben und das [X.] im Übrigen durch Zurückweisung der Revision bestätigen ([X.]-Urteil in [X.], 418, [X.], 139). Da im Streitfall der Urteilsspruch des [X.] mehrere Rechtsfragen betrifft, ohne diese alle ausdrücklich zu bezeichnen, hält es der Senat für angebracht, den Urteilsspruch insoweit neu zu formulieren, als die Revision erfolglos bleibt und das [X.] bestätigt wird.

5. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, wenn die Revision zumindest teilweise Erfolg hat. Die Kostenentscheidung bleibt dann dem Endurteil vorbehalten ([X.]-Urteil in [X.], 418, [X.], 139).

Meta

IV R 23/13

02.06.2016

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 16. Mai 2013, Az: 10 K 148/10, Zwischenurteil

§ 39 Abs 2 Nr 1 S 1 AO, § 99 Abs 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.06.2016, Az. IV R 23/13 (REWIS RS 2016, 10622)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10622

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